Thomas Matter wirft dem Bundesrat Irreführung vor

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Datum: 27.08.2015
Thomas Matter wirft dem Bundesrat Irreführung vor
Die Annahme der Bankgeheimnisinitiative würde die Steuerhinterziehung erleichtern, sagt der Bundesrat. Die
Initianten kontern, das sei nicht wahr.
Nicht zufrieden mit der Antwort des Bundesrats zur sogenannten Bankgeheimnisinitiative: Thomas Matter,
Nationalrat SVP. Foto: Keystone
Von Andreas Valda Bern
01:26
Der Bundesrat lehnt die Initiative «Ja zum Schutz der Privatsphäre», die sogenannte Bankgeheimnisinitiative,
ab. Opposition gab es laut wohl informierter Quelle nicht. Selbst SVP-Bundesrat Ueli Maurer soll an der
gestrigen Sitzung keinen Einspruch erhoben haben. Das Stimmvolk wird voraussichtlich im kommenden Jahr
über das Volksbegehren abstimmen.
Überraschend ist die Begründung des Bundesrats. Er wirft den Initianten vor, steuerunehrliches Verhalten zu
fördern. «Die Initiative würde bei einer Annahme die Steuerhinterziehung erleichtern», sagte Finanzministerin
Eveline Widmer-Schlumpf gestern vor den Medien. Sie führte dafür drei Hauptgründe an:
Verbot der Auskunft für «Dritte»: Heute sind laut Widmer-Schlumpf Arbeitgeber, Versicherungen, Gläubiger
und andere Dritte verpflichtet, «bei Bedarf» den kantonalen Steuerverwaltungen «Auskunft» über Einkommen
und Vermögen von Steuerpflichtigen zu geben. Die Initiative sieht ein Auskunftsverbot vor. Die
Finanzministerin sagt, diese Bestimmung würde die Verfolgung von Steuerhinterziehung «nicht erleichtern».
Nicht einmal Arbeitgeber dürften mehr Steuerbehörden die Lohnausweise direkt aushändigen, wie dies etwa
im Kanton Bern der Fall ist.
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Hohe Hürde zum Strafverfahren: Die Initiative stipuliert drei Bedingungen, die alle erfüllt sein müssen, damit
Hinterziehung strafrechtlich verfolgt und damit das Bankgeheimnis gelüftet werden könnte: erstens ein «
begründeter Verdacht», zweitens ein Gericht, das diesen bestätigt, und drittens nur für einen «grossen
Steuerbetrag» und bei «fortgesetzter» schwerer Steuerhinterziehung. Widmer-Schlumpf sagte, diese
Kombination wäre «eine Erschwerung».
Einfachere Geldwäscherei: Laut Widmer-Schlumpf wäre mit der Initiative die Meldepflicht der Banken bei
Verdacht auf Geldwäscherei bei schwerer Steuerhinterziehung infrage gestellt. Die Schweiz wäre gezwungen,
Teile der internationalen Norm zur Bekämpfung von Terrorismus und Geldwäscherei aufzugeben. Ein Ja habe
auch finanzielle Folgen, sagt dazu Fabian Baumer, Vizedirektor der Eidgenössischen Steuerverwaltung: «Eine
erschwerte Verfolgung von Steuerdelikten würde zu sinkenden Steuererträgen führen.»
Streit um Auskunftsverbot
Der schroffe Ton des Bundesrats kommt bei den Initianten schlecht an. «Es ist Irreführung, wenn Bundesrätin
Eveline Widmer-Schlumpf behauptet, die Initiative erschwere die Verfolgung von Steuerdelikten und
erleichtere die Steuerhinterziehung», sagt Thomas Matter, Mitinitiant und Zürcher SVP-Nationalrat. Der
Abstimmungstext sei ein Copy/Paste des heutigen Gesetzes und der gängigen Praxis in der Veranlagung und
Verfolgung.
Der Blick ins Gesetz zeigt: Für das Verbot der Auskunftspflicht für Dritte stimmt dies nicht. Heute sind
Arbeitgeber, Gläubiger, Schuldner, Versicherer, Treuhänder und Vermögensverwalter zwar nicht zur Auskunft,
aber zur Bescheinigung von Einkünften und Vermögen des Steuerpflichtigen verpflichtet. Firmen müssen über
ihre Gesellschafter Auskunft geben. Matter relativiert denn auch: «Wir wollen die heutige Regelung
beibehalten, was Arbeitgeber oder Versicherungen betrifft. Sie sollen Steuerbehörden Auskunft geben.» Nur
dort, wo «ein Vertrauensverhältnis» bestehe, «etwa bei einem Treuhänder», solle es künftig ein Verbot geben.
Recht hat Matter mit dem Vorwurf der Irreführung, was die Strafverfolgung betrifft. Die Initianten verlangen,
was heute im Gesetz und in der Praxis gilt. Doch beide sind restriktive ausgelegt. Experten sehen darin das
Problem: «Heute ist die Verfolgung von Steuerbetrug und schwerer Steuerhinterziehung in der Schweiz sehr
erschwert. Die Hürden sind hoch», sagt Marcel Widrig, Leiter Steuerberatung Privatkunden bei der
Beratungsgesellschaft PWC. Die Initiative würde die «heutige Praxis der Steuerverfolgung am Vorbild
restriktiver Kantone zementieren». Mit der Annahme der Initiative erhielte die Schweiz erneut den Ruf, dass
hierzulande weiter undeklariert Vermögen gehortet werden könnten. «Der Reputationsschaden wegen der
potenziellen Sogwirkung für Steuerhinterzieher – und Betrüger wäre gross. Damit bestünde die Gefahr, dass
das Ausland erneut Sanktionen gegen die Schweiz ergreift. Der Platz auf einer grauen oder schwarzen Liste
wäre garantiert», sagt der Experte. Diese Haltung teilen die Bankiervereinigung wie auch Teile der
Bürgerlichen.
Die Initianten sind laut Matter denn auch zu Abstrichen gegenüber dem Status quo bereit: «Ich könnte mir
vorstellen, dass die neu im Strafgesetzbuch definierte Summe von 300'000 Franken Steuerschuld pro
Steuerperiode der Massstab zur künftigen Definition einer schweren Steuerwiderhandlung wird.»
Der Chef einer Privatbank sagte auf Anfrage, 300'000 Franken seien eine «tiefe Hürde». Der TA hat
nachgerechnet: Eine solche Steuerschuld entspricht ungefähr einem nicht deklarierten Vermögen von 60
Millionen bzw. hinterzogenen Erträgen von jährlich 750'000 Franken.
(Tagesanzeiger.ch/Newsnet)(Erstellt: 26.08.2015, 22:18 Uhr)
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