Grundwasserverunreinigung im Umfeld der ehemaligen Zeche und

Grundwasserverunreinigung im Umfeld der ehemaligen Zeche und Kokerei Schlägel &
Eisen 3/4/7 in Herten-Langenbochum
Die ehemalige Schachtanlage Schlägel & Eisen 3/4/7 befindet sich in HertenLangenbochum.
Am 25. August 1873 wurde die Gewerkschaft Schlägel und Eisen gegründet. 1897 wurde
Schacht 3, 5 Jahre später Schacht 4 und 1937 Schacht 7 in Betrieb genommen.
Die Kokerei sowie die Nebengewinnungsanlagen wurden ab 1903 in Betrieb genommen.
Nach dem kriegsbedingten Einbruch der Förderleistung wurde die Kohleförderung an
mehreren Standorten aufgegeben, auf der Anlage 3/4/7 ab Mitte der 30er Jahre des letzten
Jahrhunderts dafür jedoch intensiviert. Zum Ende des zweiten Weltkriegs wurde die Kokerei
aufgegeben. 1969 ging die Zeche in die damals gegründeten Ruhrkohle AG auf.
Ab 1990 wurde auf Schlägel & Eisen 3/4/7 keine Kohle mehr gefördert, sondern unter Tage
zu anderen Verbandsanlagen befördert. Zehn Jahre später, im Jahre 2000, endeten
sämtliche bergbaulichen Aktivitäten auf der Fläche in Langenbochum.
Im Rahmen der Abwicklung eines bergrechtlichen Abschlussbetriebsplanes wurden seitdem
im Auftrag der Ruhrkohle Montan Immobiliengesellschaft (RAGMI) und parallel auch von der
E.ON, umfangreiche Erkundungen des Grundwasserschadens betrieben.
Dies geschah sowohl auf der unter Bergaufsicht stehenden Fläche als auch auf der
südwestlich, außerhalb der Bergaufsicht befindlichen Fläche der E.ON. Auf dieser Fläche
befanden sich Nebenanlagen der Kokerei.
Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang auch unterschiedliche
Grundwasserfließrichtungen, die durch eine Grundwassserscheide mittig der ehemaligen
Gesamtbetriebsfläche verursacht werden. Nördlich hiervon fließt das Wasser in
nordwestliche Richtung, südlich hiervon in südwestliche Richtung. Bei den durchgeführten
Untersuchungen wurden erhebliche Kontaminationen im Grundwasserleiter festgestellt, die
in westlicher und nordwestlicher Richtung weit über die ehemalige Bergbaufläche
hinausgehen. Im Jahre 2013 wurde in der Schadstofffahne ein Maximalgehalt von 1.000.000
µg/l PAK gemessen. In den übrigen Messzyklen lagen die Maximalgehalte für PAK zumeist
zwischen 1.000 und 20.000 µg/l, zuletzt mit abnehmender Tendenz.
Im Jahre 2003 wurde erstmals im näheren Umfeld des Kokereigeländes ein
Empfehlungsschreiben an die Anwohner der Mühlenstraße verteilt, da diese im direkten
Abstrom des kontaminierten Grundwassers leben. Dieses Schreiben enthielt neben der
Empfehlung, Grundwasser nicht zum menschlichen Gebrauch zu nutzen auch die Bitte,
möglicherweise vorhandene Hausbrunnen zu benennen.
Nach umfangreichen Voruntersuchungen zur Bestimmung des vertikalen und horizontalen
Schadensausmaßes haben RAGMI und E.ON auf der E.ON-Fläche im Januar 2010
gemeinsam eine Grundwassersanierungsanlage in Betrieb genommen. Dieser Anlage wird
aus drei Sanierungsbrunnen kontaminiertes Grundwasser zugeführt. Das Rohwasser weist
Gehalte an Benzol von durchschnittlich 1.200 µg/l und PAK von 1.800 µg/l auf.
Durch diese Einrichtungen wird ein weiterer Austrag von Schadstoffen aus der Quelle
unterbunden. Das belastete Grundwasser im Bereich der ehemaligen Kokereianlage wird
abgefangen und über Aktivkohle behandelt. Das abgereinigte Wasser wird über die
städtische Kanalisation abgeführt.
Im Jahre 2010 meldete ein Anwohner, der außerhalb der bislang gutachterlich kartierten
Schadstofffahne wohnt, dass sein Brauchwasserbrunnen ebenfalls Spuren von
Teerölbelastungen aufweist.
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Die Bezirksregierung Arnsberg ist federführend zuständig für die Abwehr von Gefahren, die
von Anlagen und Grundstücken des Bergbaus ausgehen. Für das Abwehren von Gefahren,
die von der Nutzung von Brauchwasserbrunnen ausgehen, sieht sich die Bergbehörde auf
der Basis des geltenden Bundesberggesetzes nicht in der Verantwortung.
Daher wurde im April 2011 durch den Kreis als zuständige Bodenschutzbehörde außerhalb
von Bergaufsichtsflächen eine erneute Hauswurfsendung auch in einem größeren Umkreis
durchgeführt.
Die Anwohner wurden gebeten, Brauchwasserbrunnen zu melden, damit diese von hier
untersucht werden können. Gleichzeitig wurde auf mögliche Risiken bei der
Grundwassernutzung hingewiesen.
Es wurden im ersten Schritt 8 Hausbrunnen ausgesucht und auf kokereitypische Schadstoffe
untersucht. Dabei wurden zum Teil erhebliche Kontaminationen festgestellt. Der
Maximalgehalt für Benzol lag bei 1.100 µg/l, für PAK bei 538 µg/l. Offenkundig hat der
Schaden eine deutlich größere Ausdehnung, als bislang gutachterlich angenommen wurde.
Die Anwohner wurden entsprechend informiert.
In einem nächsten Untersuchungsschritt wurden im Jahr 2013 weitere 9 Hausbrunnen
untersucht, bei denen ebenfalls stark erhöhte Schadstoffgehalte festgestellt wurden. Da die
am höchsten belasteten Brunnen im Randbereich des bis dahin abgefragten Bereichs lagen,
wurde das Gebiet, in dem per Hauswurfsendung nach Brauchwasserbrunnen abgefragt und
vor den Risiken einer Grundwassernutzung gewarnt wurde, deutlich erweitert. Nach
Auswertung der Rückmeldungen wurden 11 weitere Brauchwasserbrunnen untersucht.
Lediglich in einem dieser Brunnen wurde eine Schadstoffbelastung festgestellt.
Die Ergebnisse der Brauchwasserbrunnen wurden der E.ON und der RAGMI sowie der
Bezirksregierung Arnsberg und der Stadt Herten zur Verfügung gestellt. Gegenüber den
Firmen E.ON und RAGMI wurde seitens des Kreises Recklinghausen wiederholt angeregt,
im Rahmen des laufenden Grundwassermonitorings dem nunmehr bekannt gewordenen
Ausmaß durch die Errichtung zunächst 10 weiterer Grundwassermessstellen nachzugehen.
Diese sind vor allem im nördlichen Abstrombereich des Grundwassers geplant. So soll das
Ausmaß der Schadstoffahne im Bereich des Wohngebiets weiter eingegrenzt werden. Auch
im Bereich der Sanierungsanlage soll zeitnah ein weiterer Brunnen gesetzt werden.
Sobald die Brunnen niedergebracht sind und die damit ermittelten Daten ausgewertet
wurden soll über das weitere Verfahren entschieden werden.
Der Landrat des Kreises Recklinghausen ist als untere Bodenschutzbehörde zuständig,
Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die von Altlasten außerhalb der
Bergaufsicht liegenden Flächen ausgehen, abzuwehren. Er ist mit dem Erlass der
Allgemeinverfügung vom 03.07.2015 seiner sonderordnungsbehördlichen Verpflichtung zur
Untersagung der Grundwassernutzung nachgekommen. Das Verbotsgebiet wurde auf der
Basis der aktuellen Datenbasis bestimmt.
Das Ausmaß der Grundwasserbelastung in Ausbreitung und Qualität sowie die gleichzeitige
Beobachtung, dass das Grundwasser trotz Empfehlungen weiter genutzt wird, machten eine
solche Entscheidung notwendig. Die nun gewählte Form der Allgemeinverfügung sichert
diese Empfehlungen weiter ab und wird in gleichgelagerten Fällen als zulässiges
ordnungsrechtliches Mittel auch vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen akzeptiert.
Durch die Allgemeinverfügung entsteht kein Ersatzanspruch der betroffenen Anwohner, da
durch die Maßnahme die Personen und das Vermögen der Geschädigten selbst geschützt
werden (§ 39 Ordnungsbehördengesetz –OBG-). Es besteht darüber hinaus nach geltendem
Wasserrecht grundsätzlich auch kein rechtlicher Anspruch auf die Nutzung von
Grundwasser, auch nicht auf eine bestimmte Qualität oder Wassermenge.