Neue Möglichkeiten des telemedizinischen

NEUE MÖGLICHKEITEN DES
TELEMEDIZINISCHEN THERAPIEMANAGEMENTS
AM BEISPIEL DER HÄMOPHILIE
DGIM 2015 WIESBADEN
Georg Goldmann
Institut für Exp. Hämatologie und
Transfusionsmedizin der Universität Bonn
Die Hämophilie
Erste Überlieferung im 2. Jh. n. Chr.
im jüdischen Talmud durch Rabbi Judah
Die Hämophilie
 Bei der klassischen Hämophilie unterscheidet man zwei Formen:
die Hämophilie A, bei der der
(Gerinnungs-)Faktor VIII fehlt
die Hämophilie B, bei der der
Faktor IX fehlt
 ca. 85 % der zumeist männlichen Patienten leiden an einer Hämophilie A
 nach WHO leiden weltweit über 400.000 Menschen an einer Hämophilie A
 eine Hämophilie A tritt bei ca. 1 zu 5000 bis 1 zu 10.000 Geburten auf
 eine Hämophilie B tritt bei ca. 1 zu 25.000 bis 1 zu 30.000 Geburten auf
Die Hämophilie
In Deutschland:
gibt es um die 5000
kommt es jährlich zu
Patienten mit
ca. 40-80 Geburten
Hämophilie A und 700
eines männlichen
mit Hämophilie B
Kindes mit Hämophilie
A und 10-15 Geburten
eines männlichen
Kindes mit Hämophilie
B
Ca. 30% aller
Hämophilien
entstehen spontan
Die Schweregrade der Hämophilie
Schweregrad und Klinik:
 Schwere Hämophilie :
„Spontanblutungen“
 Mittelschwere Hämophilie:
„Verletzungsblutungen“
 Leichte Hämophilie:
oft Blutungsleiden nicht erkannt/unterschätzt, Erstmanifestation
oft erst durch intraoperativ bedrohliche Blutung
Die Vererbung der Hämophilie
Häufigste Blutungslokalisationen bei
Hämophilen
 Gelenke 80 %, davon am häufigsten Knie, OSG
und Ellenbogengelenk in absteigender
Reihenfolge
 Muskulatur 13 % (von Zunge bis Fuß jede
Lokalisation möglich)
 Andere 7 % (z.B. Gehirn, Niere, Harnblase,
Magen, Darm)
Bei unzureichender Behandlung einer Gelenkblutung kommt es
über eine Synovitis zu Knorpel- und letztendlich
Knochendestruktion
Normale Kniegelenke
Kniegelenke mit schwerer hämophiler
Arthropathie
Sprunggelenke mit schwerer hämophiler Arthropathie
Die Hämophilie ist nicht heilbar , aber mit speziellen
Medikamenten (Faktorkonzentraten), die den fehlenden
Gerinnungsfaktoren ersetzen erfolgreich zu behandeln.
Es gibt zwei Arten der Therapie:
 Die Bedarfstherapie („On-demand-Therapie“), bei der
der fehlende Gerinnungsfaktor erst verabreicht wird
nachdem sich der Patient verletzt hat und eine sichtbare
Blutung auftritt oder befürchtet wird.
 Die prophylaktische Therapie, bei der der fehlende
Gerinnungsfaktor regelmäßig gespritzt wird. Diese Form der
Therapie wird vor allem bei Kindern bzw. schwereren
Verlaufsformen der Hämophilie eingesetzt.
„Ärztlich kontrollierte
Heimselbstbehandlung“
Patienten (Eltern) erlernen Ihre Erkrankung
selber zu überwachen und zu therapieren
(i.v. Applikation von Gerinnungsfaktor )
 Verkürzung der Zeitspanne zwischen Blutung
und Beginn der Blutungstherapie
 Reduzierung von Arztbesuchen
(Lebensqualitätssteigerung)
 Der Begriff der „Ärztlich kontrollierten
Heimselbstbehandlung“ bedeutet aber auch,
dass der Patient ständigen Rückhalt über seinen
Hämophilie Behandler erfährt.
Ärztlich kontrollierte Heimselbstbehandlung
bedeutet:
 Therapieüberwachung durch regelmäßige
Kontrolltermine im Hämophilie-Zentrum
(Arztgespräch, körperliche Untersuchung,
Laboranalytik, Therapieoptimierung)
 Fernüberwachung durch Nutzung von
Telekommunikationstechniken
(Handy, Email Messaging Dienste (WhatsApp))
Was ist Telemedizin:
 Unter Telemedizin versteht man die Anwendung von
Telekommunikationstechniken um damit Krankheiten über
eine räumliche und zeitliche Distanz zu diagnostizieren
bzw. zu behandeln.
 Das bedeutet, dass Behandlungen und Diagnosestellung
auch dann möglich sind wenn Arzt und Patient,
bzw. Arzt und Arzt weit voneinander entfernt sind.
 Mittels Telemonitoring, also in der Regel drahtloser
Datenübermittlung von medizinischen Messgeräten
kann der Patient von seinem Arzt aus der Ferne
diagnostiziert bzw. überwacht und medikamentös
eingestellt werden.
Was ist Telemedizin:
 Die Telemedizin stellt keine Erfindung des
20.zigsten Jahrhunderts dar, denn bereits aus dem
Mittelalter liegen Berichte über mit Boten zu
Diagnosezwecken transportierte Urinproben vor.
 In Deutschland ist der älteste telemedizinische
Dienst, der auf das Jahr 1931 zurückzuführende
„Telemedical Maritime Assistence Service (TMAS),
der eine notfallmedizinische Beratung von
Seeleuten anbietet.
 Aktuell erlangt die Telemedizin insbesondere im
Bereich der Behandlung von chronischen
Erkrankungen immer mehr an Bedeutung,
da hierdurch Arztbesuche deutlich reduziert
werden können.
Geschichte der Telemedizin am
Hämophilie-Zentrum Bonn
Patienten aus ganz Deutschland kamen in
die Hämophilie-Ambulanz nach Bonn
Einzugsbereich der Patienten des Bonner
Hämophilie-Zentrums
Interaktives Hämophilie Informations-System „IHIS“
Faktorinjektion
Untersuchung
Dateneingabe
Protokollierung
Konzentratausgabe
Laborergebnisse
Die Patienten werden von uns angehalten nach § 14
TFG Ihren Faktorenverbrauch zu protokollieren
Therapieoptimierung in der Hämophilie mittels
elektronischem Patiententagebuch
 Verringerung des Zeitversatzes zwischen Blutung, bzw. der Protokollierung
vom Patienten und der Einsichtnahme durch den Arzt.
Faktoreingabe
Blutung
Ärztliche Auswertung
Protokoll
Dateneingabe
Therapieoptimierung in der Hämophilie mittels
elektronischem Patiententagebuch
Haemoassist® -Bonn- 2 besteht aus
 App-basiertem
Patiententagebuch
 Web-Zugang zum
Therapiemonitoring für den Arzt
 Sichere Datenbank zur
Speicherung der Daten
Verantwortlicher Hersteller nach dem Medizinproduktegesetz ist die Firma StatConsult
Therapieoptimierung in der Hämophilie mittels
elektronischem Patiententagebuch
 Intuitive Menüführung
 Offen für Präparate aller Hersteller
 Individuell konfigurierbare Schnellzugriffe
 Fotos der Blutung
 Vorrats-und Haltbarkeitsanzeige
 Notfall-Arzt-Kontakt
 Barcodescanner zur fehlerfreien
Erfassung der Chargennummer
Therapieoptimierung in der Hämophilie mittels
elektronischem Patiententagebuch
 Interpretation der Daten mit Hilfe von Cockpit-Charts, graphischen
Auswertungen und Filterfunktionen
 E-Mails und Hinweise nach potentiell therapiemodifizierenden Ereignissen
z.B. Patient blutet 3-mal in 7 Tagen
Therapieoptimierung in der Hämophilie mittels
elektronischem Patiententagebuch
Faktorinjektion
Elektronische
Eingabe
Medizinische Beratung
Email/SMS
Großrechner
Lokales EDV System
Datensicherheit im Fokus
Administrative und technische Maßnahmen
 Keine Erhebung von direkt personenidentifizierenden
Patientendaten
 Zugang zu Patientendaten nur für behandelnden Arzt / Zentrum
 Keine Weitergabe von Patientendaten, auch nicht in anonymisierter
oder pseudonymisierter Form, an Pfizer oder Dritte
 Ausnahme: Schriftliche Einwilligung der Patienten für Verwendung der Daten in
Pharmakovigilanz-Studien
 Passwortschutz
 Automatische Löschung der Daten vom Smartphone nach 10–365
Tagen (wählbar, Löschung erst nach Übertragung zur Datenbank)
 Verschlüsselung der Daten bereits im Smartphone und Übertragung
via HTTPS
 Auditiertes Hochverfügbarkeitsrechenzentrum in Deutschland
 European Privacy Seal (EuroPriSe) Zertifizierung für
Datenschutz und Datensicherheit seit 08.10.2014
Therapieoptimierung in der Hämophilie mittels
elektronischem Patiententagebuch
 Höhere Therapietreue
(z.B. Tageszeit, Menge und
Regelmäßigkeit der Faktorsubstitutionen)
 Erhöhung der Protokollierungsrate
des Faktorverbrauches durch
den Patienten gemäß § 14 TFG
Therapieoptimierung in der Hämophilie mittels
elektronischem Patiententagebuch durch
 Vermeidung von Übertragungsfehlern durch
Wegfall von händischen Eingaben
 Papiereinsparung
Therapieoptimierung in der Hämophilie mittels
elektronischem Patiententagebuch
 Vereinfachung der Konzentratlogistik
(z.B. Reminder Funktion über Konzentratbestand)
 Möglichkeit zur direkten Weitergabe
der Daten an das Deutsche Hämophilie Register (DHR)
Therapieoptimierung in der Hämophilie mittels
elektronischem Patiententagebuch
 Zukünftige Nutzung weiterer
Smartphonefunktionen zur Diagnostik (z.B.
Kamera zur
Blutungs/Wundheilungsüberwachung)
DANKE
Team Hämophilie-Zentrums Bonn