hat ausgedient

Datum: 20.09.2015
Sprich öfter mit mir: Die Generation Y fordert mehr Rückmeldungen ein
Foto: Getty Images
Das Jahresendgespräch
hat ausgedient
Ein Feedback alle zwölf Monate genügt
den jungen Angestellten nicht mehr
Karin Kofler
Austausch - und wenn möglich tungsfirma PWC.
Zürich Riesige Freude löst die Ein- einen schönen Bonus. «Das Jah-
Seit kurzem haben die Skeptiladung des Chefs zum Jahresge- resendgespräch wird von vielen als ker einen neuen Verbündeten:
spräch in der Regel nicht aus. Denn nutzlose Pflichtübung wahrge- Accenture-Chef Pierre Nanterme
meist bringt es nicht das, was man nommen», sagt Charles Donkor, kündigte an, in seinem Beratungssich erhofft: einen substanziellen Partner der Unternehmensbera- unternehmen das Jahresendge-
Themen-Nr.: 660.003
Abo-Nr.: 660003
Auflage: 201'738
Argus Ref.: 59129742
Datum: 20.09.2015
spräch zu streichen, zugunsten 3 Prozent der befragten Personal- ration Y mehr Rückmeldungen
mehrerer Feedbacks während des profis, dass ihr Bewertungsprozess will. «Ein Gespräch pro Jahr akJahres. Auch auf die bisherige Ein- aussergewöhnlichen Wert liefert. zeptieren die Jungen nicht mehr»,
teilung der weltweit mehr als Nur 9 Prozent der Führungskräf- sagt Matthias Mölleney, Berater
300 000 Angestellten in Leistungs- te werden gemäss der Studie als
kategorien, die für die Bonusver- sehr fähig eingestuft, sinnvolle Ziegabe relevant sind, soll ab nächs- le zu setzen. Hinzu kommt Ineffitem Jahr verzichtet werden.
zienz: Deloitte etwa stellte fest,
Die Diskussion kommt auch
in der Schweiz in Gang
und Ex-Personalchef der Swissair.
Wenn es zum Jahresende einen
Austausch gebe, solle er nur eine
Zusammenfassung mehrerer Gedass fast 2 Millionen Stunden jähr- spräche unter dem Jahr sein.
lich für den Bewertungsprozess flö- Die Unternehmen manipulieren
ten gingen. Zu viel.
bei der Bonusvergabe
Accenture ist nicht der erste Konzern, der sich vom Jahresendbe- So radikal wie die amerikanischen
wertungsprozess lösen will. Micro- Konzerne sind die Schweizer Unsoft ging schon vor zwei Jahren vor- ternehmen nicht. Aber auch hieran, Wirtschaftsprüferin Deloitte zulande wächst die Skepsis gegenexperimentiert derzeit in den USA über der Jahresendbewertung. «In
mit einem neuen Ansatz: keine der Regel wird zu selten Feedback
Ranglisten, keine Jahresgespräche. gegeben», sagt Hans Werner, PerNeu sollen die Chefs nach jedem sonalchef der Swisscom. «ProzesProjekt vier einfache Fragen über se und IT-Instrumente stehen eher
ihre Teammitglieder auf einer Ska- im Vordergrund als der Mitarbeila bewerten. Zum Beispiel: «Nach tende.» Beim Telecomkonzern, der
meinem Wissen und wenn es mein 21000 Mitarbeitende beschäftigt,
Geld wäre, würde ich dieser Per- sind inzwischen drei Gespräche
son die maximal mögliche Lohn- pro Jahr die Regel. Es laufen Ver-
Kritik wächst auch an der Verknüp-
fung von Mitarbeiterbewertung
und Bonus. In der Regel führt das
Jahresgespräch bei grossen Unternehmen zu einer Stufeneinteilung,
was die Leistung angeht. Daran ist
die Bonusvergabe gekoppelt. Doch
das System wurde in den letzten
Jahren ad absurdum geführt, indem die Einstufungen bereits vorgegeben wurden.
Offiziell gibt kaum eine Firma
zu, diese sogenannten «forced ran-
kings» zu haben. Die UBS etwa
erhöhung oder einen Bonus ge- suche, die darauf abzielen, dass sagt, man habe sie abgeschafft.
ben.» Ziel: Die Fragen sollen mehr sich Teammitglieder gegenseitig Doch die meisten Firmen haben
darauf abzielen, was Chefs aus ihrem Personal künftig machen würden. Nächstes Jahr soll das System
in Europa eingeführt werden.
bewerten. «Der Ansatz von Accen- nach wie vor Richtlinien oder
ture ist richtig, aber irgendwann «Empfehlungen», wie die Zutei-
braucht es eine Gesamtbewer- lungen auszusehen haben. Die
tung», glaubt Hans Werner. Bei der Swisscom etwa spricht von einer
«Die Diskussion um den Nutzen UBS wurde vor einigen Jahren ein «Lenkung» bei der Einteilung. Für
des Jahresendgesprächs und der Halbjahresgespräch eingeführt. PWC-Experte Charles Donkor ist
Leistungsbeurteilung kommt auch Auch bei Novartis werden im Rahin der Schweiz in Gang», sagt men eines sogenannten «mid-year
review» Zielvereinbarungen nochPWC-Berater Charles Donkor. Mit
gutem Grund: Gemäss einer reprä- mals überprüft. «Novartis erkennt
sentativen Umfrage der Beratungs- das steigende Bedürfnis sehr zeitfirma Mercer glauben nur gerade naher Feedbacks an», heisst es dort.
Studien zeigen, dass die Gene-
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klar: «Das heutige System führt zu
Fehleinteilungen. Die Chefs müssen wieder mehr Eigenverantwortung bei der Zuteilung der Gelder
bekommen und die Qualifikation
der Mitarbeitenden unabhängig
davon machen können.»
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Schlechte Noten für Chefs
Bewertung durch
die Personalspezialisten:
Für Angestellte
Unsere Manager sind ...
... sehr
... mässig
fähig
fähig
... marginal
fähig
fähig
fähig
Leistungsbeurteilung
korrekt durchführen
14
In Prozent
65
65
21
Sinnvolle Ziele setzen
29
62
9
Faire Bewertung
60
8
32
52
41
Offener Dialog
48
46
6
Realistischer Entwicklungsplan
61
5
33
33
Coaching anbieten
3
38
59
SoZ Candrian;
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- Sich nicht unter Zeitdruck setzen
lassen, auch wenn der Chef schon
nervös das Dossier des nächsten
Kandidaten hervorkramt.
- Misserfolge nicht kleinreden.
- Lohnforderungen sollten ausschliesslich mit der eigenen Leistung begründet werden.
- Parieren Sie ein Nein zu einer
Lohnerhöhung mit einer Frage:
«Was muss ich tun, um nächstes
Jahr mehr Geld zu bekommen?»
- Private Probleme nur ansprechen,
wenn sie Auswirkungen auf den
Fundiertes Feedback einholen
7
Jahresgespräch - das
sollten Sie tun und lassen
Mercer
Beruf haben.
Für Chefs
- Keine Jahresgespräche im Akkord. Sieht nach Abfertigung aus.
- Keine unrealistischen Versprechungen machen als Ausgleich für
eine Nullrunde beim Lohn.
- Niemals Vergleiche mit den Kollegen ziehen im Sinn von «Du liegst
sowieso schon am oberen Ende
des Lohnbands.»
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