Der Wolf kommt zurück in die Lüneburger Heide

Seeben Arjes
Der Wolf kommt zurück in die Lüneburger Heide
Der europäische Wolf (canis lupus lupus) und der Luchs (lynx lynx) sind keine Neubürger in der Lüneburger Heide. Sie wurden ausgerottet und kommen zu uns zurück.
Dabei durchwandern die Wölfe auf der Suche nach geeigneten Lebensräumen auch
Norddeutschland. Als um 1990 Wölfe über die Oder aus Polen zuwanderten, war das
eigentlich nichts Besonderes. Ungewöhnlich war nur, dass sie nach der Wende den
Schutz einer neuen Gesetzgebung genossen. Die Lüneburger Heide mit den LKn
Heidekreis und Celle bietet Wölfen geeignete Lebensräume durch ein hohes
Nahrungsangebot (Schalenwilddichte) und Ruhe (menschenleere Truppenübungsplätze).
Monitoring
Die Wiederausbreitung der Wölfe wird wissenschaftlich überwacht. In Niedersachsen
ist dafür die Fachbehörde für Naturschutz im Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) zuständig. Die Landesjägerschaft Niedersachsen hilft dieser Behörde bei der Erhebung von Daten.
Die Verbindung zwischen Behörden und Menschen vor Ort sind räumlich zuständige
Wolfsbeauftragte. Sie sind die ersten Ansprechpartner bei Wolfssichtungen und
Ansprechpartner bei Fragen zum Artenschutz sowie für die amtl. Feststellung und
Abwicklung von Schäden durch Wölfe bzw. den vorbeugenden Herdenschutz.
Der Wolf ist als Art gesetzlich streng geschützt und in Niedersachsen nicht Teil des
Jagdrechts.
Merkmale
Der Wolf ist der Stammvater aller Hunde. Er ähnelt einem hochbeinigen Schäferhund,
erreicht 60 - 80 cm Schulterhöhe und ein Körpergewicht von 30 - 50 kg. Seine
Fellfarbe ist grau mit hellem Kehl- und Kinnbereich. Er hat einen dreieckigen
Schultersattel, gelbe Augen, die Ohren sind innen dicht behaart und der Schwanz ist
nicht geringelt. Die Jungtiere sind nach 10 Monaten kaum noch von erwachsenen
Tieren zu unterscheiden.
Die Spur eines Wolfes ist etwas anders als die eines Hundes. Gleich einem Fuchs
schnürt der Wolf eine "Perlschnur", die dadurch entsteht, dass er im Trab
energiesparend die Hinterpfote in den Abdruck der Vorderpfote stellt.
Wölfe leben räumlich und sozial klar strukturiert
Das Wolfsrudel ist eine Familie, bestehend aus dem monogamen Elternpaar und den
noch nicht geschlechtsreifen Jungtieren. Das Paar beansprucht für sich und seine
Welpen ein Territorium, das streng markiert (Duftmarken) und verteidigt wird. In
diesem Areal wird kein familienfremder Wolf geduldet. Fremde Wölfe werden
vertrieben oder getötet. Der Lebensraum eines Wolfsrudels ist etwa 25-30.000 ha
groß. Die Größe ist dabei abhängig vom Nahrungsangebot. Die Fähe bringt im
Frühjahr in einer Höhle 4 - 6 Welpen zur Welt, die nach ca. 3 Wochen erstmals den
Bau verlassen und von den Eltern mit Fleisch und Aas gefüttert werden. Ab einem
Alter von 6 - 8 Monaten jagen sie mit den Eltern dann gemeinsam im Rudel-
territorium. Ab einem Lebensalter von ca. 22 Monaten werden die Welpen
geschlechtsreif und werden dann von den Eltern verjagt. Das ist eine sinnvolle
Maßnahme der Natur zur Vermeidung von Inzucht und einer Lebensraumübersättigung. Es darf nicht mehr Beutegreifer im Territorium geben als der
Lebensraum ernähren kann.
Ein Wolfsrudel ist also immer eine enge Familie. Sie besteht immer nur aus einem
Elternpaar und den Welpen des jeweiligen Jahres (dazu vielleicht wenige Weibchen
aus dem vorjährigen Wurf, die noch ein wenig bleiben dürfen). Alle anderen Welpen
werden, wenn sie geschlechtsreif werden, verjagt und müssen sich ein eigenes
Territorium suchen. Wenn sie kein freies Territorium finden, stromern sie suchend als
Einzelgänger durch das Land oder sterben im Zuge der sog. kompensatorischen
Sterblichkeit an Hunger und Stress. Auf keinen Fall können sie ohne eigenes
Territorium eine funktionierende "Familie" gründen und sich vermehren.
Das ist der Mechanismus, über den die Natur die Zahl der Arten und Individuen
steuert. So kann ein Rudel Wölfe nie mehr als 2 bis 10(12) Tiere stark sein. Es kann
also nicht sein, dass in einem Waldstück "hunderte" Wölfe leben und vor
Hunger zur Gefahr für Menschen werden. Wenn Wölfe sich vermehren, wird es in
Niedersachsen über das Land verteilt mehr Territorien geben. Nie aber wird die Dichte
der Wölfe in den Territorien größer werden.
Wieviel Wölfe gibt es inzwischen in Niedersachsen:
6-7 Rudel, die Anzahl der etablierten Paare, die noch nicht reproduzieren und die Zahl
der suchenden Einzeltiere ist nicht bekannt
Wovon ernährt sich der Wolf?
Wölfe sind Fleischfresser und ernähren sich von Wildtieren (Rehe, Rotwild, Damwild,
Wildschweine, Nutria, Bisam, Ratten und Mäuse). Dabei bevorzugen sie das, was am
leichtesten zu erbeuten ist, z.B. Jungwild, das noch nicht wehrhaft ist sowie durch
Alter oder Krankheit geschwächte Tiere und Aas. Somit leistet der Wolf einen
wichtigen Beitrag zur Begrenzung und Gesundheit der Wildbestände und dient somit
auch der Waldentwicklung. (Wo der Wolf jagt, wächst der Wald. Russ. Sprichwort )
Wieviel frißt ein Wolf?
1 Wolf frisst ca. 50 Stück Schalenwild (Rehgröße) im Jahr.
1 Rudel etwa 200 bis 250 Stück.
(Das ist bei dem "Bergener Rudel" im südlichen Heidekreis 9,1% dessen, was Jäger
2014 auf selber Fläche schossen).
Der Wolf erlegt aber auch Nutztiere (Schafe, Ziegen), wenn diese leichter zu
erbeuten sind als das schnelle Wild und nicht ausreichend geschützt werden.
Zum Schadensausgleich bei Nutztierrissen hat das Ministerium Richtlinien
erlassen, ebenso zur Beratung und Unterstützung zu vorbeugendem Herdenschutz
durch Zäune oder Schutzhunde. Bei Zahlungen handelt es sich um freiwillige
Billigkeitszuwendungen. Ein Rechtsanspruch besteht nicht, da der Wolf ein
herrenloses Wildtier ist wie Füchse, Marder, Adler und andere Beutegreifer.
Die Diskussion um die Ausbreitung der Wölfe ist lauter geworden.
Der Wolf berührt unterschiedliche Sichtweisen und Interessen:
Der Konflikt besteht zwischen Naturnutzern und Naturschützern, wobei der angestrebte Artenreichtum auf der einen Seite und wirtschaftlicher Profit auf der anderen
Seite den Kontrast bilden. Wölfe sind exzellente Jäger und konkurrieren mit der stark
kommerzialisierten und stellenweise noch trophäenorientierten Hobbyjagd.
Begegnungen mit dem Wolf
Wölfe sind Menschen gegenüber ängstlich und scheu. Für Waldbesucher ist die
Wahrscheinlichkeit, einen Wolf zu sehen, sehr gering, aber nicht gänzlich
ausgeschlossen. Wenn es zu Sicht- oder gar Nahkontakten zwischen Menschen und
Wölfen kommt, handelt es sich i.d.R. um die aus ihrem Territorium frisch vertriebenen
Welpen/ Jungtiere, die ziellos umherirren und sich selbst noch nicht in einer ihnen
fremden Welt zurechtfinden.
Häufige Nahkontakte werden von Welpen aus dem Munsteraner Rudel gemeldet.
Die sind auf dem menschenleeren Truppenübungsplatz aufgewachsen und verhalten
sich bei ihren ersten Wanderungen in die "Zivilisation" unbedarft und neugierig, was
ihnen gelegentlich irrtümlich als dreist oder gar aufdringlich ausgelegt wird. Bei
Kontakt mit einem Wolf empfehlen Experten:
Nicht weglaufen, Wolf laut verjagen, keineswegs füttern!
Kontakt mit Hunden
Je nach Geschlecht und Situation können Hunde und Wölfe sich angreifen oder (sehr
selten) sich verpaaren. Beides ist nicht erwünscht.
Deshalb: Hunde unter Kontrolle halten, besonders Rüden!
Zukunft
Die derzeitige Politik plant den gesetzlichen Schutz der sich ausbreitenden
Wolfspopulation, bis flächendeckend ein "günstiger Erhaltungszustand" erreicht ist,
d.h. die Besetzung der geeigneten Lebensräume erfolgt ist. Dies sind die
Lebensräume, in denen ein Wolfsrudel artgerecht leben und sich reproduzieren kann.
Wie viele geeignete Räume es gibt, werden die Wölfe selbst feststellen.
Durch Zivilisation ungeeignete Lebensräume werden nicht besiedelt, höchstens von
suchenden Jungwölfen zeitweise auf ihre Eignung geprüft, dann aber wieder
verlassen.
Unklar ist noch, ob nach einer angenommenen Biotopsättigung eine künstliche
Bestandsbegrenzung (Jagd oder Entnahme durch Fachpersonal) erforderlich sein
wird. Das wäre der Fall, wenn zu viele Wölfe ein Ungleichgewicht in der Natur
verursachen würden. Es bleibt vorerst abzuwarten, ob sich die Wolfspopulation im
Heidekreis möglicherweise selbst reguliert wie Füchse, Marder, Marderhund usw.
Diese werden zwar bejagt, aber nicht in einem populationsregulierenden Maß.
Regulatoren der Natur sind Lebensraumbegrenzung, Alterssterblichkeit und
Krankheiten (Räude) und evtl. auch Seuchen (Aujetzky). Die natürliche Regulierung
verläuft meist unbemerkt.
Stand: 03.09.2015
Naturfotos von Seeben Arjes zur Rückkehr der Wölfe