Brief der FWF-Referent/innen

Die gewählten Referentinnen und Referenten des FWF Kuratoriums Herrn Bundeskanzler Werner FAYMANN Bundeskanzleramt Ballhausplatz 2 1010 Wien Herrn Vizekanzler Dr. Reinhold MITTERLEHNER Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Stubenring 1 1010 Wien Herrn Finanzminister Dr. Hans Jörg SCHELLING Bundesministerium für Finanzen Johannesgasse 5 1010 Wien 12.08.2015 Stellungnahme zum FWF Mehrjahresplan 2016 ‐ 2018 Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Faymann! Sehr geehrter Herr Vizekanzler Dr. Mitterlehner! Sehr geehrter Herr Finanzminister Dr. Schelling! Bei der Finanzierung der Grundlagenforschung spielt der Wissenschaftsfonds FWF (Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung) eine zentrale Rolle. Er vergibt Forschungsmittel im Wettbewerb auf der Basis eines transparenten, internationalen Begutachtungsprozesses. Leider kann der FWF seine daraus erwachsende besondere Verantwortung gegenüber der Wissenschafts‐
landschaft in Österreich immer unzureichender wahrnehmen, da aufgrund von Finanzierungslücken die Bewilligungsquote und damit die Erfolgswahrscheinlichkeit für eingereichte Anträge kontinuierlich sinken. Als Mitglieder des FWF Kuratoriums sind wir für die Mittelvergabe verantwortlich. Bei den Kuratoriumssitzungen sind wir zunehmend damit konfrontiert, dass exzellent begutachtete Anträge aus finanziellen Gründen von einer Förderung ausgeschlossen werden. Das Volumen dieser förderungswürdigen, aber nicht finanzierten Anträge macht etwa 70 Mio. jährlich aus. Das demotiviert zunehmend die österreichischen WissenschaftlerInnen und die unentgeltlich tätigen, internationalen hochkarätigen FachgutachterInnen. Österreich entgehen innovative Forschungs‐
vorhaben, wir vergeuden unsere wertvollen Humanressourcen, und der Standort wird sowohl für den eigenen Nachwuchs als auch für internationale SpitzenwissenschaftlerInnen zunehmend unattraktiv. Daher haben die ReferentInnen des FWF Kuratoriums in Ausübung ihres Vorberatungsrechts das vom Präsidium des FWF vorgeschlagene Mehrjahresprogramm 2016 – 2018 mit Bestürzung und Entsetzen zur Kenntnis genommen. Aufgrund der limitierten finanziellen Ausstattung des FWF sieht sich das Präsidium gezwungen, ein Mehrjahresprogramm vorzuschlagen, das nur mit dem Begriff 1/4
Mangelverwaltung beschrieben werden kann – der FWF als einzige Förderungsorganisation für Grundlagenforschung in Österreich wäre demnach gezwungen, seine Förderprogramme auf breiter Front sukzessive zurückzufahren. Obwohl manche exzellente ausländische Forscherinnen und Forscher nach Österreich geholt werden, kennt jedes Mitglied des Kuratoriums mehrere ehemalige österreichische NachwuchsforscherInnen, deren Rückkehr aus dem Ausland aufgrund fehlender Forschungsfinanzierung unmöglich ist. Das im Mehrjahresprogramm erwähnte Maßnahmenpaket wird den ‘brain‐drain’ fortsetzen. Damit wird die Innovationskraft Österreichs weiter eingeschränkt. Wenn man um die Bedeutung der Grundlagenforschung als Innovationsmotor eines Landes weiß, ist dies eine katastrophale Entwicklung. Basiswissenschaftliche Untersuchungen sind früher oder später die Grundlage für eine Weiterführung translationaler und anwendungsorientierter Forschung und damit der wirtschaftlichen und industriellen Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse am Standort Österreich. Forschung ist die einzige Möglichkeit für Österreich, seinen Wirtschafts‐ und Sozialstand zu halten, da wir nicht mit dem Billiglohnsektor konkurrieren können und wollen. Zudem tragen die Erkenntnisse wesentlich zu gesellschaftlichen und gesellschaftspolitischen Entwicklungen bei bzw. bilden deren Grundlage. Eine Reduktion der Investition in Grundlagenforschung ist eo ipso mit einer Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit sowie der gesellschaftlichen Prosperität verbunden. Wir zitieren von der Website des bmwfw (BM Mitterlehner): „Österreich liegt im Lichte der im Innovation Union Scoreboard 2015 für Österreich ausgewiesenen Indexwerte seit 2010 in einer Bandbreite zwischen dem 10. und 11. Platz. Diese Positionierung zeigt zwar die im EU‐Vergleich überdurch‐
schnittliche Innovationsperformance Österreichs, macht aber auch deutlich, dass der internationale Wettbewerb stark zugenommen hat und Österreich seine Anstrengungen in der Forschungs‐ und Innovationspolitik verstärken muss. Um im weltweiten Wettbewerb punkten zu können, ist nicht nur eine ausreichende Dotierung von Forschung & Entwicklung notwendig, sondern auch strukturelle Maßnahmen.“ Gerade die ausreichende Dotierung der Grundlagenforschung ist nicht nur nicht gegeben, der FWF muss seine Bewilligungen und Programme künftig noch weiter reduzieren. Um Ihnen ein Gefühl für die hier diskutierten Summen zu vermitteln – der FWF vergibt Förderungen in der Höhe von derzeit etwa 200 Mio. € im Jahr und ist damit schon heute extrem unterdotiert (im Vergleich dazu vergibt der Schweizerische Nationalfonds als Pendant des FWF etwa 850 Mio. Schweizer Franken im Jahr). Nicht nur im internationalen Vergleich, sondern auch im Vergleich zu Förderungen anderer Sektoren der Volkswirtschaft stehen der Wissenschaft beschämend wenig Mittel zur Verfügung; und das, obwohl in allen Studien und Evaluierungen dem FWF eine herausragende Rolle als Innovationsmotor zugeschrieben wird (siehe u.a. die aktuelle Studie „Stärkefelder im Innovationssystem: Wissenschaftliche Profilbildung und wirtschaftliche Synergien“, AIT, JR, ZSI, IHS, WIFO, AIT‐IS‐Report, Vol. 103, Jänner 2015). Um dieser Rolle aber weiterhin gerecht zu werden, bedarf es eines jährlichen Bewilligungsvolumens von mindestens 270 Mio. € und aufgrund des steigenden Antragsvolumens einer jährlichen Anhebung von mindestens 5%. Wir möchten Sie daher mit Nachdruck auffordern, sich für die ausreichende Finanzierung der österreichischen Grundlagenforschung einzusetzen und dem FWF die Vergabe von Bewilligungen in der notwendigen Höhe zu ermöglichen. Wir würden Sie gerne auch in einem persönlichen Gespräch von der Notwendigkeit einer ausreichenden Mittelausstattung des FWF überzeugen. 2/4
Mit freundlichen Grüßen Die gewählten Referentinnen und Referenten des FWF Kuratoriums: ARRIGONI Enrico, Technische Universität Graz BINDER Christoph J., Medizinische Universität Wien BÍRO Oszkar, Technische Universität Graz BLOEM Roderick, Technische Universität Graz BREINBAUER Rolf, Technische Universität Graz BREU Ruth, Universität Innsbruck BRIEGEL Hans, Universität Innsbruck CELESTINI Federico, Universität Innsbruck DORSCHEL Andreas, Kunstuniversität Graz DRMOTA Michael, Technische Universität Wien ENZINGER Christian, Medizinische Universität Graz FLUCHER Bernhard E., Medizinische Universität Innsbruck FÜRNKRANZ‐PRSKAWETZ Alexia, Technische Universität Wien GREIL Richard, Medizinische Privatuniversität Salzburg HARING Elisabeth, Naturhistorisches Museum Wien HARRASSER Karin, Kunstuniversität Linz HAUG‐MORITZ Gabriele, Universität Graz HEINEMANN Akos, Medizinische Universität Graz HENGST Ludger, Medizinische Universität Innsbruck HÜSING Nicola, Universität Salzburg JONAS Eva, Universität Salzburg KALTENBACHER Barbara, Universität Klagenfurt KAPPEL Gerti, Technische Universität Wien KASER Georg, Universität Innsbruck KISTLER Erich, Universität Innsbruck KÖBERL Christian, Universität Wien und Naturhistorisches Museum Wien KOFLER Barbara, Medizinische Privatuniversität Salzburg KOTRSCHAL Kurt, Universität Wien KRANNER Ilse, Universität Innsbruck LANG Irene Marthe, Medizinische Universität Wien LUDWIG Andreas, Montanuniversität Leoben MAUTNER Gerlinde, Wirtschaftsuniversität Wien MICURA Ronald, Universität Innsbruck MITTELSTEN SCHEID Ortrun, Österreichische Akademie der Wissenschaften MÖSCH‐ZANETTI Nadia C., Universität Graz MÜLLER Wolfgang C., Universität Wien PFLUG Georg, Universität Wien PRASSL Ruth, Medizinische Universität Graz RINNER Bernhard, Universität Klagenfurt ROSENBERG Raphael, Universität Wien RÜMENAPF Till, Veterinärmedizinische Universität Wien SCHICHO Josef, Universität Linz SCHMALENBACH Kirsten, Universität Salzburg SIBILIA Maria, Medizinische Universität Wien SOMMARUGA Ruben, Universität Innsbruck STAGL Sigrid, Wirtschaftsuniversität Wien STRASSER Gottfried, Technische Universität Wien WILSON Iain B.H., Universität für Bodenkultur Wien WOLF Norbert Christian, Universität Salzburg 3/4
WOLTERS Reinhard, Universität Wien ZECHNER Ellen L., Universität Graz ZEPPENFELD Peter, Universität Linz ZIMMERMANN Susan, Central European University Budapest In Kopie an die Wissenschaftssprecherinnen und Wissenschaftssprecher aller im Parlament vertretenen Parteien. 4/4