Hand-out zu „Habe Mut“

„Es ist alles vorhanden. Wir brauchen es nur zu entdecken.“
Tom Pohl
Wie uns das Beantworten der W-Fragen das Spiel erleichtern kann.
Hand-out zu „Habe Mut“ am 29. Und 30. Mai 2015 im Hause SPES
DAS BEANTWORTEN DER W-FRAGEN
Alle zu spielenden Figuren sollten Fragen wie „Wer bin ich?“ „Wie heiße
ich?“ „Wie alt bin ich?“ „Wo bin ich hier?“ „Wo komme ich her?“ „Was mache
ich hier?“ „Was habe ich davor erlebt?“ „Wer sind die anderen?“ „Was
verbindet mich mit den anderen?“ „Wie geht es mir?“ „Warum tue ich das,
was ich tue?“ „Wohin will ich?“ „Weshalb habe ich diesen Beruf gewählt?“
„Wie lange mache ich dieses oder jenes schon?“ und alle weiteren W-Fragen
beantworten.
Je mehr ich über meine Figur weiß, umso leichter kann ich sie spielen. Dies
sind keine Informationen fürs Programmheft, sondern als „Ausstattung“ für
die Figuren gedacht.
VERSUCHSANORDNUNGEN
„Langweilige Szene“
Drei Spielende gehen zusammen. Sie beantworten die W-Fragen. Jede Figur
hat einen selbst ausgedachten Satz in der zu erfindenden Szene. Zwischen
den Sätzen sollen viele Aktionen, Gänge und Spiel stattfinden. Nicht sinnvoll
ist es, wenn alle drei auf der Couch sitzen und nach der Fernbedienung
fragen.
Weshalb nur ein Satz pro Figur? Weil die Szenen wiederholt werden.
Die Szenen sollen tatsächlich langweilig sein, damit in der Folge die Figuren
und ihre Beziehungen ausgestattet werden können. Durch heimliche
Liebesverhältnisse, Eifersüchteleien, Ticks, Charaktereigenschaften,
Besitzverhältnisse, Ansprüche und tausend andere „Zutaten“.
Die Szenen werden mehrmals wiederholt, mit immer mehr Ausstattung und
Wissen der Figuren, durch Bühnenbild- und Kostümvorschläge sowie
Geräuschkulissen ergänzt.
Ist eine Szene ausreichend ausgestattet und ausprobiert worden, so ist eine
Möglichkeit der Fortsetzung z.B. „Zwei Tage später“ oder „Am selben Tag,
abends in der Küche“ zu annoncieren und eine weitere Szene zu erfinden,
bis hin zu einem ganzen Stück.
FILTER/GENRES/TEMPI/TIERE
Eine langweilige Szene kann mit verschiedenen Vorzeichen wiederholt
werden.
Verschiedene Geschwindigkeiten: Die gleiche Szene wird noch einmal
gespielt, in doppeltem Tempo oder in halbem Tempo. Die Änderungen, die
sich im Spiel ergeben bitte unbedingt zulassen, obwohl Ablauf, Text und
Aktionen gleich bleiben.
Filter: Die gleiche Szene wird noch einmal gespielt, dabei wird ein Filter
darüber gelegt. Alle sind z.B. verliebt, haben Frühlingsgefühle oder eine
Depression, sind aggressiv, bekifft, auf dem Mond, unter Wasser, wütend,
intellektuell, oder, oder, oder. Die Änderungen, die sich im Spiel ergeben
bitte unbedingt zulassen, obwohl Ablauf, Text und Aktionen gleich bleiben.
Genres: Die gleiche Szene wird noch einmal gespielt, allerdings in einem
bestimmten Genre wie Heimatfilm, Kindertheater, Horrorfilm, Wilder
Westen, Existenzialismus, Teletubbies, Sci-Fi, Oper, Operette, Musical,
Telenovela und, und, und. Die Änderungen, die sich im Spiel ergeben bitte
unbedingt zulassen, obwohl Ablauf, Text und Aktionen gleich bleiben.
Tiere: Die gleiche Szene wird noch einmal gespielt, allerdings wird jeder
Figur ein Tier samt dessen markanten Eigenschaften und Bewegungen
sowie Stimmen zugedacht. Die Änderungen, die sich im Spiel ergeben bitte
unbedingt zulassen, obwohl Ablauf, Text und Aktionen gleich bleiben.
Sinn und Zweck dieser Veränderungen: Das Finden von Eigenschaften und
Eigenheiten der zu spielenden Figuren wird erleichtert, da mit diesen
Spielvorgaben Dinge und Verhalten auftauchen, die bei herkömmlicher
Regie verborgen bleiben würden. Wer mal als Eichhörnchen eine Kuchentheke mit dem buschigen Schweif geputzt hat, die tut sich leichter, eine
quirlige Angestellte zu spielen. Wer jemals als Bär mit tiefer Stimme durch
eine Stube getappt ist, der tut sich leichter, den furchteinflößenden Macho
darzustellen. Wurde einmal die Qualität der Langsamkeit entdeckt, so kann
sie bewusst eingesetzt werden, wie insgesamt die Qualität der Dynamik.
„Die gleiche Szene mehrfach“
Ein kurzer Text wird kopiert und an mehrere Gruppen verteilt, die ihn
inszenieren und spielen. Alle Szenen werden präsentiert und besprochen.
Sinn und Zweck dieser Versuchsanordnung: Wir sehen, dass es so viele
Möglichkeiten gibt, eine Szene auf die Bühne zu bringen, wie Menschen auf
der Welt sind. Je nach Intention wird die Szene 1:1 gezeigt oder komplett
gegen den Strich gebürstet. Oberste Priorität sollte sein, dass die Szene im
Großen und Ganzen stimmig ist.
SPIELE
„Ich bin, ich bin, ich nehme“
Alle stehen im Kreis. Eine Person stellt sich in die Mitte und verkündet (als
Beispiel): „Ich bin eine Rose.“ Eine zweite Person kommt dazu und sagt:
„Ich bin der Dorn an der Rose.“ Eine dritte Person stellt sich dazu und sagt:
„Ich bin die Laus an der Rose.“ Die erste Person sagt „Ich nehme den Dorn.“
Und geht mit der zweiten Person aus dem Kreis. Die einzelne Person im
Kreis wiederholt ihre Ansage „Ich bin eine Laus.“ Eine zweite kommt dazu
und sagt „Ich bin das Blatt unter der Laus.“ Eine dritte kommt dazu und
sagt: „Ich bin das Gift gegen die Laus.“ Die Person mit der Laus entscheidet
sich für eine, nimmt sie mit zurück in den Kreis und so geht es weiter, bis
die/der Spielleiter ein Ende für sinnvoll hält. Sinn und Zweck dieses Spieles:
Wir beweisen, dass uns die Ideen niemals ausgehen.
„Namentausch“
Alle stehen im Kreis und bilden Paare. Bei gerader TN-Zahl sollte wer
aussetzen, denn eine Person muss alleine stehen. Alle Paare tauschen ihre
Vornamen. Die einzelne Person ruft: „Mein rechter, rechter Platz ist leer, ich
wünsche mir .... her!“ Die Person mit dem gerufenen Namen muss
versuchen, zum Rufer zu gelangen, die andere Person des Paares muss sie
festhalten. Der Rufer unternimmt solange Versuche, bis er eine Partnerin/
einen Partner hat und die beiden tauschen dann ihre Namen. Die Person,
die nun alleine dasteht, die heißt wieder so, wie sie heißt, bis sie eine neue
Partnerin/einen neuen Partner hat. Dies ist ein sogenanntes „Schizo-Spiel“,
bei dem es zu Spontan-Umarmungen kommt. Sinn und Zweck dieses
Spieles: Wir aktivieren Körper, Geist und Stimme mit viel Spaß. Gutgeeignet
zum Aufwachen nach der Pause.
ÜBUNGEN
„Sessel-Dirigat“
Drei Personen finden zueinander. Zwei erhalten einen Sessel. Eine Person
schließt die Augen, die andere erfindet eine Position mit und zu dem Sessel,
die sie auch einige Minuten halten kann, z.B. den Sessel hochheben, unter
den Arm klemmen, sich drunter legen und den Sessel kippen o.ä. Die dritte
Person beschreibt der blinden Person, wie die andere mit dem Sessel
dasteht, liegt o.ä. und führt sie dann mit konkreten Anweisungen dazu, die
gleiche Haltung einzunehmen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Anweisungen höflich aber präzise sind. Formulierungen wie „Bitte geh mal einen
Schritt nach vorne.“ „Bitte dreh Dich jetzt um 180°.“ oder „Jetzt strecke bitte
die Beine ganz aus.“ sind erwünscht. Sinn und Zweck der Übung: Sich in
eine andere Person hineindenken lernen und jemanden zu einem Ziel zu
geleiten, auf höfliche aber bestimmte und respektvolle Weise, mit möglichst
konkreten und präzisen Anweisungen. Das soll der Regie-Arbeit zugute
kommen, denn die meisten SpielerInnen wollen oder brauchen klare
Ansagen und selbst trainiert man sein eigenes Vokabular.
„Wachsmaske-Whiskeymixer-Messwechsel“
Alle stehen im Kreis. Eine/r beginnt mit „Wachsmaske“ oder
„Whiskeymixer“ in eine Richtung, sagt also dieses Wort zur Person neben
ihr. Diese Person sagt es nun der Person daneben und so weiter und so fort.
Wer lacht, muss einmal um den Kreis rennen, bis sie/er wieder an ihrem/
seinem Platz steht. Denn es ist völlig egal, was aus dem Munde kommt,
wichtig ist dabei, nicht zu lachen. Das Wort „Messwechsel“ dient dazu, die
Richtung und das Wort zu wechseln. Beispiel: Bekomme ich „Wachsmaske“
gesagt und ich sage „Messwechsel“, dann sagt die Person, die gerade zu mir
gesprochen hat „Whiskeymixer“ zur Person an ihrer anderen Seite und das
Wort wird dann im Kreis durchgesagt. Mitunter lachen und laufen alle
SpielerInnen. Sinn und Zweck der Übung: Es gilt, ernst zu bleiben um jeden
Preis, egal, was auf der Bühne gerade geschieht.