Keine Instrumentalisierung der Russlanddeutschen zulassen Positionspapier der Arbeitsgruppe Auswärtiges der CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag Beschluss vom 12. April 2016 Die Solidarität mit den Russlanddeutschen, deren Familien wegen ihrer Volkszugehörigkeit ein besonders schweres und lang andauerndes Kriegsfolgenschicksal zu erleiden hatten, ist seit Jahrzehnten eines der zentralen Anliegen der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Deshalb haben sich CDU und CSU immer zur vertriebenenrechtlichen Aufnahme von Aussiedlern und Spätaussiedlern aus den Staaten der früheren Sowjetunion stark gemacht. Deshalb sind CDU und CSU stets für die Unterstützung der Deutschen, die als nationale Minderheiten in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion leben, eingetreten und haben dabei die Zusammenarbeit mit den Regierungen ihrer Herkunftsländer gesucht. Aus solidarischer Pflicht gegenüber der Volksgruppe und in Respekt vor dem Wunsch vieler russlanddeutscher Aussiedler, als Deutsche unter Deutschen leben zu wollen, hat die Bundesrepublik Deutschland in den letzten 60 Jahren ca. 2,5 Millionen Menschen aufgenommen. Dabei ist eine enorme Integrationsleistung erfolgt – sowohl von Seiten der Aussiedler als auch der Mehrheitsgesellschaft. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat in seiner Studie aus dem Jahr 2013 die Integration dieser Bevölkerungsgruppe trotz sektoraler und anfänglicher Schwierigkeiten insgesamt als geräuschlos und erfolgreich bezeichnet. Darauf können wir gemeinsam stolz sein. Beeinflussung durch russische Medien nimmt zu Gegenwärtig aber beobachten wir nun mit großer Sorge in einigen Gruppierungen der russlanddeutschen Aussiedler und russischsprachiger Zuwanderer eine mentale Absonderung sowohl in Richtung der deutschen Mehrheitsgesellschaft als auch in Richtung der Mehrheit der Aussiedler selbst. Vor allem die Ukrainekrise, in jüngerer Zeit auch der Flüchtlingszustrom nach Deutschland, haben Unruhe in die russlanddeutsche Gemeinschaft gebracht. Bei nicht wenigen von ihnen lässt ihr Medienverhalten und ihre Informationsgewinnung ein Misstrauen gegenüber den etablierten Informationsquellen Deutschlands und eine besondere Hinwendung zu bestimmten russischsprachigen sozialen Netzwerken und russischen Medien erkennen. Dabei wünschen wir uns für diese oft verunsicherten Menschen mehr Orientierungshilfen auf der Grundlage unserer freiheitlich-demokratischen Werte durch legitimierte Vertreter der Selbstorganisation russlanddeutscher Aussiedler. Angesichts des Mangels an solchen Orientierungshilfen beobachten wir, dass dubiose Organisationen mit zweifelhaften Hintergründen, wie die 2013 gegründete Partei „Einheit“, und Netzwerke russischer Staatspropaganda, entstehende Lücken füllen. Rolle russischer Propaganda im Fall „Lisa“ Der aufgeklärte Fall einer vermeintlichen Straftat gegen eine Minderjährige (der Fall „Lisa“), der bundesweit zu Protesten geführt hat, zeigte erschreckend deutlich, wie effektiv dabei mit Instrumenten der Verunsicherung Zwietracht in unserer Gesellschaft gesät wird. Das Vertrauen zur deutschen Grundordnung und zur Arbeit unserer Behörden, mit dem russlanddeutsche Aussiedler seinerzeit nach Deutschland als dem Land ihrer Vorfahren zurückkehrten, ist für uns ein wertvolles Gut. Unsere Arbeit ist darauf gerichtet, diesem Vertrauen gerecht zu werden. Wir möchten aber auch nicht zulassen, dass es durch böswillige Propaganda zerstört wird. Wir sind aufgeschlossen gegenüber der Förderung russischer Sprache und Kultur, sowie der Unterstützung von Vereinen und Organisationen, die sich dem kulturellen Austausch widmen. Deutschland ist an intensiven kulturellen Beziehungen mit Russland interessiert. Wir wenden uns jedoch gegen den Versuch, Menschen, die sich der russischen Kultur und Sprache verbunden fühlen, für machtpolitische Interessen zu instrumentalisieren. Unsere freiheitliche Grundordnung bietet alle Möglichkeiten einer offenen Auseinandersetzung, in die jeder seine eigene Meinung einbringen kann. Fremdbestimmung von außen erschwert jedoch einen fairen und konstruktiven Dialog. Im August dieses Jahres werden die Russlanddeutschen zum 75. Mal ihrer Opfer der Zwangsumsiedlung und anschließender Zwangsarbeit in der Sowjetunion gedenken. Dieser und vergleichbare Anlässe sollen uns weiterhin an das Schicksal der Russlanddeutschen erinnern und dazu beitragen, ihre Selbstidentifikation als Deutsche in Deutschland zu stärken und zu fördern. Seite 2 von 2
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