Realistische Ziele für Therapeuten und Patient

16.09.2015
Die schmerzhafte Polyneuropathie
Realistische Ziele für Therapeuten
und Patient oder weshalb ist die
Behandlung so schwierig?
Inhalte
-Betrachtungsebenen zur Polyneuropathie
-Beeinträchtigung der schmerzhaften Polyneuropathie
-Warum scheitern Therapien?
Leibesinselschund - Schmerzhafte Neuropathien – Implikationen für das tägliche
Leben unserer Patienten
M. Birgel
DEW Köln
Interessenkonflikt
Bezüglich der Inhalte des Vortrags liegen keine Interessenkonflikte vor.
Was ist der Unterschied zwischen der
schmerzlosen und schmerzhaften
Polyneuropathie
1
16.09.2015
Somatologische Ebene
Ebenen der Betrachtung:
Faserbeteiligung
Somatologisch
reduktionistisch, panmathematisch
(operational - reduktionistisch)
Neo-phänomenologisch
(präaristotelisch, geänderte Abstraktionsbasis)
Objektive Tatsächlichkeit versus subjektive Tatsächlichkeit
Nationale Versorgungsleitlinie: Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter, 2011
Somatologische Ebene
Somatologische Ebene
Neuropathie Severity Score (NSS)
Negative
Symptome
Sensorisches Defizite
-
Der A-delta und C-Fasern
- Der A-beta Fasern
Positive
Symptome
• Spontane
Schmerzen
• Parästhesien
• Dysästhesien
3-4: leichte
Symptome
5-6: mässige
Symptome
7-10: schwere
Symptome
• Evozierte
Schmerzen
• Auf Temperatur
• Berührung
• Druck
Nationale Versorgungsleitlinie: Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter, 2011
2
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Somatologische Ebene
Somatologische Ebene
Gruppe 1: keine Neuropathie
Gruppe 2: schmerzlose Neuropathie
Gruppe 3: schmerzhafte Neuropathie
VPT: Vibration perception threshold
TDT: Thermal perception threshold
PMCV: peroneal nerve motor conduction velocity
Veves et al., Diabetes Care 1994
Somatologische Ebene
Veves et al., Diabetes Care 1994
Neophänomenologische Ebene
Neophänomenologie
•Leibesinselschwund
•Subjektive Tatsächlichkeit
•Die Füße werden nur als Umgebungsbestandteile wahrgenommen
•Die Wunde wird nicht mehr als Angriff auf die leibliche Unversertheit gesehen.
CPT = Current perception threshold
Veves et al., Diabetes Care 1994
3
16.09.2015
Klinische Beispiele:
„ Ich habe so etwas noch nie gesehen, ich war so fassungslos,
Konnte das nicht verstehen ... Und dann der Gestank ...“
(Pfleger Th. Nach verbaler Entgleisung)
50 Jahre, DM 2; Beruf: Mathematikerin
4
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Neophänomenologie
Patientenschilderungen
Die Schmerzen sind ganz komisch; das sind keine Schmerzen, das ist
ein unangenehmes Kribbeln; von dem könnte ich verrückt werden;
das kommt immer nachts und sobald ich aufstehe, ist es weg; ich
ziehe mir schon Stützstrümpfe an, denn dann spüre ich meine
Beine, die sind sonst gar nicht da. Der Druck ist dann angenehm, ja,
weil ich die Beine spüre.
Manchmal, wenn ich ins Bett gehe, stecke ich die Beine zwischen die
Matratzen, das macht auch Druck, dann kann ich schlafen. Die Leute
können das nicht verstehen, wenn ich ihnen von dem Kribbeln
erzähle.
Da hat mich übrigens auch noch kein Arzt nach gefragt, die interessiert
das überhaupt nicht. Einmal war ich bei einem, dem habe ich das
erzählt, der hat mir dann sofort ein Medikament gegeben, mit -cid
oder so ähnlich, das hat überhaupt nicht geholfen“ .
Leibesinselschwund:
Füße als Umgebungsbestandteile
Neophänomenologie
Patientenschilderungen
"Es ist ein taubes Gefühl in den Zehenspitzen, so pelzig; eigentlich nicht
pelzig - ich nenne es nur so; eigentlich ist es wie eine Blase, die unter
dem Zeh ist, als ob da Fleisch zu viel wäre, aber es ist da kein Fleisch
zuviel - ich prüfe das immer wieder nach, aber da ist nichts “
“Seit 2 Jahren "Schmerzen in beiden Füßen;" alle Zehen sind taub; "alle
Zehen sind ohne Gefühl"; "wie kann ich Schmerzen haben, wo ich gar
nicht weiß, daß ich Zehen habe?";beim Auftreten ist es "wie in Nichts
getreten"; "ich stolpere über meine eigenen Beine"; "die Eltern werden
schon gefragt: 'trinkt Ihre Tochter?'; "trotzdem tut es auch weh";
"abends ist es als wenn ich Eisklumpen an den Füßen hätte, aber die
Füße sind warm - wenn ich sie anfasse. Dann muß sich meine Katze auf
die Füße legen, die ist das schon gewohnt"; "es gibt Tage, da liege ich
den ganzen Tag im Bett, weil ich nicht laufen kann; die Fußpflege ist
besonders unangenehm: ich spüre, daß die da dran ist, aber das ist ein
ganz komisches Gefühl, ganz unangenehm; ich sage dann, sie soll
aufhören, weil ich das nicht aushalten kann."
5
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Neophänomenologie
Patientenschilderungen
" Wenn ich über den Teppich laufe, habe ich das Gefühl, als würde ich über
Kieselsteine laufen "
"Am Arm habe ich ein "taubes Gefühl": wenn ich mich leicht kratze ist es, als
wäre da eine zweite Haut darüber; wenn ich fester kratze merke ich mich
wieder "
"durch die Gefühlsstörung habe ich immer Angst, daß ich hinfalle, obwohl ich
den Stock benutze; dadurch ist mein Körper die ganze Zeit verkrampft - das
merke ich richtig "
“Durch die Gefühllosigkeit bin ich unsicher im Laufen; manchmal falle ich
nach vorne; d.h. ich bin nach vorne gekippt; das sehe ich an der
Winkelstellung der Augen; dann muß ich meinen Gang mit den Augen
korrigieren "
"Ich hab schon in Brackel gesagt "das Bein gehört mir ja gar nicht, das
schleife ich immer hinter mir her "
"Gefühl, als ob trockener Zement in den Füßen wäre"
"Es tut weh, als ob jemand von innen darin arbeitet"
"Es brennt wie Feuer, besonders nachts"
Schlußfolgerung:
Arzt und Patient begegnen sich häufig auf
zwei unterschiedlichen
anthropologischen Ebenen:
Arzt: Ebene der Körpermaschine
Patient: Ebene subjektiver Tatsächlichkeit
Schmerzhafte PNP
Neophänomenologische Klassifikation des
diabetischen Polyneuropathie - Syndroms:
STUMME FORM:
Störung des vitalen Antriebs; Entfremdungserlebnisse; der Fuß wird
zum Umgebungsbestandteil
Einschränkungen über die schmerzhafte
diabetische Neuropathie
Umgang mit der neophänomenologisch
gemischten und prominenten Form
PROMINENTE FORM:
Störung des vitalen Antriebs + Entgleisung der leiblichen Ökonomie
der betroffenen Leibesinsel; Störung von Rhythmizität und
Intensität
MISCHFORM:
“Painful-painless leg {Boulton}
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Schmerzhafte PNP
Schmerzhafte PNP
Relativer Beitrag der Neuropathie zur Depressivität
Lebensqualität (EQ-5D utility in Abhängigkeit von den
Neuropathieschmerzen)
-
Beweglichkeit und Mobilität
Fähigkeit für sich selbst zu sorgen
Alltagsfähigkeiten
Schmerzen
Angst
Vileykite et al, Diabetes Care 28 (2005): 2378-2383
Schmerzhafte PNP
Alleman et al; Diabetes Research and Clinical Practice, 2015
Schmerzhafte PNP
Prozentsatz an Personen mit Problemen in Bezug zum
Lebensqualitätsinventars EQ-5
Kosten bzw. Produktivitätsverlust bei schmerzhafter
Polyneuropathie
Blau: schmerzhafte
PNP
Grün: UK Population
Rot: USGesundheitszentrum
Gore et al., J Pain 7 (2006): 892-900
Alleman et al; Diabetes Research and Clinical Practice, 2015
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Schmerzhafte PNP
Schmerzhafte PNP
Komorbiditäten bei Patienten mit schmerzhafter
diabetischer Neuropathie
Ziele der Therapie
•
Eine Schmerzreduktion um 30-50% auf der 11-Punkte visuellen
Analogskala (VAS)
27,8%
•
Eine Verbesserung des Schlafes
23,1%
•
Eine Verbesserung der Lebensqualität
•
Die Erhaltung sozialer Aktivitäten und der sozialen Teilhabe
•
Die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit
•
Angststörung
26,7%
•
Depressionen
•
Schlafstörungen
•
Chronische Herzinsuffizienz
15,3%
•
Koronare Herzerkrankung
20,8%
•
Nephropathie
17,3%
•
pAVK
24,3%
•
Retinopathie
13,7%
•
Mehr als eine chronische Erkrankung
80,0%
Nationale Versorgungsleitlinie: Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter, 2011
Nationale Versorgungsleitlinie: Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter, 2011
Schmerzhafte PNP
Risikofaktoren für emotionale Belastungen bei
Neuropathiepatienten
•
Ausgeprägte Plussymptomatik
•
Patientenerleben: Symptomatik ist unkontrollierbar und schlecht zu
therapieren
•
Alltagseinschränkung aufgrund der Neuropathie
•
Auftreten diabetesbedingter Fußprobleme
Wenn Therapien misslingen!
Was will der Patient ?
Auftragsklärung:
-
Gespräch / Beratung über die Schmerzen (wann treten sie auf, was
kann ich generell tun, welche Optionen gibt es)
Therapiewunsch (welche Behandlungen sind schon durchgeführt
worden, Kontraindikationen klären)
Was kann der Patient ?
Assessment
Nationale Versorgungsleitlinie: Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter, 2011
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Schmerzhafte PNP
Therapiezielklärung:
Welche Hindernisse bestehen?
Therapieziele:
1. Verringerung der Mortalität
2. Prävention von Sekundärkomplikationen
3. Lebensqualität
Patient:
Therapieziele
Arztpriorität
Patientenpriorität
1
2
3
3
2
1
•
Aufklärung nicht ausreichend: der Beipackzettel reicht, um das Medikament
nicht zu nehmen.
•
Zu hohe Erwartungshaltung
•
Hoher Anteil an Depression / Antriebslosigkeit (damit lebe ich schon so
lange...)
•
Selffullfilling Prophecy über Nebenwirkungen oder Nichtansprechen der
Medikation
Bei der schmerzhaften Neuropathie geht es um die
Verbesserung der Lebensqualität! Der Arzt muss hier seine
Prioritätenliste komplett verändern.
Compliance, Adhärenz
Schmerzhafte PNP
Adhärenz bei Diabetes mellitus
Welche Hindernisse bestehen?
Arzt / Behandler:
•
Eine Therapie wird in Hinblick auf die Therapieadhärenz ungerne durchgeführt.
•
Medikation ist teuer, der Effekt ist schwierig zu messen.
•
Häufig werden die Medikamente zu hoch eindosiert oder zu wenig gesteigert.
•
Medikamente kommen auf Me-too-Listen, damit ist ihre Rezeptierfähigkeit
schwierig.
•
Die Studienlage ist nicht eindeutig:
-
Studien zur Medikamenteneinnahme:
-
Orale Antidiabetika
- Einnahme in 61-85% über einen Beobachtungsraum von 6
Monaten
-
Insulintherapie
- Adhärenz von 63 +/- 24% sowohl bei langbestehender als auch
bei neu eingeleiteter Therapie
-
• Häufig Expertenwissen
Antihypertensiva
- Nach einem Jahr wird nur noch von der Hälfte der Patienten die
Medikation regelmäßig eingenommen.
• Hoher Publikationsbias
-
Psychopharmaka für die Neuropathie?
Cramer, Diabetes Care 2004; 27: 1218-1224
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Therapie
Medikamentöse Therapie (cave Publikationsbias)
Therapie
•
Duloxetin
Medikamentöse Therapie
•
Trizyklische Antidepressiva
Sollten nicht mehr angewandt werden (?):
•
Carbamazepin
•
•
Pregabalin
•
•
Gabapentin
•
Schmerzmedikamente
• Führt nach längerfristiger Auflagerung zum reversiblen
Funktionsverlust und reversibler Degradation von nozizeptiver
Afferenzen
Capsaicin
Vanilloid-Rezeptor (TRP-V1)-Agonist
• Paracetamol / Metamizol
• Salben mit Dosierungen zwischen 0,025 – 0,1%
• Opioide
• Kutanes Schmerzpflaster mit 8% Lösung
• Häufige Nebenwirkungen: Pruritus, kutane Reizung, Verbrennungen!
Nationale Versorgungsleitlinie: Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter, 2011
Nationale Versorgungsleitlinie: Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter, 2011
Therapie
Medikamentöse Therapie
•
Therapie
Nicht-medikamentöse Therapie
•
Transkutane elektrische Neurostimulationstherapie (TENS)
• Andere Antidepressiva (Venlafaxin)
•
Hochfrequente Muskelstimulation (Hochtontherapie)
• Andere Antiepileptika (Lamotrigen, Valproat)
•
Patientenschulung (NEUROS)
Sollten nicht mehr angewandt werden:
• Alphaliponsäure (das Medikament mit dem –cid)
Auf Komorbiditäten achten!!!
Depressionsfragebögen (WHO5…)
•
2-Fragen-Test:
• Waren Sie in den letzten Wochen zunehmend ohne Grund traurig?
• Haben Sie in den letzten Wochen keine Lust mehr gehabt, Dinge zu
tun, die Sie normalerweise gerne tun?
Nationale Versorgungsleitlinie: Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter, 2011
Nationale Versorgungsleitlinie: Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter, 2011
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Zusammenfassung
- Die Behandlung der schmerzhaften Polyneuropathie ist
schwierig. Arzt und Patient begegnen sich auf
unterschiedlichen Ebenen.
- Es finden sich häufig Komorbiditäten wie Depression und
Angststörungen. Die Lebensqualität ist bei unseren Patienten
deutlich reduziert.
- Wichtig für das Erreichen eines befriedigenden Ergebnisses
ist die Aufklärung des Patienten über die Behandlungsziele
und Therapiemöglichkeiten. Nur ein aufgeklärter Patient
wird eine Therapie auf Dauer durchhalten.
Nervendekompression bei
Polyneuropathie
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Somatologische Ebene
Literatur
• Chaudhry et al.: Decompressive Surgery of lower limb for
symmetrical diabetic peripheral neuropathy (review)– The
Cochrane Library 2011
• Knobloch et al.: Operative Nervendekompression an der unteren
Extremität bei diabetischer Polyneuropathie. Oper Orthop
Traumatol 2011, 24: 74-79
• Antoniadis und Schleglmann: Hinteres Tarsaltunnelsyndrom.
Deutsches Ärzteblatt 2008: 105: 776-781
• Cornblath et al: Surgical decompression for diabetic
sensorimotor Neuropathy, Commentary, Diabetes Care 2007
• NVL Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter, 2011
• Bloomgarden: Diabetic Neuropathy, Diabetes Care 2007
Mögliche Pathologien:
•Verlust an intraepidermalen Nervenfasern (IENFs) sind mit einer erhöhten Rate an
schmerzhafter Polyneuropathie assoziiert.
•Es findet sich häufiger eine abnormale Ratio zwischen mechanoresponsiven vs.
Mechanoinsensitivenn Nociceptoren.
•Natriumkanalpathologien sind mit einer deutlich veränderten Schmerzwahrnehmung
assoziiert.
Said; Nature Clinical Practice Neurology 2007
Operative Nervendekompression
Indikationen:
-Schmerzhafte diabetische Polyneuropathie an der unteren
Extremität mit positivem Hoffmann_Tinel-Zeichen im Bereich
des Tarsaltunnels, Nervus peronaeus sowie im Bereich des
Fibulaköpfchens.
-Im Bereich des Tarsaltunnels ist das Auslösen eines
Tinelzeichens ein positiver Prädiktor für den Erfolg der
Maßnahme (90%).
-Sinnvoll: Untermauerung der Neuropathie durch
neurophysiologische Untersuchungen (cave: scwer
durchzuführen, bildet sich nicht im Untersuchungskatalog
wider).
-Keine wesentliche Besserung der Neuorpathie trotz optimaler
BZ-Einstellung, Nutzen von Analgetika bzw. Neuroleptika bzw.
Antikonvulsiva
Knobloch et al; Oper Orthop Traumatol 2011, 24: 74-79
-„Compliance“
Operative Nervendekompression
Knobloch et al; Oper Orthop Traumatol 2011, 24: 74-79
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Operative Nervendekompression
Operative Nervendekompression
Ergebnisse:
12 Patienten operiert in einem Zeitraum von 2008-2009
(Plastische Chirurgie Universitätsklinikum Hannover)
Follow-up für ein Jahr
Reduktion des Schmerzes: VAS von initial 7,2 auf 3,6 (1-10)
Verbesserung der Balance von 5 auf 2 (Schulnoten)
Verbesserung der Empfindung im Fuß von 5 auf 3 (Schulnoten)
Knobloch et al; Oper Orthop Traumatol 2011, 24: 74-79
Operative Nervendekompression
Knobloch et al; Oper Orthop Traumatol 2011, 24: 74-79
Cochrane Review
Neuropathie:
-Häufige Folgekomplikation des Diabetes mellitus
-Ist verantwortlich für massive Folgekosten (neben
Makroangiopathie und Nephropathie)
-Die häufigste Form ist das distale sensomotorische
Polyneuropathiesyndrom
-Häufig negative Symptome
-Falls positive Symptome sind diese sehr schwer zu behandeln
-Hypothese von Dellon: „double crush or double pathology
hypothesis“
-D.h. ein durch Diabetes geschädigter Nerv erfährt über ein
Entrapment einen zusätzlichen Schaden.
Knobloch et al; Oper Orthop Traumatol 2011, 24: 74-79
Chaudhry, Cochrane Review, 2011
13
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Cochrane Review
Hinteres Tarsaltunnelsyndrom
Ergebnisse:
Aus 142 Treffern wurden 8 potentielle Arbeiten gefunden.
-Keine randomisierte Studie
-Nur eine Studie untersuchte die Verbesserung der Schmerzen
-Mehrere Studien fokussierten sich auf die Verbesserung der
Sensibilität (zumindest auch in Hinblick des pressure-specific
sensory device (PSSD)
-Einschluß in die Studien war ein positives Tinel-Zeichen, es
wurden keine neurophysiologischen Untersuchungen
durchgeführt.
Chaudhry, Cochrane Review, 2011
Seltene Erkrankung
-Erstbeschreibung 1931 / 1960
-Aufteilung des Nervus tibialis im
Bereich des Malleolus lateralis in
-N. plantaris medialis („Joggers
Foot)
-N. lateralis
-Ursachen:
-Frakturen / Distorsionen
-Gangliome / Schwannome
-Gefäßkonvolute
-Diabetes / Hyperurikämie /
HLP
Antoniadis und Schleglmann: Deutsches Ärzteblatt 2008: 105: 776-781
Cochrane Review
Alles philosophischer Quatsch ?
Bedeutung des Leibesinselschwundes für
Unfallchirurgen ohne sein Wissen:
“in der Traumatologie werden Beine und Füsse nach Traume dann
amputiert, wenn die Fusssohle keine Sensibilität mehr hat”
“Warum ?” (Risse)
“Weil ein Fuss ohne Sensibilität lebenslang Probleme macht … die
verletzen sich dauernd, verbrennen sich …”
(OA Dr. S. Spendel; Univ. Klinik Graz, Plastische und Wiederherstellungs
chirurgie; 8010 Graz; 2004_04_27; Mail: [email protected]
Chaudhry, Cochrane Review, 2011
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Therapie
Medikamentöse Therapie (cave Publikationsbias)
•
Duloxetin
•
Beginnend mit 30 mg, Steigerung nach 7-14 Tagen
Therapie
Medikamentöse Therapie
Sollten nicht mehr angewandt werden (?):
•
Trizyklische Antidepressiva
•
Carbamazepin
•
•
Pregabalin
• Führt nach längerfristiger Auflagerung zum reversiblen
Funktionsverlust und reversibler Degradation von nozizeptiver
Afferenzen
•
•
Gute Wirksamkeit
•
Beginn mit 75 mg, Steigerung alle drei Tage auf ca. 300 – 600 mg/die
•
•
Vanilloid-Rezeptor (TRP-V1)-Agonist
• Salben mit Dosierungen zwischen 0,025 – 0,1%
Gabapentin
•
Capsaicin
• Kutanes Schmerzpflaster mit 8% Lösung
Beginnend mit 300 mg/die, Steigerung bis 1200 -1400 mg auf drei Einzeldosen
aufgeteilt
• Häufige Nebenwirkungen: Pruritus, kutane Reizung, Verbrennungen!
Schmerzmedikamente
•
Paracetamol / Metamizol
•
Opioide
Nationale Versorgungsleitlinie: Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter, 2011
Nationale Versorgungsleitlinie: Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter, 2011
Therapie
Therapie
Medikamentöse Therapie
•
Nicht-medikamentöse Therapie
•
Transkutane elektrische Neurostimulationstherapie (TENS)
• Andere Antidepressiva (Venlafaxin)
•
Hochfrequente Muskelstimulation (Hochtontherapie)
• Andere Antiepileptika (Lamotrigen, Valproat)
•
Patientenschulung (NEUROS)
• Alphaliponsäure (das Medikament mit dem –cid!)
•
Ggfs.: operative Versorgung eines Nervenkompressionssyndroms?
Sollten nicht mehr angewandt werden:
Auf Komorbiditäten achten!!!
Depressionsfragebögen (WHO5…)
•
2-Fragen-Test:
• Waren Sie in den letzten Wochen zunehmend ohne Grund traurig.
• Haben Sie in den letzten Wochen keine Lust mehr gehabt, Dinge zu
tun, die Sie normalerweise gerne tun?
Nationale Versorgungsleitlinie: Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter, 2011
Nationale Versorgungsleitlinie: Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter, 2011
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PNP
Differentialdiagnose:
Wann sollte man hellhörig werden:
•
Überwiegen der motorischen vs. der sensiblen Ausfälle
•
Rasche Entwicklung oder Progredienz der Symptomatik
•
Stark ausgeprägte Assymetrie
•
Fortschreiten der Problematik trotz Optimierung der Stoffwechsellage
•
Beginn an der oberen Extremität
•
Positive Familienanamnese
•
Nachweis anderer neurologischer Symptome, die über das diabetische
Polyneuropathiesyndrom hinausgehen.
Nationale Versorgungsleitlinie: Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter, 2011
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