Bauforschung - Museggmauer

Die Vergangenheit sichtbar machen
Bauforschung…
bildet die Grundlage für
die Restaurierung
Bauforschung am Beispiel der Zinnen des Wehrgangs beim Wachtturm
Die Zinnen des Wehrgangs sind heute mit vielen
Die genaue Kenntnis der Bau- und Nutzungsgeschich-
schad­haften, lockeren Ziegeln aus verschiedenen Epo-
te eines Baudenkmals bildet die Basis jeder erfolgrei-
chen gedeckt. Nach deren Entfernung im Bereich des
chen Restaurierung. Die Bauforschung erarbeitet sich
Wachtturms konnten die Reste des aus der Bauzeit
die Informationen durch
stammenden Mörtels auf der Krone der Zinne freigelegt werden. Darin zeichneten sich die Abdrücke von
... die Analyse der Schriftquellen.
Ziegeln ab, die belegen, dass die Zinnen im untersuchten Bereich von Anfang an mit Ziegeln gedeckt waren.
Die Negative erlaubten es sogar, die Art der Deckung
zu rekonstruieren. Dank dieser Erkenntnisse können
die Zinnen historisch korrekt restauriert werden.
Im Zitat aus der Bauverordnung von 1611 ist von ­einer
geplanten Reparatur des Wehrgangs der Musegg­
mauer die Rede: «Die Ringkmur an der Musegk soll
man versorgen Der steininen Platten halb Damit die
fuogen allso (g)macht werdent damitt Das Wasser die
Blick auf die Museggmauer vom Schirmerturm in Richtung Osten (Pulverturm und Allenwindenturm): eine Foto-
Mur nit allso gschende».
grafie aus der Zeit um 1900.
Diese Zinne westlich des Wachtturms war von Anfang
... die Analyse der Bildquellen.
dabei entstandenen Löcher wurden oberflächlich ver-
an mit Ziegeln gedeckt, wie die im originalen Mauer-
mauert und können heute nur mehr schwer entdeckt
mörtel erhaltenen Negative belegen.
werden. Dank der starken Ausschwemmung des
Verputzes an der Nordseite der Mauer konnte dort ein
grosser Teil der Gerüstauslegerlöcher festgestellt werden. Mit deren Lage liessen sich die Gerüstläufe beim
Erstellen der Museggmauer mit grosser Wahrscheinlichkeit rekonstruieren. Auf der Südseite dagegen war
der Verputz der Witterung weniger ausgesetzt und
zudem, teilweise durch die privaten Anstösser, besser
gepflegt. Deshalb liessen sich hier nur wenige GerüstBauforschung am Beispiel Luegislandturm
auslegerlöcher feststellen. Diese decken sich jedoch
gut mit den ihren Entsprechungen auf der Nordseite.
2002 wurde der Luegislandturm statisch gesichert und
Beim Einmauern der Gerüstausleger wurden die Aus-
Feldaufnahme der Gerüsthebellöcher an der Nordseite
restauriert. Der Bauforschung gelang dabei der Nach-
legerbalken von ca. 3 m Länge quer auf die hochge-
der Mauer im Abschnitt zwischen Nölli- und Männli-
weis des originalen, nur in kleinen Resten erhaltenen
zogene Maueretappe gelegt. Dann ummauerte man
turm. Dort liessen sich sehr unterschiedliche Gerüst-
Verputzmörtels der Bauzeit. Der Verputz aus der Zeit
die Balken und bildete mit eher grossen flachen Stei-
laufabstände feststellen. Zwischen Männli- und Lue-
um 1370 zeigte eine in den nassen Mörtel eingepress-
nen den Sturz darüber. Nach dem Aufmauern
gislandturm waren dank dem fast horizontalen Verlauf
te Quaderzeichnung, welche die Mauern vollflächig
weiterer Steinlagen über den Auslegerbalken zur Be-
des Musegghügels die Gerüsthebel und auch die Ge-
Die Diebold-Schilling-Chronik 1513 ist die wichtigste
überzog und vor allem bei Streiflicht eine ungemein
schwerung, konnte man einen neuen Lauf Gerüstbret-
rüstläufe sehr gleichmässig versetzt.
Bildquelle, die uns über das spätmittelalterliche Stadt-
plastische Wirkung erzeugte. Erst in einer zweiten
ter legen und die Mauer weiter hochziehen.
bild von Luzern informiert. Die Museggmauer ist häu-
Bauphase – möglicherweise anlässlich der Erneuerung
fig dargestellt, hier im Hintergrund einer Szene, die
des hölzernen Obergadens um die Mitte des 15.Jhs.
sich am 26. Mai 1499 ereignet haben soll: Ein Drache
– erhielt der Turm den flächigen Verputz, wie er ihn
schwimmt die Reuss hinunter.
heute wieder zeigt.
... die Bauuntersuchung des Denkmals.
Bauforschung sichert den Wert eines Baudenkmals
als historische Quelle. Bei jeder Restaurierung werden
Zeugen der Bau- und Nutzungsgeschichte zerstört:
Rekonstruktionszeichnung der Nordfassade im Ab-
statisch geschwächte Mauerpartien werden verstärkt,
schnitt östlich des Männliturms, im Idealfall hatten
Risse gestopft, nicht restaurierbare Verputze abge-
die Gerüstläufe, wie bei heutigen Gerüsten, etwa 2 m
schlagen, schlecht erhaltene Bauhölzer ausgetauscht
­Abstand voneinander.
usw. Mit jedem Eingriff in die Substanz leidet der
Quellenwert eines Baudenkmals und es wird schwieriger bis unmöglich, seine Geschichte ablesen zu können. Die Bauforschung untersucht und dokumentiert
So präsentierte sich der Luegislandturm um 1370. Ein
die Spuren der Geschichte vor deren Veränderung
markanter Fugenstrich erweckte den Eindruck eines
oder Zerstörung und sichert so den Quellenwert des
Quadermauerwerks, die Mauer beidseits des Turms
Baudenkmals für kommende Generationen.
war nur rund 3.5 m hoch. Die Form des Obergadens
In einem Gerüstauslegerloch liessen sich die Reste
der Bauzeit ist unbekannt.
eines Balkens dokumentieren. Dieser war stark mit
Mörtel vergossen worden, dass er nicht mehr aus der
Spuren des alten Baugerüsts zur Museggmauer
Mauer gezogen werden konnte. Aufgrund der festgestellten Zapf- und Holznagellöcher handelt es sich
Bauforschung an einer Zinne der Museggmauer.
Ein Interessanter Befund ergab sich aus der Doku-
dabei um ein wiederverwendetes Holz, das vermut-
mentation der zahlreichen in der Mauer vorhandenen
lich von einem abgebrochenen Haus stammt. Der
Löcher. Diese zum Teil heute noch durch die Mauer
Balken war sehr morsch, sodass er für weitere Un-
durchlaufenden Balkenkanäle stammen von den wäh-
tersuchungszwecke (Dendrochronologie, C14-Alters­
rend dem Hochziehen der Mauer eingemauerten
bestimmung) unbrauchbar war. Das Gerüsthebelloch,
Das Abdecken des Gerüstes mit Leinentüchern vermei-
Gerüstauslegehölzern. Die Hölzer wurden nach dem
im unteren Bild war nach Abschluss der Bauarbeiten
det ein zu schnelles Abtrocknen des für die Renovation
Bau herausgezogen, abgebrochen oder abgesägt. Die
mit drei flachen Steinen verschlossen worden.
verwendeten Mörtels.