Der Bau der Akropolis - Grundschulmaterial online

Der Bau der Akropolis
Es ist nach dem Sieg der Griechen über die Perser. In Athen künden noch die Ruinen auf
dem Burgberg von jenem schlimmen Jahre, da das Heer des Großkönigs Xerxes Athen und
seine Burg zerstörte. Seitdem sind mehr als 30 Jahre vergangen. Die Stadt ist wieder
aufgebaut, die Ruinen auf dem Burgberg sind aber noch vorhanden. Seit einiger Zeit tut sich
jedoch etwas dort oben. –
In dem kleinen Haus, das inmitten der Trümmer errichtet worden ist, beugt sich der
berühmte Bildhauer Phidias gemeinsam mit anderen Baumeistern und Künstlern über Pläne
und Berechnungen. Die Regierung von Athen hat sie beauftragt, eine neue Akropolis zu
bauen. Keine Burg, sondern Tempel, Säulenhallen und Standbilder sollen Athens Burgberg
schmücken und den Reichtum und die Macht der Stadt weithin verkünden. So lautet der
Auftrag der Regierung. Und Phidias führt die Oberaufsicht.
Geschäftsleute kommen: Handelsherren, Steinbruchbesitzer, Bauunternehmer. Phidias
verhandelt mit ihnen; Verträge werden abgeschlossen und auf Papyrus, Wachstafeln oder
Holztafeln niedergeschrieben. Die Urkunden werden im Haus der Bauleitung aufbewahrt;
dort kann man auch die Baupläne und Modelle einsehen. Viele Neugierige kommen; sie
möchten wissen, wie die neue Akropolis ausschauen wird. –
Monate vergehen. Auf dem
Burgberg wimmelt es von
Bauleuten. Bauunternehmer
aus Athen und anderen
Städten haben mit Phidias
Verträge abgeschlossen und
lassen ihre Steinmetzen,
Zimmerleute,
Erdarbeiter
und Sklaven am Bau
mitarbeiten.
Täglich geht Phidias über
die Baustelle. Bei den
Erdarbeitern beginnt er den
Rundgang. Sie haben die
Trümmer
der
Burg
fortgeräumt. Nun ebnen sie
mit eisernen Hacken und
Schaufeln die Bergkuppe
ein. Eine breite, 300 Meter
lange Fläche schaffen sie.
Ringsherum wird eine mächtige Mauer gebaut, damit das Erdreich nicht abrutscht.
„Hauruck! Hauruck!“ klingt es über den Bauplatz. Sklaven transportieren Marmorblöcke. Sie
legen Rollen unter die Quadern, die viele Zentner wiegen. Ein Teil der Sklaven zieht an
Seilen, die um die Blöcke geschlungen sind, die anderen helfen mit Hebebäumen nach.
Von der großen Mauer, die am Rande des Berges emporwächst, eilt ein Baumeister herbei.
„Schneller. beeilt euch! - Die Bauleute brauchen Steine!“
„Du solltest mehr Sklaven zum Steintransport einteilen!“ tadelt Phidias den
Bauunternehmer. „Wo denkst du hin, Phidias!“ wehrt dieser ab. „Wo bleibt dann mein
Verdienst! Die faulen Kerle sollen schneller arbeiten.“
Unbekümmert darum, dass die Sklaven schweißnass und erschöpft sind, schreit er wieder:
„Beeilt euch!“ Und mit seinem Stock schlägt er auf die Sklaven ein.
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Phidias beobachtet den Bau der Mauer. Die Bauleute haben zwei Hebevorrichtungen
aufgestellt, Dreiböcke mit einem Hebel. Das Holz, aus dem sie gebaut sind, ist besonders
hart; es ist Zedernholz aus Phönizien. Der Hebel hat einen kurzen und einen langen Arm. Am
kurzen sind eiserne Ketten befestigt. Die Bauleute schlingen die Ketten um den
zentnerschweren Steinblock, dann klammern sie sich alle zusammen an den langen Arm.
Langsam drücken sie ihn nieder und heben dadurch den Steinblock auf die Mauer.
Mörtel zum Verbinden der Steine gibt es nicht, die Quadern werden durch Zapfen aus
Hartholz oder Eisen zusammengehalten. Sorgsam prüft Phidias mit der Wasserwaage und
dem Lot nach, ob die Mauer auch genau senkrecht emporwächst. Er misstraut den
Unternehmern. Sie denken zuerst an ihren Gewinn und kümmern sich kaum um die Güte der
Arbeit. Sie treiben ihre Bausklaven an, verleiten sie zum Pfuschen. Wenn nur das Mauerwerk
rasch wächst, damit sie neue Zahlungen von Phidias fordern können, diese geldgierigen,
gewinnsüchtigen Bauunternehmer!
Sie schlagen in jeden Mauerstein, in jede Steinplatte oder Treppenstufe, die ihre Bauleute
eingefügt haben, ihre Namenszeichen ein. Danach ermittelt Phidias, wie viel Geld jeder
Unternehmer zu beanspruchen hat.
Phidias geht zu einem der vielen Steinmetzen, die mit ihren Gehilfen unter freiem Himmel
arbeiten. Der Meister zeichnet mit Holzkohle feine Striche auf einen Marmorstein. Der Stein
ist rund wie eine große Trommel.
Er wiegt viele Zentner. Später wird er mit anderen Marmortrommeln zu einer Säule
zusammengesetzt werden.
Die Gehilfen des Meisters umstehen ebenfalls eine solche Trommel. Sie setzen scharfe
eiserne Meißel an – so wie es der Meister vorgezeichnet hat. Ein Schlag mit dem Schlegel,
und ein Steinsplitter schwirrt zu Boden. Splitter um Splitter schlagen die Steinmetzen von der
Trommel, um sie zu verzieren.
„Phidias“, mahnt der Meister, „noch drei, vier Tage – dann ist aller Marmor bearbeitet! Wie
steht es mit der nächsten Lieferung?“
„Im Steinbruch wird zu langsam gearbeitet“, antwortet Phidias. „Auch der Transport ist
schwierig. Bedenke, die Blöcke sind schwer und der Weg* ist weit!“
Er befühlt die fertigen Trommeln. Einer der Steinmetzen blickt zu ihm hin. „Es ist nicht gut
für den Marmor, dass er hier in Sonne, Wind und Regen liegen muss, Phidias!“ sagt er.
Phidias nickt. Er hat schon lange darüber nachgedacht, wie man das Baumaterial, Holz und
Steine, vor dem Wetter und vor Dieben sichern könnte. Soll er Werkstätten und Lagerhäuser
bauen lassen? Das kostet Zeit und Geld. Phidias hat eine andere Idee. Er wird einige der
großen Tempelräume schon jetzt errichten lassen, die werden dann als Lagerhallen für das
Baumaterial dienen, und die Steinmetzen können sie als Werkstätten benutzen. Und er
selbst wird darin seine Bildhauerwerkstatt einrichten.
Ein Sklavenjunge kommt aus dem Baubüro gelaufen. Der Besitzer der Marmorbrüche ist
eingetroffen, er wartet auf Phidias. –
Phidias geht zum Baubüro. Er tadelt den Steinbruchbesitzer, der die Marmorblöcke säumig
liefert, oft viel später, als er im Vertrag versprochen hat.
Der Steinbruchbesitzer rechtfertigt sich. „Ich habe 600 Sklaven“, sagt er. „Sie arbeiten in
zwei Schichten, 300 bei Tag und 300 bei Nacht. Nachts brechen sie beim Scheine von
Pechfackeln mit Brechstange, Hammer und Haue für euch Marmorblöcke! Keine leichte
Arbeit ist das - und obendrein gefährlich! Erst gestern wieder hat herunterstürzendes Gestein
zehn Sklaven erschlagen, vorgestern waren es fünf, vergangene Woche acht. – Ersetzt mir
die Sklaven!“
„Unmöglich!“ lehnt Phidias ab. „Das ist im Vertrag nicht vorgesehen.“ Der andere klagt: „Ich
werde noch ein armer Mann!“ Phidias lacht ihn aus: „Unsinn ! Denkst du, ich weiß nicht, wie
hoch deine Gewinne sind? Lass schneller arbeiten und liefere wie versprochen!“ „Schneller
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geht es nicht!“ sträubt sich der Steinbruchbesitzer. „Meine Aufseher gönnen den Sklaven
schon bisher keine Pause.“
„Wir brauchen aber den Marmor!“ beharrt Phidias. „Es muss doch einen Ausweg geben!“
Der Steinbruchbesitzer lächelt verschlagen: „Ich wüsste schon einen.“ Und er schlägt
Phidias vor, die Athener Regierung darum zu bitten, 200 Sklaven, die ihr gehören, in seine
Marmorbrüche zu schicken. „Ich gebe ihnen Nahrung und Unterkunft, sie werden für mich
arbeiten. – Dann könnte ich die Lieferverträge einhalten.“
Phidias verspricht, bei der Regierung um die Sklaven zu bitten, obwohl er den
Steinbruchbesitzer im stillen einen Gauner nennt. Aber so wie er handelten ja schließlich alle
die Athener Geschäftsleute beim Bau der Akropolis.
* fast 30 Kilometer.
AUSWERTUNG
1. Werkzeuge und Arbeitsmethoden
2. Die Schöpfer der Akropolis (Handwerker, Künstler, Sklaven)
3. Die Bereicherungssucht der Bauunternehmer und Steinbruchbesitzer
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