AG München, Endurteil v. 11.06.2015 – 332 C 9334/15 Normenketten: ZPO § 495a BGB § 249 II § 495 a ZPO ZPO § 495a BGB § 249 II § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Schlagworte: Schadensersatzanspruch, Endurteil, Ermessen, Verkehrsunfall, Sachverständigenkosten, Erstattungsfähigkeit, Schadensbetrachtung, Gesamtbetrachtung, Reparaturkosten, Grundhonorar, Wirtschaftlichkeitsgebot, Schadensbehebung, Beilackierung Entscheidungsgründe Amtsgericht München Az.: 332 C 9334/15 IM NAMEN DES VOLKES In dem Rechtsstreit ... - Kläger Prozessbevollmächtigter: ... gegen ... - Beklagte Prozessbevollmächtigte: ... wegen Schadensersatz erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht Bießle am 11.06.2015 aufgrund des Sachstands vom 09.06.2015 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495 a ZPO folgendes Endurteil 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 267,09 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.09.2014 zu bezahlen. 2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beschluss Der Streitwert wird auf 267,09 € festgesetzt. Entscheidungsgründe Gemäß § 495 a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt. Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen weiteren Schadensersatzanspruch in Höhe von 267,09 €. Unstreitig haftet die Beklagte für die Schäden aus einem Verkehrunfall vom 25.08.2014. Sachverständigenkosten: Streitig war, ob noch ausstehende Sachverständigenkosten von 127,87 € erstattungsfähig sind oder nicht, ob also insgesamt Sachverständigenkosten von 624,87 € brutto ersetzt werden müssen (497,00 € wurden vorgerichtlich bezahlt). Nach der subjektbezogenen Schadensbetrachtung die hier nach der aktuellem Rechtsprechung des OLG München (Beschluss vom 12.3.2015, 10 U 579/15) vorzunehmen ist, sind die Sachverständigenkosten hier voll erstattungsfähig. Denn die Rechnung ist nicht in einer Weise überhöht, dass selbst ein Laie die Überhöhung erkennen hätte müssen und als wirtschaftlich denkender Mensch die Sachverständigenrechnung nicht bezahlt hätte. Hierbei ist nach Ansicht des OLG München eine Gesamtbetrachtung der Rechnung vorzunehmen. Es können nicht etwa die Nebenkosten gesondert auf ihre (vermeintliche) Überhöhung überprüft werden. Eine eklatante und auch für den Laien erkennbare Überhöhung erscheint auf den ersten Blick bei Reparaturkosten in Höhe von über 2.100 € und Sachverständigenkosten von 624,87 € nicht der Fall zu sein (vgl. auch BGH vom 11.2.2014, VI ZR 225/13 hier betrugen die Sachverständigenkosten sogar deutlich über 50% der Reparaturkosten). Laut OLG München ist die gegnerische Versicherung letztlich darauf beschränkt, dem Unfallgeschädigten nachzuweisen, dass die Rechnung an sich nicht nachvollziehbar ist und deswegen von einem wirtschaftlich vernünftig denkenden Menschen nicht hätte bezahlt werden dürfen. Vorliegend ergeben sich für das Gericht keine Anhaltspunkte, dass der Sachverständige nicht durch den Geschädigten alleine, sondern nach Vermittlung einer Werkstätte („Schadensservice aus einer Hand“) ausgewählt wurde. Dies wurde von der Beklagtenpartei lediglich unsubstantiiert behauptet. Allein die bloße Vermutung genügt hierfür nicht. Es bleibt daher bei der subjektbezogenen Schadensbetrachtung, so dass die Beklagtenpartei beweisen muss, dass ein wirtschaftlich vernünftig denkenden Menschen die Überhöhung der Sachverständigenkosten hätte erkennen können. Dieser Nachweis ist hier nicht gelungen, da die Geschädigte nicht erkennen konnte, ob und in welcher Höhe Fotokosten neben den Schreibkosten bei einem Sachverständigen anfallen und ob Schreibkosten gesondert anfallen, inwieweit Kosten für Duplikate anfallen, für Verbrauchs- und Büromaterial und die Kosten für die Datenbank gesondert neben dem Grundhonorar anfallen oder nicht. Reparaturkosten: Der Kläger hat einen Anspruch auf Ersatz der restlichen Reparaturkosten in Höhe von 139,22 €. Er muss sich nicht auf die kostengünstigere Reparatur in einer nicht markengebundenen Fachwerkstätte verweisen lassen. Der private Sachverständige legt ausweislich seines Gutachtens mittlere ortsübliche Sätze der Region München zugrunde. Der Geschädigte ist in dem durch das Wirtschaftlichkeitsgebot und das Verbot der Bereicherung gezogenen Grenzen grundsätzlich frei in der Wahl und in der Verwendung der Mittel zur Schadensbehebung. Das gilt auch bei fiktiver Abrechnung. Er rat weder dazu verpflichtet, sein Fahrzeug zu reparieren noch es zur Reparatur in eine bestimmte Werkstatt zu geben. Es bleibt ihm überlassen, ob und auf welche Weise er sein Fahrzeug tatsächlich instand setzt. Diesen Grundsätzen widerspräche es, wenn der Geschädigte bei der fiktiven Abrechnung letztlich auf bestimmte Stundenverrechnungssätze der billigsten, von der Versicherung ausgesuchten Werkstatt in der Region beschränkt wäre, weil dies in die Freiheit der Dispositionsbefugnis des Geschädigten eingreift, etwa wenn er sein Fahrzeug gar nicht repariert, sondern veräußert. Der zur Schadensbeseitigung erforderliche Betrag i. S. d. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB wird nicht durch die besonders günstigen Stundenverrechnungssätze einer von der Versicherung ausgesuchten Werkstatt bestimmt, sondern bemisst sich auch bei fiktiver Abrechnung danach, welche Reparaturkosten und maßgeblich sind, insoweit die durchschnittlichen ortsüblichen Sätze in seiner Wohngemeinde. Der Geschädigte ist nicht gehalten, die billigste Werkstatt zu wählen (vgl. Urteil vom 13.09.2013, OLG München, X. Zivilsenat, 10 U 859/13). Auch die Kosten für die Beilackierung sind erstattungsfähig, da diese üblicherweise anfallen. Der Reparaturlack ist bei älteren Fahrzeugen, wie vorliegend, nie mit dem Serienlack identisch, weshalb es zu Farbdifferenzen mit den angrenzenden Flächen kommen kann. Erst nach durchgeführter Lackierung kann der Lackierer feststellen, ob noch solche Farbtondifferenzen zu angrenzenden Flächen auftreten, in diesem Fall müsste der Lackierer noch einmal einen neuen Lack anmischen und zwar für die gesamte Fläche, inklusive der angrenzenden Bauteile, weil auch bei der neuen Anmischung dieselben Schwierigkeiten gelten, wie vorher. Daher mischt jeder vernünftige Lackierer von vornherein eine größere Menge Lack an und verbraucht sie dann in den allermeisten Fällen auch, um angrenzende Flächen beizulackieren. Dies ist sowohl aus ökonomischen Gründen, als auch aus technischer Sicht sinnvoll (vgl. auch Amtsgericht München, 334 C 25356/10). Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
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