Achten Sie auf Feldhygiene nach der Rapsernte!

Ackerbau
Phoma lingam verursacht Blattsymptome,
bevor er den Stängel – meist erst im
Frühjahr – infiziert.
Typisches Symptom von Phoma lingam
am Stängel: Der Rapsstängel wird
graubraun und stirbt ab.
Achten Sie auf Feldhygiene
nach der Rapsernte!
Nicht alle Schaderreger in Raps lassen sich chemisch bekämpfen. Daher ist Feldhygiene in
der Fruchtfolge sehr wichtig. Wie Stoppel- und Grundbodenbearbeitung zur Hygiene beitragen,
erklären Dr. Simone Dohms, Julius Kühn-Institut, und Dr. Holger Kreye, LWK Niedersachsen.
F
eldhygiene-Maßnahmen nach der
Rapsernte kommen häufig zu kurz,
da diese genau in die Hauptarbeitsspitzen des Landwirtes zwischen
Weizenernte und Vorbereitung des Bodens für die Rapsaussaat fallen. Hinzu
kommt, dass durch kostensparende Bewirtschaftungsverfahren immer häufiger die Rapsstoppeln und der Ausfallraps für einen längeren Zeitraum unbearbeitet auf der Bodenoberfläche verbleiben.
Welche Risiken dies für den neu gesäten Winterraps in der Region und für
den Boden bedeutet, bleibt oft unbemerkt. Sowohl die Rapsstoppeln als
auch die jungen Ausfallrapspflanzen
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bieten für viele Krankheiten und
Schädlinge ein erneutes Ausgangsmaterial für weitere Infektionen. Sie können
so zu einer erheblichen Verbreitung von
Schaderregern führen. Die Folgen:
Schwächung der folgenden Rapssaat
und Mindererträge.
Um nachhaltig sichere Erträge im
Raps zu ermöglichen, sollten Sie daher
eine je nach Schaderregerauftreten
standortangepasste Feldhygiene betreiben. Gegen diese 5 Schaderreger können Sie dabei etwas ausrichten:
1. Phoma schwächt die Stängel:Ein
Erreger, der auf den Stoppelrückständen überdauert und von dort junge
Kleine Kohlfliege
Fotos: Landschreiber
Foto: Dr. Kreye
Der pilzliche Erreger der Wurzelhalsund Stängelfäule (Phoma lingam) infiziert
auch den Stängel.
Kleine Kohlfliege
Foto: Krull
Phoma
Foto: Dr. Schlüter
Phoma
Rapsbestände infiziert, ist Phoma lingam, der Erreger der Wurzelhals- und
Stängelfäule. Bei geeigneten Witterungsbedingungen schleudern Sporenlager der infizierten Stoppelrückstände
Sporen aus, die bis zu 8 km weit verbreitet werden. Diese können den neu
ausgesäten Raps auf Nachbarflächen
infizieren und dort bei anhaltend
warmfeuchten Witterungsbedingungen
Infektionen auf den Blättern hervorrufen. Aus diesem Blattbefall kann im
Frühjahr ein Stängelbefall werden, der
aufgrund von Wassermangel zum Absterben der gesamten Pflanze führen
kann. Insgesamt verschlechtert sich die
Standfestigkeit durch einen Befall deut-
Die Larven der 3. Generation der Kleinen Kohlfliege zerstören
die Wurzeln. Dadurch ist die Wasser- und Nährstoffaufnahme behindert. Folge: rotbläuliche Blätter.
lich. Das kann zu starkem Lager führen.
Ertragsreduktionen durch Phoma lingam von bis zu 5 dt/ha sind nachgewiesen. Bei einem starken Befall kann es
aufgrund des geringen Tausendkorngewichtes und der unterschiedlichen Abreife zu Ertragseinbußen von 20 bis
30 % kommen.
Um das Befallsrisiko der neuen Saaten zu senken, ist eine intensive Stoppelbearbeitung nach der Ernte sehr
wichtig. Durch eine Bearbeitung der
Rapsstoppel wird auch gewährleistet,
dass die im Stängel verborgenen Überdauerungsorgane (Sklerotien) der Weißstängeligkeit schneller in Kontakt mit
dem Boden gelangen. Das erhöht die
Chance eines mikrobiellen Abbaus.
Neben den verbleibenden Stoppeln
auf der Rapsfläche spielt vor allem der
Ausfallraps eine wichtige Rolle bei der
Verbreitung von Krankheiten. Dieser
kann als sogenannte „grüne Brücke“ für
viele Krankheitserreger als Nahrungsquelle und Überdauerungsort dienen.
2. Kohlhernie im Kommen:Die Kohl-
hernie gehört zu den gefährlichsten
Krankheiten im Rapsanbau. Bis jetzt
sind in Deutschland „nur“ vereinzelte
Flächen (ca. 50 000 ha) mit dem Erreger
infiziert. Durch die steigende Anbaudichte von Winterraps besteht die Ge-
Larvenfraß an junger RapsSo sieht ein ausgewachsenes
wurzel. Noch schützt bei der
Exemplar der Kleinen
Aussaat 2013 die insektizide Beize. Kohlfliege aus.
fahr, dass es zu einer weiteren Zunahme
der befallenen Fläche kommt.
Zum Glück ist der Erreger nicht besonders mobil. Er wird hauptsächlich
über anhaftende Erde an Maschinen auf
weitere Flächen verschleppt. Der Transport über Erosion ist aber auch nicht
auszuschließen. Ist Kohlhernie auf einer Fläche vorhanden, kann es besonders in engen Rapsfruchtfolgen (alle
Schnell gelesen
• Nicht auf jedem Acker und
nicht jedes Jahr treten alle
Schaderreger auf.
• Daher ist es wichtig, den ei-
genen Acker genau zu kennen und häufige Kontrollen
durchzuführen.
• Eine gezielte Feldhygiene in
der Fruchtfolge ist sehr wichtig, da sich nicht alle Schaderreger chemisch bekämpfen
lassen.
• Art und Termin der ­Stoppel-
oder Grundbodenbearbeitung
richten sich nach dem Auf­
treten der Schader­reger und
der Witterung.
drei bis vier Jahre Raps) durch vermehrten Aufwuchs von Ausfallraps zu Problemen durch diese Krankheit kommen.
Je nach Witterung kann der Pilz den
Ausfallraps frühzeitig infizieren und so
innerhalb kurzer Zeit zu einer starken
Anhäufung des Schaderregers im Boden
führen. Dort kann er bis zu 20 Jahre
und länger überleben. Hat sich erst einmal ein Inokulumpotenzial im Boden
angehäuft, ist ein weiterer Rapsanbau
nur noch eingeschränkt möglich.
Durch die gallenartigen Verdickungen an den Wurzeln der Rapspflanze
kommt es zu einer Beeinträchtigung des
Wasser- und Nährstofftransportes von
den Wurzeln bis in den Spross. Das
führt bei starkem Befall zu Welkeerscheinungen an der Pflanze. Der Schaden kann zu beträchtlichen Ernteeinbußen bis hin zum Totalausfall führen.
Da keine chemischen Bekämpfungsmaßnahmen zur Verfügung stehen, besteht die einzige Möglichkeit im Anbau
von resistenten Sorten, um Ertragsverlusten entgegenzuwirken. Derzeit stehen nur wenige resistente Sorten zur
Verfügung. Aufgrund der zahlreichen
Rassen des Erregers können diese Resistenzen jedoch durchbrochen werden.
Daher sollten resistente Sorten nur bei
nachgewiesenem Befall und nur alle
vier Jahre angebaut werden.
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Um die Vermehrung des Schaderregerpotenzials im Boden zu reduzieren,
ist eine gezielte und konsequente Bekämpfung des Ausfallrapses notwendig.
Die Infektion des Erregers ist sehr stark
von der Witterung abhängig. Untersuchungen am Julius Kühn-Institut (JKI)
haben ergeben, dass bei hohen Temperaturen und anhaltender Feuchtigkeit
im Boden mit einer schnellen Ausbreitung des Erregers zu rechnen ist. Der
Ausfallraps sollte dann bereits im
Zwei-Blattstadium beseitigt werden.
Läuft nach einer Bodenbearbeitung
weiterhin Ausfallraps auf, so ist auch
dieser zu entfernen, sobald er das
Zwei-Blattstadium erreicht hat.
3. Kleine Kohlfliege:Ein
Schädling,
der an der Rapswurzel des Altrapses
überdauert, ist die Kleine Kohlfliege
(Delia radicum). In den letzten Jahren
trat der Schädling im Raps zunehmend
in Ost- und Norddeutschland auf. Auf
stark befallenen Schlägen waren 60 bis
80 % der Pflanzenwurzeln mit Larven
befallen.
Jedes Jahr im August bis Oktober
schlüpft die dritte Generation der
Kohlfliege aus den Puppen, die an den
Wurzeln oder in Wurzelnähe des geernteten Rapses überdauert haben. Aufgrund der hohen Flugaktivität können
sie größere Distanzen zurücklegen und
auf die neu gesäten Rapsbestände flie-
4. Schnecken-Schrecken:
Foto: Dr. Kreye
Schnecken
Die lange Bodenbedeckung („grüne Brücke“) durch den Winterraps fördert
Schnecken als Problemschädlinge.
Foto: Steuerwald
Nematoden
Da Raps immer öfter in Rübenfruchtfolgen steht, kann es zu Problemen mit
Nematoden kommen, da die Nematodendichte durch diese Wirtspflanze ansteigt.
60
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gen. Dort legen sie ihre Eier an dem
Wurzelhals der jungen Rapspflanzen ab.
Nach vier bis acht Tagen schlüpfen die
Larven, die sofort mit ihrer Fraßtätigkeit
an den Wurzeln beginnen. Die Fraßschäden können durch starke Schädigung der Hauptwurzel zum Absterben
der Pflanzen führen und neue Eintrittspforten für weitere Schaderreger sein.
Eine primäre Reduktion des Erregers
ist nur möglich, indem man die im
Boden befindlichen Puppen durch eine
ausreichend intensive Bearbeitung der
Rapsstoppel zerstört. Untersuchungen
des Instituts für Pflanzenschutz in
Ackerbau und Grünland am JKI in
Braunschweig zeigen, dass durch eine
Stoppelbearbeitung mit guter Rückverfestigung ein verminderter Schlupf von
30 bis 65 % erreicht werden konnte.
Weitere
Problemschädlinge, die durch eine lange
Bodenbedeckung („grüne Brücke“) gefördert werden, sind Schnecken. Findet
nach der Rapsernte keine Bodenbearbeitung statt, so bieten die alten Rapswurzeln den Schnecken einen guten
Schutz. Auch der auflaufende Ausfallraps verschafft den Schnecken neben
der hohen Schmackhaftigkeit ein gutes
Mikroklima und damit einen idealen
Lebensraum.
Werden bei einem hohen Schneckenbefall keine gezielten Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt, ist der
nachfolgende Anbau von Winterweizen
gefährdet. Besonders in der Auflaufphase ist der Weizen sehr anfällig gegen
Schneckenbefall. Obwohl ein Weizenbestand aufgrund einer höheren Bestandesdichte Pflanzenverluste besser
kompensiert, kann es bei starkem
Schneckenauftreten dazu kommen,
dass ganze Flächenbereiche zerstört
werden.
Um die Schneckenpopulation zu reduzieren, sollten Sie eine intensive flache, häufige Bodenbearbeitung mit
guter Rückverfestigung nach der Rapsernte durchführen. Da diese Maßnahmen nur effektiv sind, solange sich die
Schnecken im Bearbeitungshorizont bewegen, sollten Sie die Aktivität der
Schnecken durch Kontrollen (Schneckenmatten) im Vorfeld beobachten.
5. Not durch Nematoden:Raps steht
immer öfter auch in Rübenfruchtfolgen. Hierdurch kann es zu Problemen
mit Nematoden kommen. Durch den
Raps als zusätzliche Wirtspflanze in der
Fruchtfolge kann es zu einem Anstieg
der Nematodendichte kommen.
Da der Ausfallraps die hauptsächliche
Wirtspflanze ist, ist es besonders wich-
Typisch für den Befall mit Kohlhernie
sind unterschiedlich große Wucherungen (Gallen) an der Rapswurzel.
Foto: Dr. Schlüter
Kohlhernie
Foto: Dr. Schlüter
tig, ihn in Fruchtfolgen mit Rüben zu
beseitigen. Nematoden können sich nur
vermehren, wenn die Bodentemperatur
über 8 °C liegt. Um eine Nematodenvermehrung zu vermeiden, sollte der Ausfallraps bei Erreichen einer Temperatursumme von 250 °C ab Auflaufen in
Form einer Stoppelbearbeitung oder
durch den Einsatz eines Totalherbizids
abgetötet werden. Durch das Abtöten
der Ausfallrapspflanzen wird der Vermehrungszyklus unterbrochen und es
kann sogar eine Nematodenreduktion
erzielt werden.
Auf der Internetseite www.liz-online.de
(Ausfallraps-Manager) können Sie das
Temperatursummen-Model vom 1. Juli
bis Mitte Oktober abrufen. Dabei wird
ab Auflaufen des Ausfallrapses die Bodentemperatursumme ermittelt. Um
den optimalen Umbruchzeitpunkt des
Ausfallrapses zu bestimmen, geben Sie
dabei den Zeitpunkt des ersten Rapsauflaufs ein und wählen die für Ihren
Standort günstigste Wetterstation aus.
Über die Aufsummierung der Temperatur wird dann der optimale Termin
für die Beseitigung des Ausfallrapses
ermittelt.
Unter der Lupe erkennt man das gleichmäßig cremeweiße Gewebe. Hier bildet
der Erreger Millionen Dauersporen.
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