Perle der Gelassenheit Intro: Beppo über das Kehren der Straßen (aus: „Momo“ von Michael Ende) Einführung in die Perle: Die himmelblaue Perle ist der Rastplatz in Deinem Inneren. Hier in der inneren Ruhe werden Lebenslust und Lebensmut geboren. Nach Durchschreiten der Wüste wartet die blaue Perle der Gelassenheit. Oft fragen wir uns selbst: Was soll ich jetzt machen? Die blaue Perle fragt uns: Was kann ich lassen? Während der blauen, sorglosen Augenblicke des Lebens schweben wir frei und nichts scheint uns schwer zu sein. Wie die Vögel unter dem Himmel. Gesegnete Augenblicke voll Frieden und Ruhe. Nimm diese Ruheplätze wahr. Ein Ort, ein Mensch, die Natur, das Zusammensein mit Kindern und lieben Menschen…. Aber auch die Momente, in denen wir aktiv sind, in denen wir etwas tun, erledigen, arbeiten, können Momente der Gelassenheit werden. Es ist alles eine Frage des „Wie“. Diesen zwei Facetten der Gelassenheit kannst Du Dich hier nähern. Einerseits: Lass die Seele baumeln! Und andererseits: Tue, was zu tun ist, und zwar Schritt für Schritt. Versprechen, Versprechen (Rachel Naomi Remen) Es ist möglich sich mit der Ungewissheit anzufreunden, sich und anderen an die fließende, sich ständig verändernde Natur der Dinge zu erinnern. Wie viele orthodoxe Juden machte mein Großvater nie eine Verabredung oder sprach von irgendeinen Ereignis in der Zukunft, ohne die Worte hinzuzufügen: „So Gott will.“ Es gehört tatsächlich zur Lehre des orthodoxen Judentums, dass man niemals eine Versprechung macht, ohne auf die Weise der Autorität Gottes zu gedenken. Ob also jemand sagte: „Wir sehen uns am Dienstag“, oder ob er meinte: „Wir essen in einer Stunde“, mein Großvater sagte jedes Mal: „So Gott will.“ Gott könnte es immerhin vorziehen, der Welt irgendwann zwischen jetzt und der Hühnersuppe ein Ende zu machen. Es lag nie so etwas wie Angst in seiner Stimme, wenn er das sagte, er erinnerte sich und seine Umgebung einfach an die Natur der Dinge. Das Leben verlangte nach Ansicht meines Großvaters von uns, dass wir uns nicht zu sehr an die Dinge klammerten, dass wir nicht einem bestimmten Ereignis verhaftet waren. Die Verabredung zum Mittagessen, der Braten im Ofen, das Abitur oder die Heirat – all das lag in Gottes Hand. Zu leben bedeutete für ihn, darauf zu warten, dass der Wille Gottes sich offenbart. Und man wartete voller Neugier. Es war etwa so, als läse man vor dem Einschlafen einen Kriminalroman und kämpfte darum, dass einem nicht die Augen zufallen, weil man wissen will, wie die Geschichte ausgeht. Wenn die Erfüllung eines jeden Versprechens oder Plans auf Gottes Zustimmung beruht, dann ist Gottes Hand in allem, was geschieht, unsichtbar vorhanden. Nach Ansicht meines Großvaters war jedes Unglück und jeder Segen Teil eines unsichtbaren und sich dynamisch entwickelnden Plans. Man bekam zwar nicht immer seinen eigenen Willen, aber man konnte sich rückhaltlos auf den Willen Gottes verlassen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt mochte man nicht wissen, was der Wille Gottes war, aber die Gegenwart Gottes war einem gewiss – und das war die einzige Gewissheit, die man brauchte, um leben zu können. Heutzutage hat mein Terminkalender Platz für Einträge, die drei Jahre vorausgreifen. Darin liegt eine gewisse Hybris, und jedes Mal, wenn ich einen solchen Termin notiere, werde ich an diese Art zu leben erinnert. […] aber tief im Innern halte ich nicht so sehr an diesen Dingen fest. Ich mache Versprechungen, und dann warte ich darauf, wie sich die Dinge entwickeln. In meinem Herzen höre ich noch immer meinen Großvater sagen: „So Gott will.“ Eine kleine Übung: Oft ist unser Alltag hektisch, und von Anforderungen und Unsicherheiten geprägt. Der Druck, den wir an allen Ecken und Enden verspüren – Mama mal anrufen, die Hausarbeit schreiben, dem Freund noch ein besonders persönliches Geschenk basteln, Wohnung oder Zimmer aufräumen, wichtige Post erledigen, Fotodateien auf dem Laptop sortieren, ein gutes Buch von meinem Stapel lesen, und endlich auch mal die Schuhe putzen. Aber auch: Sich nicht alles gefallen lassen, das Kind erziehen, den Mann erziehen, die Eltern erziehen, den fairen Handel ankurbeln, sich kulturell zu bilden, sich für den Frieden einsetzten, die Welt retten. Diese und andere innerlich und äußerlich aufgelegte Aufgaben und Ansprüche hindern uns, in das Gefühl der Gelassenheit zu kommen. Und letztendlich führt die Menge an Aufgaben dazu, dass wir gar nichts mehr schaffen, oder uns nichts mehr Freude bereitet. Deshalb zunächst die Frage: Was kann ich lassen? Überleg mal, welchen Anforderungen und Ansprüchen Du ausgesetzt bist, und was Dich daran hindert, in relativer Ruhe und Gelassenheit zu leben. Schreibe auf kleine Karten, was Du lassen möchtest (das können konkrete Dinge sein, aber auch Ansprüche und Herangehensweisen an alltägliche Aufgaben und Beziehungen, und wirf Deine Karten in den Papierkorb mit den Worten, „Ich lasse mein/meine…“ Dekalog der Gelassenheit, Johannes XXIII. 1. Leben: Nur für heute werde ich mich bemühen, einfach den Tag zu erleben - ohne alle Probleme meines Lebens auf einmal lösen zu wollen. 2. Sorgfalt: Nur für heute werde ich größten Wert auf mein Auftreten legen und vornehm sein in meinem Verhalten: Ich werde niemanden kritisieren; ja ich werde nicht danach streben, die anderen zu korrigieren oder zu verbessern... nur mich selbst. 3. Glück: Nur für heute werde ich in der Gewissheit glücklich sein, dass ich für das Glück geschaffen bin ... nicht nur für die andere, sondern auch für diese Welt. 4. Realismus: Nur für heute werde ich mich an die Umstände anpassen, ohne zu verlangen, dass die Umstände sich an meine Wünsche anpassen. 5. Lesen: Nur für heute werde ich zehn Minuten meiner Zeit einer guten Lektüre widmen. Wie die Nahrung für das Leben des Leibes notwendig ist, ist die gute Lektüre notwendig für das Leben der Seele. 6. Handeln: Nur für heute werde ich eine gute Tat vollbringen - und ich werde es niemandem erzählen. 7. Überwinden: Nur für heute werde ich etwas tun, wozu ich keine Lust habe. Sollte ich mich in meinen Gedanken beleidigt fühlen, werde ich dafür sorgen, dass niemand es merkt. 8. Planen: Nur für heute werde ich ein genaues Programm aufstellen. Vielleicht halte ich mich nicht genau daran, aber ich werde es aufsetzen. Und ich werde mich vor zwei Übeln hüten: vor der Hetze und vor der Unentschlossenheit. 9. Mut: Nur für heute werde ich keine Angst haben. Ganz besonders werde ich keine Angst haben, und mich an allem freuen, was schön ist. Und ich werde an die Güte glauben. 10. Vertrauen: Nur für heute werde ich fest daran glauben – selbst wenn die Umstände das Gegenteil zeigen sollten – , dass die gütige Vorsehung Gottes sich um mich kümmert, als gäbe es sonst niemanden auf der Welt. Nimm dir nicht zu viel vor. Es genügt die friedliche, ruhige Suche nach dem Guten an jedem Tag zu jeder Stunde, und ohne Übertreibung und mit Geduld. Bibeltexte zum Thema: Mt 6, 25-32: „Deswegen sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, dass ihr etwas zu essen habt, noch um euren Leib und darum, dass ihr etwas anzuziehen habt. Ist nicht das Leben wichtiger als die Nahrung und der Leib wichtiger als die Kleidung? Seht euch die Vögel des Himmels an: Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in Scheunen; euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie? Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Zeitspanne verlängern? Und was sorgt ihr euch um eure Kleidung? Lernt von den Lilien, die auf dem Feld wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht. Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen. Wenn aber Gott schon das Gras so prächtig kleidet, das heute auf dem Feld steht und morgen ins Feuer geworfen wird, wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen! Macht euch also keine Sorgen und fragt nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen? Denn um all das geht es den Heiden. Euer himmlischer Vater weiß, dass ihr das alles braucht.“ Lk 1, 30-38: „Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben. Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne? Der Engel antwortete ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden. Auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar galt, ist sie jetzt schon im sechsten Monat. Denn für Gott ist nichts unmöglich. Da sagte Maria: Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast.“ Sterben werden wir eh, dem können wir nicht aus dem Wege gehen, also warum sich abmühen und hetzten? Das ist eine - zugegebenermaßen radikale - Aussage des ersten Textes. Die andere jedoch ist: Wir müssen uns um nichts sorgen, wir müssen nichts fürchten. Gott sorgt sich um uns und für uns, und durch ihn bekommen wir alles, was wir brauchen. Lass Dich treiben – durch ihn und mit ihm, und es wird sich Ruhe breit machen in Dir. Selbst wenn uns das Leben viel abverlangt, Herausforderungen, unplanmäßige Änderungen, schwierige Prüfungen im Leben wenn wir Dich in diesen Herausforderungen erkennen, lass es uns sagen können wie Maria: Mir geschehe …! Gelassenheitsgebet: Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. Fragen und Impulse: Was will ich lassen? Was kann ich lassen? Aufgaben, Ansprüche, Eigenschaften meinerseits und Eigenarten anderer, krumme Gedanken und schiefe Pläne… Was schützt mich vor den Anforderungen, denen ich ausgesetzt bin? o Helfen kann Dir dabei auch der Dekalog der Gelassenheit von Johannes XXIII. Du kannst Dir auch eines der „Gebote“ oder ein Stichwort daraus wählen. Was kann ich genießen/will ich genießen? Was braucht es dazu? Wir wünschen Euch ein schönes Weihnachtsfest und eine gelassene Ferienzeit!
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