ZfPRonline Aufsätze und Berichte Auseinandergelebt: Jeder kämpft

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Aufsätze und Berichte
Auseinandergelebt: Jeder kämpft für sich allein?
Interessenvertretung vor dem Hintergrund der
Individualisierung der Beschäftigten*
Prof. Dr. Jutta Rump/Silke Eilers, Ludwigshafen**
I. Einleitung
„It’s very hard to predict, especially the future” – Ohne
Zweifel ist diesem Ausspruch von Niels Bohr (1885 –
1962), einem dänischen Physiker und Nobelpreisträger
zuzustimmen. Es ist nicht einfach, die Zukunft zu prophezeien. Dieser Beitrag möchte jedoch die Zukunft als
eine gestaltbare Aufgabe darstellen. Durch Analysen
aktueller Entwicklungen lassen sich Megatrends und
deren Auswirkungen für die nächsten Jahrzehnte abschätzen. In vielen Diskussionen um die Zukunft der Arbeitswelt wird vor allem auf den demografischen Wandel hingewiesen. Nicht zu vergessen sind jedoch weitere Trends, welche sich schon heute bemerkbar machen
und in den nächsten Jahrzenten großen Einfluss auf Belegschaften ausüben werden. Um die Zukunft gestaltbar zu machen, werden in diesem Beitrag die Folgen
der Trends eingeschätzt und Ansatz- und Hebelpunkte
aufgezeigt, diese zu beeinflussen. Im ersten Teil werden die wichtigsten Trends sowie deren Folgen auf die
Arbeitsmärkte dargestellt und Hebelpunkte zur Beeinflussung herausgearbeitet. Der zweite Teil wird daraufhin die Konsequenzen dieser Trends für die Sozialpartnerschaft erläutern und eine Richtung für zukunftsorientiertes Entscheiden der Sozialpartner aufzeigen.
II. Trends und Entwicklungen
1. Demografischer Wandel und gesellschaftlicher
Wertewandel – Einfluss auf das Angebot des Arbeitsmarktes
Deutschland erwartet in den kommenden Jahren eine
massive Alterung der Bevölkerung, welche nach und
nach einen Bevölkerungsrückgang nach sich zieht. Die
aktuelle Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes (2015) weist darauf hin, dass sich
* Dem Beitrag liegt ein Vortrag zugrunde, den Prof. Rump am
19. Mai 2015 im Rahmen des von dbb beamtenbund und
tarifunion und dbb akademie veranstalteten 10. Forum
Personalvertretungsrecht: „Partnerschaftliche Personalvertretung“ in Berlin gehalten hat.
** Dr. Jutta Rump ist Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Internationales Personalmanagement und Organisationsentwicklung an der
Hochschule Ludwigshafen. Daneben leitet sie das Institut
für Beschäftigung und Employability, das den Schwerpunkt
seiner Forschungsarbeit auf personalwirtschaftliche,
arbeitsmarktpolitische und beschäftigungsrelevante
Fragestellungen legt. Sie hat darüber hinaus zahlreiche
Mandate auf regionaler und nationaler Ebene inne.
Silke Eilers ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektleiterin am Institut für Beschäftigung und Employability IBE.
die Altersstruktur in der Bevölkerung drastisch verschieben wird. Während 2013 noch 18 % der Bevölkerung unter 20 Jahre alt waren, werden es im Jahr 2060 nur noch
16 % sein. Dahingegen wird der Anteil der ab 65-Jährigen von 21 % im Jahr 2013 bis 2060 auf etwa 33 % angestiegen sein. Besonders stark von Schrumpfung und Alterung betroffen ist die Bevölkerung im Erwerbsalter,
also die 20- bis 64-Jährigen. In zwei unterschiedlichen
Szenarienrechnungen geht das Statistische Bundesamt
von deutlich sinkenden Erwerbspersonenzahlen aus.
Für den Fall, dass der Wanderungssaldo von rund
500.000 Menschen im Jahr 2014 bis zum Jahr 2021 stufenweise auf 200.000 sinkt und dann auf diesem Niveau verbleibt, werden bis 2030 nur noch 44 bis 45 Millionen, bis 2060 nur noch etwa 38 Millionen Menschen
dieser Altersgruppe angehören (zum Vergleich: Im Jahr
2013 lag diese Zahl noch bei 49,2 Millionen Menschen).
Im Alternativszenario, das sich auf einen Rückgang der
Zuwanderung auf 100.000 Menschen bis 2021 mit anschließender Konstanz bezieht, fällt die Zahl der Erwerbspersonen mit 34 Millionen Menschen im Jahr 2060 naturgemäß noch geringer aus.1
Der demografische Wandel ist jedoch nicht gesondert
zu betrachten. Vielmehr ist er eng verwoben mit dem
gesellschaftlichen Wertewandel. Dieser umfasst eine
Vielzahl von Trends und Entwicklungen, von denen im
Folgenden die Generationendiversität und die Individualisierung einer näheren Betrachtung unterzogen
werden sollen.2 Im Vergleich zu den so genannten „Baby
Boomern“, die heute noch die Mehrzahl der Beschäftigten in den Betrieben stellen und die Unternehmensund Führungskultur entscheidend mitgeprägt haben,
ist die jüngere Generation deutlich individueller orientiert, das heißt sie akzeptiert kollektive Muster und auch
Hierarchien nicht, ohne sie zu hinterfragen. Ihr Commitment ist für die Dauer einer Zugehörigkeit zu einem
Arbeitgeber hoch – und zwar dann, wenn die Tätigkeit
ihnen Freude macht, sie ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit und Fürsorge erfahren und gegebene Zusagen
eingehalten werden. Stimmen die Rahmenbedingungen allerdings nicht mehr, warten gerade die gut qualifizierten Jüngeren jedoch auch nicht lange damit, den
Arbeitgeber zu wechseln. Sie gehen insofern aktiver mit
ihren Wahlmöglichkeiten um als die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die noch per se ein hohes
1 Destatis, Bevölkerung Deutschlands bis 2060. 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, Wiesbaden 2015,
S. 5-7.
2 Mehr zu den weiteren Trends und Entwicklungen bei Robert
Bosch Stiftung (2013): Die Zukunft der Arbeitswelt – Auf
dem Weg ins Jahr 2030, Hrsg. Robert Bosch Stiftung GmbH.
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Pflicht- und Loyalitätsbewusstsein mitbringen. Die Geschlechterrollen werden im Generationenvergleich insofern neu definiert, als die heutige Elterngeneration
mittleren Alters noch eher zwischen Beruf und Privatleben trennt und infolgedessen überwiegend ein Zuverdienermodell bei Vollzeiterwerbstätigkeit des Mannes und geringumfänglicher Teilzeiterwerbstätigkeit
der Frau lebt. Die jüngere Generation hingegen wünscht
sich ein gleichberechtigteres Modell, in dem beide Partner sowohl ihre beruflichen Pläne verwirklichen können
als auch in angemessenem Maße Zeit mit der Familie
verbringen. Vor allem junge Männer bekennen sich immer häufiger zu ihren familiären Verpflichtungen und
verzichten nicht selten hierfür auch auf bestimmte Karriereschritte oder wechseln den Arbeitgeber.3
Einer der zentralsten Trends im Wandel der Werte ist
die Individualisierung. Im Zeitverlauf sehen sich die
Menschen mit einer immer größeren Anzahl an Optionen in allen Bereichen des Lebens gegenüber. Man
spricht hier von Diversifikation: Es gibt immer mehr Vielfalt an Berufsfeldern, Studienfächern, Lebensformen,
Verläufen von Lebensläufen und so weiter. All diese
Wahlmöglichkeiten fördern die Selbstfindung und
Selbstverwirklichung und heben deren Stellenwert im
Leben.4 Individualisierung bezeichnet also die Entwicklung eines Menschen, der im Lauf seiner eigenen Biografie sein ganz persönliches Bild seines Umfeldes und
seiner selbst und die daraus folgenden Prioritäten, Werte und Verhaltensweisen definiert. Individualisierung
bedeutet nicht, dass sich Menschen in Nischen zurückziehen oder vereinsamen. Der Zuwachs an Wahlmöglichkeiten führt zu zahlreichen Entscheidungsproblemen. Werden die Entscheidungen getroffen, führt Individualisierung zur Entwicklung immer vielfältigerer
und sich im Lebensverlauf wandelnder Lebenswelten,
Rollenmodelle und biografischer Muster.5
Nachdem Ursachen und allgemeine Folgen des demografischen und gesellschaftlichen Wandels aufgezeigt
wurden, bleibt die Frage, wie sich diese im Speziellen
auf den Arbeitsmarkt auswirken und wo Hebelpunkte
zu finden sind, um darauf Einfluss zu nehmen. Die Veränderung der Altersstruktur und der Rückgang der Bevölkerung führen zu einer Verknappung des Nachwuchses, zur Alterung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zu einer mittel- und langfristigen Reduktion
des Arbeitskräftepotenzials und insbesondere des Fachkräftepotenzials und nicht zuletzt zu einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Hinzu kommen die beschriebenen Implikationen des Wertewandels, insbesondere
des Trends zur Individualisierung.
3 Rump/ Eilers, Weitere Megatrends, in: Rump/ Walter
(Hrsg.), 2013: Arbeitswelt 2030. Trends, Prognosen und
Gestaltungsmöglichkeiten, Stuttgart 2013, S. 13-29.
4 Zukunftsinstitut, Seminarunterlagen zum Seminar mit dem
Titel „Praxis der Trend- und Zukunftsforschung“, Kelkheim,
am 28.2.2007, 9.30 bis 17.30 Uhr.
5 Rump/Eilers, Weitere Megatrends, in: Rump/ Walter (Hrsg.)
2013: Arbeitswelt 2030. Trends, Prognosen und Gestaltungsmöglichkeiten, Stuttgart 2013, S. 13-29.
Wenn also nichts getan wird, ist zu erwarten, dass schon
in naher Zukunft Arbeitspotenzial fehlen wird. Arbeitspotenzial ist dabei der mögliche Arbeitseinsatz einer
Volkswirtschaft und wird bestimmt durch die Arbeitskräfteanzahl, die durchschnittliche Arbeitszeit und die
Produktivität:
Arbeitspotenzial = f (Erwerbspersonen, Zeit, Produktivität)
An diesen drei Komponenten lassen sich nun Hebelpunkte festmachen, welche den negativen Folgen der
Trends entgegenwirken können. Reformszenarien in
den drei Dimensionen „Erwerbsbeteiligung“, „Arbeitszeit“ und „Produktivität“, die im Rahmen des Projektes
„Die Zukunft der Arbeitswelt“ der Robert Bosch Stiftung
entwickelt wurden, zeigen, dass sich insbesondere
durch eine Erhöhung der Arbeitszeiten pro Kopf in Kombination mit Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen
stabilisieren oder gar steigern lässt.6
Zum Reformszenario „Arbeitszeit“ ist allerdings Folgendes anzumerken: Immer deutlicher tritt ein Zielkonflikt
in der Zeitpolitik zutage. Dieser entsteht dadurch, dass
einerseits alle Zeitpotenziale einer Belegschaft gehoben werden müssen, um volkswirtschaftlich und auf
Ebene des einzelnen Arbeitgebers dem Fachkräfteengpass zu begegnen (vgl. dazu auch Kapitel I. 2.). Dies kann
zum Beispiel durch Verlängerung der Lebensarbeitszeit
oder Vollzeit bzw. vollzeitähnliche Teilzeit geschehen.
Andererseits haben mehr und mehr Menschen den
Wunsch, je nach Lebenssituation die Arbeitszeit zu flexibilisieren und zu reduzieren. Die Lösung dieses Zielkonflikts liegt in der Arbeitsorganisation. Flexible und
mobile Arbeitszeitmodelle können helfen, ihn zu reduzieren und eventuell zu lösen.
2. Technologische und ökonomische Trends – Einfluss
auf die Nachfrage am Arbeitsmarkt
Technologische und ökonomische Trends wie die Digitalisierung, die Globalisierung und die Entwicklung zur
Wissensgesellschaft bedingen, dass Zeit immer mehr
zu einem knappen Gut wird. An den Arbeitsplätzen sind
seit Jahren eine beständige Beschleunigung und Erhöhung der Veränderungsgeschwindigkeit zu beobachten. Dies geht einher mit dem Umstand, dass Entwicklungen immer weniger vorhersehbar sind. Hinzu kommt
die Tendenz zur Arbeitsverdichtung und Erhöhung der
Komplexität. Wissen, Kompetenzen, Fertigkeiten und
Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als
die Basis für innovative Ideen werden in absehbarer Zeit
zum entscheidenden Erfolgsfaktor werden. Für den Einzelnen bzw. die Einzelne besteht die Herausforderung
darin, mit diesen Arbeitsplatzentwicklungen „ein Leben
lang“ Schritt zu halten. Nicht selten entsteht daraus in
bestimmten Phasen eines immer länger werdenden Er6 Robert Bosch Stiftung, Die Zukunft der Arbeitswelt – Auf
dem Weg ins Jahr 2030, Hrsg. Robert Bosch Stiftung GmbH.
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werbslebens der Wunsch nach Nischen zum Verschnaufen und nach „Entschleunigung“.7
Auf der Ebene des Arbeitgebers führen die Trends zu einem Spannungsfeld zwischen Qualitätsdruck und Kostendruck. Dabei verlangt der Qualitätsdruck eine effektive Vorgehensweise vom Arbeitgeber, beispielsweise
durch die Gewährung von Zeit und Raum zum gemeinsamen Denken, für herausfordernde Aufgaben, für das
Netzwerken und den Wissenstransfer. Der Kostendruck
hingegen erfordert eine effiziente Vorgehensweise, die
sich unter anderem in der optimalen Nutzung von Zeit,
der Optimierung von Prozessen und Schnittstellen, aber
auch in Standardisierung und Rationalisierung niederschlägt. Dies schließt sich zwar nicht komplett aus, einzelne Komponenten bergen jedoch Konfliktpotenziale.
So steht die Fehlertoleranz als förderlicher Aspekt im
Hinblick auf die Qualitätssteigerung der Null-Fehler-Toleranz des effizienten Handelns gegenüber. Um dem
steigenden Druck nach Effektivität und gleichzeitig Effizienz standzuhalten, empfiehlt es sich, das Personal
stärken- und talentorientiert einzusetzen und gleichzeitig eine stärken- und talentorientierte Personalentwicklung bereitzustellen. Da das Wissen jedes Mitarbeiters und jeder Mitarbeiterin außerdem so lange wie
möglich gebraucht wird, ist die Kompetenzentwicklung
in Richtung Beschäftigungsfähigkeit über das ganze Arbeitsleben hinweg unverzichtbar. Zuletzt sollten vielfältige Potenziale und Perspektiven genutzt und weiter
ausgebildet werden. So ist es möglich, mit der steigenden Veränderungsgeschwindigkeit Schritt zu halten.
3. Zwischenfazit – Vielfalt als Treiber
Wie durch die vorhergehenden Abschnitte klar wird,
wirken viele Trends darauf hin, dass die Vielfalt der Belegschaften erhöht wird. Durch die demografischen Herausforderungen werden Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt unterrepräsentierte Gruppen besser einbinden
müssen. Es müssen gleiche Bedingungen für Frauen und
Männer geschaffen werden, gleichzeitig gilt es, im Zuge
der Verlängerung der Lebensarbeitszeit für die nachhaltige Beschäftigungsfähigkeit zu sorgen und allen Generationen innerhalb der Belegschaft adäquat zu begegnen. Nicht zuletzt müssen, um den Bevölkerungsrückgang und die Alterung abzuschwächen, die Arbeitsmärkte offen für Migrantinnen und Migranten sein. So
ist auch der Umgang mit kultureller Vielfalt unerlässlich. Um all diese unterschiedlichen Bedarfslagen, die
sich in unterschiedlichen Lebensssituationen und Berufsphasen durchaus verändern können, angemessen
zu berücksichtigen und zu nutzen, ist es notwendig, individualisiert mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umzugehen. Insofern ist die Individualisierung
nicht nur, wie bereits geschrieben, ein Trend, sondern
7 Rump/Eilers, Weitere Megatrends, in: Rump/ Walter (Hrsg.)
2013: Arbeitswelt 2030. Trends, Prognosen und Gestaltungsmöglichkeiten, Stuttgart 2013, S. 13-29.
gleichzeitig auch eine Konsequenz als Antwort auf die
demografischen, gesellschaftlichen, technologischen
und ökonomischen Entwicklungen.
III. Konsequenzen für die Sozialpartnerschaft
Sozialpartnerschaften stehen bekanntlich eher für kollektive Regelungen. Wie bereits dargelegt, ist jedoch zu
erwarten, dass die Individualisierung in den nächsten
Jahrzehnten zunehmen wird. Somit wird es immer
schwieriger, mit kollektiven Regelungen der großen
Vielfalt angemessen zu begegnen. Die Interessenvertretung muss sich in der Konsequenz von kollektiv geprägten Regelungen hin zu modular ausgerichteten Regelungen wandeln. Trotz Individualisierung müssen jedoch Mindeststandards festgelegt werden, welche
übergreifend und als Grundlage für die modularen Lösungen gelten.
Unter Berücksichtigung der im Kapitel I. analysierten
Trends und Entwicklungen lassen sich sowohl Themen
der Sozialpartnerschaften darstellen, welche modularisierte Regelungen erfordern, als auch solche, die sich
weiterhin über allgemein gültige Regelungen bewältigen lassen.
IV. Zusammenfassung
Der demografische Wandel führt in Deutschland in den
nächsten Jahren zu einer massiven Alterung der Gesellschaft, gefolgt von einem Rückgang der Bevölkerung.
Die somit verursachte Senkung des Arbeitskräftepotenzials führt zur Notwendigkeit Maßnahmen zu ergreifen, um weiterhin die Leistungsfähigkeit aufrecht zu
erhalten. Stellschrauben sind dabei die Erwerbsbeteiligung, Arbeitszeit und die Produktivität. Gesellschaftliche, technologische und ökonomische Trends dürfen
jedoch nicht vernachlässigt werden: Werte verändern
sich über Generationen, die wachsende Vielfalt in Wahlmöglichkeiten verursacht eine Individualisierung, jeder
Arbeitgeber steht unter Qualitäts- und Kostendruck und
gleichzeitig fördern technologische und ökonomische
Trends den individuellen Wunsch nach Entschleunigung. Diese Gegebenheiten müssen berücksichtigt werden und führen gleichzeitig zu einer großen Vielfalt der
Belegschaften, mit der die Sozialpartner differenziert
umgehen müssen. Individualisierung ist also nicht nur
als Megatrend zu sehen, sondern auch als Konsequenz
aus demografischen-, technischen-, ökonomischen- und
gesellschaftlichen Entwicklungen. Damit die Sozialpartner handlungsfähig bleiben, ist die Modularisierung als
wichtiger Weg anzusehen. So bleiben sie trotz wachsender Vielfalt repräsentativ für die einzelnen Akteure
und können vorbereitet den Herausforderungen der Zukunft entgegentreten. Die bisher eher kollektiv geprägten Regelungen müssen sich also hin zu modular ausgerichteten Regelungen mit allgemeinen Mindeststandards entwickeln.
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