Datum: 30.07.2015 Basel kämpft um die Pharmaindustrie 4- 1 1 Der im Bau befindliche Roche-Turm in Basel. Der Kanton will Erträge aus geistigem Eigentum privilegiert besteuern, um für internationale Konzerne attraktiv zu bleiben. Bild Key Kein Kanton ist so stark BERN von privilegiert besteuerten Unternehmen abhängig wie Basel-Stadt. Er muss wegfallende Steuerregime kompensieren, um die Pharma- und Chemiekonzerne zu halten. Ein heikles Unterfangen, bei dem viel auf dem Spiel steht. VON TOBIAS GAFAFER Themen-Nr.: 660.003 Es ist gleichsam ein Symbol für Bundesrats zur dritten Unternehmens- die Stärke der Pharmaindustrie und steuerreform. Eine Mammutvorlage deren Bedeutung für Basel. Am Rhein- (siehe Kasten rechts), welche die Wirt- ufer realisieren die Stararchitekten schaftskommission des Ständerats ab Herzog & de Meuron im Auftrag von dem August berät. Roche einen Bau der Superlative. Noch In Basel-Stadt tragen die soge- dieses Jahr sollen 1900 Personen ihre Arbeitsplätze beziehen - im höchsten Turm der Schweiz. Dies ist nicht der einzige Rekord: Finanziell ist kein anderer Kanton stärker von privilegiert besteuerten Unternehmen wie Roche, Novartis und Syngenta abhängig als nannten Statusgesellschaften jährlich 56 Prozent zu den Gewinnsteuereinnahmen von 569 Millionen Franken (2014) bei. Zum Vergleich: Im Schweizer Schnitt sind es 21,3 Prozent, nur in Zug haben privilegiert besteuerte Firmen annähernd dieselbe Bedeutung (siehe Basel-Stadt. Das zeigt die Botschaft des Grafik). In Basel geht es primär um ge- Abo-Nr.: 660003 Auflage: 20'326 Argus Ref.: 58637396 Datum: 30.07.2015 mischte Gesellschaften. Um Unterneh- auch der Bundesrat vorschlägt. Dem- men also, die den grössten Teil ihrer nach würden Erträge aus geistigem Geschäfte im Ausland machen. Der Eigentum wie Patente privilegiert beKanton besteuert die im Inland erziel- steuert - ein Instrument, das für die ten Gewinne regulär, die im Ausland er- Pharmaindustrie mit ihrer Forschungszielten dagegen privilegiert. In anderen tätigkeit wie geschaffen ist. Kantonen spielen auch Holdings, die in der Schweiz nicht betrieblich tätig sind, Eingeschränktes Steuerprivileg und Briefkastenfirmen eine Rolle. Bloss: Steuerprivilegien für Kon- zerne gerieten seit der Finanzkrise Schwierige Ausgangslage weltweit unter Druck. Ende 2014 stellDie Praxis von Basel-Stadt und an- ten Deutschland und Grossbritannien, deren Kantonen tolerieren Institutio- ein Land, das Lizenzboxen eingeführt nen wie die OECD, die G 20 und die EU hat, die Weichen für einen Kompro- nicht länger. Die Schweiz hat verspro- miss. Das Steuerprivileg soll von den chen, dass sie die verpönten Steuer- Forschungsausgaben in einem Land abhängen. Die OECD will im Oktober entscheiden. Steuerexperte Staubli rechnet mit einer stark eingeschränkten Form der Lizenzbox. Damit könnten Konzerne wie Roche oder Novartis, die auch im Ausland viel Forschung betreiben, hierZum einen ist die Bedeutung der zulande deutlich weniger Gewinne priinternationalen Firmen überdurch- vilegiert versteuern. Die Schweizer regime abschaffen wird - sonst drohen Sanktionen. Um als Standort attraktiv zu bleiben, müssen die Kantone Ersatzmassnahmen einführen und die regulären Gewinnsteuern senken. Basel-Stadt steht vor einer besonders heiklen Ausgangslage. schnittlich gross. «Die Unternehmen Position im internationalen Steuerbieten in der Region rund 30000 Arbeits- wettbewerb könnte geschwächt wer- plätze und tragen zu rund 35 Prozent den, da weitere Staaten das Instrument der Wertschöpfung im Kanton bei», sagt einführen möchten, darunter die USA. Sven Michal vom Stab der Basler Fi- Basel hält den Ball vorerst flach: «Ziel nanzdirektorin Eva Herzog (SP). Zum ist, eine ähnliche Steuerbelastung wie andern hat Basel mit 22 Prozent neben heute zu erreichen», sagt Sven Michal. Genf einen der höchsten ordentlichen Das ist auch auf anderen Wegen mögGewinnsteuersätze der Schweiz. lich, etwa mit einem erhöhten Abzug «Für den Kanton wäre die Senkung für Forschungskosten. auf ein international konkurrenzfähiDas Ergebnis des politischen Rin- Unternehmenssteuern Worum es bei der Reform geht Seit Jahren profitieren internationale Firmen, primär Holdings oder gemischte Gesellschaften, in einigen Kantonen von Steuerrabatten. Die Einnahmen von den Statusgesellschaften spielen für den Bund, der die Firmen regulär besteuert, aber auch für die Kantone, eine wichtige BERN Rolle. Die Kantone wollen nun im Zuge der Unternehmenssteuerreform III die regulären Gewinnsteuern senken, um für Firmen attraktiv zu bleiben. Zudem sollen Erträge von Firmen aus geistigem Eigentum privilegiert besteuert werden. Hinzu kommen weitere Massnahmen auf Bundesebene. Den Kantonen drohen mit der Reform dennoch hohe Steuerausfälle. Der Bund will diese mindestens teilweise kompensieren. Bereits reagiert hat auch Schaffhausen: Ab 2019 soll für alle Unterneh- men eine Gesamtsteuerbelastung von 12 bis 12,5 Prozent gelten. Damit stösst der Kanton schweizweit in die Top 3 vor. (tga/r.) ges Niveau eine sehr grosse Herausfor- gens ist letztlich für das ganze Land bederung», sagt Andreas Staubli, Leiter deutend. Beim Bund, der die internatio- Steuern beim Beratungsunternehmen nalen Firmen regulär besteuert, maPwC. Als Messlatte gilt ein Satz von chen die Statusgesellschaften bei der 13 Prozent. Für die Basler Regierung Gewinnbesteuerung mittlerweile fast steht deshalb die Einführung einer die Hälfte der Erträge aus. Lizenzbox im Vordergrund, wie sie Themen-Nr.: 660.003 Abo-Nr.: 660003 Auflage: 20'326 Argus Ref.: 58637396 Datum: 30.07.2015 Anteble Se 9Zder3N HS 18 39 GA ZSan den Gewinnsteuereinnahmen HD öd PAN 19 der Kantone pro Jahr. in % HZ 3e 60 91 OS 0 50 40 30 20 10 0 1 VS AG SO TG UR Ar? ger GR BE ZH JU J SG 1 GL NW FR CH Al 09 SZ VD GE BL SH NE ZG BS Die Schweiz ist ein attraktiver Standort für Konzerne aus dem Ausland, unter anderem dank steuerlicher Sonderregime. Neben Quelle EFD, Grafik sgt Westschweizer Kantonen wie Genf und der Waadt geht es primär um die beiden Basel, Zug, Schaffhausen. Themen-Nr.: 660.003 Abo-Nr.: 660003 Auflage: 20'326 Argus Ref.: 58637396
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