Ich will dich kennenlernen Schule begegnet Bewohnern des Haus

Ich will dich kennenlernen
Schule begegnet Bewohnern des Haus Sonnschein.
Das Rottmayr-Gymnasium in Laufen führt seit
mehreren Jahren am vorletzten Schultag vor
den Sommerferien einen sog. „innerschulischen“ Projekttag durch, der aber heuer wegen des Jubiläums „50 Jahre RottmayrGymnasium Laufen“ in die Festwoche eingebunden wurde. Aus diesem Grunde entschied
man sich, in den Heimatgemeinden der Schülerinnen und Schüler des o. g. Gymnasiums
eine Aktion aus gesellschaftspolitisch wichtigen Bereichen durchzuführen und wählte dafür Themen wie z. B. „Soziale Begegnung“
oder „Umweltschutz“ aus.
Eine dieser ca. 20 Aktionen wurde von einer
Gruppe von Schülerinnen des Gymnasiums
(zehn Mädchen aus den Jahrgangsstufen 8
bis 11) in Zusammenarbeit mit Frau Bernadette Otter (Gemeindeverwaltung), Frau Anna
Aigner, Frau Elfriede Polster, Herrn Franz
Roider (jeweils Agenda21, Arbeitskreis Soziale Integration) und Frau Christine Bauer (Betreuerin im Haus Sonneschein) auch in Fridolfing mit der entsprechenden „Programmvorgabe“ durchgeführt:
Gruppenfoto zur Erinnerung an den Projekttag
x
Für den Projekt-Tag waren von den Organisatoren zwei Ziele festgelegt und deren
Durchführung geplant und entsprechend vorbereitet worden, nämlich:
x Eine Gruppe der Bewohner des Haus
Sonnenschein soll einen abwechslungsreichen und froh machenden Tag erleben
und
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die Schülerinnen des Gymnasiums sollten im direkten Kontakt und in einer möglichst „natürlichen“ zwischenmenschlichen Begegnung erfahren, dass viele
Menschen mit einer psychischen Erkrankung aus einem vorher aktiven und erfolgreichen Leben kommen und dass eine
derartige Erkrankung jeden treffen kann.
Außerdem sollte man gegenseitige
Hemmungen abbauen.
Begegnung und Kennenlernen
man war aufeinander zugegangen und in den
kurzen Begrüßungsworten sowie dem Blickund Körperkontakt hatte man die Voraussetzung für ein offenes Gespräch und für ein
Gemeinschaftserlebnis geschaffen, das mehr
sein sollte als ein interessanter gemeinsam
verbrachter Vormittag.
Nachdem die Mädchen des Gymnasiums von
Frau Bernadette Otter über das Haus Sonnenschein als eine Einrichtung für die Betreuung und Begleitung psychisch kranker
Menschen informiert worden waren und die
Mitglieder des Arbeitskreises „Soziale Integration“ über ihre Aktivitäten im Haus Sonnenschein berichtet hatten, setzten sich die
Bewohner des Haus Sonnenschein (AnnaMaria, Hans, Robert, Klaus, Martin, Alois,
Betül und Rosi), ihre Betreuerin Christine
Bauer,
die
Mitglieder
des
AgendaArbeitskreises und die Mädchen des Gymnasiums mit ihrer Lehrerin Frau Nicola Döring in
einem Sitzkreis ohne Platzanweisung „bunt
gemischt“ am Badesee-Gelände zusammen.
Zum spielerischen ungezwungenen Kennenlernen warf man sich dann einen Ball zu, sagte dabei seinen Namen und erklärte anschließend, was man gerne mag, d. h. was
man gerne selber tut und worüber man sich
freut. Anschließend übergab jeder Person
aus der Runde einem anderen das eigene
Namenskärtchen, steckte es ihm an und begrüßte ihn mit einigen herzlichen Worten.
Damit war sozusagen das Eis gebrochen;
Ein Heimbewohner und zwei Schülerinnen
beim „Kennenlernen“
Psychische Erkrankungen haben sehr unterschiedliche Ursachen
Das Erfahren von Ursachen und Auslösern
psychischer Erkrankungen war ein wesentliches Ziel des Projekttages. Die fünfzehn- bis
siebzehnjährigen Mädchen waren überrascht
und erstaunt über die Gesprächsbereitschaft
der Heimbewohner, die ehrlich und ausführlich aus ihrem Leben und ihrem Weg in die
Krankheit erzählten. Die Schülerinnen waren
berührt und betroffen, als sie erfuhren, wie
diese Menschen meist unverschuldet durch
die Umstände in der Familie, in ihrem sozialen Umfeld oder an ihrem Arbeitsplatz psychisch schwer erkrankten oder wie sie durch
ein eigenes Fehlverhalten ihr „normales“ Leben zerstörten. Unter anderem sagte ein
Heimbewohner zu den Mädchen: „Nehmt
niemals Drogen! Bei mir hat Cannabis und
LSD eine Psychose, d. h. eine Geistes- und
Seelenstörung ausgelöst, die bis heute nicht
verschwunden ist.“
Miteinander reden und gemeinsam essen
sind wichtige Elemente für eine persönliche Begegnung
Die offene, herzliche verbale Kommunikation
und das gemeinsame Einnehmen von Speisen und Getränken sind wesentliche Elemente für die „Heilung“ und die Stabilisierung der
Psyche eines Menschen allgemein, besonders aber bei psychisch erkrankten Menschen jeden Alters. Die Jugendlichen hatten
deshalb für die „Brotzeit“ ein kleines Buffet
aufgebaut, das mit ihren mitgebrachten Leckereien wie kleinen Kuchen, Nudelsalat, be-
legten Brötchen und mit Getränken der Gemeinde bestückt wurde. Dabei konnten die
Organisatoren mit großer Freude feststellen,
dass zwischen den Heimbewohnern und den
Schülerinnen keine sperrenden Hemmungen
und gemeinschaftshinderlichen Barrieren
mehr bestanden, sondern man hatte den Eindruck, es bestünde diese Gemeinschaft
schon seit langer Zeit und man habe sich
eben wieder
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einmal in gemütlicher Runde getroffen. Leider
konnten aus Zeitgründen außer einer Partie
Tischtennis die geplanten Spiele wie z. B.
Beach Volleyball, Boccia, Federball oder
Schach nicht mehr ausgeführt werden.
Im Schatten der Bäume am
Badesee wurde gemeinsam
„Brotzeit“ gemacht.
Das Haus Sonnenschein und seine therapeutische Einrichtung
Neben den üblichen materiellen und geistigseelischen Grundbedürfnissen eines menschenwürdigen Lebens gibt es im Haus Sonnenschein eine Reihe von Einrichtungen für
die Betreuung und persönliche Stabilisierung
psychisch kranker Menschen. Die Betreuerin
Frau Christine Bauer und die Heimbewohner
Klaus und Alexis führten zum Abschluss die
Gruppe durch das Haus und stellten ihren
„Lebensbereich“ vor.
baumeln lassen“ sind wichtige Elemente für
die körperliche und seelische Gesundheit eines Menschen. Im Bastelraum zeigte Frau
Bauer die vielen selbstgebastelten Deko- und
Geschenkartikel und wies darauf hin, dass
regelmäßig und ganz besonders vor Ostern
und Weihnachten immer auch Termine zum
Einkaufen für die Bevölkerung bekanntgegeben werden.
Am Ende der interessanten Führung bestand
für die Schülerinnen noch die Möglichkeit,
Fragen zu stellen. Einige erkundigten sich
nach der Möglichkeit für ein Praktikum oder
den Bundesfreiwilligendienst im Haus Sonnenschein. Christine Bauer erklärte dazu,
dass dies möglich ist und dass es für junge
Menschen, die beruflich in diesen Bereich
einsteigen oder ein Studium in dieser Richtung aufnehmen wollen, auch empfohlen
wird. Zum Abschluss des Besuches gab ein
Bewohner spontan noch einige Witze zum
Besten. Frau Bernadette Otter bedankte sich
im Namen des Bürgermeisters bei den Schülern für ihr großes Interesse und bei den Bewohnern des Haus Sonnenschein für ihre
offene und herzliche Art. Für die vielen neuen
Erkenntnisse, nachhaltigen Erlebnisse und
Begegnungen bedankten sich die Schülerinnen und ihre Lehrerin bei den Heimbewohnern und den Organisatoren. Sie erklärten
spontan und überzeugend: „ Das war für uns
ein guter Tag“.
Ein wesentlicher Bereich im Tagesablauf besteht in der Arbeitstherapie, die nicht als „einfache Beschäftigung“ verstanden und durchgeführten werden darf. Bei gestaltenden
Handarbeiten, z. B. beim Töpfern können die
Heimbewohner nicht nur ihre Phantasie, ihr
schöpferisches Denken und ihre handwerklichen Fähigkeiten und Fertigkeiten einbringen,
sondern sie erleben bei ihrer Arbeit eine heilsame und ganzheitliche Selbstverwirklichung.
Nach dem Rundgang durch die Räume der
Arbeitstherapie besichtigte man auch den
Ruheraum und den Fitnessraum. Der Heimbewohner Klaus berichtete dabei der Gruppe
über die regelmäßigen Übungs- und Trainingsstunden mit den ausreichend vorhandenen Sport- und Spielgeräten. Im Ruheraum
befinden sich unter einem gemalten Wolkenhimmel ein großes Bett und eine Musikanlage. Ausspannen, den eigenen Körper spüren
und/oder einfach nichts tun und die „Seele
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