Das Antiphospholipid-Syndrom: Herausforderungen in der Diagnostik

Das Antiphospholipid-Syndrom:
Herausforderungen in der Autoimmundiagnostik
Dr. Thorsten Krieger
Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, Institut für klinische Chemie und
Laboratoriumsmedizin, Hamburg
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Das Antiphospholipid-Syndrom (APS) ist eine Autoimmunerkrankung, die durch das
Auftreten arterieller oder venöser Thrombosen charakterisiert ist. Diese können zu
Schwangerschaftskomplikationen bis hin zum Abort führen. Im Serum finden sich
Autoantikörper gegen Phospholipide wie Cardiolipin und ß2-Glycoprotein. Das APS kann als
alleiniges
Krankheitsbild
oder
vergesellschaftet
mit
dem
Systemischem
Lupus
erythemathodes (SLE) auftreten. Das APS führt in vivo zu einer Hyperkoagulabilität in vitro
aber paradoxerweise zu einer verlängerten aPTT. Die aPTT Verlängerung führte zu dem
irreführenden Begriff Lupus Antikoagulanz.
Indikationen für eine Untersuchung auf ein APS sind rezidivierende Thrombosen unklarer
Genese, aPTT Verlängerungen unklarer Genese, rezidivierende Aborte unklarer Genese,
Autoimmunerkrankungen, insbesondere der SLE und eine Thrombozytopenie autoimmuner
Genese. Um die Anzahl falsch positiver Ergebnisse möglichst niedrig zu halten, sollte die
Indikation zur Diagnostik nicht zu großzügig gestellt werden.
Untersucht werden können die Autoantikörper funktionell als Lupus-Antikoagulanz und
immunologisch durch Bestimmung der Antiphospholipid-Antikörper.
Die
Untersuchung
des
Lupus
Antikoagulanz
erfolgt
dreischrittig
in
jeweils
zwei
unterschiedlichen Testverfahren um die Sensitivität zu erhöhen. Begonnen wird mit einem
Screeningtest mit dem Nachweis einer Verlängerung der Gerinnungszeit in einem
Phospholipid-abhängigem Testverfahren. Angeschlossen wird ein Plasmatauschversuch zur
Bestätigung eines Inhibitors und zum Ausschluss eines Gerinnungsfaktorenmangels.
Abgeschlossen wird die Testung mit einem Bestätigungstest um nachzuweisen, dass sich
der Inhibitor gegen Phospholipide und nicht gegen einen Gerinnungsfaktor richtet.
Die Antiphospholipid-Antikörper werden immunologisch z. B. mit einem ELISA oder EliA
bestimmt. Ein häufig verwendetes Panel besteht aus Cardiolipin- und ß2-Glycoprotein
(ß2GPI)-AK der Immunglobulinklassen IgG und IgM. Hierbei scheinen die Antikörper der IgGKlasse gegenüber der IgM-Klasse eine größere klinische Bedeutung zu haben.
Interessanterweise sind auch nicht alle Antiphospholipid-Antikörper mit Thrombosen
assoziiert. Entscheidend ist vielmehr das Epitop, welches von den Autoantikörpern
gebunden wird. So sind z. B. ß2GPI-AK überwiegend gegen die Aminosäuren Gly40-Arg43 in
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Domäne I gerichtet. ß2GPI ist ein 50 kDa großes Glycoprotein, welches aus einer
Polypeptidkette mit 5 Domänen besteht. Es ist in der Lage anionische Phospholipide zu
binden und ist Kofaktor des Cardiolipins. Erfolgt durch Autoantikörper eine Dimerisierung des
ß2GPI, kann dieses stärker an Zellrezeptoren binden und so zu einer Deregulierung in
Thrombozyten, Monozyten und Gefäßendothelzellen führen, die zur Thrombophilie führen
kann.
Die Diagnostik des APS ist weiterhin eine Herausforderung für das Labor. Der Nachweis von
LA in hoher Konzentration ist hochspezifisch und mit thrombotischen Ereignissen assoziiert.
Ein niedriger konzentriertes LA lässt sich aber häufig nicht mit jedem Testverfahren
nachweisen, so dass zur Steigerung der Sensitivität mehrere Testverfahren angewendet
werden sollten. Ferner haben Antikoagulanzien wie Cumarine einen erheblichen Einfluss auf
die Analytik und sollten im Vorfeld nach Möglichkeit abgesetzt werden. Ringversuche zeigen,
dass die Rate falsch positiver und falsch negativer LA-Resultate bei etwa 20 % liegt, bei
niedriger konzentriertem LA auch noch darüber.
Auch die Diagnostik der Cardiolipin- und ß2-Glycoprotein-AK gestaltet sich in der Praxis nicht
einfach. Die Antigene für die Testkits stellen für die Diagnostikahersteller eine größere
Herausforderung dar als reine Proteinantigene. Außerdem fehlt es weiterhin an geeignetem
Referenzmaterialien zur Testvalidierung. Dies führt dazu, dass die Testkits weiterhin schlecht
standardisiert sind und es zu erheblichen Diskrepanzen in der diagnostischen Sensitivität
und Spezifität kommt.
In einer eigenen Studie mit 162 Frauen mit habituellen Aborten wurden je fünf Testkits
unterschiedlicher Hersteller verglichen. Cardiolipinantikörper fanden sich je nach Hersteller
in 2 bis 6 Patientinnen für den Isotyp IgG und in 2 bis 8 Patienten für den Isotyp IgM. Noch
größer war die Abweichung in der Diagnostik der ß2-Glykoproteinantikörper. Hier lagen die
Testergebnisse zwischen 2 und 37 positiven Ergebnissen für den IgG Isotyp und zwischen 1
und 8 positiver Ergebnissen für den IgM Isotyp (1). Eine zweite Studie mit einem Kollektiv
von 43 gesicherten SLE Patienten zeigten ähnliche Ergebnisse (2). Die Diskrepanz der
Ergebnisse zeigt weiterhin eine unbefriedigende Harmonisierung der Labortests, so dass die
sorgfältige Auswahl der Testkits für das Diagnostiklabor von erheblicher Bedeutung ist. Auch
die Automatisierung der Testabarbeitung führt nicht automatisch zur Optimierung der
Ergebnisse.
(1) Gutensohn K, Vossen D, Strate A, Kersten JF, Hofbauer M, Krieger T. (2013) Automated, semiautomated, and manual analyses of anti-cardiolipin and anti-β2-glycoprotein I antibodies in women with
a history of miscarriage. Int J Lab Hematol. 35(2):150-62.
(2) Vossen D, Hofbauer M, Kersten JK, Krieger T, Peine S, Gutensohn K (2013) Comparison of modern
analysers for the detection of antiphospholipid antibodies in patients with SLE J Lab Med 2013
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