22.01.2016 Aus dem ersten Brief des Apostels Petrus Liebe Schwestern, liebe Brüder, es ist interessant, wie das Motto der Woche für die Einheit der Christen zwar an 1 Petr 2,9 angelehnt, aber doch signifikant 2:9 Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat. verändert wurde. Der Originaltext (…) wurde verkürzt auf „Berufen, die großen Taten des Herrn zu verkündigen“. Natürlich hat es seinen Charme, die Bibel sprachlich „griffig“ zu Der Vers ist die grundlegende neutestamentliche Stelle über das Priestertum aller Gläubigen. machen und Schachtelsätze zu verkürzen. Aber beim Versuch, den 9. Vers aus dem 2. Kapitel des ersten Ex 19,5f G; 23,22 G; Das Buch Jesaja 43:21 Das Volk, das ich mir erschaffen habe, wird meinen Ruhm verkünden. Petrusbriefes „portable“ zu machen (wie man im Neuhochdeutschen heute sagt), hat man in Kauf genommen, dass neue Akzente in den Vordergrund treten, Ursprüngliches jedoch nicht mehr so deutlich wird. Was sind nun die neuen Akzente? Es ist das Stichwort „Berufung“. Hier kommt ein Wort ins Spiel, das unserem heutigen Lebensgefühl schon fast fremd geworden ist. „Berufung“ setzt einen Berufenden und einen Berufenen voraus. Gefühlsmäßig kann da leicht eine Art von Gefühl hoch kommen, das eher mit Fremd- 1Petr 01,09 berufen die Grosstaten Gottes zu verkuenden.doc 1a Weitere Predigten finden Sie unter www.konrad-heil.de 1b bestimmung zu tun hat als mit Selbstbestimmung und Selbstver- Art Selbstbestimmung, die bestimmt nicht zu uns selbst führt, wirklichung. der Begriff der Berufung verblasst ist. Wer möchte sich noch auf Berufung, da kommt mir von außen oder von „oben“ etwas zu, was mich einen Weg gehen lässt, den ich mir selbst vielleicht gar nicht ausgedacht habe. einen Weg der Nachfolge Jesu rufen lassen, der das Verlassen aller Reichtümer und Eigeninteressen zur Voraussetzung hat? Ja, ich habe das Gefühl, dass wir Prediger auch kaum noch den Das wäre die negative Variante von Berufung, die womöglich bei mir ein Gefühl von Abwehr erzeugen könnte. Bei so manchen Propheten können wir das in der Bibel nachlesen, die sich erst mit Widerwillen auf den Weg der Sendung gemacht haben... Mut haben, den Menschen zu sagen, sie sollen ihre Berufung erspüren, sie sollen sich verabschieden vom Selbstverwirklichungsdruck, den uns unsere Gesellschaft diktiert, und auf die Stimme des Herzens hören, die uns womöglich Überraschendes und Unerwartetes zu sagen hat. Die positive Variante von Berufung liegt sehr nahe an dem, was ich eben skizziert habe: Aha! Mich ruft einer, der mich besser kennt, als ich mich selbst. Da meint es einer gut mit mir und ruft mich zu sich, in seinen Dienst, damit etwas aus mir wird, damit es mir gut geht und ich ein Leben in Fülle leben kann... Berufung, das ist für mich die Art und Weise glücklich zu ein, wie Gott es meint, nicht wie wir es uns vorstellen. Also, was ist nun unsere Berufung, nach dieser langen Einleitung? Wir sind berufen, die großen Taten Gottes zu verkünden! Da fällt mir der junge Samuel ein, der im Tempel den Ruf Gottes wahrgenommen hatte und ihm schließlich antwortete: Aber das setzt voraus, dass wir uns - wie gesagt - berufen lassen und auch dass wir erkennen, was die großen Taten Gottes sind, „Rede Herr, dein Diener hört...“ (1Sam 3,10) damit wir sie verkünden können. Ich habe den Eindruck, dass in unserer Gesellschaft heute, die von einer Art Freiheit geprägt ist, die unfrei macht und von einer 1Petr 01,09 berufen die Grosstaten Gottes zu verkuenden.doc 2a Welche großen Taten Gottes würden Ihnen jetzt spontan einfallen? Weitere Predigten finden Sie unter www.konrad-heil.de 2b Das ist in unserer heutigen Zeit tatsächlich schwierig geworden. Wir können nicht mehr mit einem Schöpfungsgott punkten, wo doch die Wissenschaft so vieles zu erklären weiß. Und dennoch: Es gibt sie, die Großtaten Gottes, die aber von Menschen leicht verkannt werden können. Alleine, dass ich an IHN glaube, trotz meines freien Willens, trotz mangelnder Garantie, dass dann alles gut Wir können heute auch nicht mit einem Rettungsgott auftrumpfen, der uns so wie die Israeliten aus dem geht im Leben, das ist schon ein großes Werk Gottes! Dass wir hier sitzen und uns unserem Gott zuwenden, Sklavenhaus Ägypten heraus geführt hat. Sklaverei und auf Sein Wort hören und es verstehen wollen fürs Leben, Unterdrückung gibt es auch heute, wo man hinschaut. obwohl jeder sicher auch anderes zu tun hätte, auch das ist Wir können uns auch keines Gottes rühmen, der es den Seinen besser gehen lässt als den Frevlern und Heiden. für mich eine Großtat Gottes. Dass wir Christen uns nach 500 Jahren Trennung Schließlich sind die Christen heute die weltweit meist zusammen finden, um Bausteine der Einheit zu verfolgte und benachteiligte Bevölkerungsgruppe. sammeln, und gemeinsam Gott loben und danken, auch Ja, wir können uns auch keines Gottes rühmen, der seinem das ist für mich eine Großtat Gottes. Volk so sehr beisteht, dass sie vor aller Welt die besseren Aber für mich vielleicht die wichtigste Großtat Gottes ist, Menschen wären. Unter den Kriegstreibern und Ausbeu- dass er die Menschheit noch nicht aufgegeben hat und tern finden wir einfach zu viele, die aus christlichen auch nicht aufgeben wird. Ländern oder Kulturen stammen. Diese Zusage hat Jesus uns am Kreuz gegeben, wo er ein Ich fürchte, wir finden keine wirklich präsentablen Großtaten Gottes, die wir gerne und stolz aller Welt verkünden könnten. 1Petr 01,09 berufen die Grosstaten Gottes zu verkuenden.doc 3a für alle Mal und endgültig den Bund mit den Menschen bekräftigt und unwiderruflich gemacht hat. Weitere Predigten finden Sie unter www.konrad-heil.de 3b Gott hat am Kreuz auf alles verzichtet, worauf ein Gott Kraftquelle, für jedes Leben die unübersehbare Schönheit, für verzichten kann. Auf seine Herrlichkeit, auf seine Allmacht, auf jeden kostbaren Moment das ewige Gedenken. seine liebevoll erfahrbare Menschennähe. Machen wir uns einfach immer wieder und neu bewusst, „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, mit diesem Schrei Jesu hat Gott sein wohl größtes Werk vollbracht, das Werk der Erlösung. Jesus hat sein Leben nicht nur für die vielleicht welche Berufung wir haben, zu welchem Licht und Sinn uns das Leben geschenkt wurde und wenigen Gerechten hingegeben. Er hat es vor allem für die Sünder ans Kreuz gehängt, welche Großtaten wir mit Gottes Hilfe in der Lage sind zu tun. für die, die ihn ablehnen Und welcher Art unsere Verkündigung sein kann und für die, die ihn bekämpfen für die, die ihm gleichgültig gegenüber stehen. Für alle, die geboren waren und noch geboren werden... muss. Beim Wort Verkündigung denken wir vielleicht zuerst an Worte. Aber es ist vielmehr unser Leben, das konkret verkündigt und … damit sichtbar wird, in welches Licht ER uns gerufen hat als sichtbar machen kann, was Gott wirkt. sein „besonderes Eigentum“. Das ist immer dann der Fall, wenn etwas von dem durchscheint, Wenn der Apostel Petrus hier das Wort „Licht“ benutzt, dann was der 1. Korintherbrief beschreibt: Die Liebe hört niemals auf. Ein wahrhaft großes Werk Gottes, wenn unsere Liebe niemals würde ich es heute übersetzen mit „Sinn“. Er hat unserem Leben durch unsere Berufung einen besonderen aufhört, so klein sie auch sein mag... Sinn gegeben. Der Sinn ist für jedes Tun die unerschöpfliche 1Petr 01,09 berufen die Grosstaten Gottes zu verkuenden.doc 4a Weitere Predigten finden Sie unter www.konrad-heil.de 4b
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