Experimentalvortrag „Brände und Explosionen“

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Dezember 2015
Experimentalvortrag „Brände und Explosionen“
Ein brennbarer Stoff, eine Zündquelle und ausreichend Sauerstoff - ergibt in den meisten Fällen eine
explosive Mischung. Eindrucksvoll zeigte dies Prof. Dr. Bernd Scheel bei seinem Experimentalvortrag
„Brände und Explosionen“. Und eines vorab: Das Verbandshaus der Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen
in Bochum - es steht noch.
NACHGELESEN Dezember 2015
 Prof. Dr. Scheel von der Berufsgenossenschaft RCI (Rohstoffe und chemische Industrie) verknüpfte in seinem Vortrag theoretisches Wissen
mit kleinen Experimenten, die das zuvor Erklärte anschaulich verdeutlichten. Dazu gehörten auch Stichflammen von bis zu fünf Metern und
laute Explosionen von bis zu 130 Dezibel. „Heute soll es hier richtig krachen. Aber keine Sorge: Es ist alles durchdacht und sicher“, beruhigte er
zu Beginn mit einem Augenzwinkern.
Immer im Zentrum: das Gefahrendreieck Explosionen (Abbildung unten). Prof. Dr. Scheel blendete zu Verdeutlichung immer wieder Fotos
von realen Unfällen, Bränden oder Explosionen ein und erklärte, was
im jeweiligen Fall nicht bedacht wurde und zum „worst case“ führte.
Besonders interessant wurde es immer dann, wenn er selbst zur Tat
schritt.
Wenn brennbarer Stoff und Sauerstoff in der
richtigen Dosierung aufeinander treffen, reicht
ein kleiner Funke „und es knallt“, so Prof. Scheel.
Was passiert, wenn die Sauerstoff-Sättigung der
Luft nur leicht erhöht wird, demonstrierte er an
einer Zigarette und eigentlich schwer entfammbarer Kleidung. Beides verbrannte innnerhalb von
Sekunden fast rückstandslos. „Eine Erhöhung der
Sauerstoff-Konzentration von nur drei Prozent
führt etwa zu einer Verdreifachung der Brenngeschwindigkeit“, erklärte Prof. Scheel.
Wenn der Staub erst in die Luft fliegt - ist es
zu spät zum Putzen. Was in den eigenen vier
Wänden weniger gefährlich ist, kann in Produktionshallen schnell zur Katastrophe werden. Das
demonstrierte Prof. Dr. Bernd Scheel mithilfe
eines kleinen Versuchs mit großem Aha-Effekt
(rechte Abbildung). Eine Kerze brannte neben
einem mit explosionsfähigem Staub* gefüllten
Fingerhut. Wird der Staub durch einen Luftstoß
aufgewirbelt, kommt es zur Explosion. „Ordnung und vor allem Sauberkeit im Betrieb ist
wichtig. Das wird nicht nur durch diesen Versuch
deutlich“, mahnte Prof. Scheel.
Im weiteren Verlauf ging er auf Flammpunkte und Zündtemperaturen von Flüssigkeiten
ein. „Beides wird immer wieder miteinander
verwechselt.“ Denn der Flammpunkt von vielen
Stoffen wie Benzin (-20 C°) , Ethanol (13 C°)
oder Aceton (-20C°) ist bereits bei Raumtemperatur überschritten. „Die Entstehhung einer explosionsfähigen Atmosphäre ist dann möglich“,
erklärte Prof. Scheel.
*Brennbare Stäube sind in der Regel schon explosionsfähig ab einem Partikeldurchmesser < 500 µm.
Eine alte Batterie und Stahlwolle, ein
elektrostatisch erzeugter Funke oder eine
heiße Oberfläche: Zündquellen für verheerende Brände und Explosionen können
vielfältig - und vor allem heimtükisch sein.
Das zeigte Prof. Scheel in vielen Versuchen.
Brennbare, nicht mit Wasser mischbare Flüssigkeiten, z.B. Benzin, lassen sich in der Regel
nicht mit Wasser löschen. „Das brennende
Benzin schwimmt auf dem Wasser auf“, so
Prof. Scheel. Besser ist: Sauerstoff entziehen etwa durch CO2-Löscher.
Im Verbandshaus in Bochum wurde es nicht
nur brenzlig, sondern auch laut. Prof. Scheel
führte in kleinen Versuchen auch vor, welche
Wucht und Lautstärke kleine Explosionen haben
können. Ein mit nur 1,5 Liter Knallgas gefüllter Luftballon verursachte zum Beispiel einen
knapp 130 Dezibel lauten Knall und eine kleine
Druckwelle. „Stellen Sie sich das nun 100 mal
stärker vor. Da steht hier nichts mehr“, sagte
er eindringlich und zeigte Beispiele aus seiner
beruflichen Praxis, die weniger glimpflich
ausgingen. Bei allem Spaß, den die kleinen
Versuche mit sich brachten, stand immer die
klare Botschaft: Das kann auch im eigenen
Betrieb - nur in viel größerem Maßstab - passieren. „Sie müssen immer an das Gefahrendreieck
denken und überlegen, ob sie alle potenziellen Gefahren gebannt haben“, sagte Prof. Dr.
Bernd Scheel. Bei Umfüll- oder Trennprozessen
beispielsweise ist es essentiell, einen Potenzialausgleich herzustellen, sprich zu erden. Denn:
elektrostatische Aufladung ist ebenfalls eine
oft unterschätzte mögliche Zündquelle. „Eine
häufige Ursache für Brände und Explosionen ist
auch der Umgang mit Trennschleifern. Männer
mögen das, etwas mit der Flex bearbeiten“, so
Prof. Scheel. „Feuergefährliche Arbeiten erfordern immer einen entsprechenden Erlaubnisschein.“
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Eindringlich ging Prof. Dr. Bernd Scheel auf
die Eigenschaften von Gasen und Dämpfen
von brennbaren Stoffen ein. „Dämpfe von
brennbaren Stoffen sind schwerer als Luft
und sammeln sich am Boden an“, sagte er.
Ein Versuch, bei dem ein mit Benzin getränktes Putztuch am oberen Ende eines Rohres
lag und die herunter strömenden Dämpfe am
unteren Ende durch eine Kerze entzündet
wurden, zeigte dies anschaulich.
Ein Experiment mit „Aha-Effekt“ zeigte,
welch kleine Mengen ausreichen, um verheerende Wirkung zu erzielen. Drei Tropfen
Benzin reichten aus, um in einem 500 ml
fassenden Gefäß eine explosionsfähige
Atmosphäre zu schaffen und eine Explosion
samt lautem Knall zu verursachen. „Nun
stellen Sie sich große Tanks oder Fässer vor,
die vermeintlich gereinigt sind und mit einer
Flex bearbeitet werden. Das geht schief,
denn an den Wänden haftendes Benzin
reicht aus, die untere Explosionsgrenze zu
erreichen“ so Prof. Scheel. Den Gesichtern
der Teilnehmern war förmlich abzulesen: Wir
sind sensiblisiert.
Zum Ende ging Prof. Scheel die Schutzmaßnahmen bei Bränden und Explosionen exemplarisch durch. Ob nun vorbeugender Brandschutz, abwehrender Brandschutz oder die
richtige Ex-Zonen-Einteilung im Unternehmen. Entscheidend ist: Man muss sich alles
genau anschauen und vor allem die richtigen
Fragen stellen. Er werde oft von Unternehmen angesprochen, die Maßnahmen zum
Explosionsschutz ergreifen und dazu beraten
werden möchten. „In manchen Fällen ist das
aber gar nicht nötig, da nicht mit brennbaren
Stoffen umgegangen wird. Gehen Sie immer
vom Gefahrendreieck aus und beurteilen Sie
die Explosionsgefahr systematisch“, so Prof.
Scheel. „Denn“, so führte er fort, „kleine und
mittelständische Unternehmen erholen sich
von Bränden und Explosionen oft nicht. Sie
sind sehr schnell existenzbedrohend“, sagte
Prof. Dr. Bernd Scheel abschließend. Seine
mahnenden Worte drangen durch - vor allem
dank der anschaulichen Experimente.
Rückzündung eines H2 /H4-Gemisch es in einer ZickZack-Apparatur (l.) und der Versuch, einen MetallBrand mir CO2 zu löschen: Die rund 60 Teilnehmer
wurden von Prof. Scheel nicht nur gut unterhalten,
sondern auch sensibilisiert für die Gefahren, die im
Umgang mit brennbaren Stoffen lauern.
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