STEFAN LIEBING IM INTERVIEW „China betrachtet Afrika nicht als Armutskontinent“ von: Stephan Scheuer Datum: 02.12.2015 14:56 Uhr PREMIUM Afrika ist kein Armutskontinent, predigt Stefan Liebing, Vorsitzender des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft. Gerade bei deutschen Mittelständlern hofft er auf mehr Engagement, damit China nicht enteilt. Stefan Liebing „Im Gegensatz zu Europa betrachtet China Afrika nicht als Armutskontinent, sondern erkennt ihn vielmehr als Investitionschance.“ (Foto: dpa) Afrika ist kein Armutskontinent, predigt Stefan Liebing, Vorsitzender des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft. Gerade bei deutschen Mittelständlern hofft er auf mehr Engagement, damit Deutschland nicht weiter von China abgehängt wird. China ist Afrikas größter Handelspartner. Aber die Geschäfte stocken. Was erklärt die Probleme? Das rohstoffhungrige China investierte viele Jahre lang kräftig in Afrika – allerdings mit starker Konzentration auf die fünf Länder, die drei Viertel aller afrikanischen Exporte nach China unter sich ausmachen. Durch die Krise in der heimischen Wirtschaft verlangsamt China die Vorhaben auch in Afrika. Hinzu kommen niedrige Öl- und Rohstoffpreise, die für weitere Einschnitte vor allem bei den staatlichen Investitionen afrikanischer Regierungen in Infrastrukturvorhaben sorgen. Die schwierigere Situation chinesischer Investitionen sollte uns Deutsche nicht schrecken – eher im Gegenteil: Die frei werdenden Nischen können deutsche Mittelständler besetzen. Zahlen und Fakten zu China Bevölkerung China ist mit 1,37 Milliarden Menschen das bevölkerungsreichste Land der Erde. Fläche Auf einer Fläche von rund 9,5 Millionen Quadratkilometern ist China in 22 Provinzen und fünf Autonome Regionen gegliedert. Sonderverwaltungszonen Dazu kommen die beiden Sonderverwaltungsregionen Hongkong und Macau. Hauptstadt Die Hauptstadt des Reichs der Mitte ist Peking. Dort allein leben mehr als 20 Millionen Menschen – und das sind nur die offiziellen Zahlen. Han und Minderheiten Die große Mehrheit der Bevölkerung sind Han-Chinesen (91,6 Prozent), dazu kommen 55 Minderheiten. Religion Rund ein Fünftel der Bevölkerung hängt Volksreligionen an, dazu kommen sechs Prozent Buddhisten und 2,4 Prozent Muslime. Stadt und Land Mit 749 Millionen Menschen lebt die Mehrheit der Bürger (55 Prozent) in Städten. Firmen aus der Volksrepublik wollten anders auftreten als Konkurrenten aus Europa und den USA. Ist ihnen das gelungen? Ich denke, es gibt eine Reihe von Dingen, die wir von chinesischen Investoren lernen können und andere, die wir keinesfalls nachmachen sollten: Hohe Qualität und langfristige nachhaltige Investitionen einschließlich der Schaffung von lokalen Arbeitsplätzen nach hohen internationalen Standards sind die deutschen Markenzeichen. Das dürfen wir nicht verwässern und dort können wir uns besonders gut vom Wettbewerb abgrenzen. Chinesische Unternehmen sind jedoch ausgesprochen gut darin, gemeinsam Lösungspakete anzubieten, während deutsche Mittelständler dazu tendieren, nur ihre Produkte verkaufen zu wollen. image Chinas Streitkräfte: Radikal-Kur für die größte Armee der Welt In wie weit profitiert China von Fehlern europäischer Firmen und der europäischen Entwicklungshilfe? Im Gegensatz zu Europa betrachtet China Afrika nicht als Armutskontinent, sondern erkennt ihn vielmehr als Investitionschance. Pekings Entwicklungshilfe in Afrika ist daher pragmatisch angelegt. Wesentlich mehr Geld als die geschätzten 1,6 Milliarden US-Dollar Entwicklungshilfe gibt China für Handelsförderung und staatliche Kredite aus und betrachtet diese ebenfalls als Entwicklungszusammenarbeit im weiteren Sinne. Der Mehrwert für China ist hierbei evident. Deutsche Exporte nach Afrika sind so stark gewachsen wie seit 2010 nicht mehr. Was erklärt den Boom? Für den rasant steigenden Anstieg der Ausfuhren nach Afrika um zuletzt knapp 13 Prozent ist vor allem die stark ansteigende kaufkräftige junge Mittelschicht und deren steigendes Qualitätsbewusstsein verantwortlich. 1980 zählten laut African Development Bank gerade einmal 100 Millionen Afrikaner zur Mittelschicht, inzwischen sind es mehr als 325 Millionen. Deshalb ist es bedauerlich, dass die deutsche Wirtschaft sich in Afrika in weiten Teilen weiterhin eher zurückhält. Das hat nicht zuletzt mit der Mittelstandsstruktur zu tun. Mittelständische Unternehmer sind erst einmal risikoscheuer als große Staatskonzerne aus unseren Nachbarländern. Die Fragen stellte Stephan Scheuer. © 2014 Handelsblatt GmbH - ein Unternehmen der Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH & Co. KG Verzögerung der Kursdaten: Deutsche Börse 15 Min., Nasdaq und NYSE 20 Min. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
© Copyright 2024 ExpyDoc