Schmerz entsteht durch Festhalten - gym

Feldenkrais kurz erklärt:
Schmerz entsteht durch Festhalten
Die Feldenkrais-Methode fördert die natürliche
Bewegungsfähigkeit des Körpers
Kennen Sie das?
Seit es Computer gibt, gibt es auch den „Mausarm". Menschen,
die den ganzen Tag vor Bildschirmen sitzen, kennen die neue
Bürokrankheit oft. Mit Schmerzen in der Hand und im Unterarm
fängt es an, bald tut auch die Schulter weh, schliesslich der
Nacken und der Kopf - auch die umgekehrte Reihenfolge ist
möglich. Schuld ist die unbewegliche starre Haltung, zu der die
Computerarbeit die meisten Menschen zwingt.
Susanne W. kann davon ein Lied singen. Drei Jahre lang plagte
sie sich mit ihrem chronischen „Mausarm". Krankengymnastik,
Cortison-Spritzen und schliesslich der Wechsel von der rechten
zur linken „Computerhand" - nichts half wirklich. Bis ihr ein
Bekannter riet, es doch einmal mit Feldenkrais zu versuchen.
Zögernd probierte die 49-jährige Grafikerin die ihr bis dahin
unbekannte Methode. Nach drei therapeutischen Einzelstunden
verspürte sie die erste Erleichterung, mittlerweile arbeitet die
Hannoveranerin wieder mit ihrem rechten Arm, kann ihre
Schulter schmerzfrei bewegen und den Kopf problemlos von
links nach rechts drehen.
Feldenkrais ist anders
„Die Feldenkrais-Methode ist etwas völlig anderes als die
herkömmliche Krankengymnastik", sagt Gisela Opalke-Klander.
Die gelernte Krankengymnastin und Feldenkrais-Lehrerin
unterrichtete jetzt im Evangelischen Bildungszentrum Bad
Bederkesa. „Krankengymnastik arbeitet symptomorientiert.
Schmerzt die Schulter, wird die Schulter behandelt - auch wenn
das oft sehr weh tut. Ziehen, drücken, anspannen, über den
Schmerzpunkt hinausgehen, das alles gehört dazu. Bei der
Feldenkrais-Methode muss man völlig umdenken." Wie das
geschieht, erklärte sie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern
der Bildungswoche ganz praktisch. „Sich auf den Boden legen
und den Körper nur spüren" hiess die erste Übung. Das klingt
einfach, ist aber schwer. „Von unserem Körper erwarten wir,
dass er funktioniert. Wir nehmen ihn in der Regel nur dann wahr,
wenn er uns Schmerzen bereitet", sagt Opalke-Klander. Spüren
aber ist die Voraussetzung für Feldenkrais-Übungen.
Von Innen nach Aussen
Krankengymnastik wirke von aussen auf den Körper ein,
Feldenkrais-Arbeit dagegen von innen, erläutert die FeldenkraisLehrerin. „Der Körper ist nicht statisch, sondern in ständigen
kleinen Bewegungen begriffen. Um uns aufrecht zu halten,
gehen oder sitzen zu können, müssen wir in jeder Sekunde und
Minute minimale Muskelbewegungen vollführen", sagt sie.
Laufen diese Bewegungen ungestört ab, ist der Körper
schmerzfrei. „Schmerz entsteht, wenn wir irgendwo festhalten
und dadurch den natürlichen Bewegungsfluss unterbrechen."
Anders als die herkömmliche Krankengymnastik geht die
Feldenkrais-Methode von einem ganzheitlichen Zusammenhang
des Körpers aus. Die schmerzende Schulter kann eine Folge
blockierter Lendenwirbel sein, Knieprobleme können von einer
Unbeweglichkeit des Beckens herrühren, wer wackelig auf
seinen Füssen steht, versteift oft Kopf und Nacken.
Ganzheitliche Wahrnehmung
Feldenkrais-Lehrer widmen sich deshalb meist nicht den
schmerzenden Stellen des Körpers: So muss bei
Nackenverspannungen vielleicht eher das Becken gelockert
werden, ein „Mausarm" kann wie bei Susanne W. über die
Brustwirbelsäule kuriert werden. Feldenkrais-Arbeit besteht nicht
nur in der Körperwahrnehmung. Langsame, meist im Liegen
ausgeführte Roll- und Dreh-Bewegungen helfen, die natürliche
Bewegungsfähigkeit des Körpers wieder zu erlernen. Viele
Feldenkrais-Übungen orientieren sich an den spontanen
Bewegungsabläufen eines kleinen Kindes, das krabbelt, sich
aufrichtet oder zu laufen beginnt. Nach Auffassung der
Feldenkrais-Lehrer verfügt das Kind noch über das intuitive
Wissen, wie sich ein Körper richtig bewegt.
Fähigkeiten entwickeln und Gesundheit verbessern
„Feldenkrais-Übungen sollen nicht mechanisch ausgeführt
werden", sagt Opalke-Klander. „Es ist wichtig, die Übungen mit
dem Bewusstsein zu begleiten, sich beispielsweise auch
Bewegungen vorzustellen oder an anderen Menschen zu
beobachten." So werde es dem Übenden auch allmählich
möglich zu spüren, wie sich sein Körper von sich aus bewegen
möchte, egal, ob er steht, geht, liegt oder vor dem Computer
sitzt.
Über den Gründer
Die Feldenkrais-Methode geht auf ihren gleichnamigen
Begründer, den 1904 geborenen israelischen Physiker Moshé
Feldenkrais zurück. Auf Grund einer schweren Knieverletzung
begann er, Bewegungsstudien an sich selber vorzunehmen und
entwickelte daraus die heute in der ganzen Welt bekannte
Feldenkrais-Methode. Er betrachtete seine Methode nicht nur als
eine Heilweise für den Körper, sondern auch als eine
umfassende Lern- und Lehrmethode.
Leben ist Bewegung, Bewegung ist Leben
Die Schulung des Körperempfindens und des Bewusstseins
versetze den Menschen in die Lage, auch die eigene Person und
das eigene Handeln und Verhalten besser wahrnehmen zu
können, meinte er. Das innere Erleben ist für Feldenkrais der
Schlüssel jeglicher Lernprozesse, körperlicher wie seelischer
oder geistiger. „Wir handeln dem Bilde nach, das wir uns von
uns machen", war seine Überzeugung.
Bereits zum dritten Mal hat das Evangelische Bildungszentrum
Bad Bederkesa eine Fortbildung zum Thema „Feldenkrais"
angeboten. „Die Nachfrage ist sehr gross", berichtet eine
pädagogische Mitarbeiterin des Bildungszentrums. „Wir hatten in
jedem Jahr eine Warteliste für das Seminar." Manfred P. ist von
Anfang an mit dabei. Der 66-jährige ehemalige Personaltrainer
aus Syke übt sich in der Feldenkrais-Methode, „um den
unvermeidlichen Schrumpfungsprozess im Alter etwas
aufzuhalten“. „Was ich hier mache, hat Nachhaltigkeit", sagt er.
Silke N. ist Erzieherin und lernt Feldenkrais, „weil mir die sanften
Bewegungen gut tun". Sie leidet unter chronischen
Kopfschmerzen und Nackenverspannungen und hofft, sich mit
den Übungen ihre Arbeitskraft erhalten zu können.
Nach einem Artikel von Sabine Dörfel
Weitere Informationen zum Thema „Feldenkrais" sind im Internet
unter der Adresse www.feldenkrais.ch oder www.feldenkrais.de
erhältlich.