Harte Fakten überzeugen - All

AUTOMATION
SPS-COPROZESSOR VERSUS PC-SOFT-SPS
Harte Fakten überzeugen
Die Soft-SPS beschreibt eine innovative Idee, die aber Fragen nach PC-Prozessorleistung und Betriebssicherheit nie zufrieden stellend beantworten konnte.
Digitec hat deshalb ’harte‘ Fakten geschaffen: Eine autarke Slot-SPS bringt die
Steuerungsfunktionalität in den PC. Die Karte ist eingebettet in ein offenes, PCbasiertes Steuerungssystem inklusive Visualisierungs-Software. Je nach Anforderung lässt sich die Leistung der SPS unabhängig von der des PCs skalieren.
Stabiles und kompaktes Echtzeitsteuerungssystem auf einer Einsteckkarte
M
it dem zunehmenden Einsatz von Feldbussen bleibt
von der klassischen SPS immer weniger übrig. Der PC dringt
ständig in neue Anwendungsbereiche vor. So stellt sich für einen Automatisierer die Frage nach dem Verhältnis von SPS und PC. Fortbestand
der klassischen Trennung – hier PCWelt, dort SPS – oder Integration der
SPS in den PC? Und – warum soll man
die SPS überhaupt in den PC holen?
Auf diese Fragen gibt es stichhaltige
Antworten: Zunächst ist heute sowieso schon in fast jedem Schaltschrank ein PC zu finden. Wäre nun
in den PC bereits eine SPS integriert,
würden konkrete Vorteile winken:
Ohne zusätzliches SPS-Rack mit Prozessor, Stromversorgung und Verbindungskabel ließe sich Platz im
Schaltschrank gewinnen. Ist die SPS
erst mal im PC-Gehäuse, vereinfacht
sich auch der Datenaustausch zwischen PC und SPS.
Sicherheitsaspekte sprechen
gegen Soft-SPS
Die maßgeblichen Vorteile ergeben
sich aber durch die Einbindung der
SPS in die Kommunikationsmöglichkeiten der PC-Welt. Zuvor sind jedoch einige bedeutende Einwände
zu klären:
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Diese Vorteile soll auch das Konzept
der Soft-SPS freisetzen. Allerdings ist
die aus dem SPS-Bereich gewohnte
Sicherheit und Zuverlässigkeit unverzichtbar. Der Absturz des PC's
darf die SPS nicht mit in den
Abgrund reißen. Schon dieses Argument spricht gegen eine Soft-SPSLösung: Die Soft-SPS stellt die Emulation eines dezidierten SPS-Prozessors durch den Hauptprozessor in
PCs dar.
Dazu kommt, dass im Falle einer SoftSPS die gleiche SPS zwei völlig verschiedene Programmarten verarbeiten muss: hier SPS-Programme, die
in Echtzeit und absolut deterministisch ablaufen müssen, dort ein
Betriebssystem mit Anwendungsprogrammen. Bei letzteren fällt
besonders die Visualisierung ins Gewicht – durch ihre im Vergleich reduzierte Zuverlässigkeit und das nichtdeterministische Zeitverhalten. Bei
größeren SPS-Programmen stellt die
schnelle Umschaltung zwischen
zwei Betriebssystemwelten und die
Abarbeitung der SPS-Zyklen hohe
Anforderungen an den Prozessor –
hier gerät die Visualisierung schnell
ins Ruckeln.
Weitere Forderungen lassen sich von
der Beobachtung ableiten, dass sich
im Grunde zwei Gruppen von Menschen ’am gleichen Gehäuse‘ tref-
fen: Die eine Gruppe ist auf Elektroplanung,
Inbetriebnahme
und
Steuerung spezialisiert, die andere
auf Visualisierung, Bedienung und
Monitoring. Beide Parteien dürfen
sich bei Programmierung, Wartung
und Einrichtung im jeweiligen Teilbereich (PC bzw. SPS) nicht gegenseitig behindern.
In jedem Fall aber muss die SPS auch
ohne PC funktionieren – zum Beispiel, wenn der PC nach dem Aufspielen eines neuen Treibers oder
einer Änderung der Hardwarekonfiguration neu gestartet werden
muss. Daneben sollten sich Wartungsarbeiten unabhängig von der
jeweils anderen Funktion (SPS/PC)
durchführen lassen.
Besser: Autarke Einzelsysteme
Bei dem PCmatic-System handelt es
sich dagegen um eine Slot-SPS-Lösung. Sie umfasst ein autarkes Steuerungs-Coprozessor-Board als Einsteckkarte im halblangen ISA- oder
PCI-Format, die Programmiersoftware (für Siemens STEP-5, STEP-7
und IEC 1131) sowie einen IPC. Mit
eigener DC-24 V-Spannungsversorgung und Steuerungskern ist das
Steuerungs-Board vollkommen unabhängig von PC und Betriebssystem. Die SPS-Programme werden
von einem eigenen x86-Prozessor auf
der Karte abgearbeitet. Je nach Leistungsanforderungen stehen unterschiedliche CPUs – vom Elan-410/66
bis zum Pentium III – zur Verfügung.
Stößt die Leistung des SteuerungsBoards trotzdem an ihre Grenzen,
besteht auch die Möglichkeit, mehrere Karten in einen PC zu integrieren.
Auch die Speicherausstattung ist
skalierbar, sie kann zwischen 4 und
64 MB RAM und zwischen 8 und 72
MB Flash-RAM variieren. Die Kommunikation mit der PC-Welt erfolgt
Sylvia Sachon ist für die Digitec Engineering
GmbH in Meerbusch tätig.
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hardware-seitig über ein Dual-PortRAM. Der integrierte, zeitoptimierte
OPC-Server sorgt als standardisierte
Kommunikationsschnittstelle
für
den Datenaustausch mit allen Windows-Applikationen.
Ein wichtiges Thema:
Remanenz
Besondere Aufmerksamkeit fand
bei der Entwicklung des Systems das
Thema Remanenz. Die Ausstattung
mit 256 KB CMOS-RAM bei der
kleinsten Variante PCM-100, bzw.
mit Flash-EEPROMS bei den übrigen
Boards, sorgt dafür, dass Merker, DBs
und Programme bei Stromausfall
nicht verloren gehen. Die volle Daten- und Programmremanenz – auch
für das Standard-RAM – wird bei den
Modellen PCM-210 und PCM-310 in
Verbindung mit der Shuttlebox mit
integrierter USV und Pufferbatterie
erreicht. Bei Stromausfall wird der
laufende SPS-Zyklus beendet und
dann der aktuelle Datenbestand im
Flash-RAM gesichert.
Die Box bietet aber noch mehr Möglichkeiten: Sie ist auch externe Bedienerschnittstelle für die SPS-Funktionen. Die Distanz zum IPC beträgt
standardmäßig 2 m; sie lässt sich auf
bis zu 20 m erhöhen. Damit ist also
keine Umstellung erforderlich, weil
sich die PC-basierte Steuerung damit
wie eine SPS bedienen lässt. Die Box
stellt dazu PG-Interface, Diagnoseschnittstelle und Status-LEDs außerhalb des PC-Gehäuses zur Verfügung.
Damit entfällt die mühsame Suche in
der hintersten Ecke des Schaltschranks oder auf der Rückseite des
PCs nach Schaltern und Anschlüssen.
Bei der Programmierung zeigt sich
die Flexibilität des PCmatic-Systems.
Siemens STEP-5 und STEP-7 sowie
IEC-1131, mit der Entwicklungsoberfläche CoDeSys, sind als Programmiertools verfügbar. Die Programmierung kann wahlweise über die
externe PG-Schnittstelle (RS232),
In Verbindung mit der Shuttlebox
entsteht volle Programm- und Datenremanenz
über die 9-polige Sub-D Buchse und
bei CoDeSys zusätzlich über den ISAbzw. PCI-Bus erfolgen. Weitere
Möglichkeiten ergeben sich durch
die Netzwerkanbindung über TCP/IP.
Der auf der Karte integrierte Feldbus-Master unterstützt wahlweise
Profibus, Interbus, CANopen oder
DeviceNet. Die Parametrierung erfolgt für alle Feldbussysteme über die
Windows-Software PCMCon.
Universelle Schnittstelle
verbindet PC und SPS
Das Koppelungsprogramm ’Gateway‘ bildet PC-seitig die universelle
Software-Schnittstelle zur SPS-Karte. Über diese Schnittstelle wird per
OPC-Server die Kommunikation mit
den Client-Anwendungen (z. B. einer Visualisierung) und der Datenaustausch über den seriellen Kanal
(bspw. mit Scannern und Reglern)
abgewickelt. Außerdem ist mit ihr
über TCP/IP die Programmierung (in
IEC-1131) sowie der Netzwerkzugriff möglich. Die Vorteile: Zur
gleichen Zeit kann z. B. die Visualisierung über den OPC-Server ihre
Daten erhalten, während über den
seriellen oder TCP/IP-Kanal Änderungen am SPS-Programm vorgenommen werden.
Zykluszeiten in Millisekunden pro 1 K gemischte Anweisungen
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Mit den Zugriffsmöglichkeiten per
TCP/IP über Intranet oder Internet
lässt sich somit ein Fernwartungsund Diagnosesystem aufbauen, das
sogar ein Remote Programming der
SPS erlaubt und damit über die Möglichkeiten einer konventionellen
SPS-Lösung weit hinaus geht. Speziell für Up- und Download von SPSProgrammen auf die Karte ist das
Übertragungsprogramm
PCMremote konzipiert.
Eine Potenzierung erfahren diese
Möglichkeiten zusätzlich durch einen PC/104-Steckplatz, der weitere
Kommunikationsmodule
aufnehmen kann. Als Beispiele lassen sich
hier etwa eine zusätzliche Ethernetoder Feldbuskarte anführen oder
die Installation eines Dual-Bus-Betriebs über zwei Feldbussysteme.
Letzteres ist insbesondere dann
Der Kommunikationsmanager Gateway unter IEC 1131
nützlich, wenn z. B. Controller-Einheiten oder intelligente Antriebe,
die einen speziellen Feldbustyp verlangen, mit Peripherieeinheiten eines anderen Feldbustyps kombiniert
werden sollen.
Von der horizontalen zur
vertikalen Integration
Ein robuster IPC der OperatorPC-Serie und VisiWin als Prozessvisualisierung ergänzen die Slot-SPS-Lösung.
Das offene Konzept komplettiert
die Möglichkeiten der ProzessorKarte. VisiWin setzt auf WindowsStandards auf und bildet in der Automatisierungswelt eine Verbindung von der Feldbuswelt über die
Visualisierungsebene bis hin zur Anbindung der ERP-Ebene. Ergänzt um
die Möglichkeiten der Fernwartung,
der Diagnose und des Remote Programmings auf SPS-Ebene besteht
damit eine vorher nicht denkbare
Durchgängigkeit.
PCMatic
PC-Slot-SPS
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