Donnerstag, 3. Dezember 2015, Nr. 279 LERNEN 27 DIE BEILAGE FÜR SCHULE, HOCHSCHULE UND WEITERBILDUNG Schulen & te Interna Gute Startposition für Berufseinstieg Als Lehrer mit Flüchtlingen arbeiten, wäre das eine Option für mich? Für Seiteneinsteiger, die diese Frage bejahen, tun sich neue Möglichkeiten auf. Doch es fehlt nicht nur an Pädagogen, die in Eingliederungsklassen Migranten unterrichten, sondern auch an Personal, das Lehrer speziell für solche Klassen ausbildet oder nachqualifiziert. FOTO: WALTRAUD GRUBITZSCH/PICTURE ALLIANCE/DPA Mangelware Deutschlehrer von sabine grüneberg ranziska Stahlmeier ist aufgeregt, die 36-Jährige wartet auf ihr Bewerbungsgespräch im Berliner Bezirk Charlottenburg, wo derzeit künftige Lehrer für Willkommensklassen gecastet werden. Stahlmeier ist Deutschlehrerin – allerdings für Deutsch als Fremdsprache (DaF). Das heißt: Sie unterrichtet nicht an einer staatlichen Schule, sondern an Volkshochschulen oder privaten Sprachschulen, die ausländischen Sprachschülern in Kursen von zwei bis acht Wochen die deutsche Sprache näherbringen. Durch die Flüchtlingskrise eröffnen sich Stahlmeier neue Möglichkeiten. Knapp 100 000 Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter sind nach einer repräsentativen Studie im Jahr 2014 aus dem Ausland nach Deutschland zugewandert. „In 2015 kommen schätzungsweise noch einmal doppelt so viele hinzu“, schätzt Professor Michael Becker-Mrotzek, Direktor des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache. Das in Köln ansässige Institut hat für die Studie gemeinsam mit dem Zentrum für LehrerInnenbildung an der Universität Köln erstmals einen bundesweiten Überblick über die schulische Situation neu zugewanderter Kinder und Jugendlicher recherchiert. Gegenüber 2006 hat sich die Zahl 2014 vervierfacht, und sie wächst weiter. „Diese Schnelligkeit stellt Schulen vor große Herausforderungen.“ Der Philologenverband geht von 25 000 Lehrkräften aus, die man bräuchte, um die bereits in Deutschland befindlichen Flüchtlingskinder an Schulen zu betreuen und zu unterrichten – und von circa 10 000 Lehrern zusätzlich pro Jahr. Die Gewerkschaft Erziehung und Bildung spricht gar von 38 000 Erziehern und Lehrern, die für eine schnelle Integration durch Spracherwerb und Bildung vonnöten wären. Menschen wie Stahlmeier, die wissen, wie man Schülern aus einem anderen Sprachkreis das „ch“ und das „ck“ beibringt. Oder wie man den Übergang von der arabischen Schrift in lateinische Buchstaben meistert und wie man Brücken baut zwischen bereits erworbener Sprache und dem Deutschlernen. Das Problem: DaF-Lehrer sind rar. Die gut 40 DaF/DaZ- Händeringend suchen die Kultusminister nach Lehrern für Flüchtlingsklassen. Für Absolventen, die „Deutsch als Fremdsprache“ studiert haben, könnte das eine neue Chance bedeuten F Studiengänge (Deutsch als Fremdsprache/Deutsch als Zweitsprache) an deutschen Universitäten generieren nach Schätzungen des Fachverbands Deutsch als Fremd- und Zweisprache (FaDaF) jährlich nur etwa 750 Absolventen, die danach im deutschen Inland unterrichten. Doch von diesen wandert nach Aussage des Vorsitzenden Matthias Jung „etwa ein Drittel nach zwei bis drei Jahren wieder ab und sucht sich andere Betätigungsfelder“. Er wird fast ein bisschen ungehalten, wenn man ihn nach dem Grund dafür fragt: „Jah- Geringe Anerkennung, schlechte Bezahlung: Als DaF-Lehrer zu arbeiten, war bislang hartes Brot relang führte DaF/DaZ ein Schattendasein, obwohl es offensichtlich ist, wie wichtig die sprachliche Erstintegration von Migranten für unsere Gesellschaft ist.“ Die Lehren aus den Gastarbeiterwellen der Sechzigerjahre und der Zuwanderung durch die Balkankriege seien in Vergessenheit geraten. „DaF-Lehrer arbeiten derzeit unter kaum zumutbaren Arbeitsbedingungen, ihre Perspektiven sind frustrierend, eine Anerkennung im öffentlichen Schuldienst ist nicht gegeben, weil es immer noch kein Staatsexamen für das Fach gibt.“ Jung wundert es nicht, dass viele Lehrer da das Handtuch werfen. Auch Franziska Stahlmeier hat sich das schon überlegt. In manchen Monaten kommt sie kaum über den Hartz-IV-Satz. Sie schlägt sich seit Jahren mit Honorarverträgen durch, alles auf selbständiger Basis, Festanstellungen gibt es kaum. Ihr Stundenlohn: 15 Euro im Durchschnitt. Also maximal 1500 Euro pro Monat bei einer Vollzeitstelle. Vor Steuern. Ohne Beitrag zur Krankenkasse. Ohne Fortzahlung im Krankheitsfall. Ohne Garantie auf Weiterbeschäftigung, wenn der Kurs endet. Ohne Urlaub und ohne Rentenversicherung, die kann sie sich nicht leisten. „Dabei hab’ ich vier Jahre studiert“, sagt sie kopfschüttelnd. „Hätte ich gewusst, wie prekär die Situation für DaF-Lehrer hinterher ist, hätte ich mich auf ein anderes Fach konzentriert. Wenn die Arbeit mit den Schülern nicht so viel Spaß machen würde, wäre es gescheiter, mich arbeitslos zu melden.“ Doch nun soll sich ja alles ändern. Allein Berlin hat seit Beginn des Schuljahres im September mehr als 100 Willkommensklassen für Flüchtlingskinder eingerichtet und dafür 95 neue Lehrer eingestellt – immer noch zu wenig für die im August prognostizierten 3000 Kinder und Jugendlichen. Mittlerweile ist diese Zahl längst wieder überholt, der Senat geht jetzt von circa doppelt so vielen Kindern und Jugendlichen aus, die in Willkommensklassen untergebracht werden müssen. Diese Klassen besuchen die Migranten, um Deutsch zu lernen, einige Monate bis zu eineinhalb Jahren – je nach persönlichem Fortschritt. Anschließend wechseln sie in Regelklassen. Am häufigsten werden solche Einführungsklassen an Grundschulen eingerichtet, aber auch an einigen Gymnasien. Für Flüchtlingsklassen können sich neben DaF-/DaZ-Lehrern nun auch Anwärter mit einem Diplom-, Magister- oder Masterstudium bewerben, auch Fachhochschulabschlüsse sind zugelassen. Und sogar Lehrer, die keine Muttersprachler sind, aber sehr gut Deutsch sprechen. „Die Qualität darf dabei natürlich nicht leiden“, erklärt Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Ihre Not ist groß, denn Scheeres will ihrem Anspruch gerecht werden, dass jedes Kind von Anfang an sein Recht auf Bildung wahrnehmen kann. Während in anderen Bundesländern die Schulpflicht für Flüchtlingskinder hinausgezögert wird und erst nach drei beziehungsweise sechs Monaten einsetzt oder gar an die Erteilung des Aufenthaltsrechts SCHULVERBUND MÜNCHEN gebunden ist, was derzeit dauern kann, gilt in Berlin und dem Saarland die gesetzliche Schulpflicht für alle Flüchtlingskinder von Anfang an. Doch auch die anderen Länder wissen: Den Kopf in den Sand stecken hilft nicht. Bald schon werden die neu zugewanderten Kinder in die Schulen drängen. Hessen bildet deshalb seit Anfang des Schuljahres 120 Lehrer in DaF/DaZ weiter, Nordrhein-Westfalen hat 300 zusätzliche Stellen geschaffen, Bayern holt pensionierte Lehrer aus dem Ruhestand und qualifiziert nach. Angesichts der genannten Zahlen an benötigten Lehrkräften wird das kaum reichen. „Die Schwierigkeit liegt nicht nur darin, genügend Lehrer zu finden, sondern auch darin, genügend geeignete DaF-/DaZ-Fortbilder zur Verfügung zu stellen“, erklärt Michael Becker-Mrotzek vom Mercator-Institut. „Wir wissen aus vielen Forschungen, dass die Lernleistung der Schüler eng mit der Ausbildungsqualität der Lehrer zusammenhängt.“ Mindeststandards für den Schulbesuch junger Flüchtlinge sind noch Wunschdenken Lehrer aus Regelklassen oder Seiteneinsteiger mal eben nachzuqualifizieren, hält Becker-Mrotzek aus pädagogischer Sicht für höchst problematisch, „vor allem bei dieser Zielgruppe“. Es ist eben ein Unterschied, ob man deutsche Kinder unterrichtet, die in Friedenszeiten aufgewachsen sind, oder Kinder aus Syrien, die einen Vormittag lang nicht unter dem Tisch hervorkommen, weil draußen ein Flugzeug geflogen ist, Kinder, die womöglich gar nichts sagen oder still vor sich hinweinen. Mrotzek sieht den Handlungsdruck, hat aber auch den Eindruck: Statt langfristiger Konzepte und gemeinsamer Verfahren seien die Landesregierungen momentan nur www.obermenzinger.de Kohlstraße 5, 80469 München beim Isartor, Tel. 0 89/29 70 29 – 29 33 33 INFORMATIONS-ABENDE jeweils 19.00 Uhr Morassistr. 10 – 14 Isar-Gymnasium Isar-Gymnasium Isar-Sport-Gymnasium Isar-Sport-Gymnasium Huber-Gymnasium 24.01.und und03.03. 01.03. Huber-Gymnasium 02.02. Isar-Realschule Isar-Realschule Huber-Realschule Huber-Realschule Wirtschaftsschule Wirtschaftsschule 25.01. und 28.02. Isar-Mittelschule INFOABEND 26. JANUAR 2016 19:00 UHR FRESENIUSSTR. 47 SCHLAUE KÖPFE LERNEN BILINGUAL! Staatlich anerkanntes Ganztagsgymnasium Bilingualer Zug: 3-5 Fächer auf Englisch Zwei-Pädagogen-Prinzip ABIplus®– Berufsausbildung parallel zum Abitur 03.02. und 22.02. Für jeden Schüler die richtige Schule Eine Idee macht Schule - Ganztagsschulen mit Mittagstisch www.schulverbund.de www.schulverbund.de EINE EINRICHTUNG DER MÜNCHNER SCHULSTIFTUNG ERNST v. BORRIES damit beschäftigt, Willkommensklassen einzurichten. „Das Thema ist kein Projekt für eine Taskforce auf Zeit, sondern eine langfristige Aufgabe. Migrationsbewegungen, wie wir sie gerade erleben, sind ein wiederkehrendes Phänomen. Gerade deshalb sollten auch Mindeststandards für den Schulbesuch neu zugewanderter Kinder und Jugendlicher gelten.“ Der Direktor des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache bemängelt, dass Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache bisher nur in Nordrhein-Westfalen verpflichtend Teil des regulären Lehramtsstudiums ist. Nur etwa die Hälfte der angehenden Deutschlehrer erhält einen Einblick in die Thematik. Bei allen anderen Unterrichtsfächern, darunter Mathematik, sind es lediglich gut 40 Prozent der angehenden Pädagogen. Dabei ist es sehr sinnvoll, Mathelehrer für die Arbeit mit Flüchtlingen zu sensibilisieren. Denn Probleme im Fach Mathematik, etwa mit Textaufgaben, müssen nicht bedeuten, dass die Schüler mit dem Rechnen an sich Probleme haben. Becker-Mrotzek empfiehlt den Bundesländern eine konkrete Verankerung in der Lehramtsausbildung. Außerdem Regelungen zur Größe der Klassen, zur Erfassung der Kenntnisse der Schüler und zu deren Übergang in Regelklassen. In vielen Bundesländern werde noch nicht einmal systematisch erhoben, wie viele neu zugewanderte Kinder und Jugendliche ohne Deutschkenntnisse tatsächlich an den Schulen sind. Das macht Planbarkeit schwierig. Auch FaDaF-Chef Matthias Jung ist von Euphorie weit entfernt: „Crashkurse von zweifelhafter Qualität, fehlende Standards und Zeitverträge sind keine Perspektive. Wir müssen in Modellen denken, die Hand und Fuß haben.“ Franziska Stahlmeier wünscht sich eine Festanstellung und vielleicht sogar eine Verbeamtung – das wäre ein Traum nach fast zehnjähriger Berufserfahrung. Leider war sie an diesem Tag nicht eine der drei Glücklichen, die die Schulleiter in BerlinCharlottenburg auswählten. Aber sie kommt wie alle Bewerber auf eine Prioritätenliste, so Schulrätin Karin Babbe, und wird angeschrieben, sobald neue Lerngruppen eröffnet werden. Und das wird schon sehr bald sein. Deutschland muss nach Ansicht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) sein Bildungssystem auf den Zustrom Hunderttausender Flüchtlinge einstellen. Zwar seien mit dem deutschen System der Berufsausbildung gute Voraussetzungen gegeben, die Migranten in den Arbeitsmarkt zu integrieren, sagte der stellvertretende OECD-Generalsekretär Stefan Kapferer vor Kurzem bei der Vorstellung des OECD-Bildungsberichtes 2015. Allerdings komme es jetzt darauf an, diese Basis noch weiter zu stärken und spezielle Angebote für Flüchtlinge zu schaffen. Besonders gute Noten stellen die OECD-Bildungsexperten Deutschland bei den Bildungsangeboten für Kleinkinder aus. Demnach nahmen im Jahr 2013 92 Prozent der Dreijährigen an Programmen der frühkindlichen Bildung teil, 2005 waren es noch 80 Prozent. Auch bei den Zweijährigen lag Deutschland 2013 mit einer Betreuungsquote von 59 Prozent deutlich über dem OECD-Durchschnitt von 39 Prozent. Um ins Berufsleben einzusteigen, finden junge Leute hierzulande vergleichsweise gute Bedingungen vor. Der Anteil junger Menschen, die im Jahr 2014 keine Arbeit hatten und an keiner Fortbildung teilnahmen, war so niedrig wie in kaum einem anderen OECD-Land (10,1 Prozent der 20- bis 24-Jährigen in Deutschland gegenüber 17,9 Prozent im OECDDurchschnitt). Allerdings bleibe die Bundesrepublik bei den Bildungsausgaben weiter unter dem OECD-Durchschnitt von 5,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). In Deutschland lagen demnach die privaten und öffentlichen Ausgaben für Bildungseinrichtungen 2012 bei 4,4 Prozent des BIP. reuters Lieber Pommes als vegane Kost Schüler haben an vegetarischen oder veganen Gerichten wenig Interesse. Zwar gebe es an Schulen und Trägereinrichtungen ein Bewusstsein dafür, sagt die Ernährungswissenschaftlerin Catherina Jansen von der Hochschule Fulda in Hessen. „Vegetarisch ist beispielsweise immer ein Thema, das wird auch öffentlich fokussiert. Andererseits wird das von den Schülern kaum angenommen“, stellt sie fest. „Sie wollen Pizza, Pommes und Pasta.“ An gesunder Ernährung seien vor allem die Eltern interessiert. „Bei den Kindern ist es nur ein minimaler Prozentsatz, der so was nachfragt.“ Auf dem Portal Bmel.de des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft finden sich unter der Rubrik „Gesunde Ernährung, sichere Lebensmittel“ in der Kategorie „Kita und Schule“ Informationen zu Projekten, die Schüler für gesunde Ernährung sensibilisieren. dpa/ssc Fülle von Aufgaben: Lehrer überlastet Zum Abschluss seiner Jahrestagung hat der niedersächsische Philologenverband eine Verringerung bürokratischer Aufgaben für Lehrer gefordert. Es werde sonst immer schwerer, genug Zeit zur Unterrichtsvorbereitung und Betreuung der Schüler zu finden, heißt es in seiner kürzlich verabschiedeten Erklärung. Der Philologenverband hat in Niedersachsen 7800 Mitglieder. Ursache der „überbordenden Bürokratie“ sei vor allem die 2007 eingeführte „Eigenverantwortliche Schule“, steht in der Erklärung. Seither müsse jede Schule für jedes Fach eigene Lehrpläne aufstellen, diese ständig überprüfen und fortschreiben. Zudem müssten sie zahlreiche Konzepte erarbeiten. Alle Aufgaben zu streichen, die nicht der Verbesserung der Unterrichtsqualität dienten, sei auch ein Schritt in Richtung einer 40-Stunden-Arbeitswoche für Lehrer. Letztere arbeiten nach Angaben des Verbandes auch unter Einbeziehung der Ferien wöchentlich im Durchschnitt bis zu 50 Stunden. dpa 28 LERNEN DIE BEILAGE FÜR SCHULE, HOCHSCHULE UND WEITERBILDUNG Schulen & Internat e Donnerstag, 3. Dezember 2015, Nr. 279 „Man kann stets etwas machen“ Internate besitzen ihre eigenen Fördertöpfe für junge Talente Sophie Weidlich, 61, ist studierte Germanistin und die Tochter eines Internatsleiters. Sie hat mehr als die Hälfte ihres Lebens in einem Landschulheim verbracht – heute ist sie Haustutorin, also als Ansprechpartnerin für die Schüler und Schülerinnen der Oberstufe. Im Nebenberuf unterstützt Sophie Weidlich ratlose Eltern bei der Suche nach dem passenden Internat für ihr Kind. Sie sind mit zehn Jahren in ein deutsches Internat geschickt worden. Haben Sie gelacht oder geweint? Sophie Weidlich: Ich sprach damals nur Schwedisch und Englisch und fand das ganz grauslich. Rückblickend gesehen war es aber meine schönste Schulzeit. von christine demmer W illiam aus Hamburg, Rugby-Spieler und erklärter Fan Großbritanniens wollte ins Internat. „Natürlich nach England. Viele in unserer Familie waren auf einem englischen Internat“, erklärt seine Mutter Marina Mahlberg (Name von der Redaktion geändert). Das Problem waren Williams eher mittelmäßige Leistungen in der Schule zu Hause, sagt sie. „Für eine britische Schule ist es gefährlich, einen schlechten Schüler zu nehmen, weil das den Schnitt der Boarding School senken kann. Dann kann sie nicht mehr unter den besten Kandidaten wählen.“ Eine Münchner Agentur fand trotzdem drei Internate, die den damals 15-Jährigen mit Handkuss genommen hätten. „Wir haben jedes einen halben Tag lang besucht und mit einigen ehemaligen Schülern telefoniert. Das reicht total“, erzählt die Mutter, eine alleinerziehende Strategieberaterin. Der Filius entschied sich für eine Wohnschule auf der Isle of Man, mitten in der irischen See. Dort konnte er Rugby und Theater spielen, entdeckte seine Leidenschaft für Dramaturgie und machte in diesem Sommer ein gutes internationales Abitur. Zufrieden sagt die Mutter über ihren 18-jährigen Sohn: „Der hatte die Zeit seines Lebens.“ Wenn das Kind und das Internat so gut wie im Fall des jungen Hamburgers zusammenpassen, kann eigentlich nicht mehr viel schiefgehen. „Ab etwa zwölf oder 13 Jahren werden die meisten Kinder den Aufenthalt in einem Internat genießen“, versichert Internatsberaterin Sophie Weidlich, von Geburt halb Schwedin, halb Engländerin. Vorausgesetzt, man nehme sich Zeit bei der Auswahl. Die meisten Eltern, die zu ihr kämen, hätten sich vorher im Internet und bei Freunden erkundigt und wollten sicherheitshalber eine professionelle Meinung einholen. „Ich frage zuerst nach der Wunschregion“, sagt Weidlich. „In ganz Deutschland gibt es gute Internate. Aber nicht jeder, der in Hamburg lebt, will sein Kind nach Süddeutschland schicken und umgekehrt. Auch wenn es aufgrund der vielen Ferien doch meistens nur sechs Wochen am Stück von zu Hause fort ist.“ Wenxin Zhang, in Deutschland aufgewachsene Chinesin und Geschäftsführerin von German Education Partners in Düsseldorf, geht anders vor. Sie fragt ihre Kunden, bei denen es sich vor allem um Eltern aus China und anderen asiatischen Län- Lernen Verantwortlich: Peter Fahrenholz Redaktion: Stephanie Schmidt Gestaltung: Julia Kienscherf Anzeigen: Jürgen Maukner Familiäres Ambiente oder Kontakte zu Promis? Allein in Deutschland gibt es circa 400 Internate, da ist es schwer, das richtige für sein Kind zu finden. Professionelle Berater helfen den Eltern. Zunächst werden die wichtigsten Kriterien für die Auswahl festgelegt Reiten, Segelkurse, Skifahren, Klettertraining – vielleicht sogar all dies. Manche Eltern legen Wert darauf, ihren Nachwuchs in einem Internat mit sehr guten Sportmöglichkeiten unterzubringen. Es gibt sogar Internate, in die man sein eigenes Pferd mitnehmen kann. FOTOS: FELIX KÄSTLE/DPA; JOHANNES SIMON; IMAGO/RUSSIAN LOOK; IMAGO/KICKNER dern handelt, als erstes nach dem Budget für die Erziehung des Sprösslings. „Die Preisspanne reicht von etwa 15 000 bis 40 000 Euro im Jahr, aber die teuersten Internate sind nicht immer die besten“, sagt Zhang. Manche Schule wirbt mit einem Fünf-Sterne-Angebot, Tennisplätze, Hallenbad, Reitställe, eigener Hafen und Riesencampus inklusive. In der Lehrqualität seien sie aber gleich, meint Zhang. Den Unterschied machen die Ausstattung, das Flair und die Schülerschaft. „Schloss Salem und Louisenlund in Schleswig-Holstein reisen auf der Eliteschiene, da kriegt das Kind kostenlos die Kontakte zur Prominenz mit“, sagt Zhang. Manche Eltern halten das für unverzichtbar. Andere wollen, dass ihr Kind sportlich aufgepeppt oder firm in fremden Sprachen wird. Wieder andere geben ihr Kind nur ungern außer Haus, zum Beispiel, weil sie beruflich auf einen anderen Kontinent ziehen müssen und es dort kei- ne passende Schule gibt. „Die suchen dann ein kleines Internat mit einem familiären Ambiente“, berichtet Zhang. Auch das lässt sich unter den ungefähr 400 Internaten in Deutschland finden. Nach dem Eindruck von Weidlich geht die Nachfrage deutscher Eltern allerdings zurück. Dafür fragen mehr Väter und Mütter aus Russland und China an. „Deutschland hat einen guten Ruf“, vermutet die Beraterin, „es ist wirtschaftlich stark, und es lohnt sich, hier zur Schule zu gehen, zu studieren und später hier zu arbeiten.“ Wenxin Zhang bestätigt das. Die junge Betriebswirtin kooperiert mit Partneragenturen in China und bald auch in anderen Ländern Asiens und weiß, dass sich wohlhabende Eltern in Fernost die internationale Ausbildung ihres Kindes viel Geld kosten lassen. Deutsche hingegen fragen häufig nach Zuschüssen. Daran sei überhaupt nichts Ehrenrühriges, findet Weidlich. Schwieriger sei es nur, wenn man ein ganz normales, Lernen fürs Leben heißt Schule für die kognitive, soziale und emotionale Entwicklung des jungen Menschen. durchschnittliches Kind ohne Auffälligkeiten in dieser oder jener Richtung habe. „Für das muss man selber bezahlen“, sagt die Internate-Kennerin. Aber für alle anderen stehe immer irgendwo ein Fördertopf offen. Mit ein bisschen Nachbohren bei den Eltern und beim Kind lässt sich oft ein spezielles Talent oder wenigstens ein verschärftes Interesse entdecken. „Häufig sagen Eltern: Wir haben ein nettes Kind, aber wir können nur soundsoviel bezahlen“, erzählt Weidlich. Sie tröste sie damit, dass sie etliche Möglichkeiten kenne, um Zuschüsse zu erhalten. Auch in finanziellen Fragen helfen mehr als ein Dutzend Internatsberater in Deutschland. „Die Eltern bekommen viele Informationen von den Internaten, aber sie können sie alleine kaum bewerten“, sagt Detlef Kulessa vom Institut Töchter und Söhne in Wiesbaden. Für die persönliche Beratung seien die Eltern dankbar. „Die Schulen beteiligen uns an ihren Erfol- Folgende Webseiten informieren über Internate: Unabhängiges Portal über Internate in Deutschland, Großbritannien, Österreich und der Schweiz, www.internat-vergleich.de Informationsportal über Internate im In- und Ausland nach Schultypen plus einer Liste von Internatsberatungen, www.internate-portal.de Internatsschulen des Bundesverbandes Deutscher Privatschulen, www.privatschulen.de Vereinigung von 15 Internatsschulen in Deutschland, www.die-internate.de Übersicht über Kosten und Leistungen von deutschen Internatsschulen, www.bildungsdoc.de/ infos/schule/internate Mitt ittl ittler ttle ler erre Reif eiife fe fe 6WDDWODQHUNDQQWHVWDDWOJHQHKPLJWH ,1)2$%(1' 5HDOVFKXOH 8KU PLW*DQ]WDJHVVFKXOH 6WDDWODQHUNDQQWHVWDDWOJHQHKPLJWH • Kompetenzjahr. • Basketballinternat des DBB. • G8+ mit Raum für mehr. :LUWVFKDIWVVFKXOH *DQ]WDJHVVFKXOHZlKOEDU ,1)2$%(1' 8KU L LegaC eg ega gaCenter ga en nter teer er Vereinbaren Sie Ihren individuellen Besuchs- und Beratungstermin. Gerne mit Probeaufenthalt. %HUDWXQJ7KHUDSLHXQG D )|UGHUXQJJEHL/HJDVW )|UGHUXQ EHL /H KHQLH XQG'\VNDONXOLH Hoochs chsc chschulr hsch chu hul ulr lrreif eiife fe fe )DFKREHUVFKXOH ,1)2$%(1' 8KU %HUXIVREHUVFKXOH Themenspezial: Schulen & Internate Erscheinungstermine: GRUNDSCHULE • ABITUR+GESELLENBRIEF • BASKETBALL • REITEN • U.V.M. Donnerstag, 21. Januar 2016 Donnerstag, 10. März 2016 Stiftung Urspringschule · 89601 Schelklingen · Tel. +49 7394 246-11 · www.urspringschule.de Salzmannschule Schnepfenthal Staatliches Sprachgymnasium mit Internat 256,00 € pro Monat Vier moderne Fremdsprachen bis zum Abitur, u. a. Chinesisch, Japanisch oder Arabisch Tag der offenen Tür am 16. Januar 2016 Aufnahmeverfahren für Schüler der Klassen 4/5 am 19. März 2016 / Anmeldung bis zum 5. März 2016. Alle Informationen unter www.salzmannschule.de Was kostet ein Internatsaufenthalt? Und wo gibt es Unterstützung? Die Lehr- und Unterbringungskosten in deutschen Internaten reichen etwa von 500 bis 3000 Euro im Monat. Viele Eltern erkundigen sich nach Stipendien, und die gibt es auch, zum Beispiel für besondere musikalische, sportliche, künstlerische oder intellektuelle Fähigkeiten. Jedes Internat hat dafür einen Topf, der aus Beiträgen von ehemaligen Schülern oder anderen Förderern gespeist wird. Man sollte sich nicht scheuen, danach zu fragen. Man kann stets etwas machen. Sollte das Kind bei der Entscheidung mitsprechen? Sicher. Das wichtigste Auswahlkriterium lautet: Das Internat muss zum Kind passen. Ein zurückhaltendes Kind wird sich in der Nestwärme eines kleineren Internats wohler fühlen, ein extrovertiertes Kind braucht ein quirliges mit mehr Schülern. Deshalb lasse ich die Eltern in der Beratung viel über ihr Kind erzählen. Alle Internate bieten die Möglichkeit, dort eine Weile auf Probe zu wohnen. Raten Sie nur zu Internaten mit einer eigenen Schule? Die Einheit von Bildung und Erziehung ist ideal. Es gibt aber Internate, die trotz eigener Schule eng mit einer anderen zusammenarbeiten – Gymnasium und Realschule, etwa diese Kombination. Dann müssen sich die Eltern aber nicht nur das Internat, sondern auch die externe Schule anschauen. Woran merken Eltern, dass ein Internat in erster Linie den zahlenden Kunden im Auge hat? Wenn sie das Gefühl haben, dass sie zu viele Kröten schlucken, also zu viele Zugeständnisse machen müssen. Wenn die Eltern etwa Bedenken haben, weil ihr Kind das einzige Mädchen in der Klasse ist. Aber die Schule spielt das runter. Oder wenn der Junge unbedingt American Football spielen will, es aber nur einen Fußballverein gibt. interview: christine demmer Das Internat muss zum Kind passen. Das ist für Sophie Weidlich das wichtigste Auswahlkriterium. Sie rät Eltern wie Kindern, nicht zu viele Kompromisse zu machen. FOTO: OH :HLO%LOGXQJ]lKOW • Staatlich anerkanntes Gymnasium mit Grundschule und Internat für Jungen und Mädchen. • Abitur und Gesellenbrief (3 Berufe). Schule erleben. Zukunft bilden. gen“, sagt Kulessa mit Offenheit, „aber wir fühlen uns trotzdem auf neutralem Boden, weil wir eine sehr restriktive Auswahl vornehmen. Das sagen wir auch den Eltern.“ Als Informationsquellen dienen den Beratern Besuche in Internaten; außerdem pflegen sie Kontakte zu Eltern und Kindern, die sich mit Internaten auskennen. Dabei ist die Grundstruktur aller deutschen Internate ziemlich gleich. Die Kinder und Jugendlichen leben in einer Gruppe und werden von einer Haupt- und von einer Nebenperson betreut. In der Regel sind die Betreuer Akademiker, meist Pädagogen, Psychologen oder Sozialarbeiter. In der Unter- und Mittelstufe wohnen die Kinder in Zweier-, in der Oberstufe meist in Einzelzimmern. Vormittags ist Unterricht, nachmittags gehen die Zöglinge ihren eigenen Vorlieben nach, stets sind die Betreuer in der Nähe. Manche Internate entlassen die Kinder an jedem zweiten Wochenende nach Hause. Andere raten den Eltern, die Heimreise auf die Schulferien zu beschränken. In einige Internate kann man eigene Pferde, Autos und sogar Boote mitbringen. In anderen lernt man zu reiten und wird auf den Führerschein vorbereitet. Es gibt Klassen mit hohem und Klassen mit geringem Ausländeranteil, Internate, die sich um die Inklusion behinderter Kinder bemühen und solche, die Kinder mit Handicaps nur in Ausnahmefällen aufnehmen. Im Interesse der Eltern wird fast jedes Interesse der Kinder bedient. „Nur gegen das anfängliche Heimweh ist noch kein Kraut gewachsen“, sagt Sophie Weidlich. Fast immer sei es zwar nach ein paar Wochen verschwunden. Eltern sollten dem Kind vorschlagen: „Wir probieren es jetzt noch einmal, und dann reden wir miteinander.“ Wenn der Nachwuchs partout nicht im Internat bleiben wolle, dürfe man nicht darüber hinweggehen, man solle mit dem Kind zusammen eine andere Lösung suchen. Was bei William aus Hamburg nicht nötig war. Ihm hat sein Internatsaufenthalt so gut gefallen und so viel Lust auf die Welt gemacht, dass er jetzt mit dem Gedanken spielt, im Ausland Dramaturgie zu studieren. Warum fiel die Wahl nicht auf eine Boarding School? Englische Internate haben ja fast einen legendären Ruf. Ja, sehr viele deutsche Kinder gehen nach England. Wegen der Sprache, wegen der Mentalität und wegen der festen Erziehung – man könnte das auch Drill nennen. In England und Frankreich wird sehr viel mehr Wert auf Konformität und Umgangsformen gelegt. In Deutschland geht man stärker auf die individuelle Persönlichkeit des Kindes ein. Man ist bestrebt, die Kinder zu kritischen Bürgern zu formen. Meine Eltern fanden das gut. Und ich auch. ÖFFNEN SIE TÜREN FÜR IHRE KINDER Als Bildungsexperten für Internate, Studium und Sprachreisen in GB, USA, CAN, AUS und NZ beraten wir Sie gerne. Infos und Beratungstermine in Deutschland und Österreich: Tel. 089 2867 3561 - www.riedenauer-education.de RIEDENAUER EDUCATION $XVELOGXQJVULFKWXQJ:LUWVFKDI W IWXQG9 9HUZDOWXQJ VWDDWOLFKJHQHKPLJW 6DEHO%LOGXQJVJUXSSH 6FKZDQWKDOHUVWUDH0QFKHQ (0DLOLQIR#VDEHOFRP QXU*HKPLQXWHQYRP+DXSWEDKQKRI 19:30 Uhr ZZZVDEHOFRP Anzeigenschluss: Dienstag, 12. Januar 2016 Dienstag, 1. März 2016 Kontakt [email protected] Telefon 089/2183-9072 oder –8140 9.0:+;."#67" <:.2"."#$)4; #4 =+"#4"4 >.#?*$!67)+=+*!!"4 @) !$**$+#67"4 >.A0)4;"4 ()*+#, -#$$+"." /"#0", 12#$). 3-*$).* #4 5!$".."#678 444 EEE6!-14.0/5.535F*-0?.?6?GH !"#$ %&'& ,-./-0123/-0-4/546 78 97:;< =>0?1-0 (-@6AB2C D9<A;<7 79 :8 !"#$%&'(%()( *"&+%+ Heute 1. Infoabend Flexible Ganztagsschulen Klasse 1 – 12 Reinhard-Wallbrecher-Grundschule Günter-Stöhr-Gymnasium Wolfratshauser Straße 214 81479 München-Solln (089) 232326423 · www.st-anna.eu
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