Pressefreiheit braucht kontinuierliches Engagement

Pressefreiheit braucht kontinuierliches Engagement
Gemeinsames Wirken von VDZ und Landesverbänden für faire Rahmenbedingungen
Werner Neunzig
Geschäftsführer Reader‘s
Digest Deutschland Verlag,
Das Beste GmbH, VDZ-Vizepräsident, Vorsitzender SZV
d
eutschland zeichnet sich durch eine
weltweit einzigartige Vielfalt von Zeitschriften und Zeitungen aus. Wohl nirgendwo anders sonst existiert eine solch vielfältige Zeitschriftenkultur – der
Publikums-, Fach- und Konfessionellen
Presse. Zeitschriften waren immer
schon Spiegel der verschiedenen Grup-
pen, Interessen und Strömungen einer Gesellschaft. Die weitere
Ausdifferenzierung bedienen sie mit ihrer Nähe zu bestehenden
und dem Erspüren neuer Zielgruppen hervorragend und nutzen
ihre Chancen. Ein Ende dieses Weges ist nicht in Sicht.
© Reader’s Digest
Eine wesentliche Voraussetzung der Vielfalt ist der journalistische Kern unserer Produkte, der diese deutlich von allen anderen Formen der Darstellung abhebt – mit profunder Kenntnis von den Themen, mit Beurteilungsstärke, Qualität und dem
Vertrauen der Leser auf Richtigkeit und Relevanz. Immer noch
setzen gerade die Medien der freien Presse, dem einzigen Medienbereich, bei dem die Menschen für die Produkte freiwillig und
„Die Freiheit der Presse existiert aber
nicht aus sich selbst heraus – sie bedarf
einer aktiven Gestaltung.“
gerne bezahlen, die Agenda.
Pressevertriebssystem erhält Medien- und Meinungsvielfalt
Eine weitere wesentliche Voraussetzung ist die nahezu flächendeckende Verfügbarkeit im Einzelverkauf – eine Besonderheit in
Deutschland, die das Entstehen neuer Titel und sogar von Verlagen maßgeblich ermöglicht. Indem das Pressevertriebssystem
in Deutschland auch Titeln kleinerer Verlage und Publikationen
mit niedrigeren Auflagen den Zugang zum Lesermarkt sichert,
leistet es einen bedeutenden Beitrag für den Erhalt der Medienvielfalt und Meinungspluralität.
Die Freiheit der Presse existiert aber nicht aus sich selbst heraus –
sie bedarf einer aktiven Gestaltung. Welche Ziele erreichbar sind,
wenn Kräfte konstruktiv gebündelt werden, hat im vergangenen
68 // Strategie
Sommer eindrucksvoll die Verabschiedung der 8. GWB-Novelle
doch um ein besonderes Gut geht, das nicht allein privatwirt-
unter Beweis gestellt. In enger Zusammenarbeit mit den Landes-
schaftlichen Prinzipien folgt, was nicht zuletzt der Deutsche
verbänden hat der VDZ auf der politischen Bühne deutlich zum
Bundestag mit der gesetzlichen Absicherung des Grossos zum
Ausdruck gebracht, dass die Regelungen zum neutralen Presse-
Ausdruck gebracht hat.
vertrieb und zur Fusionskontrolle Voraussetzungen sind, um die
Pressefreiheit und -vielfalt in unserem Land auch langfristig zu
bewahren.
Ausbalancierte Politik zum Erhalt der Freien
Das aktuelle Urteil des OLG Düsseldorf gegen die Berufung des
Der freiheitlichen Presse droht von verschiedenen Seiten Unge-
Grossoverbandes unterstützt das leider nicht, im Gegenteil – es
mach. Eines der wichtigsten medienpolitischen Themen ist aktu-
verkennt die Besonderheiten des Pressevertriebs – obwohl es
ell zweifellos die EU-Datenschutzverordnung. Ein Beschneiden
Presse
Strategie // 69
von Freiversand der Fachpresse und adressierter Leserwerbung
Doch ein Verband kann immer nur so stark sein wie seine Mit-
hätte vor allem für die mittelständischen Verlage massive Folgen.
glieder. In enger Zusammenarbeit mit den in den Landesverbän-
Hier steht die Politik in der Verantwortung, durch entsprechende
den organisierten Mitgliedsverlagen wurde bereits viel bewirkt.
Regelungen dafür zu sorgen, dass die Geschäftschancen nicht
Die Struktur des VDZ und seiner Landesverbände ist über Jahre
weiter einseitig zugunsten der US-Online-Giganten beschnitten
hinweg gewachsen und die Aufgabenverteilung perfektioniert.
werden.
Während der VDZ national wie international die Interessen der
Zeitschriftenverlage vertritt, stehen die Landesverbände für kon-
Darüber hinaus gibt es viele weitere Bereiche, in denen die neue
tinuierliche individuelle Beratung, Erfahrungsaustausch und Ver-
Bundesregierung medienpolitisch gefordert ist – von der Aus-
netzung auf regionaler Ebene.
weitung der reduzierten Mehrwertsteuer auf digitale periodische
Medienangebote über die Stärkung und Durchsetzung des Urheberrechts für Verleger bis hin zum Verzicht auf weitere mediale
Loyales Zusammenspiel von VDZ und Landesver-
Werbebeschränkungen. Und nicht zuletzt gilt es auch, im Zusam-
bänden
menhang mit dem Google-Kartellverfahren die Notwendigkeit
Dieses konstruktive Miteinander hat sich immer perfekter entwi-
einer fairen Suche im Internet gegenüber der EU-Kommission
ckelt – bei wachsenden Aufgaben und weitgehend unveränderten
klar zum Ausdruck zu bringen. Der VDZ wird sich auch künftig
Ressourcen. Der VDZ und seine Landesverbände leben wesent-
mit aller Vehemenz für den Erhalt einer freiheitlichen Presse ein-
liche Grundsätze der kooperativen Zusammenarbeit, der inten-
setzen – in Berlin ebenso wie in Brüssel.
siven Kommunikation miteinander sowie der Aufgabenteilung
nach dem Prinzip der Subsidiarität.
VDZ als Wissens- und Know-how-Plattform
Der VDZ und seine Landesverbände stehen für ein loyales Zu-
Neben der politischen Interessenvertretung ist die Funktion als
sammenspiel, das sich als immer wieder zu optimierendes funk-
Wissens- und Knowhow- Plattform für den VDZ immer wich-
tionales Miteinander bewährt. Dieses Angebot stößt auf weiter
tiger geworden. Mit seinen hervorragenden Arbeitskreisen, sei-
wachsendes Interesse mit weiter steigenden Mitgliederzahlen,
nen Konferenzen, seinen Studie und Verlegerreisen sammelt der
gerade von jungen und neu gegründeten Verlagen. Darauf sollten
VDZ mit seinen ehrenamtlich engagierten Verlegern und Verlags-
wir stolz sein, das sollten wir pflegen und weiter daran arbeiten.
managern das Know-how von heute und das Wissen von morgen, bereitet es auf und spielt es in die Verlagshäuser. Von diesen
Zugängen profitieren gerade kleine und mittlere Verlage, die der
Transformation der Medien oft nur mit begrenzten Ressourcen
gegenüberstehen. Insofern bringt der Medienwandel eine sehr
viel stärkere Bereitschaft zur Offenheit für Kooperationen. Die
enorme Konzentration bei den TV-Vermarktern, den Mediaagenturen, das Monopol von Google und die damit verbundenen
Marktkräfte sind eine Herausforderung für die mittelständisch
geprägte Verlagslandschaft.
70 // Strategie