Sichere Betreuung von Arztmandaten Torsten Krause Dipl.-Finanzwirt (FH) Steuerberater [email protected] 1 Einleitung Durch die Einführung der medizinischen Versorgungszentren zum 10.10.2004 durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz wurden für Krankenhäuser die Möglichkeiten geschaffen, auf dem ambulanten Sektor Fuß zu fassen, ohne sich der bisherigen Hilfsmittel wie der Ermächtigung, des Belegarztes oder bestimmter spezialisierter Leistungen bedienen zu müssen. Die Ärzteschaft hat ihrerseits durch eine Liberalisierung der Berufsordnung auf dem 107. Deutschen Ärztetag in Bremen im Mai 2004 reagiert und die Musterberufsordnung insbesondere im Hinblick auf die möglichen Kooperationsformen und die Möglichkeiten der Anstellung von Ärzten erweitert. 2 Grundlagen des Berufsrechts Es ist zunächst zwischen den Berufsausübungsgemeinschaften und den Praxisgemeinschaften zu unterscheiden. Die Praxisgemeinschaften stellen reine Organisationsgemeinschaften dar, in denen Fach- und Personalmittel gemeinsam genutzt werden, um auf diese Weise eine höhere Auslastung und damit eine größere Effizienz zu erzielen. Maßgeblich ist bei diesen Praxisgemeinschaften, dass ein Gewinnpooling und damit auch eine Gewinnverteilung nicht erfolgt. Vielmehr werden lediglich die Kosten in einem angemessenen Verhältnis untereinander aufgeteilt. Im Gegensatz dazu stehen die Berufsausübungsgemeinschaften, bei denen es vorrangig darum geht ärztliche Leistungen gemeinsam zu erbringen. Es besteht natürlich gerade auch bei diesen Kooperationsformen der Sinn und Zweck darin, Kostenersparnisse wie in der Praxisgemeinschaft durchzuholen. Durch die gemeinsame ärztliche Tätigkeit soll darüber hinaus ein medizinischer und organisatorischer Vorteil generiert werden. 3 Kooperationen im weiteren Sinne Berufsausübungsgemeinschaft Sui generis med. Versorgungszentrum Praxisorganisationsgemeinschaft örtlich - überörtlich Gemeinschaftspraxis örtlich - überörtlich Apparategemeinschaft Praxisgemeinschaft Ärztehaus Vollwertige Gesellschaft Job-Sharing Gesellschaft Leistungserbringergemeinschaft Netze, etc 4 Berufsausübungsgemeinschaft MVZ eine Abrechnungsnummer gemeinsame Umsätze + Gewinne eine Abrechnungsnummer, Umsatz +Gewinn Gemeinsame Ausübung der Tätigkeit getrennte vertragsärztliche Zulassungen Gemeinsame Nutzung von Geräten, Räumen und Personal Gesamtschuldnerische Haftung Gewinnverteilung gem. privat autonomer Regelung Praxisorganisationsgemeinschaft mehrere Abrechnungsnummerngetrennte Umsätze + Gewinne Getrennte Ausübung der Tätigkeit getrennte vertragsärztliche Zulassungen Gemeinsame Nutzung von Geräten, Räumen und Personal Gesamtschuldnerische Haftung nur für best. Dinge keine Gewinnverteilung 5 Besonderheiten bei ärztlichen Kooperationen Ärztliche Kooperationen PG TEIL-BAG MVZ BAG Integrierte Versorgungsformen 6 Praxisgemeinschaften Bei der Praxisgemeinschaft handelt es sich wie bereits dargestellt um eine Kostenteilungsgemeinschaft, bei der sich mindestens zwei Ärzte gleicher oder unterschiedlicher Fachrichtung zusammenschließen, um gemeinsam Praxisräume, Sachmittel und Personal nutzen zu können. Die jeweiligen Praxen bleiben dabei in ihrer ärztlichen Tätigkeit voneinander unabhängig. Anders als bei der ideal-typischen Gemeinschaftspraxis gibt es nicht nur eine einheitliche Gesellschaftssphäre, sondern - bezogen auf eine Zweierpraxisgemeinschaft - drei verschiedene Regelungsbereiche: Die Sphäre des Arztes A, die Sphäre des Arztes B sowie die gemeinsame „Schnittmenge“ der Gesellschaft A/B. Diese Regelungskreise lassen sich in verschiedenen Bereichen veranschaulichen. 26.05.2015 7 Praxisgemeinschaften So kann es etwa sein, dass in einer Praxisgemeinschaft der Ärzte A und B jeder Arzt für sich „seine“ Behandlungseinheiten angeschafft hat und in seinem Betriebsvermögen betreibt. Eine von A und B gemeinsam angeschaffte Rezepti-onsausstattung und PraxisEDV hingegen stehen dann im sogenannten Gesellschaftseigentum. Im Personalbereich können zum Beispiel sowohl Arzt A als auch Arzt B jeweils eigene Helferinnen und daneben eine gemeinsame Rezeptionskraft anstellen. Deren Arbeitgeber ist dann nicht A oder B, sondern die „Praxisgemeinschaft AB“. Diese Aufteilungen sind durchaus typisch für Praxisgemeinschaften, wobei oftmals das gesamte Personal bei der Praxisgemeinschaft angestellt ist. Die Eigenart der Organisationsgemeinschaft wirkt sich insbesondere dahingehend aus, dass die Praxen eigene Patientenstämme haben und dementsprechend separate Karteien führen müssen. 26.05.2015 8 Praxisgemeinschaften In der Praxis wird häufig missachtet, dass in Praxisgemeinschaften - anders als bei der Gemeinschaftspraxis - ein gemeinsames EDV-System zur Erfassung und Bearbeitung der Patientendaten nur benutzt werden darf, sofern durch unterschiedliche Zugriffserfassung nachgewiesen ist, dass nur der jeweilige konkrete Behandler diese Daten einsehen und aufrufen kann. Hiervon kann abgewichen werden, sofern der Patient schriftlich zustimmt. Noch komplizierter wird es, wenn in der Praxisgemeinschaft - was in der Regel der Fall ist - gemeinsames Personal beschäftigt wird. In einem solchen Fall wird das Personal, anders als der jeweilige Chef einen weitergehenden Zugriff haben müssen, da die Patientenakten ja dem jeweiligen Chef vorgelegt werden müssen. Hier muss Vorsorge in den Arbeitsverträgen getroffen werden. 26.05.2015 9 Praxisgemeinschaften Dass es sich um eine reine Kostengemeinschaft handelt, sollte sich an allen Punkten des Vertrages erkennen lassen. So sollte der Aspekt der getrennten Berufsausübung und der getrennten Patientenkartei bereits zu Beginn des Vertrages genannt sein. Die Pflicht der Gesellschafter zur Beitragsleistung durch Zahlung an die gemeinsamen Kostenkasse bzw. das Zurverfügungstellen von Sachen sollte eindeutig geklärt sein. In Verträgen finden sich regelmäßig Aussagen zur kollegialen Zusammenarbeit und wechselseitigen Konsiliartätigkeit. Eine solche Regelung findet sich schon in § 29 Abs. 1 Satz 1 MuBO-Ä. Dies bedeutet allerdings nicht, dass hier die Grenzen zur Gemeinschaftspraxis verwischt werden. Die ärztliche Tätigkeit wird in der Praxistätigkeit nicht vergesellschaftet. Dies bezieht sich auch auf die Frage der Vertretung in einer Praxisgemeinschaft, sofern eine echte Vertretung im Sinne des § 32 Abs. 1 Satz 2 - 6 ZV-Ä gegeben ist. Hiervon abzugrenzen sind die in der Praxis nicht seltenen Fälle, dass im Rahmen einer Praxisgemeinschaft ein sogenanntes Schichtsystem etabliert wird. 26.05.2015 10 Praxisgemeinschaften Auch gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung sind die in der Praxisgemeinschaft organisierten Praxen voneinander unabhängig und haben insofern eigene Abrechnungsnummern und einen jeweils eigenen Zulassungsstatus. Folgerichtig bedürfen Praxisgemeinschaften auch keiner Genehmigung durch den Zulassungsausschuss bei der jeweils zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung. Es genügt vielmehr eine Anzeige gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung. Dies hat zur Folge, dass ein Prüfungsverfahren bezüglich der Voraussetzung der Praxisgemeinschaft nicht durchgeführt wird. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass bei Überschneidungen hinsichtlich der Patientenstruktur die Rechtsprechung dazu übergegangen ist, bei einem gemeinsamen Patientenstamm von mehr als 20 % bei versorgungsbereichsidentischen Praxen sowie 30 % bei versorgungsbereichsübergreifenden Praxen eine Berufsausübungsgemeinschaft anzunehmen. Dies führt durchaus auch zu abrechnungsspezifischen Problemen. In einer Berufsausübungsgemeinschaft kann regelmäßig nur einmal der sog. Ordinationskomplex in Ansatz gebracht werden. 26.05.2015 11 Praxisgemeinschaften Wird die Form der Praxisgemeinschaft aber trotz (weitgehend) identischer Patientenstruktur gewählt und der Ordinationskomplex gleichwohl mehrfach in Ansatz gebracht, kann bei entsprechender Feststellung die entsprechende Abrechnungen zurückgenommen und die gezahlten Beträge zurückverlangt werden. Darüber hinaus stellt sich die Problematik, dass bei systematischer Wahl der Praxisgemeinschaft zur Umgehung der Einschränkungen im Hinblick auf den Ordinationskomplex ein Abrechnungsbetrug vorliegen kann. 26.05.2015 12 Praxisgemeinschaften Gewinnpooling Die Praxisgemeinschaft, wenngleich sie definiert durch den Gesellschaftszweck als BGB-Außengesellschaft auftritt, so hat sie jedoch nicht den Zweck der Erwirtschaftung gemeinsamer Honorare. Tritt die Praxisgemeinschaft dergestalt auf, dass die in ihr verbundenen Ärzte gegenüber den Patienten und gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung jeweils gesondert abrechnen, so ist der Grundgedanke der Praxisgemeinschaft erfüllt. 26.05.2015 13 Praxisgemeinschaften Hiervon abweichend hört man jedoch immer wieder von Praxisgemeinschaften, die vor dem Hintergrund gegründet werden, mit dem Wunsch die Umsätze respektive die Gewinne gemeinsam zu erwirtschaften. Dies tritt selbstverständlich nach außen hin nicht in Erscheinung. Es ist also bewusst ein gemeinschaftlicher Ertrag geplant. Dieser gemeinschaftliche Ertrag wird dann anhand eines besonderen Gewinnverteilungsschlüssels unter den Partnern des Praxisgemeinschaftsvertrags verteilt. Auf der finanziellen Ebene findet sich daher keinerlei Unterschied zur Berufsausübungsgemeinschaft bzw. Gemeinschaftspraxis. Diese Sachverhalte werden von den KVen sehr genau beobachtet, insbesondere dann, wenn Anhaltspunkte für ein solches Vorgehen vorliegen. Dies könnte der Fall sein, wenn eine bisher von den Ärzten in der Rechtsform der Gemeinschaftspraxis geführte Gruppenpraxis in eine Praxisgemeinschaft umgewandelt wird. 26.05.2015 14 Praxisgemeinschaften Rechtsform Als mögliche Rechtsformen für die Praxisgemeinschaft kommen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die GmbH, die AG, die Genossenschaft und der Verein in Betracht. Genossenschaften finden sich häufig, wenn frühere Einkaufsgemeinschaften sich zu einer weitergehenden Kooperation entschließen. Der Verein findet sich häufig bei den sog. Notdienstgemeinschaften, die bezogen auf die Notdienste gemeinsame Räumlichkeiten, Personal und Sachmittel zur Verfügung stellen, um einen solchen zentralen Notdienst einzurichten. Dies setzt natürlich voraus, dass ein solcher Notdienst nicht ausschließlich durch die KV organisiert und die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Ansonsten bleibt festzuhalten, dass die Praxisgemeinschaft regelmäßig in der Rechtsform der GbR betrieben wird. 26.05.2015 15 Praxisgemeinschaften Nach dem Vorstehenden sind Regelungen in den Vertragszweck aufzunehmen, die deutlich machen, dass ärztliche Leistungen nicht Gegenstand der Praxisgemeinschaft sind. Bereits in dem Vertragszweck muss insofern der Gedanke der Kostenteilungsgemeinschaft dargelegt werden. Es ist daher festzuhalten, dass es sich bei einer Praxisgemeinschaft um eine reine Kostengemeinschaft handelt. In den Gesellschaftsverträgen ist es daher vorrangiges Ziel, Aussagen zu tätigen, wer mit welchen Kosten belastet wird. Hierbei gibt es mannigfaltige Möglichkeiten. Zu nennen wären etwa • Quadratmeterzahl. • Patientenzahlen. • Umsätze. • Feste Prozentsätze. • Betriebszeiten. • Kopfteile. • Kombination von verschiedenen Schlüsseln. 26.05.2015 16 Praxisgemeinschaften Gesellschaftsvermögen Vermögen der Praxisgemeinschaft wird grundsätzlich das, was in die Praxisgemeinschaft von den Partnern eingebracht wird. Bei der Einbringung ist der Bestimmtheitsgrundsatz des Sachenrechts zu berücksichtigen. Gesellschaftsbeteiligung, Verlustbeteiligung Die Gesellschaftsbeteiligung richtet sich grundsätzlich nach dem Umfang der eingebrachten Sachen. Da ein Wertzuwachs im immateriellen Vermögen nicht stattfindet, weil das immaterielle Vermögen an die ärztliche Leistung und Persönlichkeit anknüpft, bedarf es dem Grunde nach keiner entsprechenden flexiblen Regelung. Es empfiehlt sich, bereits bei der Gesellschaftsbeteiligung den späteren Nutzungsgrad der Sach- und Personalmittel der Praxisgemeinschaft in die Gesellschaftsbeteiligung einzubeziehen. 26.05.2015 17 Praxisgemeinschaften Apparategemeinschaft Bei der Apparategemeinschaft geht es um eine Kostengemeinschaft zum Betrieb und zur Nutzung von gemeinsam angeschaffter medizinisch-technischer Infrastruktur. Im Normalfall kommt hier die Beschäftigung und Verwaltung gemeinsamen Personals hinzu. Das Arztrecht benutzt den Begriff Apparategemeinschaft im Bundesmantelvertrag unter § 1 A Nr. 12 a. Hierbei geht es jedoch nur darum, dass differenziert und abgegrenzt wird zur Berufsausübungsgemeinschaft. Als Negativdefinition wird man also festhalten können, dass die Apparategemeinschaft unter die normale Praxisgemeinschaft zu fassen ist. Daneben findet sich in § 105 Abs. 2 Satz 2 SGB V und in § 25 Bundesmantelvertrag-Ä der Begriff der Laborgemeinschaft. Die beteiligten Ärzte bleiben hierbei ansonsten eigenständig und rechnen insbesondere ihre ärztlichen Leistungen mit den Krankenkassen oder der KV eigenständig ab. Im Bereich des Kassenarztrechtes findet sich hierbei die Besonderheit, dass die an der Laborgemeinschaft beteiligten Ärzte bestimmte labormedizinische Untersuchungen aus der Laborgemeinschaft beziehen können und gleichwohl als eigene Leistung abrechnen können. 26.05.2015 18 Praxisgemeinschaften Leistungserbringergemeinschaft Ob auch die sogenannte Leistungserbringergemeinschaft unter die Praxisgemeinschaft zu fassen ist, ist streitig. Nach Auffassung von Rothfuß (Bäune, Meschke, Rothfuß, Ärzte-ZV, S. 417) liegt in diesen Fällen eine partielle Praxisgemeinschaft vor (dieser Auffassung vertritt auch Steinhilper in Halbe / Schirmer, Handbuch Ko-operationen im Gesundheitswesen). Die Regelungen zur Leistungserbringergemeinschaft finden sich in § 15 Abs. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte. Die Leistungserbringungsgemeinschaft ist demnach eine Form der Zusammenarbeit von Vertragsärzten, insbesondere im Bereich der medizinisch-technischen Leistungen. Auch hier findet sich ähnlich wie bei der Laborgemeinschaft der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung zulässigerweise durchbrochen. 26.05.2015 19 Praxisgemeinschaften Kündigung, Ausscheiden Bei der Regelung der Kündigungsfristen sollte berücksichtigt werden, dass ggf. die Mieträume ausdrücklich für die Praxisgemeinschaft und im Namen der Praxisgemeinschaftsgesellschafter abgeschlossen wurden. Diese weisen regelmäßig eine lange Laufzeit auf. Insofern sollte bereits bei Abschluss des Mietvertrages darauf geachtet werden, dass der Vermieter damit einverstanden ist, dass der verbleibende Praxisgemeinschaftsgesellschafter die Arztpraxis alleine oder mit einem Dritten fortsetzt. Je nach den Umständen des Einzelfalles kann jedoch eine Nachfolge durch Dritte schwierig sein und insofern der verbleibende Partner mit der Last des Mietverhältnisses überfordert werden: Diese Räumlichkeiten wurden gerade für die Praxisgemeinschaft und damit eine Mehrzahl von Arztpraxen eingerichtet. Ob die Fortführung mit einer Einzelpraxis und den damit verbundenen abrechnungs-spezifischen Problemen sowie dem personell Machbaren noch wirtschaftlich möglich ist, bedarf bereits Eingangs einer Beurteilung. 26.05.2015 20 Praxisgemeinschaften Kündigung, Ausscheiden Regelmäßig finden sich darüber hinaus in Praxisgemeinschaftsverträgen Bestimmungen, nach denen nicht nur eine Abfindung für die materiellen Werte sondern auch für die immateriellen Werte zu zahlen ist. Abgesehen von bestimmten Ausnahmefällen, in denen durch die Praxisgemeinschaft ein gewisser Standortvorteil erarbeitet wurde, der unabhängig von der Person des Arztes ist, kommt somit eine Abfindung für immaterielle Werte nicht in Betracht. 26.05.2015 21 Praxisgemeinschaften Vertragsarztrechtliche Gesichtspunkte Beendet einer der Gesellschafter der Praxisgemeinschaft seine vertragsärztliche Tätigkeit, ist über dessen Vertragsarztsitz ein Nachbesetzungsverfahren durchzuführen. Eine Privilegierung entsprechend der Regelung bei Berufsausübungsgemeinschaften in § 103 Abs. 6 SGB V besteht bei der Praxisgemeinschaft nicht. Insofern ist ein gewöhnliches Nachbesetzungsverfahren durchzuführen, bei dem der verbleibende Praxisgemeinschaftsgesellschafter keinerlei besondere Befugnisse für sich beanspruchen kann. Problematisch ist dies, wenn zwischen dem Nachfolger und dem verbleibenden Praxisgemeinschaftsgesellschafter keine Einigung über einen Gesellschaftsvertrag erzielt werden kann, da grundsätzlich ein Praxisnachfolger am Standort des Vorgängers weiterhin vertragsärztlich tätig sein muss. Ist der verbleibende Praxisgemeinschaftsgesellschafter nicht dazu bereit, diesen neuen Partner aufzunehmen, kann die Praxis folgerichtig nicht in den Räumen fortgesetzt werden, weswegen eine Nachbesetzung an sich nicht in Betracht kommt. 26.05.2015 22 Praxisgemeinschaften Wettbewerbsverbot Wettbewerbsverbote knüpfen regelmäßig daran an, dass eine spätere Konkurrenzsituation zwischen den vorherigen Partnern vermieden werden soll. Bei einer Praxisgemeinschaft besteht jedoch kein schutzwürdiges Interesse daran, dass sich die Praxisgemeinschaftsgesellschafter später gegenseitig keinen Wettbewerb machen. Die Praxisgemeinschaft als reine Kostengemeinschaft geht vielmehr davon aus, dass auch während der Laufzeit der Praxisgemeinschaft im Hinblick auf die ärztlichen Tätigkeiten ein Wettbewerb bestand, insofern die beteiligten Ärzte versorgungsbereichsidentisch tätig waren. Durch die Auflösung der Praxisgemeinschaft wird insofern eine Wettbewerbssituation nicht erst begründet, sondern diese vielmehr ohne entsprechende vertragliche Regelung fortgeführt. 26.05.2015 23 Praxisgemeinschaften Kostenverteilung Ein besonderes Augenmerk bei der Vertragsgestaltung einer Praxisgemeinschaft ist auf die Kostenverteilung zu legen. Ähnlich der Gewinnverteilungsregelung bei der Gemeinschaftspraxis ist dies sicherlich der konfliktträchtigste Regelungsgehalt. Verschiedene Verteilungsmodi für die Kosten sind denkbar. Als Maßstab für die Kostenbeteiligung wird häufig das Verhältnis des erzielten Umsatzes vertraglich vereinbart. Dabei handelt es sich sicherlich um einen adäquaten Maßstab als derjenige, der einen höheren Umsatz erzielt, regelmäßig die Praxisinfrastruktur auch intensiver in Anspruch nimmt. Gegen den Umsatz als Bezugs-größe spricht die damit verbundene Verpflichtung zur Offenlegung persönlicher Umstände. Daneben bereitet der Begriff des „Umsatzes“ bisweilen definitorische Schwierigkeiten. Die gleichen Vor- und Nachteile hat die Bezugnahme auf die Anzahl der innerhalb eines bestimmten Zeitraums versorgten Patienten. 26.05.2015 24 Praxisgemeinschaften Steuerrechtliche Aspekte Die Praxisgemeinschaft tritt gegenüber den Patienten nicht nach außen in Erscheinung. Der einzelne (Zahn)Arzt wird für seine Patienten tätig. Tritt die Praxisgemeinschaft in Angelegenheiten, die organisatorische, personelle und sächliche Dinge für die beteiligten (Zahn)Ärzte betreffen, nach außen auf, ist sie Unternehmer. Die reine Praxisgemeinschaft ist allerdings nur dann keine Gesellschaft und hat steuerlich keine Bedeutung, wenn die Gemeinschaft nach außen überhaupt nicht oder nur im Namen und für Rechnung der Beteiligten auftritt und somit die Patienten, Mitarbeiter usw. in unmittelbare Rechtsbeziehung zu jedem Partner treten und auch mit diesem unmittelbar abrechnen. Die laufenden Aufwendungen für die gemeinsamen Praxisräume sowie gemeinsame Praxiseinrichtung werden von jedem Arzt gesondert gebucht. Einkünfte und Umsätze werden bei jedem beteiligten Arzt gesondert ermittelt. 26.05.2015 25 Praxisgemeinschaft - Beispiele Drei Zahnärzte beschließen ihre jeweiligen Praxen im Rahmen einer Praxisgemeinschaft zur Nutzung von Synergieeffekten und zur besseren Auslastung in gemeinsamen Räumen zu betreiben. Gemeinschaftlich schaffen sie fünf Behandlungsstühle sowie weitere Einrichtungen an und stellen gemeinschaftlich zahnärztliches Hilfspersonal ein. Sie beschließen die eine Hälfte der anfallenden Kosten nach Anzahl der Mitglieder zu jeweils einem Drittel i.S. eines Fixkostenblocks für alle Mitglieder zu tragen. Die andere Hälfte wird im Verhältnis der Umsätze der einzelnen Praxen zueinander verteilt. Die Leistungen einer solchen zahnärztlichen Praxisgemeinschaft sind nach § 4 Nr. 14 Buchst. d UStG von der Umsatzsteuer befreit. Entscheidend bleibt aber, dass die Gemeinschaft tatsächlich insgesamt dem Grundgedanken der Kostenumlage folgt und damit ohne die Absicht eines, mehrerer oder aller Gesellschafter betrieben wird, Gewinne durch die Gemeinschaft zu erzielen. Auch sollte die Verteilung der Kosten nicht in einem krassen Missverhältnis zur voraussichtlichen Inanspruchnahme stehen. Soweit daher ärztliche Organisationsgemeinschaften als (verdeckte) Betreibergesellschaften konzipiert sind, um einzelnen Gesellschaftern Gewinne zulasten anderer Gesellschafter zu ermöglichen, dürfte die Umsatzsteuerbefreiung in erhöhtem Maße gefährdet sein. 26.05.2015 26 Praxisgemeinschaft - Beispiele Drei Orthopäden und ein Radiologe gründen eine Apparategemeinschaft zur Anschaffung einer gemeinschaftlich genutzten Röntgenanlage. Obwohl die drei Orthopäden das gemeinsame Gerät planmäßig zu jeweils ca. 25 % bis 30 % nutzen und der Radiologe nur zu ca. 10 % bis 15 %, trägt der Radiologe vereinbarungsgemäß ca. 70 % der anfallenden Gerätekosten und die Orthopäden tragen nur jeweils ca. 10 %. Neben den arztrechtlichen Problemen, die eine solche Gestaltung mit sich bringt (§ 31 MBO), wären die Voraussetzungen einer Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. d UStG nicht mehr erfüllt. Insofern wäre bezogen auf den einzelnen Gesellschafter (Orthopäden) nicht mehr nur die Absicht der genauen Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten, sondern eine verdeckte Gewinnerzielungsabsicht zu unterstellen. 26.05.2015 27 Praxisgemeinschaft - Beispiele 26.05.2015 28 Praxisgemeinschaft - Beispiele 26.05.2015 29 Praxisgemeinschaft - Beispiele 26.05.2015 30 Praxisgemeinschaft - Beispiele § 31 (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte Unerlaubte Zuweisung (1) Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder Untersuchungsmaterial oder für die Verordnung oder den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. (2) Sie dürfen ihren Patientinnen und Patienten nicht ohne hinreichenden Grund bestimmte Ärztinnen oder Ärzten, Apotheken, Heil- und Hilfsmittelerbringer oder sonstige Anbieter gesundheitlicher Leistungen empfehlen oder an diese verweisen. 26.05.2015 31 Berufsausübungsgemeinschaften Der Begriff der Berufsausübungsgemeinschaft wurde durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz in die maßgeblichen vertragsärztlichen Bestimmungen aufgenommen. Gegenüber der Berufsausübungsgemeinschaft erfolgte insofern eine Ausdehnung dahingehend, dass nunmehr auch der Zusammenschluss mit anderen heilkundlichen Leistungserbringern möglich ist. Der Gynäkologe kann somit eine Berufsausübungsgemeinschaft mit einer Hebamme begründen. Vertragsärztlich kann ein Zusammenschluss von Vertragsärzten mit zugelassenem psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten erfolgen. Mögliche Mitglieder einer BAG: • • • • Vertragsärzte. Zugelassene psychologische Psychotherapeuten. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Medizinische Versorgungszentren. Eine BAG kann auch zwischen zwei MVZ gebildet werden. 26.05.2015 32 Berufsausübungsgemeinschaften Gewissermaßen ist die ärztliche Tätigkeit vergesellschaftet, d.h., dass die Tätigkeit des einzelnen Arztes nicht an seinen eigenen Patienten für sich selbst erfolgt, sondern an den Patienten der Gesellschaft für die Gesellschaft. Die freie Arztwahl des Patienten bleibt hierbei jedoch grundsätzlich unberührt, d.h. jeder Patient kann verlangen, nur von dem einen oder dem anderen behandelt zu werden. Im Rechtsverkehr nach außen, also zu den Patienten tritt nicht der einzelne Arzt auf, sondern die Gemeinschaft, die unter gemeinsamem Briefkopf und Praxisschild firmiert. Der An-spruch der Ärzte gegen die KV, den Patienten oder gegen dessen Kasse, steht nicht dem einzelnen Arzt zu, sondern allen Gesellschaftern der Gemeinschaftspraxis. 26.05.2015 33 Berufsausübungsgemeinschaften Maßgeblich ist bei den Berufsausübungsgemeinschaften, dass neben der gemeinsamen Praxisorganisation, die bereits im Rahmen der Praxisgemeinschaft dargelegt wurde, auch ein Zusammenschluss im Hinblick auf die ärztliche Tätigkeit stattfindet. Es werden insofern sowohl die Karteien gemeinsam geführt als auch die Abrechnungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung einheitlich vorgenommen. Die entsprechenden Erklärungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung haben insofern gemeinsam zu erfolgen. Alle Gesellschafter der Berufsausübungsgemeinschaft haften gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung bei Regressen i.w.S. 26.05.2015 34 Gemeinschaftspraxis Hierbei handelt es sich rechtlich und wirtschaftlich gesehen um eine einzige Praxis. Die Praxisinhaber treten nach außen als eine Praxis auf. Haftungsrechtlich müssen alle Praxisinhaber gegenüber Geschädigten gleichermaßen für Schadensfälle der Praxis einstehen, auch wenn nur ein Partner den Schaden verursacht hat. Auch wirtschaftlich gilt hier: „mitgefangen – mitgehangen.“ Abgerechnet wird als Gesamtpraxis. Der erwirtschaftete Umsatz geht in einen gemeinschaftlichen Topf, woraus dann die Aufteilung gemäß dem geschlossenen Vertrag erfolgt. Risiko: Auch wenn sich die Parteien anfangs noch gut verstehen: Gerade wenn’s ums Geld geht, gibt es oft Unstimmigkeiten. Nicht selten wurde ein Geschäftspartner unfreiwillig durch seinen Sozius mit in den finanziellen Ruin gezogen. 26.05.2015 35 Berufsausübungsgemeinschaften Fachübergreifende Berufsausübungsgemeinschaft Da auch eine fachübergreifende Berufsausübungsgemeinschaft zulässig ist, stellt sich die Frage, ob ein medizinisches Konzept erforderlich ist. Bislang wurde voraus-gesetzt, dass die in der Berufsausübungsgemeinschaft vorhandenen Fachgebiete einander ergänzen. Nachdem der Gesetzgeber jedoch die Medizinischen Versorgungszentren eingeführt hat, stellt sich die Frage, ob dieses Merkmal nach wie vor verlangt werden kann. Medizinische Versorgungszentren zeichnen sich gerade dadurch aus, dass eine fachgebietsübergreifende Tätigkeit vorliegt, ohne dass es von Belang ist, welche unterschiedlichen Fachgruppen in einem solchen MVZ vorhanden sind. Noch komplizierter wird es, wenn in der Praxisgemeinschaft - was in der Regel der Fall ist - gemeinsames Personal beschäftigt wird. In einem solchen Fall wird das Personal, anders als der jeweilige Chef einen weitergehenden Zugriff haben müssen, da die Patientenakten ja dem jeweiligen Chef vorgelegt werden müssen. Hier muss Vorsorge in den Arbeitsverträgen getroffen werden. 26.05.2015 36 Berufsausübungsgemeinschaften Ortsübergreifende Berufsausübungsgemeinschaft Ebenfalls zulässig ist die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft, auch wenn sie mehrere KVen tangiert. § 15 b Bundesmantelvertrag-Ärzte gemeinschaften KV-bereichsübergreifende Berufsausübungs- Für Berufsausübungsgemeinschaften, welche Vertragsarztsitze in Bereichen mehrerer Kassenärztlicher Vereinigungen haben, gelten ergänzend die Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gemäß § 75 Abs. 7. Die Wahl des Vertragsarztsitzes für zwei Jahre gemäß § 33 Abs. 3 Satz 2 Ärzte-ZV (Hauptsitz der bereichsübergreifenden Berufsausübung) kann nur jeweils zum Beginn eines Quartals durch Anzeige an die maßgebliche Kassenärztliche Vereinigung erfolgen. Für die Tätigkeit der Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft an örtlich unterschiedlichen Vertragsarztsitzen gilt § 17 Abs. 1 a. 26.05.2015 37 Berufsausübungsgemeinschaften Gemeinsame Berufsausübung Vor allem mit Blick auf die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft stellt sich die Frage, ob das Kriterium der gemeinsamen Berufsausübung im Einzelfall erfüllt ist. In einer alten Rechtsprechung des BGH definierte man die Berufsausübungsgemeinschaft dahingehend, dass sich dort Ärzte zusammenschließen, die unter Nutzung von gemeinsamen Räumen, von gemeinschaftlichen Einrichtungen und gemeinschaftlicher Praxisorganisation ihre ärztliche Tätigkeit ausübten und die erbrachten ärztlichen Leistungen gemeinsam abrechneten (BGH, NJW 1986, 2364). Diese Definition grenzte sehr schön zur Praxisgemeinschaft ab, die eben nicht gemeinsame ärztliche Leistungen erbrachte. Diese Definition ist heute für die ortsübergreifende Berufsausübungsgemeinschaftspraxis nicht mehr sehr hilfreich. Ein Blick auf die normale, also ortsgebundene Gemeinschaftspraxis dürfte hier erhellend sein. Auch dort finden in der Regel keine gemeinschaftlichen Behandlungen am Patienten statt. Zumindest existiert auch dort zwar ein gemeinsamer Patientenstamm, der sich jedoch in virtuelle jeweilige Patientenbeziehungen des jeweiligen Behandlers aufsplitten lässt. 26.05.2015 38 Berufsausübungsgemeinschaften Tätigkeit am jeweils anderen Praxisstandort Auf der anderen Seite hat der Gesetzgeber Vorgaben vorgesehen, die zu einer zeitlichen Begrenzung der Tätigkeit am jeweils anderen Praxisstandort führen. Nach § 33 Abs. 2 darf jeweils nur in zeitlich begrenztem Umfang eine Tätigkeit am anderen Standort ausgeübt werden. Nunmehr regelt § 17 Bundesmantelvertrag-Ärzte, dass die Tätigkeit an den anderen Standorten diejenige am eigentlichen Vertragsarztsitz nicht überwiegen darf. Dort heißt es: „In allen Fällen der Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit an einem weiteren oder mehreren Tätigkeitsorten außerhalb des Vertragsarztsitzes gilt, dass die Tätigkeit am Vertragsarztsitz alle Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes zeitlich insgesamt überwiegen muss.“ 26.05.2015 39 Berufsausübungsgemeinschaften Rechtsform Im Hinblick auf die Rechtsformen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die berufsrechtlichen Vorgaben eine Tätigkeit im Rahmen einer BGB-Gesellschaft, Partnerschaftsgesellschaft oder GmbH ermöglichen. Die GmbH ist seit den entsprechenden Änderungen der Berufsordnungen regelmäßig zulässig. Zu beachten bleibt, dass die Öffnung hin zu den juristischen Personen für Leistungserbringer in der ambulanten Versorgung sozialrechtlich beschränkt ist auf das med. Versorgungszentrum im Sinne des § 95 SGB V. Bei der BGB-Gesellschaft ist zu berücksichtigen, dass der Bundesgerichtshof durch seine Rechtsprechung der letzten Jahre dafür gesorgt hat, dass eine Haftungsausdehnung erfolgt ist. Insbesondere der Eintritt in die bestehenden Verbindlichkeiten der Gesellschaft stellt einen wesentlichen Gesichtspunkt bei der Praxisfusion dar, da nunmehr neu eintretende Gesellschafter Altverbindlichkeiten in bestimmten Konstellationen mit übernehmen. Vor diesem Hintergrund ist es dringend erforderlich vor entsprechendem Vertragsschluss eine ausführliche due diligence durchzuführen. 26.05.2015 40 Berufsausübungsgemeinschaften Rechtsform Freiberufler, allen voran Ärzte, Steuerberater und Rechtsanwälte waren bei der Wahl der Gesellschaftsform bislang auf die BGB-Gesellschaft angewiesen. Für die Angehörigen dieser Berufsstände brachte diese Eingrenzung Nachteile mit sich. Die BGBGesellschaft erweist sich für freiberufliche Dienstleistungen in Anbetracht der Vergrößerung der Praxiseinheiten nicht selten als unbefriedigend. Diesem Missstand versuchte der Gesetzgeber 1994 ein Ende zu machen, indem er das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) beschloss. Von der BGB-Gesellschaft unterscheidet sich die Partnerschaftsgesellschaft vor allem durch die Möglichkeit der Haftungskonzentration, der Option der interprofessionellen Zusammenarbeit, einer eigenen Rechts- und Parteifähigkeit verbunden mit einem Namensrecht und der Eintragungsmöglichkeit in das Partnerschaftsregister. 26.05.2015 41 Berufsausübungsgemeinschaften Rechtsform Im Haftungsfall gegenüber Dritten haftet zwar wie auch bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Partnerschaft zunächst mit dem Vermögen der Gesellschaft. Sodann folgt grundsätzlich die Haftung jedes Gesellschafters mit seinem Privatvermögen. Gem. § 8 Abs. 2 PartGG ist jedoch die Haftungskonzentration - anders als in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts- auf den sog. handelnden Partner bei Behandlungsfehlern die gesetzliche Regel. Genehmigung Im Gegensatz zu der Praxisgemeinschaft bedarf die Berufsausübungsgemeinschaft einer Genehmigung durch den zuständigen Zulassungsausschuss. Dieser prüft nach Vorlage der entsprechenden Gesellschaftsverträge unter Berücksichtigung der vertragsarztrechtlichen Vorgaben, insbesondere die freiberufliche Aus-gestaltung der Stellung der jeweiligen Ärzte sowie die freie Arztwahl. Aus diesem Grund finden sich in den entsprechenden Vertragsentwürfen regelmäßig allgemeine Klauseln, die zwingend vorausgesetzt werden, um ohne Schwierigkeiten den Zulassungsausschuss zu passieren. 26.05.2015 42 Berufsausübungsgemeinschaften Genehmigung Im Gegensatz zu der Praxisgemeinschaft bedarf die Berufsausübungsgemeinschaft einer Genehmigung durch den zuständigen Zulassungsausschuss. Dieser prüft nach Vorlage der entsprechenden Gesellschaftsverträge unter Berücksichtigung der vertragsarztrechtlichen Vorgaben, insbesondere die freiberufliche Ausgestaltung der Stellung der jeweiligen Ärzte sowie die freie Arztwahl. Aus diesem Grund finden sich in den entsprechenden Vertragsentwürfen regelmäßig allgemeine Klauseln, die zwingend vorausgesetzt werden, um ohne Schwierigkeiten den Zulassungsausschuss zu passieren. Über diese spezifische Prüfung hinaus steht dem Zulassungsausschuss jedoch keine Prüfungskompetenz zu. Insbesondere besteht kein Anspruch darauf, Gewinnverteilungsregelungen gegenüber dem Zulassungsausschuss offen zu legen. Aus diesem Grund können die entsprechenden Regelungen bei Bedarf auch in die Anlagen genommen werden, die dem Zulassungsausschuss nicht zur Verfügung gestellt werden müssen. 26.05.2015 43 Berufsausübungsgemeinschaften Genehmigung Erteilt der Zulassungsausschuss die Genehmigung zur gemeinsamen vertragsärztlichen Leistungserbringung, erhält die Berufsausübungsgemeinschaft eine gemeinsame Abrechnungsnummer. Dementsprechend wird das Honorar durch die Kassenärztliche bzw. Kassenzahnärztliche Vereinigung durch einheitlichen Honorarbescheid künftig festgesetzt. Restriktionen im Rahmen der sachlich-rechnerischen Berichtigung, Wirtschaftlichkeitsprüfung oder Arzneimittelregressen treffen demgemäß grundsätzlich auch die Berufsausübungsgemeinschaft. Sollte es im Rahmen dieser Verfahren zum Entzug der Zulassung kommen, sind davon regelmäßig alle Gesellschafter der Berufsausübungsgemeinschaft betroffen. Ob im Einzelfall eine Schuldzuweisung möglich ist, hängt nicht zuletzt von der Organisation der Berufsausübungsgemeinschaft ab. 26.05.2015 44 Berufsausübungsgemeinschaften Präsenzpflicht im Rahmen der Berufsausübungsgemeinschaft Auch im Rahmen der Tätigkeit in Berufsausübungsgemeinschaft stellt sich die Frage nach der Mindestpräsenzpflicht. Hier finden sich in § 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 a Satz 1 BMV-Ä Vorgaben zu den sogenannten vollzeitigen Vertragsarztsitz. Eine vollzeitige vertragsärztliche Tätigkeit, die den Anforderungen an einen vollen Versorgungsauftrag entspricht ist bei Vertragsärzten mit wöchentlich 20 Stunden zu definieren und zwar in Form von Sprechstunden, die „persönlich“ durchzuführen sind. Persönliches Durchführen Mit Blick auf eine Mehrbehandlerpraxis in Form einer Gemeinschaftspraxis bzw. Berufsausübungsgemeinschaft ist der Begriff „persönlich“ näher zu beleuchten. An einem anderen Ort in der Zulassungsverordnung, nämlich in § 32 Abs. 1 Satz 1 findet sich ebenfalls eine Aussage zur „persönlichen Leistungserbringung“. Dort heißt es: „Der Vertragsarzt hat die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben.“ 26.05.2015 45 Berufsausübungsgemeinschaften Vertragsgestaltung Grundsätzlich stehen alle zur Praxis gehörenden und für sie angeschafften Einrichtungsgegenstände im gemeinschaftlichen Eigentum der Gesellschafter. Man spricht von Gesamthandseigentum. Von diesem gesetzlichen Leitgedanken können die Gesellschafter jedoch durch individuelle Absprachen abweichen. Mit welcher Quote sich ein Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt, ist also eine Frage der Vereinbarung. Dies betrifft nicht selten die sogenannten Übergangsgemeinschaftspraxen. In diesen Praxen erwirbt der Junior-Partner möglicherweise (zunächst) keinen Vermögensanteil. Eine dergestalt fixierte Vermögensbeteiligung darf zudem nicht mit der Gewinnbeteiligung verwechselt werden. Auch in einer sog. „Nullbeteiligungsgemeinschaft“ können Gewinne im Verhältnis 50 / 50 verteilt werden, sofern dies gewünscht ist. Wichtig ist es jedoch, auf eine schriftliche Vereinbarung zu achten. Ist nichts vereinbart, erfolgt per Gesetz gem. § 722 BGB eine Gewinnverteilung nach Köpfen, und zwar unabhängig von den erbrachten Leistungsanteilen. 26.05.2015 46 Berufsausübungsgemeinschaften Vertragsgestaltung Bei dem Zusammenschluss von zwei oder mehreren Arztpraxen wird man um deren Bewertung nicht umhin kommen. Das Verhältnis des Wertes der einzubringenden Einzelpraxen wird sich in der Beteiligung an der neu gegründeten Gesellschaft niederschlagen. Ggf. ist ein Ausgleich zu vereinbaren, um bestimmte Beteiligungsverhältnisse zu rechtfertigen. Das Ziel bei der Gründung einer Berufsausübungsgemeinschaft muss darin beste-hen, eine möglichst gleichmäßige Beteiligung der Gesellschafter an der Gesellschaft zu erreichen. Neben psychologischen Faktoren hat dies den Vorteil, dass im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters eine Finanzierung bzw. Refinanzierung seines Abfindungsanspruchs möglich ist. Bei einer disparitätischen Beteiligung kann dies im Einzelfall zu Problemen führen. 26.05.2015 47 Berufsausübungsgemeinschaften Gewinnverteilung Die Verteilung des Überschusses in der Berufsausübungsgemeinschaft stellt Ärzte sowie deren Berater vor eine besonders schwierige Aufgabe. Das Ziel, eine aus der Sicht jeden Partners gerechte Gewinnverteilung zu definieren, wird regelmäßig nicht erreicht werden können. Die Partner können nur versuchen, ihm möglichst nahe zu kommen. Als Maßstäbe für die Verteilung des Überschusses sind insbesondere die Gesellschaftsbeteiligung, der Umfang der Tätigkeit eines Partners in der Praxis sowie der von ihm generierte Honorarumsatz zu nennen. Diese Kriterien können auch miteinander verknüpft werden. Ähnlich dem Modell der Honorarverteilung im Honorarverteilungsvertrag einer Kassenärztlichen Vereinigung können ebenso bei der Überschussverteilung Töpfe gebildet werden. Die Gewichtung dieser Töpfe untereinander hängt maßgebend von der oder den vertretenen medizinischen Fachrichtung(en) ab. 26.05.2015 48 Berufsausübungsgemeinschaften Gewinnverteilung Ein häufig verbreitetes Missverständnis ist, dass die Praxispartner davon ausgehen, in einer Zweier-Gemeinschaftspraxis sei der Gewinn grundsätzlich 50 : 50 zu verteilen. Dies ist nicht zwingend erforderlich. Bei gleichmäßiger Arbeitsbelastung zweier Partner ist eine entsprechende Gewinn-verteilung allerdings als die potentiell gerechteste angesehen. Nicht gerecht wird eine derartige pauschale paritätische Gewinnverteilung allerdings solchen Fallkonstellationen, in denen einer der beiden Partner weniger arbeitet als der andere - aus welchen Gründen auch immer. Hier empfiehlt sich beispielsweise eine an der separaten Leistungserfassung der individuellen Partner orientierte modifizierende Gewinnverteilung. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass eine derartige separate Leistungserfassung überhaupt möglich ist. 26.05.2015 49 Berufsausübungsgemeinschaften Beschlussfassung Die Machtverhältnisse in einer Berufsausübungsgemeinschaft werden gesellschaftsvertraglich durch die Regelung zur Beschlussfassung zementiert. Auf diese Regelung ist deshalb besonderes Augenmerk zu richten. Bei der Vertragsgestaltung müssen die Gesellschafter zunächst die Frage entscheiden, ob es bei dem im Bürgerlichen Gesetzbuch vorgesehenen Einstimmigkeitsprinzip verbleiben (§ 709 BGB) oder das Mehrheitsprinzip festgeschrieben werden soll. In einer zweigliedrigen Berufsausübungsgemeinschaft sprechen gute Gründe für die Einstimmigkeit. Damit wird verhindert, dass ein Partner von dem anderen dominiert werden kann. Das Prinzip der Einstimmigkeit ist bei Gesellschaften mit drei oder mehr Gesellschaftern hingegen eher hinderlich und führt im Einzelfall dazu, dass Gesellschaften nicht mehr entscheidungsfähig sind. 26.05.2015 50 Berufsausübungsgemeinschaften 26.05.2015 51 Berufsausübungsgemeinschaften Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses Regelmäßig enthalten Gesellschaftsverträge Regelungen zu Kündigungsmodalitäten. Dabei werden Kündigungsfristen sowie deren Ablauf (zum Monatsende, zum Quartalsende, zum Jahresende) genannt. Kündigungsfristen zwischen 6 und 9 Monaten sind üblich. Kürzere Fristen machen es dem oder den verbleibenden Gesellschaftern schwer, Dispositionen für eine Nachfolgesuche zu treffen. In diesem Zusammenhang sind auch die Förmlichkeiten eines Nachbesetzungsverfahrens für einen Vertragsarztsitz zu berücksichtigen. Regelmäßig wird ein solches innerhalb eines Quartals nicht vollständig abgewickelt werden können. Vor dem Hintergrund der Interessen eines oder mehrerer Gesellschafter in einer Berufsausübungsgemeinschaft finden sich häufig Regelungen zum Ausschluss eines Kündigungsrechts eines oder mehrerer Gesellschafter für einen vorübergehenden Zeitraum. Soweit ein solcher über sieben bis acht Jahre hinausgeht, können derartige Regelungen rechtlichen Bedenken begegnen. 26.05.2015 52 Berufsausübungsgemeinschaften Abfindung Der Gesellschaftsvertrag kann dem ausscheidenden Arzt bzw. seinem Rechtsnachfolger das Recht einräumen, seinen Gesellschaftsanteil an einen anderen Arzt entgeltlich zu veräußern. Der dadurch erlangte Kaufpreis stellt dann seine Abfindung dar. Gleichzeitig werden die anderen Gesellschafter verpflichtet, die Berufsausübungsgemeinschaft mit dem neuen Partner auf der Grundlage des bestehenden Gesellschaftsvertrages fortzuführen. Um dem Eintritt eines ungewollten neuen Arztes begegnen zu können, erhalten die verbleibenden Ärzte für den Gesellschaftsanteil ein gesellschaftsrechtlich ausgestaltetes „Vorkaufsrecht“. Die Schwäche dieser Gestaltung besteht darin, dass das Risiko der Suche nach einem Nachfolger einseitig auf den ausscheidenden Arzt verlagert wird. 26.05.2015 53 Berufsausübungsgemeinschaften Wettbewerbsverbote Wettbewerbsverbote gehören in Gesellschaftsverträgen zum üblichen Inhalt. Ihre grundsätzliche Zulässigkeit in Gesellschaftsverträgen unter Freiberuflern ist in Rechtsprechung und juristischer Literatur nicht bestritten. Es kommt jedoch darauf an, dass sie in sachlicher, zeitlicher und räumlicher Hinsicht das berufliche Fort-kommen des aus einer Berufsausübungsgemeinschaft ausscheidenden Arztes nicht unangemessen einschränken. Die gemäß Artikel 12 Grundgesetz geschützte Berufsfreiheit darf nicht beliebig eingeschränkt werden. In zeitlicher Hinsicht zieht der Bundesgerichtshof eine Grenze bei einer Dauer von zwei Jahren. Ich sachlicher Hinsicht muss sich die Begrenzung auf die Fachgebietstätigkeit beschränken, die der scheidende Gesellschafter in der Berufsausübungs¬gemeinschaft ausgeübt hat. 26.05.2015 54 Berufsausübungsgemeinschaften Steuerrecht Bei den Gemeinschaftspraxen handelt es sich um einen Zusammenschluss von Ärzten zur gemeinschaftlichen Ausübung der ärztlichen Tätigkeit in einer gemeinsamen Praxis. Die beteiligten Ärzte bilden zusammen eine Gesellschaft, entweder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder eine Partnerschaftsgesellschaft. Die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinschaftspraxis sind bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit zu berücksichtigen (soweit ausschließlich ärztliche Leistungen erbracht werden). Ist allerdings an der Gemeinschaftspraxis eine Person beteiligt, die nicht Arzt ist, sind alle Einkünfte der Gemeinschaft gewerbliche Einkünfte, also auch die der Ärzte. Gleiches trifft zu, wenn teilweise gewerbliche Einkünfte erzielt werden. 26.05.2015 55 Job-Sharing Mit In-Kraft-Treten des zweiten Gesetzes zur Neuordnung der gesetzlichen Krankenversicherung (2. NOG) wurde die bislang bestehende starre Bedarfsplanung flexibilisiert. Seither können auch in überversorgten Planungsbereichen, in den bislang eine Zulassung nur in denen Fällen der Praxisübergabe oder aufgrund von Sonderbedarfstatbeständen möglich war, weitere Vertragsärzte eine beschränkte Zulassung erhalten, sofern sie mit einem bereits zugelassenen Vertragsarzt eine Berufsausübungsgemeinschaft bilden. Letzteres gilt entsprechend für die Aufnahme eines weiteren Vertragsarztes in eine bereits bestehende homogene oder fachübergreifende Berufsausübungsgemeinschaft. Für die sich zusammenschließenden Ärzte ist eine Fachgebietsidentität gesetzlich vorgeschrieben. Für Psychotherapeuten hat vorstehende Regelung gleichermaßen Gültigkeit, wobei eine Job-Sharing-Zulassung in der Kombination Vertragsarzt und Vertragspsychotherapeuten bzw. umgekehrt nicht zulässig ist. 26.05.2015 56 Job-Sharing Der bereits zugelassene Vertragsarzt / -psychotherapeut und der für eine Job-Sha-ringZulassung vorgesehene Arzt / Psychotherapeut müssen sich dem Zulassungsausschuss für Ärzte gegenüber schriftlich verpflichten, a) für die Dauer der Berufsausübungsgemeinschafttätigkeit unter Job-Sharing-Bedingungen den zum Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Praxisumfang nicht wesentlich zu überschreiten und b) die vom Zulassungsausschuss getroffene verbindliche Feststellung zur Beschränkung des Praxisumfangs (= Obergrenze des abrechenbaren Punktzahlvolumens) anzuerkennen. Das Punktzahlvolumen ist entsprechend den Richtlinien so festzulegen, dass die in einem entsprechenden Vorjahresquartal gegenüber dem erstzugelassenen Vertragsarzt / -psychotherapeuten anerkannten Punktzahlanforderungen um nicht mehr als 3 % überschritten werden dürfen. Das Überschreitungsvolumen von 3 % wird jeweils auf den Fachgruppendurchschnitt des Vorjahresquartals bezogen. 26.05.2015 57 Job-Sharing Zulassungs- und vertragsarztrechtliche ausübungsgemeinschaft“ Vorgaben für die „Job-Sharing-Berufs- a) Der „Job-Sharing-Partner“ erfüllt in seiner Person die Zulassungsvoraussetzungen nach der Zulassungsverordnung (Nr. 23 a Ziff. 1 BPL-RL-Ä). b) Vorlage eines Berufsausübungsgemeinschaftvertrags, der die Voraussetzungen der Genehmigungsfähigkeit gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV erfüllt (Nr. 23 a Ziff. 2 BPLRL-Ä). c) Antragstellender Arzt und bereits niedergelassener Vertragsarzt gehören derselben Arztgruppe an (Nrn. 23 a Ziff. 3, b BPL-RL-Ä). d) Beide Partner erklären sich gegenüber dem Zulassungsausschuss schriftlich bereit, während des Bestands der Berufsausübungsgemeinschaft den zum Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Praxisumfang nicht wesentlich zu über-schreiten, und erkennen dazu die vom Zulassungsausschuss festgelegte Leistungsbeschränkung an (Nrn. 23 a Ziff. 4, b - f BPL-RL-Ä). 26.05.2015 58 Teilgemeinschaft Die Ermöglichung von Teilgemeinschaftspraxen hat naturgemäß die Herbeiführung bzw. Begünstigung positiver Veränderungen im Gesundheitssystem zum Ziel. So dürfte dann auch durch eine rationellere Auslastung vorhandener Ressourcen eine Effizienzsteigerung stattfinden; Kosten dürften so eingespart werden können. Hinzu kommt der Aspekt der Kompetenzsteigerung. Ärzte können im Rahmen der Teilberufsausübungsgemeinschaft nun die Erbringung von Leistungen anbieten, die bislang nicht zu ihren Tätigkeitsspektren gehörten. Auch der Gedanke des Netzwerkmarketings spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle. 26.05.2015 59 Teilgemeinschaft . 26.05.2015 60 Teilgemeinschaft . 26.05.2015 61 Teilgemeinschaft Ausgangspunkt für die berufsrechtliche Zulässigkeit von Teilgemeinschaftspraxen ist die Vorschrift des § 18 Absatz 1 der Musterberufsordnung. Dort heißt es: „Ärztinnen und Ärzte dürfen sich zu Berufsausübungsgemeinschaften - auch beschränkt auf einzelne Leistungen -, zu Organisationsgemeinschaften, zu medizinischen Kooperationsgemeinschaften und Praxisverbunden zusammenschließen“ (Hervorhebungen nicht im Original). Die Regelung erklärt also eine gemeinsame ärztliche Berufsausübung für zulässig, die sich auf einzelne medizinische Leistungen beschränkt, erlaubt mithin dem Grunde nach die Bildung von Teilgemeinschaftspraxen. In der Vergangenheit war es bekanntlich lediglich möglich, einer (einzigen) Berufsausübungsgemeinschaft anzugehören. Dies bedeutete für einen Arzt, der in einer Berufsausübungsgemeinschaft tätig war, dass die Möglichkeit zur Gründung einer Teilberufsausübungsgemeinschaft nicht bestand. Vor diesem Hintergrund bedurfte es eines weiteren Zusatzes, der in § 18 Absatz 3 der Musterberufsordnung enthalten ist: 26.05.2015 62 Teilgemeinschaft Der Gesellschaftsvertrag der Teilberufsausübungsgemeinschaft Wahl der Rechtsform Gesellschaftszweck Gesellschaftsbeteiligung Gewinnverteilung Ausscheidungsmodalitäten 26.05.2015 63 Teilgemeinschaft Praxismodelle Behandlung spezieller Krankheitsbilder Gemeinsame Durchführung spezieller Untersuchungen IGeL-Zentrum Zuweisermodelle 26.05.2015 64 Teilgemeinschaft . 26.05.2015 65 Teilgemeinschaft Steuerliche Aspekte Eine Teilgemeinschaftspraxis ist ertragsteuerrechtlich als Mitunternehmerschaft i. S. des § 18 Abs. 4 i. V. mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu behandeln. Die Ärzte ent-falten durch ihre Erbringung von medizinischen Leistungen im Rahmen einer Teilgemeinschaftspraxis mitunternehmerische Initiative und tragen das mit der Ausübung der Tätigkeit verbundene mitunternehmerische Risiko (vgl. BFH-Urteil vom 25. 6. 1984, BStBl. II 1984 S. 751; vom 15. 7. 1986, BStBl. I 1986 S. 896). Darüber hinaus liegt auch eine gemeinschaftliche Gewinnerzielungsabsicht auf Ebene der Gesellschaft vor. Leistungen der beteiligten Ärzte sind keine (gewerblichen) Vermittlungsleistungen - auch nicht teilweise - gegenüber dem jeweils anderen Arzt oder der Teilgemeinschaftspraxis. Vielmehr handelt es sich um Gesellschafterbeiträge an die Mitunternehmerschaft. 26.05.2015 66 Teilgemeinschaft Steuerliche Aspekte Teilgemeinschaftspraxen treten üblicherweise nach außen auf, erbringen die Leistungen gegenüber den Patienten und rechnen mit ihnen selbstständig ab. Deshalb ist die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft einer solchen Praxis im Regelfall zu bejahen. Die Überlassung von Patienten und Gerätschaften sowie die ärztliche Arbeitsleistung in der Berufsausübungsgemeinschaft stellen regelmäßig lediglich Gesellschafterbeiträge dar. Weil nach den üblichen gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen die Leistungen des einzelnen Arztes ausschließlich mit der Beteiligung am Gewinn und Verlust abgegolten wird und hierfür kein Sonderentgelt gezahlt wird, sind die Leistungen umsatzsteuerrechtlich als Gesellschafterbeiträge nicht steuerbar. 26.05.2015 67 4. Abfärbetheorie Wo ist überhaupt das Problem ? Das Problem stellt sich bei Zusammenschlüssen von Ärzten; eine originär freiberufliche Tätigkeit wird plötzlich zu einer gewerblichen Tätigkeit , mit der Konsequenz der Gewerbesteuer (aber Anrechnung nach § 35 EStG). Denn: Ein Personenzusammenschluss von Ärzten erzielt freiberufliche Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn die Gesellschafter einen freien Beruf ausüben und alle Gesellschafter, die als Mitunternehmer zu qualifizieren sind auch die persönlichen Voraussetzungen einer freiberuflichen Tätigkeit erfüllen. 68 4. Abfärbetheorie Problemfelder Abfärbung Gewerbe in MU Gewerbe im SBV eines Gesellschafters Nur kapitalmäßige Beteiligung eines MU oder Nullbeteiligung Anstellung von Ärzten und Filialbildung Bet. eines berufsfremden Erben Integrierte Versorgung 69 4. Abfärbetheorie § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG: Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit 1. Einer OHG, einer KG oder anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 S. 1 Nummer 2 bezieht. 2. Tatbestandliche Voraussetzungen 1. Nur PG, keine Erbengemeinschaft oder eheliche Gütergemeinschaft 2. Originär nicht gewerbliche von Einkünfteerzielungsabsicht getrageneTätigkeit dieser PG (selbstständige Arbeit z.B.) 3. Eine gewerbliche Tätigkeit – daher: eine Kostenteilungsgemeinschaft ohne Gewinnerzielungsabsicht, erzielt keine gewerblichen Einkünfte. Rechtsfolge: Umqualifizierung dieser Einkünfte in gewerbliche Einkünfte. 70 4. Abfärbetheorie Abfärbetheorie & Geringfügigkeitsgrenze Zur Anwendung der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG bei einem äußerst geringen Anteil der originär gewerblichen Tätigkeit Jedenfalls bei einem Anteil von 1,25 v. H. der originär gewerblichen Tätigkeit greift die umqualifizierende Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht ein. Bundesfinanzhof, XI R 12/98, Urteil vom 11.08.1999, Fundstellen: BStBl 2000 II, S. 229 Achtung: keine absolute Grenze, siehe Wacker zu § 15 in Schmidt EST, Tz. 188 71 4. Abfärbetheorie Gewerbe im SBV oder Schwester-PG Keine Infektionswirkung durch eine im Grundstückshandel gewerblich tätige Schwester-Personengesellschaft Finanzgericht Hamburg, 5 K 120/03, Urteil vom 29.05.2006 Revision eingelegt (BFH VIII R 31/06, IV R 85/06) Leitsatz: Tätigkeiten, die außerhalb des Bereichs der Personengesellschaft von einem der Gesellschafter ausgeübt werden, können auf die steuerliche Beurteilung der Gesellschaft nicht abfärben. Das gilt in gleicher Weise, wenn mehrere oder alle Gesellschafter im außergesellschaftlichen Bereich eine solche „andere“, gewerbliche Tätigkeit ausüben. Dieser Grundsatz gilt schließlich selbst dann, wenn sich alle Gesellschafter in einer anderen, personen- und beteiligungsidentischen (Schwester-) Personengesellschaft zu einer gewerblichen Betätigung zusammengeschlossen haben. Fundstellen: EFG 2006, S. 1585 Lexinform 5002906 72 73 4. Abfärbetheorie Integrierte Versorgung nach §§ 140 a ff SGB V; Gewerbliche Infizierung einer freiberuflichen Tätigkeit Bundesministerium der Finanzen, IV B 2 - S-2240 - 33/06, Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 01.06.2006, Die zwischen Krankenkasse und Arzt vereinbarte Fallpauschale umfasst Vergütungen sowohl für freiberufliche (§ 18 EStG) als auch für gewerbliche (§ 15 EStG) Tätigkeiten. Soweit diese Fallpauschalen mit Gemeinschaftspraxen vereinbart werden, kommt es bei der integrierten Versorgung unter der Voraussetzung, dass die vom BFH aufgestellte Geringfügigkeitsgrenze (1,25 %) überschritten ist, nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu einer gewerblichen Infizierung der gesamten Tätigkeit der Gemeinschaftspraxen. Die an der Gemeinschaftspraxis beteiligten Ärzte haben die Einkünfte somit insgesamt als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu versteuern. Zudem unterliegt der Gewinn der Gemeinschaftspraxis der Gewerbesteuer. Fundstellen: DB 2006, S. 1763; DStR 2006, S. 1891, Lexinform 5230230 74 4. Abfärbetheorie Anstellung von Ärzten: Vervielfältigungstheorie § 18 Abs.1 Nr. 1 S.3 EStG vs. § 18 Abs.1 Nr.3 EStG Ein Angehöriger eines freien Berufs … ist auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG) Stempel der Persönlichkeit des Stpfl. / eigenverantwortlich BFH, VIII R 116/74, Urteil vom 25.11.1975 BStBl 1976 II S. 155 FG des Landes Sachsen-Anhalt, 1 K 982/03, Urteil vom 24.08.2006 EFG 2006, S.1916 „Anästhesistenfall“ FG des Landes Sachsen-Anhalt, 1 K 30035/02, Urteil vom 24.08.2006 „Zahnarztfall“ 75 4. Abfärbetheorie Anstellung von Ärzten: Gewerblichkeit der Einkünfte von Ärzten bei Beschäftigung weiterer angestellter Ärzte Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24. August 2006, 1 K 982/03 rkr. durch Rücknahme NZB Beschäftigen Inhaber einer Praxis für Anästhesiologie angestellte Ärzte, sind die erzielten Einkünfte als gewerblich einzuordnen, sofern die Angestellten bei ihrer ärztlichen Tätigkeit nicht der ständigen Überwachung durch die Inhaber unterliegen. Fundstelle: EFG 2006, S. 1916 76 4. Abfärbetheorie Ärztliche Laborpraxis, mitarbeitender Arzt, Gewerbebetrieb Urteil FG Köln 11.9.2007, 9 K 2035/07; SIS 08 02 52 Bedient sich Arzt nicht nur vorübergehend der Mithilfe eines Berufskollegen, so erzielt er Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn er nicht eigenverantwortlich dessen Tätigkeiten überwacht und wenn der Berufskollege auch nicht als Mitunternehmer tätig ist. § 4 Nr. 14 UStG 26.05.2015 78 § 4 Nr. 14 UStG 26.05.2015 79 § 4 Nr. 14 UStG 26.05.2015 80 Arzt / Umsatzsteuer Rechtsform - Rechtsformunabhängig - Die Steuerbefreiung hängt im Wesentlichen davon ab, dass es sich um ärztliche oder arztähnliche Leistungen handelt und dass diese von Personen erbracht werden, die die erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweise besitzen (vgl. EuGH-Urteil vom 10.09.2002, C-141/00, EuGHE I S. 6833). - Die Leistungen können auch mit Hilfe von Arbeitnehmern, die die erforderliche berufliche Qualifikation aufweisen, erbracht werden (vgl. BFH-Urteil vom 01.04.2004, V R 54/98, BStBl II S. 681, für eine Stiftung). - Die Umsätze einer Personengesellschaft aus einer heilberuflichen Tätigkeit sind auch dann nach § 4 Nr. 14 Buchstabe a UStG steuerfrei, wenn die Gesellschaft daneben eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausübt und ihre Einkünfte deshalb ertragsteuerlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu qualifizieren sind (vgl. BFH-Urteil vom 13.07.1994, XI R 90/92, BStBl 1995 II S. 84). 26.05.2015 81 Arzt / Umsatzsteuer 26.05.2015 82 Gemeinschaftspraxis Hierbei handelt es sich rechtlich und wirtschaftlich gesehen um eine einzige Praxis. Die Praxisinhaber treten nach außen als eine Praxis auf. Haftungsrechtlich müssen alle Praxisinhaber gegenüber Geschädigten gleichermaßen für Schadensfälle der Praxis einstehen, auch wenn nur ein Partner den Schaden verursacht hat. Auch wirtschaftlich gilt hier: „mitgefangen – mitgehangen.“ Abgerechnet wird als Gesamtpraxis. Der erwirtschaftete Umsatz geht in einen gemeinschaftlichen Topf, woraus dann die Aufteilung gemäß dem geschlossenen Vertrag erfolgt. Risiko: Auch wenn sich die Parteien anfangs noch gut verstehen: Gerade wenn’s ums Geld geht, gibt es oft Unstimmigkeiten. Nicht selten wurde ein Geschäftspartner unfreiwillig durch seinen Sozius mit in den finanziellen Ruin gezogen. 26.05.2015 83 Praxisgemeinschaft Eine Praxisgemeinschaft ist ein Zusammenschluss zweier (oder mehrerer) rechtlich und wirtschaftlich völlig unabhängiger Praxen, die sich lediglich die Räumlichkeiten und deren Infrastruktur teilen. Jeder Praxisinhaber macht seine eigene Abrechnung und haftet für seine eigene Praxis. Nach außen hin tritt die Praxisgemeinschaft zwar gemeinsam auf (Praxisschild, Visitenkarte, Telefon), jeder Praxisinhaber hat aber seine eigenen Patienten. Sie sollten daher unbedingt mit dem vorangestellten Zusatz Praxisgemeinschaft darauf hinweisen, dass es sich um eine Praxisgemeinschaft handelt. 26.05.2015 84 Persönlicher Umfang Der begünstigte Personenkreis ergibt sich aus der Aufzählung des § 4 Nr 14 Buchst a UStG i. V. M. den betreffenden Berufsgesetzen. Es handelt sich um folgende Regelungen: • Bundesärzteordnung idF vom 16. 4. 87, BGBl. I 87, 1218; • Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde idF vom 16. 4. 87, BGBl. I 87, 1225; • HeilpraktikerG vom 17. 2. 39, RGBl I 39, 251 (zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. 3. 74, BGBl. I 74, 469); • Gesetz über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten vom 21. 12. 58 (zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. 6. 69, BGBl. I 69, 645) ist durch § 19 des Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie (MPhG; BGBl. I 94, 1084) aufgehoben worden; 26.05.2015 85 Persönlicher Umfang Der begünstigte Personenkreis ergibt sich aus der Aufzählung des § 4 Nr 14 Buchst a UStG i. V. M. den betreffenden Berufsgesetzen. Es handelt sich um folgende Regelungen: • Gesetz über den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers (HebG) vom 4. 6. 85 (BGBl. I 85, 902) iVm der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Hebammen und Entbindungspfleger in der Bekanntmachung vom 16. 3. 87 (BGBl. I 87, 929); • Gesetz über die Berufe in der Altenpflege (AltenpflegeG) vom 17. 11. 00 (BGBl. I 00, 1513); • Gesetz über den Beruf der Podologin und des Podologen (BGBl. I 01, 3320). 26.05.2015 86 Persönlicher Umfang Mit Urteilen vom 29.10.1999 (Umsätze eines Heileurythmisten, BStBl II 2000, 155) und vom 10.11.1999 (Umsätze eines Fußpflegers, BStBl II 2000, 158) hat das BVerfG entschieden, dass es im Hinblick auf den Gesetzeszweck, die Sozialversicherungsträger von der Umsatzsteuer zu entlasten, gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, eine Umsatzsteuerbefreiung nur aufgrund der fehlenden bzw. nicht ausreichenden berufsrechtlichen Regelungen zu versagen. Außerdem hat das BVerfG ebenfalls mit Urteil vom 10.11.1999 (BStBl II 2000, 160) im Fall eines Krankenhauses in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG entschieden, dass es gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG aufgrund der Rechtsform des Unternehmers zu versagen. Die Tätigkeit muss den Stempel der Persönlichkeit tragen. Hierin liegt keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes vor, wenn die Rechtsprechung des BFH zur einheitlichen Konkretisierung des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG darauf abstellt, die Freiberuflichkeit eines Arztes sei nur dann anzunehmen, wenn die Tätigkeit seiner Hilfskraft den „Stempel seiner Persönlichkeit“ trage (BFH v. 17.08.1989, BVerfG, HFR 1990, 385). 26.05.2015 87 Sachlicher Umfang § 4 Nr. 14 Buchst a UStG setzt voraus, dass der Steuerpflichtige Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin im Rahmen eines der dort genannten Berufe ausübt und dass der Umsatz aus einer typischen Tätigkeit des betreffenden Berufs erzielt worden ist. Nicht zu den Umsätzen aus einer berufstypischen Tätigkeit gehören insbesondere die Hilfsgeschäfte (zB Verkauf des Praxis-Pkw, Veräußerung der gesamten Praxis – vgl aber § 4 Nr 28 UStG. Eine entsprechende Unterscheidung gilt für die unentgeltlichen Wertabgaben i. S. d. § 3 Abs 1b UStG und § 3 Abs 9a UStG, die durch das StEntlG 1999/2000/2002 in das UStG aufgenommen worden sind und die Eigenverbrauchsbesteuerung abgelöst haben. So ist die ärztliche Behandlung eines Familienangehörigen steuerfrei, die private Nutzung des Praxis-Pkw hingegen steuerpflichtig (vgl BFH BStBl. II 71, 789; II72, 102). Zu beachten können in diesem Zusammenhang die Steuerbefreiung des § 4 Nr 28 UStG oder die Steuervergünstigung des § 19 UStG sein. 26.05.2015 88 Sachlicher Umfang Unter Beachtung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind „ärztliche Heilbehandlungen“ ebenso wie „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ Tätigkeiten, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden. Die befreiten Leistungen müssen dem Schutz der Gesundheit des Betroffenen dienen. Heilberufliche Leistungen sind daher nur steuerfrei, wenn bei der Tätigkeit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Als ärztliche Verordnung gilt im Allgemeinen sowohl das Kassenrezept als auch das Privatrezept; bei Rezepten von Heilpraktikern handelt es sich durchweg um Privatrezepte. Eine Behandlungsempfehlung durch einen Arzt oder Heilpraktiker, z. B. bei Antritt des Aufenthalts in einem „Kur“-Hotel, gilt nicht als für die Steuerbefreiung ausreichende Verordnung. 26.05.2015 89 Arzt / Umsatzsteuer Die Definition des Begriffs „Tätigkeit als Arzt” enthalten die Bundesärzteordnung vom 16.04.1987 (BGBl. I S. 1218) und das Heilpraktikergesetz vom 17.02.1939 (RGBl, 251). § 2 Abs. 5 der Bundesärzteordnung lautet: „Ausübung des ärztlichen Berufs ist die Ausübung der Heilkunde unter der Berufsbezeichnung „Arzt“ oder „Ärztin“.” Die Umsätze aus der Tätigkeit der in § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG nicht ausdrücklich genannten Heil- und Heilhilfsberufe (Gesundheitsfachberufe) können nur dann unter die Steuerbefreiung fallen, wenn es sich um eine einem Katalogberuf ähnliche heilberufliche Tätigkeit handelt. Ein Heilberuf wird durch die unmittelbare Arbeit am oder mit dem Patienten, also dem kranken Menschen, gekennzeichnet. Ausübung der Heilkunde liegt vor, wenn es sich um Tätigkeiten zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder sonstigen Körperschäden beim Menschen handelt (s.a. § 1 Heilpraktikergesetz; siehe hierzu auch BMF-Schreiben v. 28.2.2000, BStBl I 2000, 433). 26.05.2015 90 Arzt / Umsatzsteuer Ein Umsatz aus der Tätigkeit als Arzt wird dann erzielt, wenn die Tätigkeit sich auf bestimmte Personen bezieht und ein Ergebnis der ärztlichen Heilkunde ist. Eine Heilbehandlung umfasst regelmäßig Tätigkeiten, die zum Zweck der Diagnose, der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen für bestimmte Patienten ausgeführt werden. Das Hauptziel der ärztlichen Leistung muss in dem Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit bestehen (EuGH vom 20. 11. 03, C-212/01, Unterpertinger, UR 04, 70, Rz 42; BFH UR 07, 735). Auch vorbeugende Untersuchungen können zu den ärztlichen Leistungen gehören. Dagegen ist die Entnahme und Aufbereitung von Nabelschnurblut sowie die Lagerung der in diesem Blut enthaltenen Stammzellen zum Zwecke etwaiger zukünftiger therapeutischer Verwendung keine ärztliche Leistung. Dagegen ist das Herauslösen von Gelenkknorpelzellen aus dem einem Menschen entnommenen Knorpelmaterial und ihre anschließende Vermehrung zur Reimplantation aus therapeutischen Zwecken eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin. 26.05.2015 91 Arzt (Zahnarzt) und Umsatzsteuer Die Einkünfte des Arztes (ZA) Verkauf von Prophylaxeartikel, oder Verkauf von Nahrungsergänzung Originäre heilberufliche Tätigkeit Andere Tätigkeiten des Arztes Verkauf von Kontaktlinsen Personalgestellung 92 Schriftstellerische und wissenschaftliche Tätigkeit Vertretungsleistungen Arzt / Umsatzsteuer Mit dem Wortlaut des § 4 Nr. 14 UStG ist klargestellt, dass es sich um Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin handeln muss. Bei folgende Tätigkeiten handelt es sich nicht um Heilbehandlungsleistungen (vgl auch BMF vom 26. 6. 09, BStBl. I 09, 756): • die schriftstellerische oder wissenschaftliche Tätigkeit, auch soweit es sich dabei um Berichte in einer ärztlichen Fachzeitschrift handelt; • die Vortragstätigkeit, auch wenn der Vortrag vor Ärzten im Rahmen einer Fortbildung gehalten wird; • die Lehrtätigkeit; • die Lieferungen von Hilfsmitteln, z. B. Kontaktlinsen, Schuheinlagen; • die entgeltliche Nutzungsüberlassung von medizinischen Großgeräten; 26.05.2015 93 Arzt / Umsatzsteuer Mit dem Wortlaut des § 4 Nr. 14 UStG ist klargestellt, dass es sich um Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin handeln muss. Bei folgende Tätigkeiten handelt es sich nicht um Heilbehandlungsleistungen (vgl auch BMF vom 26. 6. 09, BStBl. I 09, 756): • die Erstellung von Alkohol-Gutachten, Zeugnissen oder Gutachten über das Sehvermögen, über Berufstauglichkeit oder in Versicherungsangelegenheiten (vgl z. B. BFH V B 98/06, BStBl. II 08, 35; BFH V R 32/07), Einstellungsuntersuchungen, Untersuchungsleistungen wie z. B. Röntgenaufnahmen zur Erstellung eines umsatzsteuerpflichtigen Gutachtens (vgl hierzu auch BMF vom 8. 11. 01, BStBl. I 01, 826; BMF vom 4. 5. 07, BStBl. I 07, 481 und EuGH vom 20. 11. 03, C-307/01, EuGHE I S. 13989); • kosmetische Leistungen von Podologinnen/Podologen in der Fußpflege; • ästhetisch-plastische Leistungen, soweit ein therapeutisches Ziel nicht im Vordergrund steht. Hierzu gehören insbesondere auch Schönheitsoperationen, die nicht medizinisch indiziert sind, deren Kosten nicht von den Sozialversicherungsträgern getragen werden und die nicht der medizinischen Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung dienen. 26.05.2015 94 Arzt / Umsatzsteuer Mit dem Wortlaut des § 4 Nr. 14 UStG ist klargestellt, dass es sich um Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin handeln muss. Bei folgende Tätigkeiten handelt es sich nicht um Heilbehandlungsleistungen (vgl auch BMF vom 26. 6. 09, BStBl. I 09, 756): • Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe im Sinne des § 20 SGB V, die keinen unmittelbaren Krankheitsbezug haben, weil sie lediglich „den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern und insbesondere einen Beitrag zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheiten von Gesundheitschancen erbringen“ sollen – § 20 Abs 1 Satz 2 SGB V – (vgl BFH V R 23/04, BStBl. II S. 904); • Supervisionsleistungen (vgl BFH V R 1/02, BStBl. II S. 675); • die Durchführung einer Leichenschau, soweit es sich um die zweite Leichenschau oder weitere handelt sowie das spätere Ausstellen der Todesbescheinigung als Genehmigung zur Feuerbestattung. 26.05.2015 95 Arzt / Umsatzsteuer Die Erstellung von Gutachten kann nur unter die Steuerbefreiung fallen, wenn dabei ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht (BFH UR 07, 375). Die FinVerw sieht die Erstellung von Gutachten über • • • • • • • • den Kausalzusammenhang zwischen einem rechtserheblichen Tatbestand und einer Gesundheitsstörung, die Tatsache oder Ursache des Todes (außer, wenn als letzte Maßnahme im Rahmen eines Heilbehandlung anzusehen), den Gesundheitszustand als Grundlage für Versicherungsabschlüsse, die Berufstauglichkeit, die Minderung der Erwerbsfähigkeit in Sozialversicherungsangelegenheiten, in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung und in Schadensersatzprozessen, das Sehvermögen, die Freiheit des Trinkwassers von Krankheitserregern sowie Alkoholgutachten als nicht von der USt befreit an (BMF DStR 01, 2026). 26.05.2015 96 Arzt / Umsatzsteuer Dasselbe gilt für die Erstellung von • • • • • Blutgruppenuntersuchungen im Rahmen der Vaterschaftsfeststellung, anthropologisch-erbbiologischen Gutachten, psychologischen Tauglichkeitstests, die sich ausschließlich auf die Berufsfindung erstrecken, Gutachten im Auftrag des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung für Zwecke der Pflegeversicherung zur Feststellung von Art und Umfang der Pflegebedürftigkeit der Versicherten (BFH vom 8. 10. 08 V R 32/07 BStBl. II 09, 429) Gutachten über die chemische Zusammensetzung des Wassers. Auch die dermatologische Untersuchung von kosmetischen Stoffen und die Durchführung diagnostischer Tierversuche auf dem Gebiet der übertragbaren Krankheiten sind nicht steuerbefreit. Keine ärztliche Tätigkeit sind auch allgemeine wissenschaftliche Arbeiten, Abhandlungen in Fachzeitschriften, Vorträge und dergleichen, weil es am Bezug zu bestimmten Personen fehlt. 26.05.2015 97 Arzt / Umsatzsteuer Bei der Abgabe von Medikamenten durch den Arzt ist ansonsten zu unterscheiden: Sollte sie untrennbar mit einer ärztlichen Verrichtung verbunden sein (zB Verabreichen von Spritzen), gehört sie zur steuerbefreiten Tätigkeit als Arzt (Abgrenzung Hausapotheke). Zu den steuerfreien Heilbehandlungsleistungen eines Arztes gehören auch infektionshygienische Leistungen, die sicherstellen sollen, dass Ärzte und Krankenhäuser die für sie bestehenden Verpflichtungen nach dem IfSG im jeweiligen Einzelfall erfüllen (BFH V R 27/10, DStRE 11, 1405). Hinweis: Zu weiteren Einzelfragen vgl BMF vom 8. 11. 01 (BStBl 2001 I, 826), vom 26.09.2009 (BStBl 2009, I, 756 (Anlage 1), Vfg. OFD Karlsruhe vom 05.04.2011 (DStR 2011, 915, ) Vgl. zusätzlich Abschn. 4 14.2 UStAE 26.05.2015 98 Zahnarzt / Umsatzsteuer 26.05.2015 99 Zahnarzt / Umsatzsteuer Steuerfrei sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Zahnarzt, soweit es sich dabei um eine freiberufliche Tätigkeit i.S.d. § 18 Satz 1 Nr. 1 EStG handelt. Tätigkeit als Zahnarzt ist die Ausübung der Zahnheilkunde unter der Berufsbezeichnung „Zahnarzt“ oder „Zahnärztin“. Als Ausübung der Zahnheilkunde ist die berufsmäßige, auf zahnärztlich wissenschaftliche Kenntnis gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten anzusehen. Eine Dental-Hygienikerin kann nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie Umsätze im Auftrag eines Zahnarztes ausführen (BFH, V R 54/03, Beschluss vom 12.10.2004, BStBl 2005 II, S. 106). 26.05.2015 100 Zahnarzt / Umsatzsteuer Zu den Umsätzen als Zahnarzt gehören insbesondere die im Gebührenverzeichnis für Zahnärzte (BGBl. I 1965, 125) aufgeführten Leistungen, wie z.B. • Leistungen für die Wegpauschale, Wegegeld, Reiseentschädigungen, Verweilgebühr; • Krankentransport; • Vertretung von Kollegen; • heilberufliche Gutachten; • die üblichen entgeltlichen Verabreichungen von Arzneimitteln, Verbandstoffen und Materialien, von Instrumenten, Gegenständen und Stoffen, die der Patient zur weiteren Verwendung behält oder die mit einer einmaligen Verwendung verbraucht sind. 26.05.2015 101 Arzt / Umsatzsteuer Eine Dental-Hygienikerin kann nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie Umsätze im Auftrag eines Zahnarztes ausführen BFH, V R 54/03, Beschluss vom 12.10.2004, BStBl 2005 II, S. 106 Leitsatz: Eine Dental-Hygienikerin kann nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie Umsätze im Auftrag eines Zahnarztes ausführen. 26.05.2015 102 Arzt / Umsatzsteuer Eine Dental-Hygienikerin kann nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie Umsätze im Auftrag eines Zahnarztes ausführen Klägerin verfügte als Dental-Hygienikerin über die erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweise zur Ausführung folgender Leistungen: • Erkrankungsgrad bei kariöser Zerstörung der Zähne und des Knochenabbaus und die Hygienesituation im Mundraum des Patienten analysieren • Durchführung von Speicheluntersuchungen zur Bestimmung des Karies- und Parodontitisrisikos • Behandlung durch supra- und subgingivale Zahnsteinentfernung mit Ultraschallgeräten und Handinstrumenten • Entfernung mikrobieller Plaque, Beseitigung störender Füllungsränder und anderer scharfer Kanten und Versiegelung kariesfreier Fissuren zu therapeutischen Zielen 26.05.2015 103 Arzt / Umsatzsteuer Eine Dental-Hygienikerin kann nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie Umsätze im Auftrag eines Zahnarztes ausführen Die Klägerin durfte auch als selbständige Unternehmerin für die Zahnärzte arbeiten, bei denen sie beschäftigt war. Sie war für diese im Rahmen des § 1 Abs. 5 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG) tätig. … Im Rahmen dieser Aufgabenübertragung durfte die Klägerin auch selbständig handeln. § 1 Abs. 5 ZHG verlangt von Zahnärzten nicht, dass sie Dental-Hygienikerinnen als Arbeitnehmerinnen beschäftigen. 26.05.2015 104 Zahnarzt / Umsatzsteuer Dentist ([dɛnˈtist], von lat. dens „Zahn“) war eine in Deutschland bis 1952 neben den Zahnärzten existierende Berufsbezeichnung für Zahnheilkundige ohne akademische Ausbildung. Es handelte sich um Zahntechniker, welche nach erfolgreichem Besuch einer Dentistenschule Patienten behandeln durften. In vielen anderen Ländern/Sprachen ist es die Bezeichnung für einen Zahnarzt mit akademischer Ausbildung (dentist). In Deutschland wird die Bezeichnung als abfällige Titulierung gebraucht. 26.05.2015 105 Zahnarzt / Umsatzsteuer Laborleistungen Die früher bestehende Steuerpflicht der Zahnärzte für die Lieferung und Wiederherstellung der von angestellten Zahntechnikern im praxiseigenen Labor hergestellten Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparate wurde auf die vom Zahnarzt selbst hergestellten oder wiederhergestellten Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparate ausgedehnt (§ 4 Nr. 14 Satz 4 Buchst. b UStG a. F., nunmehr § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 2 UStG ). Gleichzeitig wurden die Prothetikumsätze – sowohl diejenigen der Zahnärzte mit eigenem Labor als auch diejenigen der selbstständigen Zahntechniker – in den ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 6 einbezogen. Die Verwendung der Bezeichnung Zahnprothesen und die Abgrenzung nach dem Zolltarif sind redaktioneller Art (BR-Drucks. 145/78). Für den Ausschluss von der Steuerfreiheit ist es ohne Bedeutung, dass die Prothetikumsätze mit der Zahnbehandlung in unmittelbarem Zusammenhang stehen und die Behandlung als solche umsatzsteuerfrei ist. 26.05.2015 106 Zahnarzt / Umsatzsteuer Laborleistungen Die Steuerfreiheit entfällt nur, wenn die Herstellung oder Wiederherstellung der Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparate im eigenen Unternehmen erfolgt, sei es durch angestellte Zahntechniker, sei es durch den Zahnarzt selbst. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Zahnarzt dazu ein sog. CEREC-Gerät einsetzt (vgl. BFH v. 28. 11. 1996 V R 23/95, BStBl II 99, 251). Die hergestellten Inlays, Onlays usw. unterliegen dem ermäßigten Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG. Die Lieferung von außerhalb des Unternehmens hergestellten Prothesen durch den Zahnarzt ist steuerfrei. Wird der Zahnersatz teils durch einen selbstständigen Zahntechniker, teils im Unternehmen des Zahnarztes hergestellt, ist der Zahnarzt nur mit dem auf sein Unternehmen entfallenden Leistungsanteil steuerpflichtig (BMF v. 26. 6. 2009, BStBl I 09, 756, Tz 18). Lassen Zahnärzte Zahnprothesen außerhalb ihres Unternehmens fertigen, stellen sie aber Material, z.B. Gold und Zähne bei, ist die Beistellung einer Herstellung gleichzusetzen. Die Lieferung der Zahnprothesen durch den Zahnarzt ist daher hinsichtlich des beigestellten Materials steuerpflichtig (BMF v. 26. 6. 2009, BStBl I 09, 756, Tz 15). 26.05.2015 107 Arzt (Zahnarzt) und Umsatzsteuer Ausnahmen der Steuerbefreiung Lieferung oder Herstellung von Zahnpothesen und kieferorthopädischen Apparaten In der eigenen Praxis Durch einen externen Zahntechniker Teils Teils Lieferung ist nicht steuerbefreit aber§ 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG Lieferung an Zahnarzt ist § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG, Weiterlieferung an den Patienten ist § 4 Nr. 14 a) UStG ZA nur mit seinem Leistunganteil steuerpflichtig. 108 Zahnarzt / Umsatzsteuer Laborleistungen Die Überlassung der von einem Kieferorthopäden bei der Heilbehandlung für einen Patienten selbst angefertigten kieferorthopädischen Apparate soll regelmäßig Teil des steuerfreien Umsatzes aus der Tätigkeit als Zahnarzt sein. Demgegenüber ist der von Zahntechnikern gefertigte Apparat mit Umsatzsteuer belastet. Diese Ungleichbehandlung der vom Zahnarzt und vom Zahntechniker hergestellten Apparate entspricht aber weder dem Gemeinschaftsrecht . Die Überlassung von kieferorthopädischen Apparaten (Zahnspangen) und Vorrichtungen, die der Fehlbildung des Kiefers entgegenwirken, ist Teil der steuerfreien Heilbehandlung. Steuerpflichtige Lieferungen von kieferorthopädischen Apparaten können jedoch nicht schon deshalb ausgeschlossen werden, weil Zahnärzte sich das Eigentum daran vorbehalten haben. Zur Herstellung von Zahnprothesen oder kieferorthopädischen Apparaten gehört auch die Herstellung von Modellen, Bissschablonen, Bisswellen und Funktionslöffeln. 26.05.2015 109 Zahnarzt / Umsatzsteuer Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG; Zahnfüllungen und Kronen im sog. CEREC-Verfahren Die Lieferungen dieser Gegenstände unterliegen dem ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG, Nummer 52 Buchst. c der Anlage des UStG). Alle unmittelbar mit der Prothetik-Lieferung verbundenen Leistungen (z.B. das Auftragen von Haftliquid oder das Einpudern mit Titandioxidpuder) sind steuerpflichtige Nebenleistungen. Hingegen gehört zur umsatzsteuerfreien zahnärztlichen Leistung der Einsatz der intraoralen Videokamera des CERECGerätes für diagnostische Zwecke. Die abzurechnenden Leistungen, die auf den Einsatz eines CEREC-Gerätes entfallen, sind zum Zwecke der Abgrenzung nach steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen unter Angabe insb. der Leistungsnummern des Gebührenverzeichnisses der GOZ oder anderer Angaben getrennt aufzuzeichnen. 26.05.2015 110 Zahnarzt / Umsatzsteuer Laborleistungen Zur Herstellung von Zahnprothesen oder kieferorthopädischen Apparaten gehört auch die Herstellung von Modellen, Bissschablonen, Bisswellen und Funktionslöffeln. Zahnärzte sind berechtigt, Pauschbeträge oder die tatsächlich entstandenen Kosten gesondert zu berechnen für • Abformmaterial zur Herstellung von Kieferabdrücken, • Hülsen zum Schutz beschliffener Zähne für die Zeit von der Präparierung der Zähne bis zur Eingliederung der Kronen, • nicht individuell hergestellte provisorische Kronen, • Material für direkte Unterfütterung von Zahnprothesen, • Versandkosten für die Übersendung von Abdrücken usw. an das zahntechnische Labor. Die Pauschbeträge und die berechneten Kosten gehören zum Entgelt für steuerfreie zahnärztliche Leistungen. 26.05.2015 111 Arzt (Zahnarzt) und Umsatzsteuer GOLD Hier greift ggf. die umsatzsteuerliche Regelung des sogenannten „Reverse-ChargeVerfahren“. Hiervon ist ggf. nicht nur der umsatzsteuerpflichtige Unternehmer betroffen, sondern möglicherweise auch die umsatzsteuerfreien Unternehmen (z.B. Zahnärzte, Ärzte, Vermietungen etc.) bzw. die Kleinunternehmer (Umsätze jährlich unter 17.500 €). 112 Heilpraktiker / Physiotherapeut / Hebamme / ähnliche Berufe Die Umsätze aus der Tätigkeit der in § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG nicht ausdrücklich genannten Heil- und Heilhilfsberufe (Gesundheitsfachberufe) können nur dann unter die Steuerbefreiung fallen, wenn es sich um eine einem Katalogberuf ähnliche heilberufliche Tätigkeit handelt. Ein Heilberuf wird durch die unmittelbare Arbeit am oder mit dem Patienten, also dem kranken Menschen, gekennzeichnet. Ausübung der Heilkunde liegt vor, wenn es sich um Tätigkeiten zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder sonstigen Körperschäden beim Menschen handelt (s.a. § 1 Heilpraktikergesetz; siehe hierzu auch BMF-Schreiben v. 28.02.2000, BStBl I 2000, 433). § 1 Abs. 2 Heilpraktikergesetz regelt die Definition „Ausübung der Heilkunde“ wie folgt: „Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.“ 26.05.2015 113 Heilpraktiker Heilpraktiker ist, wer die Heilkunde aufgrund einer Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 des Heilpraktikergesetzes – HeilprG – (RGBl I 39, 251) ausübt (UStAE 4.14.4 Abs. 1). Jeder, der – ohne Arzt zu sein – die Heilkunde im Sinne des § 1 Abs. 2 HeilprG ausübt, bedarf dieser Erlaubnis (§ 1 Abs. 1 HeilprG). Damit ist der Heilpraktiker grundsätzlich für den gesamten Bereich der Heilkunde qualifiziert. Ausgenommen sind allerdings die Behandlung von meldepflichtigen Infektionskrankheiten, die Ausübung der Zahnheilkunde, die Geburtshilfe und das Verordnen verschreibungspflichtiger Medikamente und Betäubungsmittel. Ob die Krankenkassen die Leistungen übernehmen, ist unerheblich. Nicht befreit sind die Supervisionsleistungen eines (psychotherapeutisch tätigen) Heilpraktikers, sofern ihr Zweck die Steuerung, Korrektur und Überwachung der beruflichen Tätigkeit der Teilnehmer ist, auch wenn sich der Unternehmer Methoden bedient, die auch bei Heilbehandlungen angewandt werden (vgl. BFH v. 30. 6. 2005 V R 1/02, BStBl II 05, 675). 26.05.2015 114 Physiotherapeut Krankengymnast war bisher, wer die Erlaubnis nach dem Gesetz über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten erhalten hatte. An dessen Stelle trat das Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie (MPhG, BGBl I 93, 1084). Die Berufsbezeichnung des Krankengymnasten wird darin durch die in den EUMitgliedstaaten übliche Bezeichnung „Physiotherapeut(in)“ ersetzt. Wer nach altem Recht die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Krankengymnast besitzt, kann diese gem. § 16 Abs. 4, § 15 Abs. 1 Nr. 2 MPhG weiter führen oder sich als „Physiotherapeut(in)“ bezeichnen (§ 16 Abs. 1 S. 2 MPhG). § 4 Nr. 14 Buchst. a nennt nunmehr nur noch den Physiotherapeuten, ohne dabei die Leistungen eines Krankengymnasten auszuschließen (BT-Drucks. 16/10 128, S. 74). 26.05.2015 115 Physiotherapeut Die von Physiotherapeuten mit entsprechender Zusatzausbildung auf ärztliche Verordnung durchgeführte Hippotherapie (therapeutisches Reiten) ist steuerfrei (BFH v. 30. 1. 2008 XI R 53/06, BStBl II 08, 647; vgl. BMF v. 26. 6. 2009, BStBl I 09, 756, Tz 22; UStAE 4.14.4 Abs. 2). Massagen, die lediglich aus kosmetischen Gründen oder zur Verbesserung des Wohlbefindens („Wellness“) durchgeführt werden, sind nicht steuerfrei (BFH v. 28. 9. 2007 V B 7/06, BFH/NV 08, 122 = UR 08, 428; zweifelhaft: koordinierter Ländererlass z.B. Finanzministerium Schleswig-Holstein v. 17. 11. 2011 VI 358-S 7170-111 mit Übergangsregelung bis 31. 12. 2011, wonach Behandlungen im Anschluss/ Nachgang einer ärztlichen Diagnose (Folgebehandlungen), für die die Patienten die Kosten selbst tragen, grundsätzlich nicht als steuerfreie Heilbehandlung anzusehen sind). 26.05.2015 116 Physiotherapeut Beispiel (angelehnt an OFD Karlsruhe v. 28.02.2012) Der Arzt A verordnet dem Patienten P zehn Massagen, deren Kosten zu 70% von der Krankenkasse übernommen werden. Auf Anraten des Physiotherapeuten T lässt sich P zehn weitere Massagen verabreichen, die er selbst bezahlt. Lösung Die verordneten zehn Massagen sind umsatzsteuerfreie Heilbehandlungsleistungen. Die weiteren, nicht ärztlich verordneten, zehn Anschlussbehandlungen stellen hingegen umsatzsteuerpflichtige Präventionsleistungen dar. Die Anschlussbehandlungen unterliegen nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG dem ermäßigten Steuersatz, da sie grundsätzlich von den Krankenkassen als Heilmittel anerkannt, d.h. verordnungsfähig, sind. Nach Abschn. 12.11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 UStAE zählen physiotherapeutische Leistungen (z. B. Heilmassagen und Heilgymnastik) zu den nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG vom ermäßigten Umsatzsteuersatz begünstigten Heilbädern. 26.05.2015 117 Physiotherapeut 26.05.2015 118 Physiotherapeut 26.05.2015 119 Physiotherapeut 26.05.2015 120 Hebamme Hebamme ist, wer Geburtshilfe aufgrund einer Erlaubnis nach dem Gesetz über den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers (HebG, BGBl I 85, 902) unter der Berufsbezeichnung „Hebamme“ leisten darf. „Entbindungspfleger“ sind männliche Berufsangehörige (§ 1 Abs. 1, Abs. 3 HebG), auf die die Steuerbefreiung ebenfalls anzuwenden ist (§ 31 HebG). Hebammen bzw. Entbindungspfleger überwachen den Geburtsvorgang, leisten Hilfe bei der Geburt und überwachen den Wochenbettverlauf (Geburtshilfe, § 4 HebG). Was darüber hinaus den Beruf der Hebamme/Entbindungspflegers ausmacht (vgl. § 196 RVO), kann – allerdings nicht abschließend – dem Leistungsverzeichnis der zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den Berufsverbänden der Hebammen vereinbarten Hebammen-Vergütungsvereinbarung als Anlage 1 zum Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V entnommen werden (vgl. auch BMF v. 26. 6. 2009, BStBl I 09, 756, Tz 23 f.; vgl. UStAE 4.14.4 Abs. 3, 4). 26.05.2015 121 Arzt (Zahnarzt) und Umsatzsteuer Dem Katalogberuf ähnlich – siehe auch 4.14.4 UStAE -Entscheidendes Kriterium ist die Qualität des Behandelnden mit entsprechendem Befähigungsnachweis; dieser ist gegeben, wenn die Sozialversicherungsträger die Kosten übernehmen - Tätigkeit muss dem Katalogberuf vergleichbar sein Vergleichbarkeit BFH 29.01.1998 In der ausgeübten Tätigkeit Vergleichbarkeit der Ausbildung 122 Vergleichbarkeit der berufsrechtlichen Zulassung Ärztliche Heilbehandlung Für die Abgrenzung ärztliche oder Krankenhausbehandlung ist weniger die Art der Leistung, sondern der Ort der Leistung entscheidend: Erstere werden außerhalb von Krankenhäusern im Rahmen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Behandelndem erbracht - typischerweise in einer ärztlichen Praxis (EuGH, C-45/01, Urteil vom 06.11.2003 Christoph-Dornier-Stiftung, Tz 42, EuGHE I, S.12911). Leistungen, die in keinem Zusammenhang mit der bezeichneten Behandlung des Leistungsempfängers stehen, sind - schon nach dem Wortlaut der Bestimmung - keine eng mit der Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung verbundene Umsätze. Zur Abgrenzung ärztliche bzw. Krankenhausbehandlung oder damit eng verbundene Leistungen ist deshalb zu unterscheiden, ob eine Leistung ihren Zweck in sich trägt oder ob sie nur dazu dient, eine ärztliche oder Krankenhausbehandlung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (Nebenleistung). 26.05.2015 123 Ähnliche Berufe 1. Die Steuerbefreiung der Umsätze aus heilberuflicher Tätigkeit i.S. von § 4 Nr. 14 UStG setzt (richtlinienkonform) voraus, dass es sich um ärztliche oder arztähnliche Leistungen handeln muss, und dass diese von Personen erbracht werden, die die erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweise besitzen. 2. Das Fehlen einer berufsrechtlichen Regelung ist für sich allein kein Hinderungsgrund für die Befreiung. 3. Vom Vorliegen eines beruflichen Befähigungsnachweises für eine ärztliche oder arztähnliche Leistung ist grundsätzlich auszugehen bei Zulassung des jeweiligen Unternehmers bzw. der regelmäßigen Zulassung seiner Berufsgruppe gemäß § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen. 4. Indiz für das Vorliegen eines entsprechenden beruflichen Befähigungsnachweises ist ferner die Aufnahme von Leistungen der betreffenden Art in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (§ 92 SGB V). 26.05.2015 124 Ärztliche Heilbehandlung a) Es muss aber i.d.R. Steuerbefreiung berücksichtigt werden das mit den Tätigkeiten (Heilbehandlung) verbundene Gemeinwohlinteresse; der Umstand, dass die Kosten der Leistungen zum großen Teil von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden; ob Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits die Steuerbefreiung bekommen. Das kann z.B. von Bedeutung sein: (1) bei unterschiedlichen landesrechtlichen Regelungen; (2) wenn die gleiche Leistung, wird sie von einem Arzt erbracht, von den Krankenkassen etc. bezahlt wird, nicht aber, wenn sie von einem arztähnlichen Beruf ohne ärztliche Aufsicht erbracht wird; eine Abstimmung mit dem Begriff der „ärztlichen Heilbehandlung“; da diese auch arztähnliche Leistungen umfasst, darf einer gleichen Leistung im Rahmen einer Einrichtung nicht deshalb die Befreiung versagt werden, weil sie nicht unter ärztlicher Aufsicht erbracht worden ist. 26.05.2015 125 Arzt / Umsatzsteuer: Überlassung einer Praxiseinrichtung durch den Arzt BFH, V B 177/02, Beschluss vom 24.09.2004, BFH/NV 2005, S. 258 • Ab dem 1. Januar 1989 mietete ZA A die Räume zusammen mit dem ZA B • Vereinbarung, die Praxisräume und Praxiseinrichtungen zur Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit gemeinsam in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zu nutzen und die Betriebskosten zu teilen • Jeder Gesellschafter sollte seinen Beruf im eigenen Namen ausüben, für sein ärztliches Handeln allein verantwortlich sein und getrennt abrechnen • B verpflichtete sich, als Entgelt für die Nutzung der bisherigen Praxiseinrichtung des Klägers sowie der sonstigen vorhandenen materiellen und immateriellen Werte für einen Zeitraum von fünf Jahren eine sogenannte Nutzungsentschädigung von 65 000 DM jährlich an den Kläger zu zahlen. Die bisherige Praxiseinrichtung des Klägers sollte "insoweit dessen Sonderbetriebsvermögen" bleiben. 26.05.2015 126 Arzt / Umsatzsteuer: Überlassung einer Praxiseinrichtung durch den Arzt § 4 Nr. 14 Satz 2 UStG lautet: „Steuerfrei sind auch die sonstigen Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder Angehörige der in Satz 1 bezeichneten Berufe sind, gegenüber ihren Mitgliedern, soweit diese Leistungen unmittelbar zur Ausführung der nach Satz 1 steuerfreien Umsätze verwendet werden.“ Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift sind unstreitig nicht erfüllt, da lediglich der Kläger und nicht die vom Kläger und B gebildete Gemeinschaft Letzterem die Praxiseinrichtung überlassen hat. Gleichheitssatz gebietet es nicht, diese Vorschrift analog auf die Umsätze des Klägers anzuwenden. Zum Vergleich "eines kommerziellen Vermietungs- oder Leasingunternehmens" 26.05.2015 127 Arzt / Umsatzsteuer: Überlassung einer Praxiseinrichtung durch den Arzt Weitere Rechtsfrage: Ob "die sonstige Leistung eines Arztes, die darin besteht, einem Berufskollegen seine Praxiseinrichtung zur Mitbenutzung gegen Entgelt zu überlassen, der Umsatzbesteuerung nach § 4 Nr. 16 Buchst. c zu unterwerfen" ist. Insoweit ist bereits durch den BFH geklärt, dass ein praktischer Arzt keine Einrichtung ärztlicher Heilbehandlung i.S. des § 4 Nr. 16 UStG ist, sondern gemäß § 4 Nr. 14 UStG Umsätze als Arzt tätigt 26.05.2015 128 Arzt / Umsatzsteuer: Überlassung einer Praxiseinrichtung durch den Arzt Umsatzsteuer: Entgelt für die Mitbenutzung von OP-Räumen Stellt eine Anästhesistin anderen Ärzten für ambulante Operationen - an denen sie selbst als Anästhesistin mitwirkt - ihre Operationsräume incl. der notwendigen Ausstattung zur Verfügung und erhält sie von diesen für die Überlassung eine Vergütung, so stellt diese Vergütung eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung dar (FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 12.5.2011 - 6 K 1128/09; Revision zugelassen) 26.05.2015 129 Arzt / Umsatzsteuer: Gutachten- und Sachverständigenleistungen Befreiung von Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung ärztlicher und arztähnlicher Berufe erbracht werden – Ärztliches Gutachten (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, C-212/01, Urteil vom 20.11.2003, Margarete Unterpertinger) 26.05.2015 130 Arzt / Umsatzsteuer: Gutachten- und Sachverständigenleistungen (40) Wenn die „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ dieser Rechtsprechung zufolge auch einen therapeutischen Zweck haben müssen, folgt daraus doch nicht zwangsläufig, dass dieser Begriff eine besonders enge Auslegung verlangt (vgl. Urteil Kommission/Frankreich, Randnr. 23). Aus Randnummer 40 des Urteils Kügler geht nämlich hervor, dass ärztliche Leistungen, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht werden, für eine Steuerbefreiung nach Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie in Betracht kommen. Selbst wenn sich herausstellt, dass Personen, die sich vorbeugenden Untersuchungen oder anderen ärztlichen Maßnahmen unterziehen, an keiner Krankheit oder Gesundheitsstörung leiden, steht die Einbeziehung dieser Leistungen in den Begriff „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ im Einklang mit dem Zweck, die Kosten ärztlicher Heilbehandlungen zu senken, der den Steuerbefreiungsregelungen des Artikels 13 Teil A Abs. 1 Buchstaben b und c der Sechsten Richtlinie gemein ist (vgl. Urteile Kommission / Frankreich, Randnr. 23, und Kügler, Randnr. 29). 26.05.2015 131 Arzt / Umsatzsteuer: Gutachten- und Sachverständigenleistungen (42) Wie die Generalanwältin in den Nummern 66 bis 68 ihrer Schlussanträge zutreffend ausgeführt hat, ist das Ziel einer ärztlichen Leistung dafür ausschlaggebend, ob diese von der Mehrwertsteuer zu befreien ist. Wird eine ärztliche Leistung daher in einem Zusammenhang erbracht, der die Feststellung zulässt, dass ihr Hauptziel nicht der Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit ist, sondern die Erstattung eines Gutachtens, das Voraussetzung einer Entscheidung ist, die Rechtswirkungen erzeugt, so findet die Steuerbefreiungsregelung des Artikels 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie auf diese Leistung keine Anwendung. 26.05.2015 132 Arzt / Umsatzsteuer: Gutachten- und Sachverständigenleistungen (44) Ohne Belang ist dabei, dass das ärztliche Gutachten für die Zwecke einer Klage auf Gewährung einer Invaliditätspension erstattet wird, dass der Gutachter von einem Gericht oder einer Pensionsversicherungsanstalt beauftragt wurde oder dass die Kosten des Gutachtens nach nationalem Recht der Letztgenannten auferlegt werden. Auch wenn diese Umstände belegen mögen, dass die Gutachtenerstellung im Allgemeininteresse liegt, lässt der Wortlaut des Artikels 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie die Anwendung der dort vorgesehenen Steuerbefreiung auf ärztliche Leistungen, deren Ziel nicht der Schutz der menschlichen Gesundheit ist, nicht zu. 26.05.2015 133 Arzt / Umsatzsteuer: Gutachten- und Sachverständigenleistungen Umsatzsteuerpflichtigkeit ärztlicher Leistungen (EuGH-Urteil vom 20.11.2003, Rs. C-307/01, Peter d'Ambrumenil) 1. Befreiung von der Mehrwertsteuer gilt für folgende ärztliche Leistungen: - ärztliche Untersuchungen von Personen im Auftrag von Arbeitgebern oder Versicherungsunternehmen, - die Entnahme von Blut oder anderen Körperproben zwecks Untersuchung auf Viren, Infektionen oder andere Krankheiten im Auftrag von Arbeitgebern oder Versicherern, - das Bescheinigen einer gesundheitlichen Eignung, wie z.B. der Reisefähigkeit, dann, wenn diese in erster Linie dem Schutz der Gesundheit des Betroffenen dienen sollen. 26.05.2015 134 Arzt / Umsatzsteuer: Gutachten- und Sachverständigenleistungen 2. Diese Steuerbefreiung erfolgt hingegen nicht für folgende Leistungen, die im Rahmen der Ausübung des Arztberufes erbracht werden: - das Ausstellen von ärztlichen Bescheinigungen für Zwecke eines Kriegsrentenanspruchs, - ärztliche Untersuchungen für die Erstellung von Gutachten für Haftungsfragen und die Bemessung des Schadens von Personen, die die Erhebung einer Klage wegen Körperverletzung in Erwägung ziehen, - die Erstellung von ärztlichen Gutachten im Anschluss an solche Untersuchungen sowie die Erstellung von Gutachten auf der Grundlage von Arztberichten ohne Durchführung ärztlicher Untersuchungen, - ärztliche Untersuchungen für die Erstellung von Gutachten über ärztliche Kunstfehler für Personen, die die Erhebung einer Klage in Erwägung ziehen, - die Erstellung von ärztlichen Gutachten im Anschluss an solche Untersuchungen sowie die Erstellung von Gutachten auf der Grundlage von Arztberichten ohne Durchführung ärzticher Untersuchungen. 26.05.2015 135 Arzt / Umsatzsteuer: Gutachten- und Sachverständigenleistungen Erstellung von Gutachten durch Ärzte/Ärztinnen, Oberfinanzdirektion Hannover, S-7170 - 75 - StO 181, Verfügung vom 27.02.2008, UR 2008, S. 565 UStK S 7170 Karte 11 § 4 Nr. 14 UStG Folgende Umsätze der Ärzte / Ärztinnen aus der Erstellung von Gutachten bzw. Sachverständigentätigkeiten sind hiernach nicht steuerfrei: • Gutachten über den Kausalzusammenhang zwischen einem rechtserheblichen Tatbestand und einer Gesundheitsstörung • Gutachten über die Tatsache oder zur Klärung der Ursache des Todes • Alkohol- und Drogengutachten zur Untersuchung der Fahrtüchtigkeit (s. Abschnitt 91 a Abs. 3 Nr. 6 UStR) • Gutachten über den Gesundheitszustand als Grundlage für Versicherungsabschlüsse (s. Abschnitt 91 a Abs. 3 Nr. 6 UStR) • Gutachten über die Berufstauglichkeit oder Verwendungsfähigkeit des Untersuchten, z.B. Flugtauglichkeitsuntersuchungen (s. Abschnitt 91 a Abs. 3 Nr. 6 UStR) • Gutachten über die Minderung der Erwerbsfähigkeit/Berufsfähigkeit in Sozialversicherungsangelegenheiten, in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung und in Schadensersatzprozessen 26.05.2015 136 Arzt / Umsatzsteuer: Gutachten- und Sachverständigenleistungen Erstellung von Gutachten durch Ärzte/Ärztinnen, Oberfinanzdirektion Hannover, S-7170 - 75 - StO 181, Verfügung vom 27.02.2008, UR 2008, S. 565 UStK S 7170 Karte 11 § 4 Nr. 14 UStG Folgende Umsätze der Ärzte / Ärztinnen aus der Erstellung von Gutachten bzw. Sachverständigentätigkeiten sind hiernach nicht steuerfrei: • Gutachten oder Zeugnisse über das Seh- und Hörvermögen (s. Abschnitt 91 a Abs. 3 Nr. 6 UStR) • Gutachten über die Freiheit des Trinkwassers von Krankheitserregern • Gutachten für Berufsgenossenschaften oder Versicherungen zur Frage des Kausalzusammenhangs von bestimmten Vorerkrankungen und dem Todeseintritt des Versicherten • Gutachten für Staatsanwaltschaft und Gerichte zur Klärung des Kausalzusammenhangs zwischen ärztlicher Fehlbehandlung und einer Gesundheitsstörung bzw. dem Todeseintritt • Schriftliche und mündliche Gutachten für Staatsanwaltschaft und Gerichte über Schuld- und Handlungsfähigkeit von Personen; Gutachten zur Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus oder eine Entziehungsanstalt • Prognosegutachten im Rahmen des Strafvollzugs 26.05.2015 137 Arzt / Umsatzsteuer: Gutachten- und Sachverständigenleistungen Erstellung von Gutachten durch Ärzte/Ärztinnen, Oberfinanzdirektion Hannover, S-7170 - 75 - StO 181, Verfügung vom 27.02.2008, UR 2008, S. 565 UStK S 7170 Karte 11 § 4 Nr. 14 UStG Folgende Umsätze der Ärzte / Ärztinnen aus der Erstellung von Gutachten bzw. Sachverständigentätigkeiten sind hiernach nicht steuerfrei: • Blutgruppenuntersuchungen und DNA-Analysen (z.B. zur Spurenauswertung) • Pflegegutachten (vgl. § 18 Abs. 1 SGB XI) • Medizinisch-psychologische Gutachten über die Fahrtauglichkeit • Gutachtliche Feststellungen zum voraussichtlichen Erfolg von Rehabilitationsmaßnahmen im Rahmen eines Renten- oder Invaliditätsverfahrens, s.a. EuGH-Urteil vom 20. November 2003, C - 307/01, EuGHE I S. 13989 und BFH vom 31. Juli 2007, V B 98/06, BStBl 2008 II S. 35 • Gutachten zur Feststellung von Beschädigungen als Grundlage für eine Entschädigungsleistung • Genehmigung zur Feuerbestattung (sog. II. Leichenschau) • Vertragszahnärztliche Planungsgutachten • Gutachten nach § 12 Abs. 1 der Psychotherapie-Vereinbarung 26.05.2015 138 Arzt / Umsatzsteuer: Gutachten- und Sachverständigenleistungen Erstellung von Gutachten durch Ärzte/Ärztinnen, Oberfinanzdirektion Hannover, S-7170 - 75 - StO 181, Verfügung vom 27.02.2008, UR 2008, S. 565 UStK S 7170 Karte 11 § 4 Nr. 14 UStG Folgende Umsätze der Ärzte / Ärztinnen aus der Erstellung von Gutachten bzw. Sachverständigentätigkeiten sind hiernach nicht steuerfrei: • Sport- und reisemedizinische Untersuchungs- und Beratungsleistungen • Röntgenaufnahmen zur Erstellung eines umsatzsteuerpflichtigen Gutachtens (s. Abschnitt 91 a Abs. 3 Nr. 6 UStR) • Gutachterliche oder beratende Tätigkeiten im Bereich der Krankenhaushygiene • Ärztliche Befundberichte, die nach § 10 Abs. 1 JVEG i. V. m. Anlage 2 Nr. 202 und 203 (Zeugnis über einen ärztlichen Befund mit kurzer gutachterlicher Äußerung) vergütet werden. Die Umsätze sind steuerbar und steuerpflichtig. (Soweit die Tätigkeit eines sachverständigen Zeugen nach § 10 Abs. 1 JVEG i. V. m. Anlage 2 Nr. 200 und Nr. 201 (Ausstellung eines Befundscheins oder Erteilung einer schriftlichen Äußerung ohne nähere gutachterliche Äußerung) vergütet wird, liegt nicht steuerbarer Schadenersatz vor, s. Abschnitt 3 Abs. 8 UStR). 26.05.2015 139 Arzt / Umsatzsteuer: Gutachten- und Sachverständigenleistungen Erstellung von Gutachten durch Ärzte/Ärztinnen, Oberfinanzdirektion Hannover, S-7170 - 75 - StO 181, Verfügung vom 27.02.2008, UR 2008, S. 565 UStK S 7170 Karte 11 § 4 Nr. 14 UStG Folgende Umsätze der Ärzte/Ärztinnen aus Sachverständigentätigkeiten sind aufgrund ihrer therapeutischen Zielsetzung dagegen steuerfrei: • Gutachten zur Feststellung der persönlichen Voraussetzungen für eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme, auch wenn der Patient im Ergebnis nicht rehabilitierbar ist • die Durchführung von Vorsorgeuntersuchungen (Untersuchungen zur Vorbeugung und Früherkennung von Krankheiten, z.B. Krebsfrüherkennung oder Glaukomfrüherkennung), auch betriebsärztliche Vorsorgeuntersuchungen • Für ärztliche Untersuchungen nach dem ASiG kommt die Befreiung nur in Betracht, soweit diese gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ASiG erfolgen und es sich nicht um Einstellungsuntersuchungen handelt. Das gilt entsprechend für die nach anderen Schutzvorschriften erbrachten medizinischen Leistungen, die therapeutischen Zwecken dienen, z.B. nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz (s. BMF-Schreiben vom 4. Mai 2007, BStBl I S. 481) 26.05.2015 140 Arzt / Umsatzsteuer: Gutachten- und Sachverständigenleistungen Erstellung von Gutachten durch Ärzte/Ärztinnen, Oberfinanzdirektion Hannover, S-7170 - 75 - StO 181, Verfügung vom 27.02.2008, UR 2008, S. 565 UStK S 7170 Karte 11 § 4 Nr. 14 UStG Folgende Umsätze der Ärzte/Ärztinnen aus Sachverständigentätigkeiten sind aufgrund ihrer therapeutischen Zielsetzung dagegen steuerfrei: • Alkohol- und Drogengutachten zum Zwecke einer anschließenden Heilbehandlung (z. B. zur Feststellung eines körperlichen Defekts beim Abbau von Alkohol und Medikamenten) • Körperliche Untersuchungen zur Verwahrfähigkeit im Rahmen des Polizei- und Justizgewahrsams • die Durchführung der äußeren Leichenschau und Ausstellen der Todesbescheinigung als letzte Maßnahme im Rahmen der Heilbehandlung • Gutachten für die gesetzliche Krankenversicherung (z.B. Gutachten zu medizinischen Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen, der Hilfsmittelversorgung und der häuslichen Krankenpflege im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung nach § 275 SGB V; Gutachten zur ärztlichen und zahnärztlichen Behandlung und der Verordnung von Arzneimitteln) 26.05.2015 141 Arzt / Umsatzsteuer: Gutachten- und Sachverständigenleistungen Erstellung von Gutachten durch Ärzte/Ärztinnen, Oberfinanzdirektion Hannover, S-7170 - 75 - StO 181, Verfügung vom 27.02.2008, UR 2008, S. 565 UStK S 7170 Karte 11 § 4 Nr. 14 UStG Folgende Umsätze der Ärzte/Ärztinnen aus Sachverständigentätigkeiten sind aufgrund ihrer therapeutischen Zielsetzung dagegen steuerfrei: • Leistungen zur Kontrolle von gespendetem Blut einschließlich der Blutgruppenbestimmung • Erstellung und Befundung der Mammographien bzw. der Zweitbefundung der von Radiologen erstellten Mammographien im Rahmen des Mammographie-Screenings. 26.05.2015 142 Arzt / Umsatzsteuer: Diverse Einzelfragen Supervisionsleistungen; BFH, V R 1/02, Urteil vom 30.06.2005 Fundstellen: BFH/NV 2005, S. 1955; BFHE 210, S. 188; BStBl 2005 II, S. 675; HFR 2005, S. 1007; UR 2005, S. 501; UVR 2005, S. 319 Leitsatz: Eine steuerfreie Heilbehandlung setzt voraus, dass ihr Hauptziel der Schutz der Gesundheit ist. Für die Umsatzsteuerfreiheit von Supervisionsleistungen nach § 4 Nr. 14 UStG reicht es nicht aus, dass die auch bei Heilbehandlungen eingesetzten Methoden angewandt werden und diese auch der gesundheitlichen Prophylaxe dienen können. 26.05.2015 143 Hilfsgeschäfte Grundsätzlich nicht steuerbefreit, da nicht „aus der Tätigkeit als Arzt”. Steuerfrei nach § 4 Nr. 28 UStG ist jedoch die Lieferung von Gegenständen, die der Arzt ausschließlich zur Ausführung nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreier Umsätze verwendet hat. 26.05.2015 144 Hilfsgeschäfte Umsatzsteuer; Übertragung immaterieller Wirtschaftsgüter (z. B. Firmenwert, Kundenstamm) BMF v. 08.06.2011 - IV D 2 -S 7100/08/10009: 001, BStBl 2011 I S. 582 Bezug: EuGH-Urteil C-242/08 (Swiss Re Germany Holding) vom 22.10.2009 Bezug: BMF v. 1.10.2010 - IV D 3 - S 7015/10/10002 Bezug: BMF v. 7.6.2011 - IV D 3 - S 7359/11/10001 (2011/0463172) Fundstelle(n): BStBl 2011 I Seite 582; BB 2011 S. 1557 Nr. 25; DStR 2011 S. 1131 Nr. 24; DStR 2011 S. 8 Nr. 24; StBW 2011 S. 592 Nr. 13; WPg 2011 S. 641 Nr. 13; NWB DokID: KAAAD-85225 26.05.2015 145 Hilfsgeschäfte Beratungshinweis: Nicht der Umsatzsteuer unterliegen zwar nach wie vor der Verkauf • der gesamten Praxis als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen • eines gesondert geführten teils der Praxis (Teilbetrieb) nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen • eines Gesellschaftsanteils an einer Gemeinschaftspraxis (keine wirtschaftliche (unternehmerische)Tätigkeit) Andere Veräußerungsvorgänge werden aber umsatzsteuerlich beachtlich, weil die isolierte Veräußerung eines Praxiswertes keine Lieferung mehr ist, sondern eine sonstige Leistung (Dienstleistung). Folglich ist kein Raum mehr für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 28 UStG. 26.05.2015 146 Hilfsgeschäfte Unter anderem werden nun mehr folgende Gestaltungen Fragen auf: • Ein Arzt veräußert einen Teil seiner Einzelpraxis zwecks Gründung einer Gemeinschaftspraxis mit dem Erwerber und erhält hierfür eine Ausgleichszahlung in das Privatvermögen • Ein Arzt verkauft seinen vertragsärztlichen Patientenstamm unter Ausschreibung seiner Zulassung und führt die Einzelpraxis zukünftig als rein privatärztliche Einzelpraxis. • „Verkauf einer Zulassung“ an ein MVZ bei gleichzeitiger Schließung der Praxis. Wird letztere hingegen als Ganzes veräußert und fortgeführt, ist der Verkauf auch künftig von der Umsatzsteuer befreit 26.05.2015 147 Unternehmensfremde Verwendung Unternehmensfremde Verwendung Unternehmensfremde Verwendung von Gegenständen, die innerhalb des Unternehmens ausschließlich für nach § 4 Nr. 14 steuerfreie Umsätze verwendet wurden, ist steuerfrei nach § 4 Nr. 28 UStG. 26.05.2015 148 Eingangsumsatz wird verwendet ausschließlich unternehmerisch oder nicht unternehmerisch unternehmerisch nicht unternehmerisch Voller Vorsteuerabzug Kein Vorsteuerabzug teilunternehmerisch (sowohl als auch nicht unternehmerisch) unternehmerisch und nicht wirtschaftlich im engeren Sinne unternehmerisch und unternehmensfremd (Sonderfall) Vorsteuerabzug soweit unternehmerische Verwendung; keine Zuordnungswahlrecht: wenn voller VorsteuerAbzug, dann WertAbgabenbesteuerung (Ausn.: Grundstücke) Wertabgaben besteuerung Hinweis: BMF – Schreiben vom 02.01.2012 Das Recht auf Vorsteuerabzug nach § 15 UStG besteht, wenn der Unternehmer Leistungen von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen bezieht und für Ausgangsumsätze verwendet, die entweder steuerpflichtig sind oder einer Steuerbefreiung unterliegen, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließt. Der BFH hat diesen Grundsatz diversen Urteilen dahingehend konkretisiert, dass der Unternehmer nach § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, soweit er Leistungen für sein Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeiten) zu verwenden. Hinweis: BMF – Schreiben vom 02.01.2012 Zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung muss ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Beabsichtigt der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme im Sinne des § 3 Abs. 1b oder 9a UStG zu verwenden, ist er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Fehlt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, kann der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn die Kosten für die Eingangsleistung zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und - als solche - Bestandteile des Preises der von ihm erbrachten Leistungen sind und die wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu Umsätzen führt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Hinweis: BMF – Schreiben vom 02.01.2012 Hinweis: BMF – Schreiben vom 02.01.2012 Hinweis: BMF – Schreiben vom 02.01.2012 Hinweis: BMF – Schreiben vom 02.01.2012 Hinweis: BMF – Schreiben vom 02.01.2012 Hinweis: BMF – Schreiben vom 02.01.2012 Rechtsfolgen im Mietverhältnis Beispiel V errichtet ein so genanntes Ärztehaus. Der Baubeginn war im Oktober 1993. Fertigstellungstermin war März 1995. Seitdem wurde das Gebäude an Ärzte als Arztpraxen vermietet. Das Erdgeschoss wurde an einen Apotheker als Apotheke vermietet. V will im Kalenderjahr 2011 so viel wie möglich Vorsteuer aus Erhaltungsaufwendungen für das Gebäude abziehen und verzichtet deshalb soweit möglich auf die Befreiung nach § 4 Nr. 12 UStG gem. § 9 UStG. 26.05.2015 158 Rechtsfolgen im Mietverhältnis Beispiel V errichtet ein so genanntes Ärztehaus. Der Baubeginn war im Kalenderjahr 2007. Die Fertigstellung erfolgte im Kalenderjahr 2008. Seither wurde das Gebäude an Ärzte als Arztpraxen vermietet. Das Erdgeschoss wurde an einen Apotheker als Apotheke vermietet. V will so viel wie möglich Vorsteuer aus der Errichtung des Gebäudes abziehen und verzichtet deshalb soweit möglich auf die Befreiung nach § 4 Nr. 12 UStG gem. § 9 UStG. 26.05.2015 159 Rechtsfolgen im Mietverhältnis Beispiel V errichtet ein sog. Ärztehaus. Der Baubeginn war im Kalenderjahr 2007. Die Fertigstellung erfolgte im Kalenderjahr 2008. Danach wurde das Gebäude an den gewerblichen Vermieter W vermietet. Dieser vermietete das Gebäude an Ärzte als Arztpraxen weiter. V will so viel wie möglich Vorsteuer aus der Errichtung des Gebäudes abziehen und hat deshalb soweit möglich auf die Befreiung nach § 4 Nr. 12 UStG gem. § 9 UStG verzichtet. 26.05.2015 160 A. Neues aus der Gesetzgebung I. Zollkodexgesetz 1. Umsatzsteuerbefreiung von Dialyseleistungen, § 4 Nummer 14 UStG „hh) Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 in Verbindung mit § 126 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen,“. Besteuerung von ärztlichen Leistungen Durch das FG Schleswig-Holstein wurde eine Urteil veröffentlicht, welches zwar zur Leistung von Podologen ergangen ist, jedoch eine weitaus größere Bedeutung entwickeln könnte (Urteil vom 5.2.14, 4 K 75/12, Rev. BFH XI R 13/14). Das Gericht stellte in dem Urteil fest, dass podologische Behandlungen, die nicht aufgrund einer Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers erbracht wurden, gemäß § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit sein können. Sollte sich der BFH der Auffassung des FG anschließen, wird sich die Umsatzsteuerpflicht von Heildienstleistungserbringern grundlegend ändern. Nach Ansicht der Richter müsse sich die Finanzverwaltung auf den Gesetzeswortlaut des UStG bzw. der MwStSystRL stützen. Die Dienstanweisung des UStAE geben dies nicht wieder. Lediglich in Grenzbereichen zwischen Wellness und Heildienstleistungserbringung sei ein ärztliches Rezept notwendig, um die Steuerpflicht objektiv ausschließen zu können. Allerdings führt das FG einschränkend aus, dass nicht jede Behandlung zwingend eine Heilbehandlung ist, die auch eine Heilbehandlung sein kann (bspw. bei Hühneraugen, starker Hornhautbildung, Diabetes). Unter Umständen müssen weitere Indikationen hinzukommen. Besteuerung von Bleaching-Leistungen • Gemäß § 4 Nr. 14 UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen von der Steuer befreit (...) die Um-sätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut (Kranken-gymnast), Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit und aus der Tätigkeit als klinischer Chemiker (...). • Derartige Zahnaufhellungen sind umsatzsteuerfrei, soweit sie dazu dienen, einen aufgrund einer Vorerkrankung und behandlung nachgedunkelten Zahn aufzu-hellen (FG Schleswig-Holstein, Urteil v. 9.10.2014 - 4 K 179/10; Revision anhängig). Kurzhinweise: Infektionshygienische Leistungen einer „Hygienefachkraft“ als steuerfreie Heilbehandlungen; BFH-Urteil vom 05.11.2014 – XI R 11/13 umsatz- „Infektionshygienische Leistungen eines Fachkrankenpflegers für Krankenhaushygiene an Krankenhäuser, Altenheime oder Pflegeheime sind (nur) insoweit nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG a.F. umsatzsteuerfrei, als diese Einrichtungen mit den bezogenen Leistungen bei der Ausübung einer Heilbehandlungstätigkeit infektionshygienische Anforderungen er-füllen müssen.“ Kurzhinweise: Steuerfreiheit der Durchführung von Raucherentwöhnungsseminaren; BFH-Urteil vom 26.08.2014 – XI R 19/12 „1. Die Durchführung von Raucherentwöhnungsseminaren kann als vorbeugende Maßnahme des Gesundheitsschutzes bei Vorliegen einer medizinischen Indikation eine steuerfreie Heilbehandlung sein. 2. Die von Betriebsärzten vorgenommene Sammelüberweisung von Arbeitnehmern zur Teilnahme an Raucherentwöhnungsseminaren genügt den Anforderungen an die gebotene medizinische Indikation, wenn sie auf medizinischen Feststellungen der Betriebsärzte beruht.“ 166 Frage nach optimaler Rechtsform für den Zeitpunkt der Gründung aber auch: - nach Wachstumsphase im Zusammenhang mit Akquisition von Beteiligungskapital - bei Ausscheiden eines Gesellschafters - bei Unternehmensnachfolge - bei Restrukturierung und Neuausrichtung der Unternehmensorganisation •Ist die Rechtsform meines Unternehmens noch optimal ? Komplexes betriebswirtschaftliches Entscheidungsproblem 167 Lassen sich nur nach meist komplizierten Rechnungen im Detail ermitteln Wichtige generelle Aspekte: - Steuerbelastung bei Gründung - Laufende Besteuerung (GewSt, ESt, KSt) - Bedeutung von Verkehrsteuern (USt, GrESt) - Besteuerung bei Liquidation, Abwicklung, Insolvenz - Besteuerung von Organbezügen - Besteuerung bei Erbschaft / Schenkung Im Zweifel: Steuerbelastungsvergleich / Gutachter! 168 Besonderheiten bei ärztlichen Kooperationen Ärztliche Kooperationen PG TEIL-BAG MVZ 169 BAG Integrierte Versorgungsformen Praxiskooperation Bei der Praxisfusion sollte stets berücksichtigt werden, dass allein der Abschluss zivilrechtlicher Verträge im GKV-Bereich nicht ausreichend ist, sondern stattdessen der Zulassungsausschuss mit entsprechenden Genehmigungsanträgen konsultiert werden muss. Dies bringt eine gewisse Vorlaufzeit mit sich, die bei der Planung von Anfang an berücksichtigt werden muss. Da die Zulassungsausschüsse aufgrund bestimmter Ladungsfristen einen Vorlauf von ca. vier Wochen für sich in Anspruch nehmen, und die Zulassungsausschüsse ausschließlich in entsprechenden Zulassungsausschusssitzungen Entscheidungen treffen können, ist mit einer Vorlaufzeit von ein bis drei Monaten zu rechnen. Eine zwischenzeitliche Entscheidung sieht das Gesetz nicht vor. 26.05.2015 170 Bewertung Statistisch erscheint es ausgeschlossen, dass zwei Arztpraxen, deren Inhaber sich für einen Zusammenschluss entschieden haben, identisch sind und damit den gleichen Wert haben. Eine Bewertung wird deshalb regelmäßig nicht zu umgehen sein. Mit welchem Aufwand diese betrieben wird, muss von den Umständen des Einzelfalles abhängig sein. In der gewerblichen Wirtschaft werden Unternehmensbewertungen in der Regel nach dem Ertragswertverfahren durchgeführt. In jüngster Zeit gewinnen bei börsennotierten Großunternehmen auch die in Amerika entwickelten DCF (Discounted Cash Flow)- Verfahren an Bedeutung. Im Gegensatz zu diesen Vorgehensweisen herrscht bei der Bewertung von (Zahn-)Arztpraxen noch immer eine kaum zu überbietende Vielfalt von Bewertungsmethoden und -ansätzen, die dem betroffenen Zahnarzt eine Beurteilung der Bewertungsergebnisse erschweren. 26.05.2015 171 Bewertung 26.05.2015 172 Bewertung Jahr 2012 2011 2010 Umsatz 840 TEUR 1000 TEUR 900 TEUR Kosten ./. steuerliche AfA + betriebswirtschaftliche AfA ./. Verlust Anlageverkäufe ./. Vergütung Vertreter 500 TEUR 20 TEUR 18 TEUR - 550 TEUR 18 TEUR 18 TEUR 5 TEUR 30 TEUR 600 TEUR 100 TEUR 18 TEUR - bereinigter Ertrag 342 TEUR 485 TEUR 382 TEUR 26.05.2015 173 Bewertung 2013 ... 2028 bereinigter Praxisüberschuss 403.000,00 403.000,00 403.000,00 zusätzliche Erträge 134.333,33 134.333,33 134.333,33 zusätzliche Kosten 30.000,00 30.000,00 30.000,00 nachhaltig erzielbarer Praxisüberschuss 507.333,33 507.333,33 507.333,33 Steuern 224.799,40 224.799,40 224.799,40 kalkulatorisches Arztgehalt 153.321,09 153.321,09 153.321,09 nachhaltig erzielbarer (verfügbarer) Praxisüberschuss 129.212,84 129.212,84 129.212,84 26.05.2015 174 Dauerschuldverhältnisse Bei der Planung einer Fusion bereiten Dauerschuldverhältnisse regelmäßig erhebliche Schwierigkeiten, die von Anfang an aktiv angegangen werden müssen. Diese bereiten insbesondere dann Schwierigkeiten, wenn sich den mit dem Dauerschuldverhältnis verbundenen Kosten keine unmittelbaren Einsparungen entgegensetzen lassen, da die Fusion auch von strategischen Erwägungen begleitet wird. Mietverträge Arbeitsverträge Sonstige Dauerschuldverhältnisse 26.05.2015 175 Einbringungsvorgänge Beispiel: An einer OHG sind vier Gesellschafter zu je ¼ beteiligt. Es soll gegen Bareinlage in das Betriebsvermögen ein fünfter Gesellschafter so aufgenommen werden, dass alle Gesellschafter anschließend zu je 1/5 beteiligt sind. Lösung: Wirtschaftlich gesehen gibt jeder der Altgesellschafter 1/5 an den Neuen ab; er veräußert also zu 4/5 „an sich selbst“. Ein bei Ansatz der gemeinen Werte entstehender Gewinn ist nach der Regelung in § 24 Absatz 3 Satz 3 UmwStG i. V. m. § 16 Absatz 2 Satz 3 EStG daher zu 4/5 nicht begünstigt. 26.05.2015 176 Einbringungsvorgänge 1. Entgeltliche Aufnahme in eine Einzelpraxis Sachverhalt: Die Einzelpraxis des Dr. Alt hatte einen Wert von 150.000 € (materieller und ideeller Wert). Dr. Alt errichtete mit Dr. Jung eine Gemeinschaftspraxis in der Weise, dass Dr. Jung an Dr. Alt den Kaufpreis für die halbe Praxis in Höhe von 75.000 € zahlt. Den Kaufpreis überführt Dr. Alt in sein Privatvermögen. Frage: Ist der durch den Verkauf der halben Praxis entstandene Gewinn als laufender Gewinn zu erfassen oder als steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn? 26.05.2015 177 Einbringungsvorgänge 1. Entgeltliche Aufnahme in eine Einzelpraxis (3) Lösung: Großer Senat, Entscheidung vom 18.10.1999, BStBl. 2000, II S. 123) a) Zahlung von Dr. Jung an Dr. Alt ist die Gegenleistung für den Verkauf von je ½-Anteil an den einzelnen Wirtschaftsgütern des materiellen und ideellen Anlagevermögens der Einzelpraxis. b) Der hierbei entstehende Gewinn (Kaufpreis abzüglich Buchwert) ist als laufender Gewinn zu erfassen. c) Es liegt keine Veräußerung eines Mitunternehmeranteils vor, weil eine Mitunternehmerschaft durch den Verkauf der ½-Anteils an den übertragenen Wirtschaftsgütern erst begründet wurde. d) Der Gewinn ist auch kein steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn nach §§ 18, 16, 34 EStG. Nach diesen Vorschriften ist eine Veräußerung nur begünstigt, wenn es sich um die Veräußerung handelt: • Eines ganzen Betriebes, • eines Teilbetriebes, • eines Mitunternehmeranteils. Sämtliche 3 Tatbestände liegen nicht vor. 26.05.2015 178 Einbringungsvorgänge 2. Aufnahme des Dr. Jung mit Ausgleich über die Gewinnverteilung der Gemeinschaftspraxis (1) Bei Aufnahme eines Partners mit Ausgleich über die Gewinnverteilung erhält Dr. Alt über eine Anzahl von Jahren einen höheren Gewinnanteil als Dr. Jung. Der JuniorPartner arbeitet die stillen Reserven über einen höheren Gewinnanteil ab. Er tritt mit einem Kapitalkonto von 0 € in die Gemeinschaftspraxis ein. (2) Aus Sicht des Dr. Alt ergibt sich bei einer solchen Gestaltung bei Gründung der Gemeinschaftspraxis kein steuerpflichtiger Gewinn, wenn die bisherige Praxis (materielle und ideelle Werte) zu Buchwerten nach § 24 UmwStG in die Gemeinschaftspraxis eingebracht wird. (3) Der aufnehmende Arzt Dr. Alt versteuert den höheren Gewinnanteil als laufenden Gewinn, der nicht steuerbegünstigt ist. Der ausgleichspflichtige Dr. Jung hat entsprechend weniger als laufenden Gewinn zu versteuern. 26.05.2015 179 Einbringungsvorgänge 2. Aufnahme des Dr. Jung mit Ausgleich über die Gewinnverteilung der Gemeinschaftspraxis (4) Der laufende Gewinn des Dr. Alt ist zwar nicht steuerlich begünstigt, aber u.U. ist diese Gestaltung im Einzelfall nicht unattraktiv wegen: • geringere Progression durch Verteilung auf mehrere Jahre, • sinkende Steuersätze in den zukünftigen Jahren, • sukzessiven Abbaus der Vergünstigungen in den vergangenen zehn Jahren durch den Gesetzgeber. (5) Die unterschiedliche Gewinnverteilung muss mittels einer Praxisbewertung und durch eine Prognose der zukünftigen Gewinne festgelegt werden. 26.05.2015 180 Einbringungsvorgänge 3. Einbringung Einzelpraxis Dr. Alt in SoBV GMP Dres. Alt / Jung (1) Dres. Alt & Jung gründen GMP mit „0 €“. (2) Dr. Alt bringt seine bisherige EP zum Buchwert in das SoBV der GMP ein. (3) Dr. Jung gewährt hiervon unabhängig Dr. Alt ein Darlehen in adäquater Höhe (wahrscheinlich ca. 50 % des Wertes der EP Dr. Alt). (4) GMP hält 2 KV-Zulassungen und versorgt Patienten der EP Dr. Alt und akqui¬riert Neu-Patienten. Neu-Patienten werden GHV der GMP; Patienten „Praxis Dr. Alt“ bleiben SoBV. (5) Leistungsabhängige Vergütung. (6) Nach 2 - 3 Jahren veräußert Dr. Alt seinen MU-Anteil einschließlich SoBV gemäß §§ 16, 34 EStG an Dr. Jung. (7) KP-Zahlung Dr. Jung / Dr. Alt ggf. unter Verrechnung des gewährten Darlehens. 26.05.2015 181 Einbringungsvorgänge 3. Einbringung Einzelpraxis Dr. Alt in SoBV GMP Dres. Alt / Jung Notwendige Vertragsgestaltungen: 1. Leistungsabhängige Vergütung zugunsten Dr. Jung, damit er Lebensunterhalt bestreiten kann. 2. Vorkaufsrecht / Ankaufsrecht zugunsten Dr. Jung bzw. Andienungsrecht Dr. Alt. 3. Recht zur Ausschreibung des Kassenarztsitzes bei Dr. Alt für den Fall, dass Dr. Jung „mobben“ sollte. 4. Regelung über Kaufpreisfindung / -ermittlung festschreiben, damit hierüber zum Veräußerungszeitpunkt kein Streit entsteht. 5. Spielraum in der Vertragsgestaltung wahren; keine unwiderruflichen Kaufrechte gestalten, da sonst § 42 AO droht. 26.05.2015 182 Einbringungsvorgänge (1) Buchwertfortführung ♦ Die Buchwerteinbringung gilt zwar als Veräußerung i.S. von § 16 EStG, es entsteht aber kein Veräußerungsgewinn weil Veräußerungspreis = Buchwert ist. ♦ Steuerliche Gesamtrechtsnachfolge (§§ 24 bis 4, 22 Abs. 1 UmwStG) mit folgenden Konsequenzen: Fortführung der bisherigen Abschreibungsmethode (§ 12 Abs. 3 UmwStG) mit Besitzzeitanrechnung (§ 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG). ♦ Vorteile: a) Hinausschieben der Versteuerung der stillen Reserven (niedrigerer Steuersatz). b) Zinsgewinn wegen späterer Versteuerung. c) Eintritt der Gemeinschaftspraxis in die Rechtsstellung der eingebrachten Einzelpraxis (Investitionszulage, Sonder-AfA, 6 b-Rücklage). 26.05.2015 183 Einbringungsvorgänge Beispiel vgl. Tz. 24.10 UmwStGE: A und B gründen eine OHG, die das Einzelunternehmen des A zu Buchwerten fortführen soll. Das Einzelunternehmen hat einen Buchwert von 100.000 € und einen gemeinen Wert von 300.000 €. A und B sollen an der OHG zu je 50 % beteiligt sein. A erhält von B eine Zuzahlung i. H. v. 150.000 €, die nicht Betriebsvermögen der OHG wird. Lösung: Die Zahlung der 150.000 € durch B an A ist die Gegenleistung für den Verkauf von je 1/ 2 Miteigentumsanteilen an den Wirtschaftsgütern des Einzelunternehmens. Infolge dieser Vereinbarungen bringt A sein Einzelunternehmen sowohl für eigene Rechnung als auch für Rechnung des B in die OHG ein. Der bei der Veräußerung der Anteile an den Wirtschaftsgütern erzielte Gewinn ist als laufender, nicht nach §§ 16, 34 EStG begünstigter Gewinn zu versteuern. Die Veräußerung eines Betriebs (§ 16 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG) liegt nicht vor, weil nur Miteigentumsanteile an den Wirtschaftsgütern des Betriebs veräußert werden; die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils (§ 16 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG) liegt nicht vor, weil eine Mitunternehmerschaft im Zeitpunkt der Veräußerung der Miteigentumsanteile noch nicht bestand, sondern durch den Vorgang erst begründet wurde (BFH vom 18. 10. 1999,GrS 2/98, BStBl 2000 II S. 123). 26.05.2015 184 Einbringungsvorgänge (1) Zwischenwertansatz (Teilaufdeckung der stillen Reserven) ♦ In einer Teilaufdeckung der stillen Reserven wird weder eine Vollveräußerung noch eine Anteilsveräußerung (§ 18 Abs. 3 EStG) gesehen. Damit entfällt eine Tarifbegünstigung für den bisherigen Praxisinhaber Dr. Alt. Der entstehende Veräußerungsgewinn (= Zwischenwert abzüglich Buchwert) ist steuerlich nicht begünstigt nach §§ 18, 16, 34 EStG. Hinweis auf § 24 Abs. 3 Satz 2 UmwStG. ♦ Bei der Gemeinschaftspraxis: Aufstockung der Buchwerte um die aufgedeckten stillen Reserven. Fortführung der bisherigen Abschreibungsmethoden (§ 24 Abs. 4 i.V.m. 22 Abs. 2 UmwStG). ♦ Vorteile: a) Ausgleich des Veräußerungsgewinns mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten. b) Inanspruchnahme des Verlustabzuges. c) Beachte jedoch §§ 2 Abs. 3, 10 d EStG. 26.05.2015 185 Einbringungsvorgänge (1) Ansatz des gemeinen Wertes (Vollaufdeckung der stillen Reserven) ♦ Der einbringende Arzt Dr. Alt erzielt einen begünstigten Veräußerungsgewinn nach §§ 18, 16 Abs. 4, 34 EStG in Höhe der Differenz zwischen dem gemeinen Wert und den Buchwerten der eingebrachten Wirtschaftsgüter. ♦ Jahrelange Streitfrage: Ist die Einbringung der Einzelpraxis zum gemeinen Wert durch Dr. Alt auch dann steuerbegünstigt, wenn Dr. Alt die Bareinlage (Kapitaleinlage) des Dr. Jung zum Teil entnimmt (= Zuzahlung ins Privatvermögen des Dr. Alt)? ♦ Mittlerweile Auffassung der Finanzverwaltung: Zuzahlung ins Privatvermögen ist steuerunschädlich vgl. Tz. 24.12 UmwStGE 26.05.2015 186 Einbringungsvorgänge Übergang von der Überschussrechnung zur Bilanzierung Der § 24 UmwStG ist unabhängig von der bisherigen Gewinnermittlungsart anwendbar. ♦ Nach Auffassung der Finanzverwaltung und herrschenden Literaturmeinung muss die einbringende Einzelpraxis auf den Einbringungszeitpunkt eine Schlussbilanz aufstellen. Diese Auffassung hat der Große Senat in seiner Entscheidung vom 18.10.1999 (BStBl. 2000 II, S. 123) bestätigt. Die aufnehmende Personengesellschaft muss unabhängig von der Ausübung ihres Wahlrechts eine Eröffnungsbilanz erstellen. Die Gemeinschaftspraxis kann dann anschließend wieder zur Überschussrechnung übergehen (OFD Frankfurt / Main vom 09.05.2001, DB 2001, S. 1454). ♦ 26.05.2015 187 Einbringungsvorgänge Schuldzinsenabzug und Sonderbetriebsvermögen bei Gründung einer Gemeinschaftspraxis Dr. Alt bringt seine Einzelpraxis (materielles und ideelles Anlagevermögen) in die Gemeinschaftspraxis ein. Die mit dem Anlagevermögen zusammenhängenden Kredite bringt Dr. Alt in sein Sonderbetriebsvermögen. Dr. Jung ist mit 50 % an der schuldenfreien Gemeinschaftspraxis beteiligt. Kann Dr. Alt die Schuldzinsen in voller Höhe oder nur zur Hälfte abziehen? Dr. Alt kann die Zinsen weiterhin in voller Höhe absetzen. Durch die Einbringung hat Dr. Alt zwar 50 % seiner Praxis veräußert, seine berufliche Tätigkeit aber nicht eingestellt und voll beendet. Nur bei Vollbeendigung der beruflichen Tätigkeit muss der Veräußerungserlös zur Kredittilgung der beruflichen Kredite verwendet werden (BFH vom 10.03.1999). 26.05.2015 188 Einbringungsvorgänge Steuerliche Rückwirkung der Einbringung möglich? Der Vorgang der Einbringung einer Einzelpraxis in eine Gemeinschaftspraxis fällt nicht unter das handelsrechtliche Umwandlungsgesetz. Bei Vorgängen, die unter das handelsrechtliche UmwStG fallen, beträgt der Zeitraum für die Rückbeziehung maximal acht Monate. ♦ Die Einbringung einer Einzelpraxis ist nur im Wege der Einzelrechtsnachfolge möglich. Die Einbringung im Wege der Einzelrechtsnachfolge und somit auch die Anwachsung kann nicht rückbezogen werden (Tz. 24.06 UmwStGE). Die Einbringung ist zu dem Zeitpunkt erbracht, in dem die Einbringung tatsächlich vollzogen ist. Die von der Finanzverwaltung in der Vergangenheit gelegentlich akzeptierte kurzfristige Rückwirkung von einem Monat bis zu 6 Wochen dürfte damit überholt sein. ♦ 26.05.2015 189 Einbringungsvorgänge Ausübung des Wahlrechts (Buchwert, Zwischenwert, gemeiner Wert) Das der Gemeinschaftspraxis zustehende Wahlrecht ist als ausgeübt anzusehen, wenn die Gemeinschaftspraxis die Steuererklärung für das Jahr, in dem die Einbringung stattgefunden hat, einschließlich der zugehörigen Bilanz, beim Finanzamt eingereicht hat. ♦ Aus der Bilanz oder der Steuererklärung muss sich ergeben, welchen Einbringungszeitpunkt die Personengesellschaft wählt, inwieweit die in dem eingebrachten Vermögen ruhenden stillen Reserven aufgelöst werden und mit welchem Wert die eingebrachten Wirtschaftsgüter und Schulden demnach anzusetzen sind. ♦ Für die steuerliche Behandlung des Einbringungsvorgangs beim Einbringenden ist ausschließlich die tatsächliche Bilanzierung durch die Gemeinschaftspraxis in der Eröffnungsbilanz maßgebend. ♦ Der Wert, mit dem das als Veräußerungspreis (§ 24 Abs. 3 UmwStG) eingebrachte Betriebsvermögen in der Eröffnungsbilanz der Gemeinschaftspraxis einschließlich der Ergänzungsbilanzen der Gesellschafter angesetzt wird, gilt für den Einbringenden als Veräußerungserlös. ♦ 26.05.2015 190 Einbringungsvorgänge Einbringung zum Buchwert Buchwert ist der Wert, mit dem der Einbringende das eingebrachte Betriebsvermögen im Zeitpunkt der Einbringung nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung anzusetzen hat (§ 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG). Der Einbringende hat auf den Zeitpunkt der Einbringung eine Schlussbilanz aufzustellen, die neu errichtete Personengesellschaft muss eine Eröffnungsbilanz aufstellen. Bei der Buchwertfortführung werden keine stillen Reserven aufgedeckt, folglich entsteht auch beim Einbringenden kein Gewinn. erst bei der zukünftigen Veräußerung oder Entnahme der Wirtschaftsgüter unterliegen diese Gewinne der Besteuerung. 26.05.2015 191 Einbringungsvorgänge EP Dr. Alt Anlagevermögen Umlaufvermögen Praxiswert Buchwert 10 5 0 Bilanz zum 31.12. Gem. Wert (30) Kapital (5) (65) 15 15 15 Alternative 1: GMP Dr. Alt / Neu Anlagevermögen Umlaufvermögen Praxiswert Bank Buchwert 10 5 0 100 115 Bilanz zum 01.01. Gem. Wert t (30) Kapital Alt (5) Kapital Neu (65) 15 100 115 26.05.2015 192 Einbringungsvorgänge Einbringung zum Buchwert Um die Kapitalkonten der Gesellschafter im richtigen Verhältnis zueinander auszuweisen, empfiehlt sich jedoch folgende Lösung, die von der Finanzverwaltung ausdrücklich zugelassen ist (Tz. 24.14 UmwStGE). Das eingebrachte Betriebsvermögen ist nach wie vor in der Bilanz der Personengesellschaft einschließlich der Ergänzungsbilanz für ihre Gesellschafter mit seinem Buchwert angesetzt, sodass sich für den einbringenden Gesellschafter Alt kein Veräußerungsgewinn ergibt. Die Minderwerte in der Ergänzungsbilanz werden bei abnutzbaren Gegenständen des Anlagevermögens in der Regel mit der Abschreibung realisiert, im Übrigen in der Regel bei der Veräußerung dieser Gegenstände, spätestens jedoch bei der Liquidation der Personengesellschaft. Die sich dabei ergebenden Gewinne sind Teil des laufenden Gewinns, der normal zu versteuern ist. 26.05.2015 193 Einbringungsvorgänge Alternative 2: GMP Dr. Alt / Neu Anlagevermögen Umlaufvermögen Praxiswert Bank Buchwert 30 5 65 100 Bilanz zum 01.01. Gem. Wert (30) Kapital Alt (5) Kapital Neu (65) 200 100 100 200 Dr. Alt Anlagevermögen Umlaufvermögen Praxiswert negative Ergänzungsbilanz Buchwert 20 0 65 85 zum 01.01. Minderwert 85 85 26.05.2015 194 Einbringungsvorgänge Einbringung zum gemeinen Wert Die Einbringung einer Einzelpraxis oder eines Mitunternehmeranteils zum gemeinen Wert gilt als Veräußerung i.S.d. § 16 EStG, weil alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang auf einen Erwerber übertragen werden und außerdem die bisher im Einzelunternehmen entfaltete freiberufliche Betätigung endet. Dies gilt auch dann, wenn der bisherige Einzelunternehmer maßgeblich an der Personengesellschaft beteiligt ist, denn rechtlich wird nicht das bisherige Unternehmen unverändert fortgeführt, sondern durch ein neues Steuersubjekt, nämlich die Personengesellschaft abgelöst. Der Veräußerungsgewinn ist gemäß § 16 Abs. 4 und § 34 EStG begünstigt. Die Steuerermäßigung gem. § 34 Abs. 1 EStG (Fünftelregelung) erhält der einbringende Einzelunternehmer von Amts wegen. Stellt er einen Antrag nach § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG, erhält er den ermäßigten Steuersatz. Zu beachten ist, dass der ermäßigte Steuersatz nur einmal im Leben gewährt wird (§ 34 Abs. 3 Satz 4 EStG). Dabei ist die Inanspruchnahme des § 34 EStG in Veranlagungszeiträumen vor dem 01.01.2001 nach § 52 Abs. 47 Satz 6 EStG unbeachtlich. 26.05.2015 195 Einbringungsvorgänge 26.05.2015 196 Einbringungsvorgänge Einbringung zum Zwischenwert Zwischenwert ist jeder Wert, der über dem Buchwert und unter dem gemeinen Wert liegt. Eine Bewertung mit einem Zwischenwert liegt aber nur vor, wenn in der Bilanz der Personengesellschaft einschließlich der Ergänzungsbilanzen der Gesellschafter die angesetzten Werte höher als die Buchwerte und niedriger als die gemeinen Werte sind. 26.05.2015 197 Einbringungsvorgänge 26.05.2015 198 Einbringungsvorgänge Erfolgt die Einbringung zu Buchwerten mit Zuzahlung, werden die steuerrechtlichen Tatbestände der Veräußerung und der Einbringung von Betriebsvermögen miteinander verbunden. Der Betrieb wird in die Personengesellschaft durch den bisherigen Inhaber zwar in vollem Umfang, aber teilweise für eigene Rechnung und teilweise für Rechnung eines Dritten, nämlich des künftigen Mitgesellschafters, eingebracht, der dafür dem Einbringenden ein Entgelt zahlt (Zuzahlung). Eine Zuzahlung liegt in folgenden Fällen vor: • Barzahlung ins Privatvermögen. • Barzahlung ins Betriebsvermögen des Einzelunternehmers, der Betrag wird jedoch alsbald vom bisherigen Einzelunternehmer entnommen, der Betrag ist also nicht zur betrieblichen Verwendung im Rahmen der Personengesellschaft bestimmt. Ein Indiz dafür ist auch, wenn bei der Bemessung des Gewinnanteils des bisherigen Einzelunternehmers auf seinen ihm noch verbliebenen Kapitalanteil abgestellt wird. • Tilgung einer zugunsten des Einbringenden begründeten Verbindlichkeit der Personengesellschaft. 26.05.2015 199 Einbringungsvorgänge 26.05.2015 200 Einbringungsvorgänge 26.05.2015 201 Einbringungsvorgänge Einbringung mit Zuzahlung zu gemeinen Werten Wird ein Gesellschafter in ein bestehendes Einzelunternehmen aufgenommen, ist es zivilrechtlich nach Auffassung des BFH möglich, den praktisch zeitgleich erfolgenden Einbringungs- und Veräußerungsvorgang auch so zu sehen: • Zuerst erfolgt die Einbringung des gesamten Einzelunternehmens in die Personengesellschaft, • danach (eine logische Sekunde nach der Einbringung!) veräußert der bisherige Einzelunternehmer einen Teil seines Mitunternehmeranteils an den neuen Gesellschafter. Diese Reihenfolge ermöglicht es dem Einbringenden, die Tarifbegünstigung dem §§ 16, 34 EStG für das gesamte eingebrachte Vermögen in Anspruch zu nehmen. 26.05.2015 202 Einbringungsvorgänge Setzt die Personengesellschaft die Wirtschaftsgüter des eingebrachten Einzelunternehmens mit dem gemeinen Wert an, ist die Tarifbegünstigung des § 24 Abs. 3 Satz 2 EStG i.V.m. §§ 16, 34 EStG auch insoweit zu gewähren, als eine Zuzahlung in das Privatvermögen des Einbringenden erfolgt. § 24 Abs. 3 UmwStG setzt nicht voraus, dass für die Einbringung des Betriebs ausschließlich Gesellschaftsrechte gewährt werden. Es reicht nach dem Zweck der Vorschrift aus, dass alle stillen Reserven des eingebrachten Betriebs aufgelöst werden. Soweit allerdings der bisherige Einzelunternehmer an der Personengesellschaft beteiligt ist, greift die Ausnahmeregelung des § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG ein. insoweit ist der Veräußerungsgewinn nicht begünstigt, sondern muss als laufender Gewinn versteuert werden. 26.05.2015 203 Einbringungsvorgänge 26.05.2015 204 4. Teilentgeltliche Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter, BFH vom 19.03.2014 Einheits-, Trennungs- und modifizierte Trennungstheorie Der BFH hat das BMF in einem Rechtsstreit zum Beitritt aufgefordert, in dem es um die steuerliche Behandlung einer teilentgeltlichen Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter geht. Das BMF soll dabei insbesondere zu der vom IV. Senat des BFH vertretenen sog. modifizierten Trennungstheorie Stellung nehmen (BFH Beschluss vom 19.03.2014 - X R 28/12). Fragen an das BMF: Liegt dem Streitfall ein teilentgeltlicher Vorgang oder aber eine vollentgeltliche Übertragung in Gestalt einer Einbringung gegen Mischentgelt zugrunde? Unterstellt, es sei der vom IV. Senat des BFH zur Behandlung teilentgeltlicher Vorgänge vertretenen „modifizierten Trennungstheorie“ zu folgen: Käme es hierdurch zu Schwierigkeiten bei der Besteuerung des Erwerbers des teilentgeltlich übertragenen Wirtschaftsguts? Unterstellt, es sei der vom IV. Senat des BFH zur Behandlung teilentgeltlicher Vorgänge vertretenen „modifizierten Trennungstheorie“ zu folgen: Welche Auswirkungen hätte dies für die Beurteilung teilentgeltlicher Übertragungen von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens? Welche Argumente sprechen aus Sicht des BMF für die von ihm vertretene „strenge Trennungstheorie“? Haben Sie noch Fragen oder Anregungen ? Ich stehe Ihnen jetzt gern zur Verfügung ! 206
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