Historischer Verein Wolfratshausen e.V. ___________________________________________________________________________ ! ! ! ! 10.5.2015 – Zur Gedenkveranstaltung an die Bücherverbrennung 1933 Bruno Balz (1902–1988) Miria Samhammer und Lisa Napiletzki, Gymnasium Geretsried ! ! Ob mein Vater sich gefreut hat, als er 1902 seinen ersten Sohn gekriegt hat? Ob er wohl gehofft hat, was er wohl gedacht hat – dass ich braver Bürger werde und das deutsche Volk verehre? Doch es zieht mich, reißt mich, drängt mich, – drängt nach Freiheit! möchte dichten, möchte schreiben – ich kann dichten! ich kann etwas erreichen ich merke, ich bin anders, fühle es, bin doch nicht sicher sehe nur dein blondes Haar, deine starken Knabenarme die mich halten, die mich tragen in ein Land in Zukunftstagen voller Hoffnung, das zu tun und der zu sein – Pfiff „Halt! Unzucht! Auseinander!“ Bin ich falsch? Wie kann das sein? Wer bin ich? Was will ich? Was tu ich? Was fühl ich? Was ist das? … Liebe … … ja, Liebe Kann denn Liebe Sünde sein? Herr Hitler, kann denn Liebe Sünde sein? … Abgeführt und im Gefängnis, Tag für Tag schleppt sich die Zeit Dann – frei, ich bin frei! Frei – ich bin nicht frei, ich bin nicht. Kein Bild, kein Name – kein Bruno? Aber hier steh ich doch, ich bin, und ich dichte Meine Texte, überall: An jeder Ecke, auf den Straßen, in den Häusern, im KZ … Denn den brauchen sie, den Dichter, Texte, Lieder, die mit bunten Melodien das Braun des Krieges überdecken und in den Leuten ______________________________________________________________________________________________ Historischer Verein Wolfratshausen e.V. ___________________________________________________________________________ !! ! falsche Leidenschaft erwecken Doch vielleicht so manchen Menschen auch ein bisschen Hoffnung schenken Menschen, die genau wie ich nicht tuen durften, was sie wollten – Bruno und Selma Balz – „Sie dürfen die Braut jetzt küssen!“ Die nächsten Jahre leb ich, dicht ich, überlebe. Dann die Feier in meiner Wohnung viele Menschen, und ein Jüngling lockt mich, flirtet und er zieht mich mit sich in die dunkle Kammer In der Dunkelheit die Hoffnung das zu tun und der zu sein – Pfiff und sie springen aus den Schränken schwarz auf weiß – der Beweis blonder Jüngling – brauner Nazi Reingefallen. Folter im Gestapokeller dann die Aussicht aufs KZ Doch halt, das geht nicht denn man braucht mich! Wer soll sonst für Freude sorgen, Mut und Geist der Leute stärken? Und so bekam ich eine Chance Hits zu schreiben, Goebbels zu zeigen, dass meine Worte zu wertvoll sind um sie dem Tod zu schenken. So sitz ich und schreib ich und denke, dass bald ein Wunder geschieht Ja, ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehn. Ein Wunder geschieht – ich überlebe. Er überlebte. Fünf Jahre später, der Krieg ist vorbei. „Fachmann für Durchhalteparolen! Hitlers Hitschreiber Nr. 1!“ Angeklagt von den Alliierten für das, wozu er gezwungen wurde. Freigesprochen als Bezwinger von Nazi-Zwängen. 1988: Bruno Balz stirbt. 1994: Der Paragraf 175 wird abgeschafft. ! !! ____________________________________________________ !! Diese PDF-Datei ist Bestandteil der Website www.histvereinwor.de. Bei Zitaten daraus bitte immer diese Quelle angeben. ln/ms/avk–6/2015 ______________________________________________________________________________________________
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