Wurde Willi Balz aufs Kreuz gelegt? Wolfschlugener Windkraft-Pionier sieht seine Reputation nach einer Rechtsschrift „voll wiederhergestellt“ Nimmt der Insolvenz-Fall Willi Balz eine unerwartete Wende? Trifft ein Bericht, der vor Kurzem in der Schweizer „SonntagsZeitung“ erschien, zu, dann scheint das nicht völlig aus der Welt. Auf jeden Fall glaubt der Gründer der Firma Windreich fest daran. Von Jürgen Gerrmann Rene Zeyer ist einer der renommiertesten Wirtschaftsjournalisten in der Schweiz. Der gebürtige Berliner veröffentlichte nun vor Kurzem in der Schweizer „SonntagsZeitung“, die mit einer Auflage von 201 734 Exemplaren erscheint, einen Artikel, der durchaus auch für die Insolvenz des Wolfschlugener Unternehmers Willi Balz und seiner Windreich GmbH von Brisanz sein dürfte. Titel: „Ein gerissener Anwalt und die gewiefte Bank Sarasin“. Wie gesagt: Zeyer ist nicht irgendwer. Mit seinen Büchern „Bank, Banker, Bankrott“ und „Armut ist Diebstahl“ schaffte er es in die Bestseller-Liste des „Spiegel“, und in der Eidgenossenschaft genießt er auch großes Renommee als Sprecher der vom Konkurs der US-Investment-Bank Lehman Brothers geschädigten Bürger. Wenn er an solch prominenter Stelle (die „SonntagsZeitung“ hat immerhin eine um 75 000 Exemplare höhere Auflage als die Sonntags-Ausgabe der „Neuen Zürcher Zeitung“) einen Artikel publiziert, kann man den wohl zumindest nicht von vornherein als Hirngespinst abtun. Eine zentrale Rolle spielt dabei eine „Rechtsschrift“, die Volker Grub, der von Zeyer als „Doyen der deutschen Insolvenzrechtler“ bezeichnet wird und unter anderem die Verfahren um die Traditionsunternehmen Bauknecht, Bleyle, Hahn+Kolb, Kreidler und Südmilch leitete, erarbeitete und in der er im Zusammenhang mit Professor Stefan Simon, einem Partner der in Bonn angesiedelten Großkanzlei Flick Gocke Schaumburg (FGS), gravierende Sachverhalte darstellt, die er als „versuchte Untreue und Parteiverrat in mehreren Fällen“ wertet. Zeyer weist in seinem Artikel (wie auch wir in diesem Text) darauf hin, dass für Simon, der auch im Dienste großer deutscher Energieversorger stehe und auch die Interessen der Schweizer Privatbank J. Safra Sarasin (die Balz den Geldhahn zugedreht und damit die Insolvenz der Windreich ausgelöst hatte) vertrete, die Unschuldsvermutung gilt. Grub wollte übrigens keinen Cent für seine 17-seitige Schrift, zu der auch noch neun Seiten offenkundig streng vertraulicher Dokumente (von denen nicht klar ist, wie sie in die Hände Grubs gelangten) kommen. Warum das? „Es gibt offensichtlich noch ehrliche Menschen in diesem Land, die an der Wahrheit interessiert sind“, sagt Balz selbst: „Ich habe kein Budget mehr für so was.“ Zeyer wirft (wie auch Grub) Stefan Simon vor, aus der Windreich-Insolvenz 200 Millionen Euro für sich selbst als „Kickback“ erzielt haben zu wollen. Zeyer zitiert dabei eine in den Anlagen Grubs enthaltene mit der Wichtigkeit „hoch“ eingestufte E-Mail vom 26. Oktober 2013 (gesendet um 14.11 Uhr). Darin ging es um das Thema „,Beteiligung‘ Stefan sauber regeln“. Professor Dr. Thomas Koblenzer (der in Düsseldorf und Zürich eine Kanzlei für Steuerrecht führt) schrieb darin (so zumindest der von Grub vorgelegte Text): „Wir müssen mal überlegen, wie wir das machen, damit wir auf die 10 % für Stefan kommen, ohne dass Stefan Probleme bekommt und das steuerlich aufpoppt. Ich könnte mir vorstellen, dass wir aus dem Eagle Trust ein CashDeposit bei der NBA machen und Stefan über diese Bank ein Nonrecourse-Darlehen mit einem lächerlichen Zins bekommt. Das Darlehen kann er dann bis zum St. Nimmerleinstag stehen lassen . . . Wir reden ja hier von enormen Summen, die wir erwarten. Wenn wir z.B. die schweizer Holding AG mit 2 Milliarden Euro ausstatten, dann müsste Stefan 200 Millionen Euro zeichnen.“ „Zur Umsetzung dieses kühnen Plans musste Windreich insolvent gehen“, sagt Balz heute. führung der Firma über einen Insolvenzplan torpediert.“ Dafür erhalte er nach wie vor „hohe sechsstellige Honorare pro Monat“. Apropos Sarasin: Laut Zeyer haben mehrere deutsche Anwälte Schadensersatzforderungen und Strafanzeigen gegen das Kreditinstitut angekündigt. Vorwurf: Die Bank habe eigenen Kunden Anleihen der Windreich „ins Portefeuille gelegt“, obwohl sie gleichzeitig schon das Insolvenzverfahren gegen die Wolfschlugener vorbereitet habe. Zudem habe sie ihren Kunden verschwiegen, dass sie Kredite in Richtung Filder vergeben habe. Von einer anderen Baustelle kann Willi Balz zumindest kleine Erfolge vermelden: „Im Vorfeld dieser Enthüllungen ist es mir gelungen, mit allen GläubigerBanken außer der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen eine weitere Vernichtung meines Vermögens durch Zwangsversteigerungen meines Privatvermögens abzuwenden.“ Einige Zwangsversteigerungen wurden zunächst abgewendet Staatsanwaltschaft bestätigt: „Wir befassen uns mit der Sache“ Aber wie kam er dann auf die Idee, so jemand mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu betrauen? „Ich habe ihn engagiert mit dem Ziel, Sarasin und andere Banken ruhigzustellen. Getan hat er wohl das genaue Gegenteil“, meint der Windkraft-Pionier. Laut Zeyer gehörte es zu Simons Plan, Balz als Geschäftsführer auszuschalten. Er habe das dadurch geschafft, dass er dem Wolfschlugener gesagt habe, sonst werde die Insolvenz in Eigenverwaltung, die der Unternehmensgründer nach dem von der Sarasin Bank nicht mehr verlängerten 70-Millionen-Euro-Kredit angestrebt hatte, nicht genehmigt. Laut dem Wirtschafts-Journalisten habe Simon Balz „verleitet, alle seine Gesellschaften auf eine Treuhandgesellschaft im Besitz von Simon zu übertra- „Ich gebe nach wie vor nicht auf“: Willi Balz in seinem Büro in Wolfschlugen. gen und ihm eine Generalvollmacht zu erteilen“. Zudem habe Simon selbst Geschäftsleiter der in der Schweiz angesiedelten Projektgesellschaft werden wollen, die ihm dann ein Gehalt von immerhin jährlich 2,5 Millionen Euro hätte auszahlen sollen. Grub legte auch einen entsprechenden Vertragsentwurf vor. Nun hat Willi Balz nach Einschätzung einiger in den vergangenen Jahren ja einiges erzählt, was der Überprüfung zumindest nicht hundertprozentig standhielt. Aber dieses Mal kann er offenkundig einige Belege präsentieren: „Die Dokumente Dr. Grubs liegen bei den Behörden, die von Amts wegen ermitteln“, jg sagt er zum Beispiel. Und Claudia Krauth, die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart, bestätigt unserer Zeitung immerhin: „Wir haben das Schreiben bekommen und gucken uns gerade an, wie wir damit umgehen.“ Mit dem Abschluss des Verfahrens gegen Willi Balz und einige andere (unter anderem den früheren baden-württembergischen Wirtschaftsminister Dr. Walter Döring) sei indes vermutlich nicht vor Beginn des nächsten Jahres zu rechnen. Was Balz ärgert: „Noch heute berät Simon den jetzigen Insolvenzverwalter Dr. Blümle intensiv und hat bisher gemeinsam mit der Sarasin-Bank jegliche Fort- Ein Indiz dafür, dass das stimmt und der 55-Jährige nun etwas mehr Luft hat, könnte sein, dass die für 19. Mai angekündigte Versteigerung seines auf dem Mieminger Plateau gelegenen Hotels Holzleiten zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben wurde, wie uns die zuständige Richterin am Bezirksgericht Silz in Tirol bestätigte. Zumindest die Hypo Vorarlberg scheint also noch eine Weile stillzuhalten. Was erhofft sich Balz denn nun für die nächsten Wochen und Monate? „Zunächst einmal faire Werte für die Realisierung all meiner Offshore-Projekte. Parallel dazu werde ich versuchen, wenigstens einen Teil der spektakulär hohen Schäden zurückzuholen – auch im Interesse der Anleihezeichner. Dabei handelt es sich allerdings um eine Summe, die alle Manager-Haftpflichtversicherungen bei Weitem übersteigt. Vor allem sehe ich mich jetzt auf meinem Weg als Pionier der Energiewende bestärkt und meine Reputation wieder voll hergestellt. Denn eins ist klar – um eine zwei Milliarden schwere Firma zu klauen, musste erst einmal der rechtmäßige Firmeninhaber auch reputationsmäßig kaltgestellt werden.“ Gegenüber Rene Zeyer lehnten übrigens sowohl Rechtsanwalt Simon als auch die Anwaltskanzlei FGS und die Bank J. Safra Sarasin jegliche Stellungnahme ab.
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