Heinrich Hansen Haus Bildungsarbeit beendet Der Beschluss des Bundesvorstandes und des Gewerkschaftsrates der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), das Heinrich Hansen Haus in Lage-Hörste zum 31.12 2015 zu schließen bzw. zu verkaufen, hat Empörung und Proteste bei vielen Gewerkschaftsmitgliedern und in der interessierten Öffentlichkeit ausgelöst. Angeblich waren Investitionen in Höhe von drei bis vier Millionen Euro erforderlich, um Auflagen von staatlichen Stellen zu erfüllen. Die verantwortlichen Funktionäre in den zuständigen Abteilungen beim ver.di-Bundesvorstand haben sich offensichtlich nicht bemüht, rechtzeitig in Verhandlungen mit den Behörden nach erträglichen finanziellen Lösungen zur Beseitigung der angeblichen baulichen Mängel zu suchen. Der behauptete Investitionsbedarf war wohl auch deshalb gestiegen, weil in den vergangenen Jahren nicht im erforderlichen Umfang in die Erhaltung und Verbesserung der Bildungsstätte investiert wurde. Die Kosten wurden zum Anlass genommen, die Trennung von der gewerkschaftlichen Bildungseinrichtung zu beschließen. Eine Entscheidung wie in der Privatwirtschaft: Kosten zu hoch – weg damit! Gewerkschaftliche Bildungseinrichtungen erfordern immer finanzielle Unterstützung und Engagement. Das zeigt auch die Geschichte des Heinrich Hansen Hauses. Vor mehr als 60 Jahren waren es Mitglieder der IG Druck und Papier in Ostwestfalen, die mit Aktivitäten in ihrer Freizeit den Bau des Hauses einleiteten. Zunächst war geplant, ein Jugend-, Wander- und Ferienheim zu bauen. Aber die Pläne für die Gestaltung und Nutzung der Einrichtung wuchsen. Am 17. Juli 1954 wurde das „Bergheim Hörste“ offiziell eingeweiht. Der Vorsitzende der IG Druck und Papier, Heinrich Hansen, dessen Name das Heim in späteren Jahren erhalten sollte, würdigte in seiner Eröffnungsansprache den Wagemut und Idealismus der zahlreichen Kollegen und Kolleginnen, die durch ihren Einsatz zur Vollendung des Werkes beigetragen hatten. In den folgenden Jahren wurden trotz finanzieller Belastungen immer wieder bauliche Maßnahmen zur Erweiterung und Modernisierung des Hauses durchgeführt. Schließlich wurde das Heinrich Hansen Haus als zentrale Bildungseinrichtung der IG Druck und Papier genutzt. Nachdem in Springen im Taunus im Jahre 1967 ein neues, großes Bildungszentrum gebaut worden war, mussten neue Prioritäten gesetzt werden. Durch Beschluss des Hauptvorstandes der IG Druck und Papier wurde im Mai 1974 mit Beteiligung der Städte Bielefeld, Detmold und Lage die Heimvolkshochschule Heinrich Hansen e.V. gegründet. Das Haus wurde aber weit überwiegend weiterhin als Schulungs- und Erholungsheim für die Mitglieder der IG Druck und Papier genutzt. Ab 1979 wurde ein neues „Institut für Arbeitnehmerbildung e.V.“ aktiv, das mit weiteren Angeboten die gewerkschaftliche Bildungsarbeit verstärkte. Leben und Arbeit im Heinrich Hansen Haus sind von sehr engagierten Kollegen und Kolleginnen entwickelt und gestaltet worden. So entstand in mehr als 60 Jahren nicht nur eine erfolgreiche und sehr beliebte Bildungseinrichtung. Hörste wurde auch zu einem Zentrum gewerkschaftlicher Kulturarbeit. Nicht nur beruflich engagierte Künstlerinnen und Künstler bereicherten mit Ausstellungen, Musik, Tanz und Diskussionen die gewerkschaftlichen Beratungen. Auch viele Kolleginnen und Kollegen aus den Betrieben zeigten ihre künstlerischen Ambitionen. So wurden im Jahre 1981 erstmals die „Hörster Kulturtage“ veranstaltet. Thema: „Menschen- 1 würde im Betrieb“. Viele Hundert Kolleginnen und Kollegen beteiligten sich auch in den folgenden Jahren. In Hörste wurden viele Ideen und Initiativen geboren und weiterentwickelt. Mit den Erkenntnissen aus den Schulungsveranstaltungen wurden oft konkrete Aktionen zur Veränderung der bestehenden sozialen und gesellschaftlichen Verhältnisse verabredet und eingeleitet. So entstand beispielsweise Anfang der 1980er Jahre eine Kooperation mit gewerkschaftlichen Arbeitsloseninitiativen. 1984 wurde das erste bundesweite Treffen gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen in Hörste durchgeführt. Es wurden eine Koordinierungsstelle für gewerkschaftliche Arbeitsloseninitiativen und ein Förderverein gewerkschaftliche Arbeitslosenarbeit e.V. gegründet, um politische Bildungsveranstaltungen für Arbeitslose anbieten zu können. Trotz vieler Widerstände und Bedenken im DGB und in einigen Einzelgewerkschaften hat der engagierte Einsatz unserer Kollegen in Hörste bundesweit eine bessere Koordination und Zusammenarbeit ermöglicht. Nach einer baulichen Erweiterung des Heinrich Hansen Hauses wurde im Jahre 1991 eine EDV-Schule gegründet. Die erstklassige Ausstattung der technischen Einrichtung ermöglichte eine breite Angebotspalette, die eine große Nachfrage nicht nur bei den Mitgliedern der IG Medien auslöste. Begehrt waren auch Seminare zur beruflichen Qualifizierung von Journalistinnen und Journalisten und Beschäftigtenseminare für Funktionäre und Verwaltungsangestellte der IG Medien. Erinnert werden muss auch an die Einrichtung eines Hörfunkstudios, in dem zahlreiche Beiträge für den Lokalfunk in Lippe produziert wurden. Die Beendigung der Bildungs- und Kulturarbeit im Heinrich Hansen Haus ist für viele Menschen unvorstellbar. In Erinnerung lebt das vorbildliche Engagement vieler Kolleginnen und Kollegen, das unvergesslich bleibt. Beispielhaft gekämpft haben sie für die positive Entwicklung, für Ausbau und Fortbestand der Einrichtung: Heinrich Hollmann, Helmut Westerwelle, Holger Menze, Loni Mahlein und viele andere. Sie hatten die Zukunft in Hörste gesichert. Das Heinrich Hansen Haus war kein Hotelbetrieb. Dort waren Kolleginnen und Kollegen beschäftigt, die durch ihre Arbeit und ihren Einsatz die gewerkschaftlichen Ziele unterstützt haben. Sie waren Teil der vielen Erfolge, die durch das Engagement in der Bildungsstätte erzielt wurden. Ihnen gebührt Dank und Anerkennung für die vorbildliche Zusammenarbeit. Was bleibt? Es sind vor allem gute Erinnerungen an bessere Zeiten in der Gewerkschaft! Politische und berufliche Bildungsarbeit hatten Priorität. Das scheint nun vorbei zu sein. Ver.di hat 25 Arbeitsplätze und eine bewährte Einrichtung für gewerkschaftliche Aktivitäten vernichtet. Franz Kersjes Stimmen zum Haus https://youtu.be/N5RZq438RW4 Buchempfehlung Dorothea Müller, Holger Menze, Jörg Wollenberg (Hrsg.) Das Wunder von Hörste 50 Jahre politische Bildung Ein Lese-Bilder-Buch VSA-Verlag; 240 Seiten; 14.80 Euro www.vsa-verlag.de/detail/artikel/das-wunder-von-hoerste/ 2
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