Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Urs Kindhäuser Probeklausur I zur Vorlesung Strafrecht I (Zwischenprüfung) I. Fall 1: Der Feuerwehrmann F wirft ein im Obergeschoss eines Hauses von Flammen eingeschlossenes Kind, das zu ersticken droht, mangels anderer Rettungsmöglichkeit aus dem Fenster, wodurch es von Helfern lebend, aber mit erheblichen Verletzungen aufgefangen werden kann. 1. Was ist unter dem Begriff der „Risikoverringerung“ zu verstehen? 2. Welche Folge hat es bei der Deliktsprüfung, wenn die Voraussetzungen einer „Risikoverringerung“ erfüllt sind? 3. Sind die Voraussetzungen einer „Risikoverringerung“ in Fall 1 erfüllt? II. Fall 2: Haustyrann H pflegt, wenn er in stärkerem Maße Alkohol genossen hat, seine ihm körperlich weit unterlegene Ehefrau E zu verprügeln. Als H eines Abends wieder einmal zur Flasche greift, schlägt ihn E vorsorglich mit einem Besenstiel bewusstlos. Hilfe hätte A nicht rechtzeitig herbeiholen können; fliehen wollte sie nicht, weil sie sonst ihr zweijähriges Kind K hätte unversorgt allein lassen müssen. In Fall 2 ist zu unterstellen, dass E den Tatbestand einer Körperverletzung (§ 223 StGB) verwirklicht hat. Zu prüfen ist, ob zugunsten der E § 32 oder § 34 StGB eingreifen? III. Fall 3: Auf dem nächtlichen Weg nach Hause begegnet dem mit einer Pistole bewaffneten P der harmlose Spaziergänger S. Im Vorbeigehen stolpert S. P deutet dieses Verhalten irrig so, als wolle S ihn mit räuberischer Absicht angreifen, zieht schnell seine Pistole und schießt dem S in das rechte Bein. Nach Lage der Dinge wäre dieses Vorgehen zur Abwehr eines Angriffs auch erforderlich gewesen. In Fall 3 ist zu unterstellen, dass P den Tatbestand der schweren Körperverletzung (§ 224 StGB) verwirklicht hat. Zu prüfen ist, ob P (nur hinsichtlich § 224 StGB) auch rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat? IV. Fall 4: X schießt aus dem Hinterhalt auf Y, um diesen zu töten. Als Y stürzt, glaubt X, ihn tödlich getroffen zu haben. Doch zur Überraschung des X springt Y plötzlich auf und rennt davon. Obgleich X annimmt, den Y noch durch die Abgabe eines weiteren Schusses treffen zu können, lässt er ihn aus Mitleid entkommen. Hat sich X nach §§ 212, 22 f. StGB strafbar gemacht? Es ist davon auszugehen, dass X rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat. V. Fall 5: B fordert den M auf, einen tödlichen Schuss auf W abzugeben. M schießt zwar, glaubt aber irrig, es handele sich bei der Aufforderung um einen Scherz, da er den W im Halbdunkel für eine Vogelscheuche hält. W wird tödlich getroffen. Hat sich B, der annimmt, M habe den tödlichen Schuss bewusst und gewollt abgegeben, (ggf. wegen Beteiligung) nach § 212 StGB strafbar gemacht?
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