Wie man sich auf eine Verhandlung erfolgreich vorbereitet Wir werden immer wieder von unseren Kunden gefragt, wie man sich „richtig“ auf eine Verhandlung vorbereitet. Unsere Checkliste „Verhandlungsvorbereitung“ gibt über die Themen Auskunft, die man beim Verhandeln berücksichtigen soll – allerdings schlummert die Tücke im Detail. Wir stellen Ihnen daher in diesem Artikel die unterschiedlichen Anforderungen vor, wenn ich mich a) positionell (auf einen Kompromiss ausgerichtet) oder b) interessenbasiert auf eine Verhandlung vorbereite. © Fotolia.com Checkliste Verhandlungsvorbereitung Verhandlungsgegenstand Was wird verhandelt? (Zahlen, Daten, Fakten) Was ist verhandelbar? Problembeschreibung/Vorgeschichte/Hintergründe: Alle Informationen rund um die bisherigen Geschäftsbeziehungen. Erfolge und Misserfolge werden gleichwertig berücksichtigt. Welche Informationen wurden bereits ausgetauscht, was fehlt? Informationen über Verhandlungspartner: Wer wird mir gegenübersitzen(eine oder mehrere Personen)? Rolle im Unternehmen, Mandat? Eigene Interessen / Ziele / Teilziele Interessen / Ziele der anderen Seite Lösungsvarianten / Optionen Eigene Beste Alternative / Beste Alternative des Verhandlungspartners Was habe ich, wenn die Verhandlung scheitert? Wie valide sind meine Ausweichszenarien bzw. will ich diese Karte „ziehen“ falls nötig? Zukunftsperspektiven / Langfristigkeit der Beziehung Organisatorischer Rahmen, Interne Absprache Positionelle Vorbereitung Im Vordergrund meiner Vorbereitung steht mein Ziel, das ich erreichen möchte. Ich investiere viel Zeit, um die für mich beste Lösung zu entwickeln und zu kalkulieren. Der Aspekt zu gewinnen spielt ebenfalls eine Rolle. Der positionelle Verhandler betrachtet die Verhandlung als „Schlacht“ oder Kampf, den es zu gewinnen gilt. Manches Mal wird auch zu Gunsten eines schnellen Sieges ein längerfristiger Verlust in Kauf genommen. Die Lösung ist bis auf die letzte Detailierungsebene fertig beschrieben und kalkuliert. Für jede „Position“ auf meiner Lösung habe ich mir den Verhandlungsspielraum ausgerechnet und in der Organisation das Pouvoir für den Verhandlungsspielraum erhalten. Jede Position wird mit Argumenten hinterlegt, warum dieser Preis richtig ist bzw. warum es gerade dieses Feature sein muss. Die Qualität der Vorbereitung wird vor allem daran gemessen, ob man genug Argumente als „Munition“ hat. Je größer der eigene Verhandlungsspielraum, desto vermeintlich leichter ist die Verhandlung. Manchmal hat der Verhandler vom Hintergrund, warum genau diese Lösung verhandelt werden soll, im Detail keine Ahnung, da die Techniker oder Entwickler im Hintergrund dafür verantwortlich waren. Es ist auch wenig interessant für den Verhandler, er hat seine Vorgaben, und die versucht er zu erreichen. Für den, der verhandelt, ist es vor allem wichtig, Sicherheit und Macht auszustrahlen. Das wird mit verschiedenen mehr oder weniger fairen Taktiken erreicht. In der Vorbereitung versucht man dafür möglichst alle Schwachpunkte der anderen Seite zu finden und ist meist auch bereit, diese in der Verhandlung „elegant“ auszuspielen. Meist unter zu Hilfenahme von ein paar verbalen „Querschlägern“ die dann mehr oder weniger elegant beim Gegenüber ankommen. Dieser ignoriert diese taktischen Manöver oder reagiert darauf, was recht häufig zu einer Emotionalisierung der Diskussion führt und in der Sache wenig Nutzen bringt. Ist man selbst vermutlich in der schwächeren Position, versucht man diesen Umstand so gut wie möglich zu tarnen und überlegt sich allerlei Argumente und Tricks, um diese Situation zu verschleiern. Meist planen positionelle Verhandler, relativ hart aufzutreten, ihre Position auf den Tisch zu knallen und damit die andere Seite gleich „in die Schranken zu weisen“. Die weniger archaische Variante ist der „Wolf im Schafspelz“, bei der man vordergründig freundlich auf tritt, nie die Tonlage verändert, aber trotzdem aus allen Rohren schießt; vordergründig freundlich, aber um nichts weniger unfair, als wenn die Person polternd auftritt. Fehler, die die andere Seite gemacht hat oder etwaige „Druckmittel“, die man gegen die andere Seite in der Hand hat, werden spätestens dann ausgespielt, wenn sich beim „Feilschen“ um den Preis die andere Seite zu wenig bewegt. Die bestmögliche Lösung ist ein Kompromiss, idealerweise besser für mich. Interessenbasierte Vorbereitung Im Zentrum der Vorbereitung steht das Erarbeiten von Interessen. Die Verhandler versuchen, die eigenen Interessen und die Interessen der eigenen Stakeholder, die in der Verhandlungsarena sitzen, zu erheben und zu priorisieren. Wesentlich dabei ist, dass am Ende des Prozesses keine konfliktären Interessen im Pool bleiben. Gemeinsam mit der eigenen Verhandlungsarena, wird überlegt, welche Interessen auf der anderen Seite zu erwarten sind. (Auch beim Verhandlungspartner sind wahrscheinlich mehrere Personen in die Verhandlung, zumindest indirekt, involviert und können das Ergebnis positiv wie negativ beeinflussen.) Im nächsten Schritt werden die Verhandlungsziele formuliert. Was soll erreicht werden? Beste Lösung? Bester Preis? Welche Komponenten müssen sonst noch berücksichtigt werden? (Vertrauensbasis, langjährige gemeinsame Erfahrung, Risikominimierung…) Aus all diesen Elementen formuliert man seine Verhandlungsziele und priorisiert sie. (Von jedem Ziel sollten der genaue Zweck und die Messkriterien, die angewendet werden, definiert sein). Im nächsten Schritt formuliert man die vermuteten Ziele der anderen Seite. Diese werden wahrscheinlich nicht im Detail vorliegen, sollten aber soweit bekannt oder schätzbar sein, dass daraus auch der Verhandlungsprozess entwickelt werden kann. Im nächsten Schritt überlegt man für alle Komponenten, die für die Verhandlung relevant sind, welche Lösungsvarianten aus Sicht der eigenen Partei möglich sind, unter welchen Bedingungen. Gleichzeitig bleibt man auch für Vorschläge der anderen Seite offen, die allerdings, bevor man sie akzeptieren kann, auch „berechnet“ werden müssen. Wesentlich sind dann noch die Rahmenbedingungen - oder das Big Picture - die es gilt, mit der anderen Seite zu vereinbaren: Kriterien wie: Fairness, ein langfristiges Ergebnis,… fallen in diesen Themenkomplex. Wenn alle Elemente vorhanden sind, entwickelt der interessenbasierte Verhandler noch eine strukturierte Vorgehensweise, die er seinem Verhandlungspartner als „Prozessvorschlag“ spätestens zu Beginn der Verhandlung übermittelt. Wesentliche Infos, die man noch vor der Verhandlung einholen sollte sind: Wer ist mein Verhandlungspartner (Rolle in der Organisation und Mandat)? Wie soll der Termin genutzt werden (Infosammlung, Vorschlag ausarbeiten oder abschließen wenn alles passt)? Wo findet die Verhandlung statt (Raumgröße, Verpflegung, Technik)? Der Hauptunterschied zwischen den beiden Vorbereitungszugängen ist, dass die Vorbereitung im positionelle Ansatz eher in Richtung „Argumentation“ geht, dass „Fehlersuche“ im Vordergrund steht, und es eher zu Emotionalisierung kommt, weil die Verhandler möglicherweise emotionale Verwerfungen (Beleidigungen, Kränkungen,…) als Druckmitel zur Verbesserung der eigenen Position einsetzen. Gewinnen steht im Vordergrund. Feilschen ist das Mittel, um den Preis festzulegen und die Argumente dienen dazu, Bewegung in die Preisdiskussion zu bringen. Beim interessenbasierten Verhandeln steht die Suche nach Gemeinsamkeiten im Vordergrund, langfristige Lösungen werden bevorzugt, Paketlösungen erleichtern das Finden eines Ergebnisses, mit dem alle Seiten zufrieden sind. Die Beziehungsebene ist wichtig, weil man sich auf Zusagen der anderen Seite verlassen möchte, am Vertrauen wird gearbeitet. Auf bewusste „Emotionaliserung“ der Diskussion durch Vorwürfe oder Angriffe wird verzichtet. Das gemeinsam gute Ergebnis steht im Vordergrund. Diesen Fachartikel schrieb für Sie Mag. Birgit Fischer-Sitzwohl Coverdale Managementberatungs- und -trainingsgmbH, Mohsgasse 1/Halbstock, 1030 Wien, www.coverdale.at, [email protected]
© Copyright 2025 ExpyDoc