Einführung in das Bürgerliche Recht und AT des BGB Prof. Dr. Jens Koch/PD Dr. Florian Eichel WS 2015/16 Hausarbeit Sachverhalt Der 16-jährige K braucht dringend Geld. Er überlegt, ob er sich dies von seiner 19-jährigen Schwester S besorgen kann, zu der er seit längerem ein angespanntes Verhältnis hat. Dabei verfällt er auf folgenden Gedanken: S besitzt eine alte originalverpackte Schallplatte, das „White Album“ der Beatles aus dem Jahre 1968, die S vom gemeinsamen Großonkel geerbt hat. K weiß, dass die Platte zu den ersten Exemplaren gehört und daher einen gewissen Wert hat, den er auf etwa 200 bis 300 € schätzt. Er beschließt, diese Platte bei „eBay“ zu verkaufen. Da er aber über kein eigenes eBay-Konto verfügt, möchte er dazu den Account seiner Schwester nutzen. S tritt auf der Plattform unter dem Benutzernamen „BestSeller“ auf, erwirbt und veräußert dort regelmäßig und hat ausschließlich sehr gute Bewertungen. Ihr Passwort hängt gut sichtbar über dem Schreibtisch. K hat im letzten halben Jahr schon öfter die Gelegenheit ergriffen, ihm unliebsame Dinge über das Konto von S zu verkaufen. S hat dies zwar jedes Mal bemerkt, aber nichts gegen die Aktivitäten ihres Bruders unternommen. Da S sich gerade auf einer Reise befindet, kann K sich ohne Probleme einloggen und die Auktion starten. Er stellt das „White Album“ für einen Mindestpreis von 1 Euro ein, um ein lebhaftes Bieterverfahren zu initiieren. Sein Plan ist es, nach Beendigung der Auktion seine eigene Bankverbindung anzugeben, um auf diese Weise an den Kaufpreis zu gelangen. Aufgrund der längeren Abwesenheit der S vertraut er darauf, dass ihr die Transaktion verborgen bleibt. Zwei Tage später durchstöbert P, der mit seinem Plattenladen unter der Firma „Plattenwelt e.K.“ im Handelsregister eingetragen ist und unter dem gleichen Namen ein Benutzerkonto bei „eBay“ unterhält, die Internet-Plattform. Als P auf das Angebot von „BestSeller“ stößt und an der Seriennummer auf dem Foto erkennt, dass es sich um das sechste Exemplar des berühmten „White Album“ handelt, ist er außer sich vor Freude. Bisher hat sich offenbar niemand für das Angebot interessiert, so dass P sofort ein Gebot in Höhe von 2,50 Euro abgibt. Am vierten Tag des Angebots bemerkt K enttäuscht, dass bislang nur das Gebot des P eingegangen ist. Als er am Abend beim gemeinsamen Essen anlässlich der vorzeitigen Rückkehr seiner Schwester von dieser hört, dass der Großonkel mit der Schallplatte die Ausbildung der S sicherstellen wollte und dass Sammler bereit sind, für die ersten zehn Exemplare des White Albums nahezu 25.000 Euro zu bezahlen, ist K entsetzt. Er hätte niemals gedacht, dass die Schallplatte so viel wert ist. Noch am selben Abend gesteht er S, was er getan hat. S beendet sofort das eigentlich noch drei Tage laufende Angebot mit dem von eBay hierfür bereit gestellten Formular. Außerdem schreibt sie dem P eine E-Mail mit dem folgenden Inhalt: Einführung in das Bürgerliche Recht und AT des BGB Prof. Dr. Jens Koch/PD Dr. Florian Eichel WS 2015/16 Hausarbeit „Lieber Herr P, leider musste ich das Angebot des White Album vorzeitig beenden, da mein Bruder in meiner Abwesenheit heimlich, eigenmächtig und unter meinem Namen meinen Account benutzt hat. Außerdem war ihm gar nicht bewusst, was er da eigentlich verkauft. Ich bitte Sie daher um Verständnis, dass Sie die Platte nicht mehr kaufen können. Weil Sie mit Platten handeln, hätte ich ja ohnehin das Internetwiderrufsrecht gehabt, so dass Sie sicherlich nicht ärgerlich sind. Mit freundlichen Grüßen S“. P schäumt vor Wut und antwortet, dass er nichts dafür könne, wenn K den Wert verkannt habe, und dass er „in jedem Fall auf Einhaltung des Vertrags bestehen“ werde. Frage 1: Hat P gegen S einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung des „White Album“ Zug um Zug gegen Zahlung von 2,50 Euro? Frage 2: Hat P einen entsprechenden Anspruch gegen K? Bearbeitervermerk: Auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen ist umfassend, nötigenfalls im Wege eines Hilfsgutachtens, einzugehen. Die AGB von eBay, die mit den §§ 305 ff. BGB vereinbar sind und die jeder akzeptieren muss, sobald er ein Benutzerkonto bei eBay eröffnet, enthalten die folgenden Klauseln: § 2 Ziffer 1: „Stellt ein Verkäufer mittels der eBay-Dienste einen Artikel im Auktions- oder Festpreisformat ein, so gibt er ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Vertrags über diesen Artikel ab.“ § 8 Ziffer 4 S. 3: „Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn, der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen.“ Andere Klauseln sind nicht zu berücksichtigen. § 134 BGB iVm § 291 StGB ist nicht zu prüfen.
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