Falltext A 976 28.03.2016 Fall 1 P ist Inhaber eines Buchladens in

Falltext
A 976
28.03.2016
Fall 1
P ist Inhaber eines Buchladens in der Düsseldorfer Innenstadt. Seit die neue U-Bahn-Linie gebaut wird,
sind seine Umsätze erheblich zurückgegangen. Vor allem aber die Konkurrenz durch die großen Ladenketten und Online-Versender wie Amazon haben dazu geführt, dass das Geschäft nicht mehr gut läuft.
P versucht daher, auf andere Weise zu Barmitteln zu gelangen und beschließt, seinen gebrauchten Porsche privat zu verkaufen. Damit er möglichst schnell einen Käufer findet, stellt P den Wagen am 3. Februar 2014 auf der Internetplattform eBay ein. Die Auktionsfrist beträgt sieben Tage. Um die Gebühren zu
sparen, legt P einen Startpreis von 75 € fest. Er geht davon aus, dass sich genügend Bieter finden werden,
sodass er ein lukratives Höchstgebot erhalten wird. Der objektive Verkehrswert des Porsches beträgt
40.000 €. Der Auktion liegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Nutzung der deutschsprachigen eBay-Dienste in der bis zum 12. März 2014 geltenden Fassung (eBay-AGB) zugrunde. Die eBayAGB enthalten u.a. folgende Bestimmungen:
§ 9 Nr. 11: Anbieter, die ein verbindliches Angebot auf der eBay-Website einstellen, dürfen nur dann Gebote
streichen und das Angebot zurückziehen, wenn sie gesetzlich dazu berechtigt sind.
§ 10 Nr. 1 S. 5: Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt
zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn der
Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen.
Am 8. Februar 2014 liegt jedoch erst ein einziges Gebot des K von 75 € vor. P bricht daraufhin die Auktion
über den Porsche ab und lässt bei eBay das vorliegende Gebot des K streichen. Auf die Nachfrage des K
gibt P an, er habe einen Käufer außerhalb der Auktion gefunden. Tatsächlich hat ein Nachbar ihm bereits
am 5. Februar 2014 ein Kaufangebot für den Porsche in Höhe von 20.000 Euro unterbreitet. Nachdem P
die Auktion bei eBay abgebrochen hat, nimmt er das Kaufangebot des Nachbarn an. Vor Zahlung des
Kaufpreises und Übergabe des Fahrzeugs macht P am 9. Februar 2014 eine letzte Spritztour mit dem
Porsche. Auf der Fahrt missachtet er an einer Kreuzung aufgrund überhöhter Geschwindigkeit die Vorfahrt eines Kleintransporters. Es kommt zum Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge. Der Porsche erleidet
einen Totalschaden. K macht gegen P Schadensersatz geltend.
Abwandlung zu Fall 1
Der 16-jährige Sohn S des P stellt den Porsche bei eBay zum Verkauf ein. Hierzu meldet er sich unter dem
Mitgliedsnamen des P und mit dessen Passwort an. Die Zugangsdaten fand S zufällig auf einem Zettel,
den P in dem Buch „Kryptografie“ auf seinem Schreibtisch versteckt hatte. In den maßgeblichen eBayAGB heißt es u.a.:
§ 2 Nr. 9: Mitglieder haften grundsätzlich für sämtliche Aktivitäten, die unter Verwendung ihres Mitgliedskontos vorgenommen werden.
K gibt das Mindestgebot von 75 € ab und ist der einzige Bieter. Als sich P einen Tag später in sein Benutzerkonto einloggt und dort erstmals von der Auktion erfährt, bricht er die Auktion ab. Er ist mit dem Verkauf nicht einverstanden. Als K von P die Übereignung und Übergabe des Porsches verlangt, weigert
sich P.
Fall 2
S möchte seinem Freund F nacheifern, der sich den gesamten rechten Arm mit Tätowierungen hat verzieren lassen. S möchte zunächst mit einem kleinen Tattoo am Oberarm beginnen und begibt sich in das
Tätowier-Studio, das T vor kurzem eröffnet hat. S und T vereinbaren einen Termin zur Anbringung der
Tätowierung für die darauffolgende Woche. Zu dem Termin soll S auch das Honorar von 50 € mitbringen.
S erhält von P ein Taschengeld im oberen Bereich des altersüblichen Rahmens und kann das Honorar
mühelos von seinem Taschengeld finanzieren. Einen Tag später kommen dem T Bedenken. Er vermutet,
dass S noch nicht volljährig ist. Als die Rechtsanwältin R sein Studio aufsucht, um sich ein §-Zeichen auf
Fortsetzung des Falltextes A 976
das Handgelenk tätowieren zu lassen, will T sich im Gegenzug von ihr juristisch beraten lassen. T fragt die
R, ob die Vereinbarung mit S wirksam ist und er von S Zahlung von 50 € verlangen kann oder ob die Vereinbarung zumindest durch die Zahlung des Honorars zustande kommt.
Abwandlung zu Fall 2
T führt trotz seiner Bedenken die Tätowierung bei S durch. P ist mit dem Tattoo nicht einverstanden.
S gefällt das Muster nun doch nicht. Außerdem war der Tätowiervorgang mit der Nadel viel schmerzhafter, als er erwartet hatte. S macht daher gegen T ein angemessenes Schmerzensgeld geltend.
Vermerk für den Bearbeiter / die Bearbeiterin:
Bitte nehmen Sie in einem Gutachten zu den folgenden Fragen Stellung:
1. Hat K gegen P einen Anspruch auf Schadensersatz?
2. Kann K von P oder S die Übereignung und Übergabe des Porsches verlangen?
3. Welche Rechtsauskunft wird R dem T erteilen?
4. Kann S von T Zahlung von Schmerzensgeld verlangen?