“Gewalt ist eine Methode. Ich kenn‘ ´ne bessere.” Aktionstraining zu Castoren, Konsens und Gewaltfreiheit - von Malte Hövel Mit einem großen Tuch umwickelte Ilka meinen Kopf. Ein beengendes Gefühl, rundherum eingewickelt zu sein. Nur meine Augen waren noch frei, mein Gesichtsfeld war aber eingeschränkt. Durch das Tuch. Auch hören konnte ich nur noch gedämpft. Trotz der freundlichen Atmosphäre wurde ich nervös – ich bekam einfach kaum mehr mit, was um mich herum geschah. Ilka Anger, Trainerin für gewaltfreie Aktionen, zeigte bei einem Seminar der BUNDjugend hautnah, wie Polizistinnen und Polizisten sich fühlen, wenn sie im Einsatz sind – z. B. bei Demos à la Ahaus. Eingeengt von der Dienstkluft, vor allem vom Helm, spüren sie die selbe Unsicherheit wie ich in dem Test, und das in sehr unsicherer Atmosphäre. Und wenn dann auch noch irgend welche Idioten provozieren oder gar Steine schmeißen, kommt es dann schon mal zu Streßreaktionen, besonders wenn es eh schon heißt “Knüppel frei”. Eine Überlegung, die mit einbezogen werden sollte, wenn eine Gruppe eine gewaltfreie Aktion plant. Denn Gewaltfreiheit bedeutet nicht nur, keine Steine zu werfen, sondern bezieht auch die Überlegung mit ein, wie Konflikte schon im Vorfeld vermieden werden können. Wie wirke ich auf mein Gegenüber, löst mein Auftreten, meine Kleidung o. ä. schon unnötige Aggressionen aus? Das Auftreten, das Erscheinungsbild einer Gruppe kann sogar schon aggressiven Charakter haben. Selbst Kleidung kann schon eine Rolle spielen – eine Gruppe, die dick vermummt zusammengluckt und sich verschanzt reizt nun mal im Zweifelsfall viel eher zum draufknüppeln als eine offen wirkende Gruppe mit relativ dünn, aber sauber bekleideten Mitgliedern. Wer sich nähere Gedanken macht, wird noch viele weitere Möglichkeiten finden, bei Demos deeskalierend vorzugehen. Wichtig bei Aktionsplanungen ist es auch, daß die Gruppe voll hinter den Entscheidungen steht. Wichtige Entscheidungen müssen also gemeinsam getroffen werden. Bei der klassischen Abstimmung mit Mehrheitsentscheid fallen aber in der Regel einige Meinungen unter der Tisch. Eine Alternative sieht Ilka Anger im Konsensprinzip, welchem sie also auch einen Teil des Seminars gewidmet hat. Sprich: die Gruppe sucht so lange eine Lösung, bis alle damit zufrieden sind und sich im Ergebnis wiederfinden können. Klingt recht aufwendig, mit etwas System und Übung ist es aber gar nicht mal so schwer. Außerdem half Ilka uns mit Hilfe eines Positionsspiels, uns über unsere eigenen Positionen klar zu werden. Wie stark stehen wir zu unseren Ansichten, wie weit sind wir dafür bereit zu gehen? Sich vorher über so was Gedanken zu machen bedeutet, nicht erst während einer Aktion vor dieser Frage zu stehen. Generell läßt sich sagen: dieses Seminar hat allen Teilnehmenden außer einer Menge Spaß auch sehr viele Denkansätze gegeben. Eine aktive Beschäftigung mit den Themen rund um Gewaltfreiheit kann ich allen Gruppen und einzelnen Aktiven wärmstens empfehlen. Schließlich haben die meisten von uns neben einer ökologischen auch noch eine soziale Vision: friedliches Zusammenleben der Menschheit. Diese Vision schon heute zu realisieren – wenn auch im kleinen Stil einer Umweltgruppe – ist nicht nur konsequent, sondern macht auch eine ganze Menge Spaß. Ilka Anger ist Trainerin für gewaltfreie Aktion. Wer sich für ein Seminar oder einfach nur weitere Informationen interessiert, kann sich wenden an: Ilka Anger, Tel.: 02 28 – 46 76 37.
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