3. Aus Kohle wird Koks Anlieferung der Kohle Die Kokerei Hansa wurde zuerst von den Dortmunder Zechen Westhausen, Adolf von Hansemann und Hansa mit der benötigten Kohle versorgt. Von den beiden erstgenannten Zechen wurde die Kohle bis 1945 per Seilbahn und danach auf dem Schienenweg zur Kokerei transportiert. Von der nahegelegenen Zeche Hansa wurde die Kohle ab 1949 über eine Transportbrücke angeliefert, die mit einem Förderband ausgestattet war. Abb. 25 Anlieferung der Kohle per Seilbahn (1938) Abb. 26 Transportbrücke von der Zeche zur Kokerei (1952) 1969 lieferte die Zeche Hansa etwa die Hälfte der benötigten Kohle. Die andere Hälfte kam von den Dortmunder Zechen Germania, Minister Stein und Gneisenau, den Herner Zechen Friedrich der Große und Pluto sowie der Gelsenkirchener Zeche Nordstern. Nach der Stilllegung der Zechen Hansa (1980) und Minister Stein (1987), als letzte Dortmunder Zeche, versorgten die Zeche Radbod in Hamm und die Bergkamener Zechen Haus Aden und Heinrich Robert die Kokerei Hansa mit Fettkohle. Die angelieferte Kohle war für die Verkokung aufbereitet. Das bedeutet, die Kohle war feinkörnig und die Korngröße betrug weniger als 10 Millimeter. Das Mischen der Kohle Die Kokerei Hansa wurde von verschiedenen Zechen mit dem Rohstoff Kohle versorgt. Weil die Kohle aus verschiedenen unterirdischen Lagerstätten stammte, wies sie unterschiedlche Qualitäten auf. Für die Koksproduktion wird aber eine gleichbleibende Kohlequalität benötigt. Um diese zu erreichen, wurde die angelieferte Kohle im Sortenturm in verschiedenen Kohlebunkern zwischengespeichert. Pro Bunker wurde jeweils nur die Kohle einer Zeche gespeichert. Anschließend wurde die Kohle so miteinander gemischt, dass man eine gleichbleibende Qualität erzielte. Falls es erforderlich war, wurde die gemischte Kohle noch fein gemahlen. Die fertig gemischte Kohle - die sogeannnte Kokskohle - wurde über eine Becherwerksbrücke zum Kohlenturm transportiert. 16 Abb. 27 Ofenbatterie 1, Kohlenturm und Sortenturm (1930) Vom Kohlenturm in die Koksofenkammern Die Kokskohle, die auch Einsatzkohle genannt wird, wurde zunächst in den Bunkern des Kohlenturms zwischengespeichert. Der Kohlenturm hat an seiner Gebäudebasis eine große Öffnung, eine Art Tordurchfahrt, in die der Füllwagen hineinfuhr, um die Einsatzkohle aus den darüber befindlichen Bunkern aufzunehmen. Der Füllwagen wurde mit rd. 15 Tonnen Kohle beladen und fuhr anschließend auf der Ofenbatterie zu einer leeren Koksofenkammer, um diese mit der Kohle zu befüllen. Der Füllwagen hielt über der zu befüllenden Koksofenkammer und nach dem Abheben der fünf Fülllochdeckel fiel die Kohle aus den tricherförmig zulaufenden Behältern des Füllwagens in die Koksofenkammer. Abb. 29 Kohlenturm 1 mit Füllwagen (Ausschnitt) 1930 Abb. 28 Ofenbatterie 1 mit Kohlenturm (1930) Abb. 30 Auf der Ofendecke 17 Garen bei 1000 ºC Nach dem Befüllen einer Koksofenkammer wurden die Fülllöcher wieder verschlossen und die Kohle garte etwa 20 Stunden bei Temperaturen von circa 1000 ºC unter Luftabschluss. Eine Ofenbatterie besteht nicht nur aus Koksofenkammern, sondern auch aus Heizwänden, die auch Brennkammern genannt werden. Die Ofenkammern liegen jeweils zwischen zwei Brennkammern, in denen ein Gas-Luft Gemisch verbrannt wird. Die dabei entstehende Hitze strahlt von den Brennkammern auf die Ofenkammern ab, in denen Temparaturen bis zu 1000 ºC erreicht werden. In der Fettkohle sind verschiedene chemische Stoffe enthalten, wie z.B. Kohlenstoff (rd. 88%), Schwefel, Wasserstoff und Sauerstoff. Bei der Verkokung, also der Veredelung von Kohle zu Koks, geht es darum, den Kohlenstoff von den anderen Inhaltsstoffen der Kohle zu trennen. Dazu wird die Kohle indirekt und unter Luftabschluss hohen Temperaturen ausgesetzt. Dabei entweichen die zuvor in der Kohle noch gebundenen Stoffe (Schwefel, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff) nun schrittweise und bilden das Kokerei-Rohgas. Abb. 31 Schaubild: die bei der Verkokung der Kokskohle gewonnenen Erzeugnisse und deren Verwendung Durch die Abspaltung der gasförmigen Bestandteile bleibt als fester Bestandteil Koks übrig. Dabei handelt es sich um fast reinen Kohlenstoff. Aus einer Tonne Kohle entanden etwa 750 Kilogramm Koks. Die gasförmigen Bestandteile, das sogenannte Rohgas, wurden auf die sogenannte Weiße Seite der Kokerei geleitet und dort weiter verarbeitet. Ausdrücken des „Kokskuchens“ Wenn der Prozeß der Verkokung abgeschlossen war, wurde der fertige Koks mit der Ausdruckmaschine aus der Koksofenkammer herausgeschoben. Nach der letzten Ausbauphase (1968) verfügte die Kokerei Hansa über fünf Koksofenbatterien mit 314 Koksöfen und konnte täglich aus bis zu 7.000 Tonnen Kohle etwa 5.200 Tonnen Koks produzieren. Dies bedeutete Arbeit rund um die Uhr: alle 7 Minuten wurde aus einer Koksofenkammer ein circa 12 Tonnen schwerer „Kokskuchen“ gedrückt. 18 Abb. 32 Druckmaschine drückt den fertig gegarten Koks aus Ofenkammer (1950er Jahre) Löschen und Sieben Der fertige Koks wurde aus der Koksofenkammer hinaus geschoben und fiel in einen bereitstehenden Waggon, den sogannten Löschwagen. Dieser transportierte den Koks zum Löschturm. Abb. 33 Löschturm 1 (2006) 19 Der gelöschte Koks wurde anschließend zur Sieberei transportiert. Dort wurde der Koks gebrochen, nach Größe sortiert, in Eisenbahnwaggons verladen und dann zum Hochofengelände des nahe gelegenen Hüttenwerks Dortmunder Union transportiert. Ab 1963/64 belieferte Hansa auch das Hüttenwerk Phoenix in Dortmund-Hörde. Dies wurde dann der Hauptabnehmer des Koks, nachdem um die Mitte der 1960er Jahre die Hochöfen der Dortmunder Union ausgeblasen worden waren. Abb. 34 Hochöfen des Hüttenwerks der Dortmunder Union 20 Literaturverzeichnis (Auswahl): Ahlers, Hubertus; Hoffmeister, Sabine M.: Die Kokerei Hansa. Skulptur Kultur Natur im Aufbruch, Hg. von der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, Dortmund 2001. Buschmann, Walter (Hg.): Koks, Gas, Kohlechemie. Geschichte und gegenständliche Überlieferung der Kohleveredelung, Essen 1993. Cramm, Tilo: Hansa/Westhausen. Dortmunder Bergwerke 1854-1980, Essen 1997. Kierdorf, Alexander: Architektur im Dienst der Technik: Die Baugeschichte der Kokerei Hansa, in: Hassler, Uta; Kohler, Niklaus: Das verschwinden der Bauten.Lebenszyklen industrieller Baubestände und Methoden transdisziplinärer Forschung; Tübingen, Berlin 2004. Farrenkopf, Michael (Hg.): Koks. 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Die Geschichte eines Industriedenkmals, Dortmund. Universität Dortmund/Lehrstuhl für Denkmalpflege und Bauforschung: Die Kokerei Hansa. Kleine Geschichte eines Industriedenkmals; Dortmund 1995. Vereinigte Stahlwerke AG (Hg.): Die Entwicklung der Kokerei- und Gaswirtschaft der Vereinigte Stahlwerke AG 1926-1928, Essen 1928. Vereinigte Stahlwerke AG (Hg.), Die Steinkohlenbergwerke der Vereinigte Stahlwerke AG, Die Schachtanlage Hansa in Dortmund-Huckarde, Essen 1932 (Schachtbeschreibung Hansa); 21 Bildnachweis: Transportbrücke von der Zeche zur Kokerei (Foto 1952) / Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Bestand 108, Nr. 393. Blick auf Kokerei mit Baustelle für den Neuaufbau Batterie 1 (Foto erste Hälfte 1950er Jahre) / Fotoarchiv Stiftung Industriedenkmalpflege Zünden der Batterie 0 (Foto 1968) / Fotoarchiv Stiftung Industriedenkmalpflege Der letzte Koks wird gedrückt (Foto 1992) / Fotoarchiv Stiftung Industriedenkmalpflege Der letzte Arbeitstag (Foto 1992) / Fotoarchiv Stiftung Industriedenkmalpflege Luftbild der Kokerei Hansa (Foto 2013) / Fotograf: Klaus-Peter Schneider / Bildarchiv Stiftung Industriedenkmalpflege Anlieferung der Kohle per Seilbahn (Foto 1938) / Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Bestand 108, Nr. 308. Transportbrücke von der Zeche zur Kokerei (Foto 1952) / Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Bestand 108, Nr. 393. Ofenbatterie 1, Kohlenturm und Sortenturm (Foto 1930) / Album Heinrich Koppers / Bildarchiv Stiftung Industriedenkmalpflege. Ofenbatterie 1 mit Kohlenturm (Foto 1930) / Album Heinrich Koppers / Bildarchiv Stiftung Industriedenkmalpflege. Kohlenturm 1 mit Füllwagen (Ausschnitt) Foto 1930 / Album Heinrich Koppers / Bildarchiv Stiftung Industriedenkmalfplege Auf der Ofendecke / Bildarchiv Stiftung Industriedenkmalfplege Schaubild: die bei der Verkokung der Kokskohle gewonnenen Erzeugnisse und deren Verwendung Druckmaschine drückt den fertig gegarten Koks aus Ofenkammer (Foto 1950er Jahre) / Fotoarchiv Stiftung Industriedenkmalpflege Löschturm 1 (Foto 2006) / 2006 / Fotograf: Klaus-Peter Schneider / Fotoarchiv Stiftung Industriedenkmalpflege Hochöfen des Hüttenwerks der Dortmunder Union, Repro Vereingte Stahlwerke 1930 Allgemeiner Führer 22
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