24 4. Kohlenwertstoffe Bei der Veredelung von Kohle zu Koks wird

4. Kohlenwertstoffe
Bei der Veredelung von Kohle zu Koks wird der Kohlenstoff von den anderen Inhaltsstoffen
der Kohle getrennt. Das Hauptprodukt, das dabei entsteht, ist der beinahe aus reinem
Kohlenstoff bestehende Koks.
Abb. 35 Kohle und Koks 100zu75
Die anderen Inhaltsstoffe der Kohle, die bei diesem Prozess übrigbleiben, liegen aufgrund
der hohen Temperaturen in den Koksofenkammern zunächst in gasförmiger Form vor. Das
als Rohgas bezeichnete heiße Gasgemisch enthält Methangas, Ammoniak, Rohbenzol
und Rohteer.
Abb. 36 Kohlenwertstoffe in Flaschen (2014)
Pro Tag entstanden bis zu 2 Millionen Kubikmeter Rohgas. Das heiße Rohgas wurde aus
den Ofenkammern zunächst in einer Gassammelleitung aufgefangen, mit Wasser bedüst
und so auf rund 90 ºCelsius heruntergekühlt. Das Rohgas wurde über ein Rohrleitungssystem zur Weißen Seiten weitergeleitet und dort in verschiedenen Arbeitsschritten weiter gereinigt, wodurch Rohteer kondensierte und Ammoniak, Schwefelwasserstoff und Rohben-
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zol herausgewaschen wurden. Diese Substanzen konnten als wertvolle Rohstoffe verkauft
werden, da sie - bis heute - wichtige Grundstoffe für verschiedene Wirtschaftszweige sind,
wie z.B. die Chemische Industrie. Daher werden sie als Kohlenwertstoffe bezeichnet.
Ein Beispiel: Was macht die Blue Jeans blau?
Statistisch gesehen gibt es keinen Bundesbürger, der sie nicht trägt. Kaum jemand weiß
aber, was es mit der blauen Farbe auf sich hat. Blau wurde die Jeans früher, weil man sie
mit Indigo, einem Farbstoff aus tropischen Pflanzen, färbte. Preiswerter wurde die robuste
Arbeitshose, als ab 1897 die synthetischen Farbstoffe aus dem Steinkohlenteer eingesetzt
wurden. Mit den sogenannten Anilinfarben, die aus dem Steinkohlenteer gewonnen wurden, begründete so manches Unternehmen seinen Ursprung: Die Badischen Anilin und Sodafabriken (BASF) tragen den Verweis auf die Kohlechemie bis heute im Namen.
Abb. 37 Sammlung der ersten brauchbaren Teerfarbstoffe in der
Historischen Farbstoffsammlung der Technischen Universität Dresden
Gasverbund: Energie für das Ruhrgebiet
Das von den Kohlewertstoffen gereinigte Kokereigas ist aufgrund seines hohen Energiebzw. Brenntwerts ein wertvoller Energieträger und wird daher auch als Starkgas bezeichnet. Seit 1931 lieferte die Kokerei Hansa dieses Starkgas an die Dortmunder Hüttenwerke, die dieses Gas für die Unterfeuerung ihrer Siemens-Martin-Öfen verwendeten.
Das Kokereigas wurde über eine übererdig verlegte Gasleitung zu den Dortmunder Hüttenwerken transportiert. Bereits seit 1928 erhielt die Kokerei Hansa vom Union-Werk - ebenfalls über eine übererdig verlegte Gasleitung - das bei der Erzeugung von Roheisen im
Hochofen anfallende Gichtgas (Schwachgas), das auf der Kokerei zur Unterfeuerung der
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Koksöfen eingesetzt wurde. Dieser Gasverbund wurde ab 1963 auch auf das Hüttenwerk
Phoenix in Hörde ausgeweitet. Die Kokerei bekam von dort seit 1966 auch ihr Gichtgas.
Des Weiteren wurde das hochwertige Kokereigas (Starkgas) der Kokerei Hansa in das
Ferngasnetz der Ruhrgas AG eingespeist und als sogenanntes Stadtgas an die privaten
Haushalte des Ruhrgebiets verkauft.
Abb. 38 Kompressorenhalle (Foto 1930)
Damit das Stadtgas an die privaten Haushalte geliefert werden konnte, war es erforderlich, das das bereits von den Kohlewertstoffen gereinigte Kokereigas noch weiter gereinigt
wurde. Ferner musste das Gas für den Transport im Ferngasnetz der Ruhrgas AG auf einen
Druck von 8,6 bar verdichtet werden. Das passierte in der Kompressorenhalle der Kokerei
Hansa. Anschließend wurde dieses in der Gastiefkühlanlage der Kokerei Hansa auf einen
Taupunkt von 5° Celsius gekühlt. Da die Gasmenge, die von den Verbrauchern über das
Ferngasnetz der Ruhrgas AG abgenommen wurde, Schwankungen unterlag, benötigte
man einen ausreichenden Vorrat, um bei Bedarfsspitzen darauf zurückgreifen zu können.
Um das Gas jeweils in der gewünschten Menge an das Ferngasnetz abgeben zu können,
errichtete man 1934 einen Scheibengasbehälter mit einem Speichervolumen von 175.000
m 3.
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Zum Vergleich: Der 1929 in
Oberhausen erbaute und seit
1994 als Veranstaltungsort mit
wechselden
Ausstellungen
genutze Scheibengasbehälter
hat ein Volumen von 347.000
Abb. 39 Gasometer (175.000 m3) Foto 1939
m 3.
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Literaturverzeichnis (Auswahl):
Ahlers, Hubertus; Hoffmeister, Sabine M.: Die Kokerei Hansa. Skulptur Kultur Natur im Aufbruch, Hg. von der Stiftung
Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, Dortmund 2001.
Buschmann, Walter (Hg.): Koks, Gas, Kohlechemie. Geschichte und gegenständliche Überlieferung der Kohleveredelung, Essen 1993.
Cramm, Tilo: Hansa/Westhausen. Dortmunder Bergwerke 1854-1980, Essen 1997.
Kierdorf, Alexander: Architektur im Dienst der Technik: Die Baugeschichte der Kokerei Hansa, in: Hassler, Uta; Kohler, Niklaus: Das verschwinden der Bauten.Lebenszyklen industrieller Baubestände und Methoden transdisziplinärer
Forschung; Tübingen, Berlin 2004.
Farrenkopf, Michael (Hg.): Koks. Die Geschichte eines Wertstoffes, „ Bände, Veröffentlichungen aus dem Deutschen bergbau-Museum-Bochum, Nr. 117; Bochum 2003.
Farrenkopf, Michael ; Menne, Holger: Zwangsabeit im Ruhrbergbau während des Zeiten Weltkrieges. Spezialinventar der Quellen in nordrhein-westfälischen Archiven; Veröffentlichungen aus dem Deutschen bergbauMuseum-Bochum, Nr. 123; Bochum 2004.
Kastorf-Viehmann, Renate: Die Kokerei Hansa in Dortmund-Huckarde als Denkmal, in: Deutsche Kunst- und
Denkmalpflege, 50 (1992), S. 148-157.
Kastorf-Viehmann, Renate: Die Kokerei Hansa in Dortmund-Huckarde als Denkmal, in: Technische Kulturdenkmale,
26 (1993), S: 7-13.
Kierdorf, Alexander; Strunk, Joachim; Thomas, Hans Georg: Die Kokerei Hansa. Kleine Geschichte eines Industriedenkmals, Hg. von der Universität Dortmund- Lehrstuhl für Denkmalpflege und Bauforschung, Dortmund 1995.
Ress, Franz Michael: Geschichte der Kokereitechnik, Essen 1957.
Siftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur: Kokerei Hansa. Die Geschichte eines Industriedenkmals,
Dortmund.
Universität Dortmund/Lehrstuhl für Denkmalpflege und Bauforschung: Die Kokerei Hansa. Kleine Geschichte eines Industriedenkmals; Dortmund 1995.
Vereinigte Stahlwerke AG (Hg.): Die Entwicklung der Kokerei- und Gaswirtschaft der Vereinigte Stahlwerke AG
1926-1928, Essen 1928.
Vereinigte Stahlwerke AG (Hg.), Die Steinkohlenbergwerke der Vereinigte Stahlwerke AG, Die Schachtanlage
Hansa in Dortmund-Huckarde, Essen 1932 (Schachtbeschreibung Hansa);
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Bildnachweis:
Kohle und Koks 100zu75 (2014) / Fotograf: Klaus-Peter Schneider / Fotoarchiv Stiftung Industriedenkmalpflege
Kohlenwertstoffe in Glasflaschen (2014) / Fotograf: Klaus-Peter Schneider / Fotoarchiv Stiftung Industriedenkmalpflege
Sammlung der ersten brauchbaren Teerfarbstoffe in der Historischen Farbstoffsammlung der Technischen Universität Dresden. / https://de.wikipedia.org/wiki/Teerfarben
Kompressorenhalle (Foto 1930) / Repro aus: Vereinigte Stahlwerke AG (Hrsg.): Die Steinkohlenbergwerke der
Vereinigte Stahlwerke Ag. Die Schachtanlage Hansa in Dortmund-Huckarde, Essen 1932, S. 296.
Gasometer (175.000 m3) Foto 1939 / Bildarchiv Stiftung Industriedenkmalpflege
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