Das Kopftuch islamischer Frauen – verbieten oder erlauben? Eine

Das Kopftuch islamischer Frauen – verbieten oder erlauben?
Eine bundesweit umstrittenes Thema: die Kopftuch-Debatte. Sollen
Lehrerinnen islamischen Glaubens in Schulen oder anderen öffentlichen
Tätigkeiten ihr Kopftuch tragen dürfen oder es ablegen müssen? Zu
diesem Thema nahm Jutta Schümann an der Podiumsdiskussion „Das
Kopftuch – mehr als nur ein Stück Stoff“ teil, zu der das Evangelische Bildungswerk und die
Gleichstellungsstelle im Rahmen der Reihe „Kirche am Flecken“ eingeladen hatten. Tenor am Ende
der wohltuend sachlichen Gesprächsrunde: Ein Verbot sorgt für Diskriminierung und
Stigmatisierung; eine demokratische Gesellschaft sollte ein Stück multikultureller Vielfalt „ertragen“
können und sich im interreligiösen Dialog damit konstruktiv und integrativ auseinandersetzen.
Ein Stück Stoff sei inzwischen zum Politikum und auch ein Stück weit zum Platzhalter eines
Nebenkriegsschauplatzes geworden, führte Moderatorin und Islamwissenschaftlerin Dr. Ursula
Günther aus Hamburg sachkundig in das Thema ein. Es gehe zum einen um die grundlegende
Frage, was schwerer wiege: Glaubensfreiheit oder weltanschauliche Neutralität. Es gehe aber auch
um die Frage, wie viel Pluralität eine demokratische Gesellschaft vertrage und wodurch sie ihre
Identität definiere. Das Kopftuch dürfe nicht als „Flagge fundamentalistischer Gottesstaatler“
missverstanden werden und islamische Frauen so stigmatisiert werden.
„Falls Lehrerinnen ihre Position ausnützen würden, gäbe es bereits jetzt ausreichende
Disziplinarmaßnahmen“, referierte Jutta Schümann die Position des Landtags. Über 27
verschiedene Meinungen hätte eine umfangreiche Anhörung vor dem Landtag ergeben. Es sei
beschlossen worden, das Schulgesetz nicht zu ändern und das Kopftuch nicht zu verbieten. Es sei
„hochproblematisch“, Frauen zum Ablegen oder zum Tragen zu zwingen – man solle das Kopftuch
respektieren, aber gleichzeitig aufpassen: „Es steckt viel hinter diesem Stoff-Tuch.“
„Jede Lehrerin, die ihr Amt missbraucht, ob politisch oder religiös, gehört auf den Prüfstand“,
äußerte Fanny Dethloff-Schimmer, Flüchtlingsbeauftragte der Nordelbischen Kirche, eine ähnliche
Position. Sie mahnte kritisch, nicht nur in eine Richtung zu schauen: „Wir sind betriebsblind - ich
war entsetzt, als bei der Räumung eines Dominikanerklosters den Nonnen durch Polizisten ihr Habit
heruntergerissen wurde.“ Ähnlich „schief“ wäre es z.B., alle Männer mit Bärten unter
Fundamentalismusverdacht zu stellen. „Wir müssen den Blick schärfen, dürfen aber nicht brachial
handeln“, so ihr Appell. Denn ein Verbot könne zur Radikalisierung führen.
Bei der breiten Masse der Bevölkerung, so stellte die Runde am Ende fest, werde allerdings nicht so
differenziert betrachtet, sonder fühle sich provoziert oder bedroht. Vor einer generellen
Diskriminierung von Frauen warnte Gleichstellungsbeauftragte Heinke Wiesner; ob mit oder ohne
Kopftuch – Frauen müssten sich gemeinsam auf den Weg der Gleichberechtigung machen.
Statt eines Verbots jedoch, so appellierte Jutta Schümann, sollte eine demokratische Gesellschaft
ein weiteres religiöses Symbol „verkraften“ können und die Chance zu einer offenen Diskussion und
einem interreligiösen Dialog zu nutzen. Jutta Schümann erläuterte dies anschaulich anhand des
Beispiels einer multikulturellen Kita, in der 14 Nationalitäten vertreten sind: „Was ist, wenn wir alle
ausgrenzen – auch den christlichen Weihnachtsbaum? Je offener man mit dem Thema umgeht,
desto besser für die Kinder.“ Angesichts der Frage, wie und wann die Türkei in die EU beitrete,
werden diese Diskussion Politik und Menschen weiter beschäftigen.