Was ist Religion? Grundlagen und Definitionsversuche ©Dr. Markus Sasse, Fachberater Ev. Religion an Gymnasien, IGS, Freie Waldorfschulen und Kollegs (Bezirk Pfalz), 2015. http://rfb.bildung-rp.de/evangelische-religion.html / mail an [email protected] Was ist Religion? EINSTIEG: DER MÖNCH UND DER DETECTIVE Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Caspar David Friedrich: Der Mönch am Meer (1808-1810) Alte Nationalgalerie Berlin; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ACaspar_David_Friedrich_-_Der_M%C3%B6nch_am_Meer_-_Google_Art_Project.jpg Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Rustin Cohle über die Religion und die Menschen Nichts ist jemals vorbei. https://www.youtube.com/watch?v=3UBAii6BskA Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Was ist Religion? WORTBEDEUTUNG UND ZENTRALE ASPEKTE Detail einer Dionisosstatue (Museo Nazionale, Rom) Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Der kultische Aspekt • Nach Cicero (106-43 v.Chr.) lässt sich religio von relegere (= eine Sache noch einmal sorgfältig durchgehen) herleiten und bezeichnet die gewissenhafte, an den Traditionen orientierte Ausübung des Kultes zur Verehrung der Götter (De naturam deorum I, 117; II, 72). • Religio ist kultische Orthopraxie. Der Gegenbegriff zu religio ist superstitio (Aberglaube). • Einheit von Religion und Staat Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Cicerobüste (Musei Capitolini, Rom); Blick auf das Forum Romanum Beispiele: Brennender Weihrauch (Altar in Arad,Israel); Apollonstatue (Museo Nazionale, Rom); griechischer Tempel in Paestum; Statue von Augustus im Gewand des Pontifex Maximus (Museo Nazionale, Rom) Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Der emotionale Aspekt • Der christliche Rhetoriklehrer Laktanz (ca. 255-325 n.Chr), ein Zeitgenosse Kaiser Konstantins, kritisiert die verbreitete Etymologie Ciceros und leitet religio von religare bzw. religari (sich binden) ab (Divinae institutiones 4,28). Es geht ihm dabei um das Zurückbinden an eine höhere Macht. Laktanz denkt offenbarungstheologisch: Gott hat den Menschen an sich zurückgebunden. Durch die Frömmigkeit (pietas) ist der Mensch mit Gott verbunden, um ihm zu dienen bzw. als dem Vater zu gehorchen. • Die emotionale Bindung (Frömmigkeit) ist die Voraussetzung für die kultische Praxis. Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Römisches Feldzeichen (Labarum) mit Christusmonogramm Beispiele: Salbungsstein in der Grabeskirche in Jerusalem; Predigt des Evangeliums von Jesus Christus (Altarbild, Stadtkirche in Wittenberg); Kerzen in der Geburtskirche in Bethlehem; Auge Gottes (Baptisterium Santa Maria Maggiore in Rom); Hand Gottes (Schöpfungsfenster in der Schloßkirche Bad Dürkheim); Bibeltext (Lutherdenkmal, Landau); Lamm Gottes (Stiftskirche, Neustadt) Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Kultisch + emotional • Verbindung von Religion und Moral • Kult als Beziehungspflege • Der Dienst am Mitmenschen ist Gottesdienst. • Ausweitung der Religion auf den Alltag Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Detail auf einem Säulensarkophag, 4. Jh (Musei Vaticani, Rom) Was ist Religion? HEILIG UND PROFAN Griechischer Tempel in Paestum Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Grundbedeutung • Fanum = Heiligtum • Pro Fanum = außerhalb des Heiligtums Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Tempel auf dem Forum Boarium in Rom Heilig und profan im Christentum • Unterscheidung von Priestern und Laien (katholisch und orthodox) • Besondere Verhaltensregeln in Kirchen • Vasa Sacra • Kirchenasyl • Tabuisierung der heiligen Gegenstände außerhalb des heiligen Kontextes Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Russisch-orthodoxe Kirche in Bad Ems zur Weiterarbeit Religionsdefinitionen unter http://whgonline.de/pages/projekte/religion/religion.php#Religi onsdefinitionen Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Was ist Religion? DAS CHRISTENTUM ALS RELIGION Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Zugang zur Grabeskirche in Jerusalem Religion und Religiosität • „Religiosität ist die subjektive Seite von Religion (…). Sie ist nicht unerklärlich, sondern so menschlich wie Sprechen, Fragen und Denken; allerdings ist sie für den einzelnen Menschen nicht ersetzbar. Schleiermacher sprach von einer ‚eigenen Provinz im Gemüt‘. Religiosität und Religion bedingen sich wechselseitig. Dabei ist unter Religion die objektiv wahrnehmbare Gestalt gegebener Religionsformen zu verstehen, die sich selbst immer auf religiöse Erfahrung zurückführen lässt (religiöse Schriften, Lehren, Gebäude, Kunst, Rituale usw.), unter Religiosität die subjektive Betroffenheit, die sich auf gegebene Religionsformen zurückführen lässt und durch sie in der Regel angestoßen wird. Prinzipiell gibt es Religion ohne Religiosität (leere religiöse Routine) und Religiosität ohne Religion (unverrechenbarer Eindruck, spontane und nicht ableitbare Moment-Empfindung).“ (Kunstmann, Religionspädagogik 314f.) • Innere Haltung • Glaube als speziell christliche Form der Religiosität Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Worüber man nicht streiten kann … • Religion als empirisch wahrnehmbares Phänomen • Kulturelle und politische Prägekraft seit Jahrhunderten bzw. Jahrtausenden • Jesus hat gelebt, öffentlich gewirkt und wurde als politischer Aufrührer hingerichtet. • Die Verkündigung seiner Auferweckung durch Gott war derart plausibel, dass aus dem kleinen Anhängerkreis eine weltweite Bewegung wurde. Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Die Fundamente des abendländischen Christentums Offenbarungsinhalte Biblische Werte und Normen Geschichte Mythen, Lieder, Weisheit Vorbilder Bibel Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Lehre, Systematik Christliche Werte und Normen Kommunikation Argumentation Lehrsätze Bekenntnisse Philosophie Kirche, Institutionen, Autorität, Ämter Kirchliche Werte und Normen Organisation Liturgie (Gottesdienst) Kult Riten und Symbole Recht Religion und Tradition Goldglasboden mit den Aposteln Petrus und Paulus (4. Jh), Musei Vaticani, Rom Altarbibel Dr. Markus Sasse, RFB 2015 Heilsgeschichte Frühchristlicher Sarkophag mit Christusmonogramm (Musei Vaticani, Rom) Dr. Markus Sasse, RFB 2015
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