Das ist kein Ausverkauf von Schweizer Firmen

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Datum: 04.02.2016
«Das ist kein Ausverkauf von Schweizer Firmen»
Chinesische Syngenta, schwedischer Kuoni: An die geplanten Verkäufe von diesen Schweizer Unternehmen
muss man sich erst gewöhnen. Experten betonen allerdings: Wirklich «schweizerisch» sind diese Konzerne
längst nicht mehr.
Erst Kuoni, dann Syngenta – gleich zwei traditionelle Schweizer Unternehmen haben diese Woche
bekanntgegeben, dass sie sich auf Übernahmeangebote aus dem Ausland einlassen wollen.
Dabei war zuletzt zu vernehmen , dass Arbeitsplätze in der Schweiz aufgrund der schwächelnden
Wirtschaftslage vor Auslagerungen bedroht sind.
Doch gilt es den geplanten Besitzerwechseln bei der Kuoni Gruppe und Syngenta vorauszuschicken: Deren
Geschäftsleitungen und -zweige sind längst so stark global ausgerichtet, dass die Übernahme durch
ausländische Investoren nichts Aussergewöhnliches ist.
Folgen einer globalen Ausrichtung
Man müsse sehen, dass diese Unternehmen bereits heute ihre Absatzmärkte weitgehend im Ausland haben,
betont Martin Frey, Leiter Corporate Finance von PwC Schweiz. Auch gehe es weder bei Kuoni noch bei
Syngenta darum, eine Schweizer Nachfolgeregelung zu finden. «Diese Übernahmen sind marktorientierte und
entsprechend emotionslose Entscheide», betont Frey.
« Diese Übernahmen sind marktorientierte und entsprechend emotionslose Entscheide »
Martin Frey
Leiter Corporate Finance PwC
«Letztlich entscheidet das Aktionariat der Unternehmen», erklärt Ronald Sauser, Leiter M&A von EY Schweiz.
Und bei den meisten grossen und börsenkotierten Unternehmen «wäre es naiv zu behaupten, hier handle es
sich noch um reine Schweizer Unternehmen». Zentral bleibe jedoch, dass auch im Falle von Übernahmen
solch international ausgerichteter Unternehmen die Schweiz eine wichtige Rolle im neuen Setup spielen
könne, sagt Sauser weiter.
Arbeitsstellen hängen nicht nur von den Käufern ab
Beide Experten gehen nicht davon aus, dass die geplanten Übernahmen für die hiesigen Arbeitsplätze
Risiken darstellen würden. Es sei denn, die übernommene wirtschaftliche Verfassung einer Firma hätte früher
oder später so oder so zu einem Stellenabbau geführt: «Ob durch solche Übernahmen Arbeitsplätze in der
Schweiz verloren gehen, hängt weniger vom Käufer ab, als von der operativen Konstellation der
übernommenen Unternehmen», betont Martin Frey von PwC.
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Syngenta soll an den chinesischen Staatsbetrieb ChemChina gehen: dessen Vorsitzender Ren Jianxin am
Basler Hauptsitz.
Reuters
Im Falle der Syngenta hat sich die Konzernleitung im Vergleich zum ehemaligen amerikanischen
Interessenten Monsanto für eine weniger einschneidende Lösung entschieden. SRF-Wirtschaftsredaktor Reto
Lipp erklärt zum auserwählten chinesischen Staatsbetrieb ChemChina: «Die Chinesen – anders als etwa USFirmen – gehen sehr vorsichtig zu Werk, sie müssen sich auch nicht beeilen, denn sie denken langfristiger als
westliche Manager, die vor allem den nächsten Quartalsbericht vor Augen haben.»
Im Falle der Kuoni Gruppe kann es laut Aussagen der Experten durch eine Übernahme nur aufwärts gehen. «
Der Verwaltungsrat ist offensichtlich zum Schluss gekommen, dass das Unternehmen bei EQT besser
aufgehoben wäre», fasst Sauser von EY die Ausgangslage zusammen. Man könne ausserdem davon
ausgehen, dass die Schweizer Gründungsstiftung als Minderheitsaktionärin im Verwaltungsrat verbleibe, so
Sauser weiter.
Syngenta wendet sich nach Fernost
2:11 min, aus Echo der Zeit vom 03.02.2016
Hohes Interesse an Schweizer Marken
Alle drei Experten sind sich einig, dass die zuletzt angekündigten Übernahmen nicht im Zusammenhang mit
der angespannten Exportsituation in der Schweiz stehen. «Das ist kein Ausverkauf von Schweizer Firmen»,
betont Martin Frey von PwC. Doch sei insbesondere das Interesse von Firmen aus dem asiatischen Raum
und den Golfstaaten an Schweizer Unternehmen stark gestiegen, sagt der Experte von PwC.
«Chinesen und andere asiatische Investoren würden gerne vermehrt Schweizer Unternehmen kaufen,
inbesondere wenn diese über interessante Technologien und/oder starke Marken verfügen», erklärt Frey. Als
Beispiel nennt er die Hersteller von Nahrungsmitteln und anderen Konsumgütern, denn solche Firmen und
deren Produkte hätten in China und Asien allgemein ein riesiges Marktpotenzial. Doch die Besitzverhältnisse
vieler solcher Firmen reduziere die Wahrscheinlichkeit von Übernahmen aus emotionalen Gründen, da die
Schweizer Wurzeln der Kernaktionäre nach wie vor stark seien.
Laut Reto Lipp ist denn auch die Versorgung der Bevölkerung ausschlaggebend dafür, dass ein chinesischer
Staatsbetrieb Syngenta für 44 Milliarden übernehmen will: «Dass China jetzt in der Schweiz einkauft, hat vor
allem damit zu tun, dass die Chinesen unbedingt ihre Landwirtschaft effizienter machen müssen, um die
grosse Bevölkerung mittel- bis langfristig zu ernähren. Diese Überlegung hat eindeutig Priorität vor anderen
eher ökonomischen Motiven», so der SRF-Wirtschaftsredaktor.
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Syngenta Als eines der international führenden Agrarunternehmen verfügt Syngenta über 28‘000
Mitarbeitende verteilt auf 90 Länder. In der Schweiz beschäftigt das Unternehmen über 3'200 Angestellte. Der
Konzern ging aus einer Fusion der Agrargeschäfte von Novartis und AstraZeneca Im Jahr 2000 hervor. Der
Unternehmenssitz ist in Basel. 2015 erreichte Syngenta einen Umsatz von 13,411 Milliarden Dollar.
Kuoni Gruppe Die Kuoni Gruppe bietet weltweit ausschliesslich Reisedienstleistungen für Geschäftskunden
wie Reisebüros, Onlineportale, Reiseveranstalter sowie Regierungen an und ist nicht mehr im traditionellen
Endkundengeschäft für klassische Ferienreisen tätig. Kuoni Schweiz wurde im September 2015 an die
deutsche REWE Gruppe verkauft. Die Gruppe besteht derzeit noch aus der Visa-Sparte VFS Global, dem
Gruppenreisegeschäft GTS und dem online Vertriebspartner für Unterkünfte und weitere Dienstleistungen an
Destinationen GTD. In der Schweiz beschäftigt die Gruppe aktuell rund 300, weltweit um die 8000
Mitarbeitende. Kuoni wurde 1906 von Alfred Kuoni gegründet. 1957 wurde die Kuoni-und-Hugentobler-Stiftung
gegründet: Diese hält 25 Prozent der Stimmrechte. Der Unternehmenssitz ist in Zürich. 2014 erzielte die
Kuoni Gruppe einen konsolidierten Umsatz von 3,4 Milliarden Franken.
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