Foto: Tierfotoagentur.de/W. Schäfer Raubwildbejagung in der Rhön Wenn der Waschbär drei Mal klingelt Ein wichtiger Bestandteil des Birkwildprojektes in der Rhön ist die Raubwildbejagung. Besonders der Waschbär setzt dort den Hühnervögeln und anderen Bodenbrütern immer mehr zu. Deshalb hat sich der Berufsjäger der Wildland-Stiftung, Christian Lintow, ganz der Jagd mit der Falle auf den kleinen Bären verschrieben. Wir haben ihn bei seiner Arbeit begleitet. Die Fallen, die einen Alarm auslö Christian Lintow Wenn aus dem Handy von Christian Lintow der typische Dreiklang ertönt, handelt es sich nicht etwa um eine Whatsapp-Nachricht. „Alarm von: Kofferfalle – Birkenbiotop“ steht stattdessen auf dem Display. Nur wenige Minuten danach wieder die drei aufsteigenden kurzen Töne, die nächste Falle schlägt Alarm: „Kofferfalle – Franzosenweg“. Kurze Zeit darauf wieder, auch die Holzkastenfalle in der Scheune Fichtenriegel meldet. Und so geht es praktisch den ganzen Tag über. stammt, ist dort mittlerweile heimisch. Er findet in dieser Region geeignete Rückzugsgebiete und genug zu fressen – Bodenbrüter und deren Eier stehen ganz oben auf seinem Speiseplan. Auch hat er hierzulande keine natürlichen Feinde, so dass meist alle Jungen durchkommen. Deshalb vermehren sich die Kleinbären stetig und sind bereits auch in den Ortschaften auf Dachböden, in Schuppen oder Holzpoltern zu finden. „Die Waschbärstrecke bei uns in der Rhön steigt bisher jährlich um hundert Prozent“, erzählt Lintow. „Mit zwei Stück haben wir vor vier Jahren angefangen, jetzt liegen wir bei 36.“ Kein Wunder – über 200 Fallen hat der Berufsjäger der Langen Rhön auf circa 7.000 Hektar platziert und eingebaut. Sein Ziel ist es, Lintow fängt die Raubwild zu fan- Die Waschbärstrecke Waschbären mit vergen. Warum? Damit ist in vier Jahren schiedenen Fallendas Birkwild in der typen. „Klar kann es von zwei auf 36 Stück Rhön eine Chance auch mal sein, dass hat, seine geringe gestiegen am Ansitz einer vorBestandsgröße von beikommt“, so der derzeit elf Hähnen und neun Hennen zu Berufsjäger. Das sei aber eher selten. erhalten beziehungsweise zu erhöhen. Außer Kofferfallen hat er verschiedene Auch das Niederwild und andere Bo- Typen von Betonrohr- und Holzkastendenbrüter profitieren davon. fallen in Betrieb. Eine Raubwildart, die dem Birkwild in der Rhön besonders stark zu schaffen macht, ist der Waschbär. Dieser Neubürger, der eigentlich aus Nordamerika Foto: Tierfotoagentur.de/D. M. Sheldon ösen, muss der Berufsjäger w umgehend kontrollieren. In der Rhön werden nur Lebendfangfallen verwendet. Totschlagfallen für Waschbären kommen nicht in Frage, da die Gefahr besteht, dass sich die Tiere Beködert werden die Fallen mit Apfeltrester, Eiern, Aufbruch – oder wie hier – mit Bienenwaben. 10/2015 43 am Naturbau öffnet, sitzt darin tatsächlich ein Waschbär. Erlegt werden die Tiere tierschutzgerecht mit einem gezielten Schuss aus der Kurzwaffe. Im Anschluss bestimmt Lintow das Ein kurzer Blick Geschlecht und das Lintow baut die Fangaufs Handy und ungefähre Alter der systeme gerne etwas Waschbären und doerhöht auf, das stei- Lintow weiß, welche kumentiert die Dagert den Fangerfolg. Falle dran ist ten. Dann muss die Der Grund: „Waschbären sind von Natur aus neugierig und Falle wieder „scharf“ gestellt und mit klettern gerne“, erklärt er. „Das sollte frischen Ködern – in diesem Fall verwenman nutzen“. Ein weiterer Vorteil ist, det er Bienenwaben – bestückt werden. dass die Tiere dann die Witterung der Und auf geht’s zur nächsten Falle. Köder wie Apfeltrester oder Bienenwa- Ein kurzer Blick auf sein Handy und der Berufsjäger weiß, wo er hin muss. Diese ben leichter aufnehmen. Auch Stellen am Wasser sind geeignete Methode erspart es ihm, die Fallen soFangplätze, deshalb steht zum Beispiel zusagen auf gut Glück anzufahren. Das die Holzkastenfalle im Biotop auf einer wäre bei dieser Anzahl auch gar nicht zu schaffen. Brücke über den Leubach. die Pranten verletzen. Haltefangeinrichtungen wie Schlingen sind verboten, genauso wie Fangeisen, die über Tritt auslösen. Äußerst erfolgversprechend sind auch Fallen, die in unmittelbarer Nähe zu Naturbauen stehen, wie die Kofferfalle „Buchenhang“. „Die Waschbären suchen gerne die Röhren ab und laufen dabei automatisch an der Falle vorbei und bekommen den Köder in die Nase“, so Lintow, „da gelingt ein Fang fast immer“. Und siehe da – als Christian Lintow den Deckel der Kofferfalle „Buchenhang“ Dennoch muss Christian Lintow jedem Alarm nachgehen – und so hat er bei Jeder gefangene rund 200 Fallen alle Dieses recht neue Waschbär ist ein Hände voll zu tun. Computerprogramm Doch er weiß, für ermöglicht es also, Gewinn fürs Birkwild was er den riesigen gezielt die Fallen aufzusuchen, die Alarm schlagen. Christian Aufwand betreibt: „Jedes Stück RaubLintow hat alle seine Fallen mit einem wild weniger in der Wildbahn erhöht Melder ausgestattet, der mit einem Ma- die Überlebenschancen fürs Birkwild.“ gneten verbunden ist. Löst die Falle aus, Bleibt zu hoffen, dass die nächste Birkwird der Kontakt unterbrochen und eine wildzählung den Erfolg ans Tageslicht SIM-Karte im Melder schickt dann die bringt und ihn für seine Mühe entlohnt. Nachricht auf sein Handy. S. Schlicht Die Mühe hat sich zumindest an diesem Tag gelohnt: In der Kofferfalle am Naturbau sitzt ein Waschbär. 44 10/2015 Trotzdem bleiben manche Fahrten erfolglos. Denn auch Fehlfänge lösen den Alarm aus. Und die sind nicht selten, wie Lintow erzählt. „Die Fangsysteme sind sehr sensibel und schlagen manchmal schon Alarm, wenn ein kleiner Kiefernzapfen auf das Auslösetrittbrett fällt oder eine Maus drüberläuft.“ Oder es kommt vor, dass eben ein „falsches Tier“ in der Falle sitzt. Wie an diesem Tag in der Kofferfalle „Wanderweg Schäferei“, die Lintow kontrolliert. Ein Eichhörnchen wartet darauf, dass es in die Freiheit entlassen wird. Auch Wildkatzen oder Igel seien häufige Gäste, denen der Berufsjäger natürlich sofort die Tür nach draußen öffnet. Nachdem der Berufsjäger den Waschbären mit einem gezielten Schuss aus der Kurzwaffe erlegt hat, kann er ihn entnehmen. 8/2015 45
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