Praxiseinzug durch KV brennt Ärzten unter den

Richter rügen
Altershinweis
bei Kündigung
ERFURT. Ärzte dürfen keine alters-
diskriminierende Kündigung aussprechen. Das Diskriminierungsverbot greift auch im Kleinbetrieb,
urteilte das Bundesarbeitsgericht
(BAG) und hob die Kündigung einer Medizinischen Fachangestellten (MFA) als unwirksam auf (Az.:
6 AZR 457/14). Die Gemeinschaftspraxis hatte der damals 63-Jährigen zum 31. Dezember 2013 gekündigt. Wegen Veränderungen im Laborbereich seien Umstrukturierungen erforderlich, und sie sei ja
„inzwischen pensionsberechtigt“.
Die jüngeren Kolleginnen konnten
dagegen alle ihre Stellen behalten.
Gegen die Klage der MFA wehrten sich die Ärzte mit dem Hinweis
auf einen Einbruch der abrechenbaren Laborleistungen um 70 bis
80 Prozent. Der alten MFA sei gekündigt worden, da sie im Vergleich zu ihren Kolleginnen
schlechter qualifiziert gewesen sei.
Dem BAG reichte dies nicht aus.
Die Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ im Kündigungsschreiben lege eine Altersdiskriminierung nahe. Die Gemeinschaftspraxis habe aber „keinen ausreichenden Beweis dafür angeboten, dass die zu vermutende
Altersdiskriminierung nicht vorliegt“. (mwo)
ROCHE
Onkologika
bescheren
Umsatzplus
BASEL. Das wachsende Geschäft
mit Krebsmitteln hat dem Schweizer Pharma- und Diagnostikahersteller Roche trotz des starken
Franken ein Umsatzplus beschert.
Die Verkäufe kletterten im ersten
Halbjahr um drei Prozent auf 23,6
Milliarden Franken, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte.
Das war etwas mehr, als Analysten
im Schnitt erwartet hatten. Ohne
die negativen Währungseffekte
hätte das Plus im Jahresvergleich
bei sechs Prozent gelegen. Vor allem der Umsatz mit Mitteln gegen
Brustkrebs legte kräftig zu. Unterm
Strich sank der Konzerngewinn um
sieben Prozent auf 5,2 Milliarden
Franken. Seine Prognosen für Gewinn und Umsatz erhält der Konzern aufrecht. (dpa)
Freitag/Samstag, 24./25. Juli 2015 Nr. 81-140D
Praxiseinzug durch KV brennt
Ärzten unter den Nägeln
Die Frage des Einzugs von
Arztsitzen durch die KV in
überversorgten Gebieten
beschäftigt viele Ärzte. Das
zeigt die Leserumfrage von
Springer Medizin und Deutsche Bank.
Streitpunkt Einzug von Arztsitzen
Über den verstärkten Praxisaufkauf durch die KVen in überversorgten Gebieten
will die Koalition mit dem Versorgungsstärkungsgesetz das Angebot an Praxissitzen
verknappen und dadurch mehr Ärzte für Landarztpraxen gewinnen.
Auf die Frage: „Wie stehen Sie zu diesem Plan?“ antworteten:
Ich werde von der Neuregelung
nicht betroffen sein
(z.B. weil Praxis in unterversorgter Region)
FRANKFURT/MAIN. Die neue Soll-Vor-
schrift zum Aufkauf von Praxissitzen
durch die KVen ist und bleibt einer
der umstrittensten Punkte des GKVVersorgungsstärkungsgesetzes (VSG).
Daran ändern auch die adjustierten
Bedingungen für den Einzug der Zulassung nichts. Zur Erinnerung: Im
Gesetz steht jetzt, dass erst ab einem
Versorgungsgrad von 140 Prozent –
und dies auch erst nach einer Anpassung der Bedarfsplanung – Praxissitze
eingezogen werden sollen.
Die gemeinsame Umfrage der Verlagsgruppe Springer Medizin und der
Deutschen Bank zum Thema VSG und
Praxisinvestitionen hat klar bestätigt,
wie sehr das Thema Ärzten unter den
Nägeln brennt. An der Umfrage haben
von Ende Juni bis Mitte Juli mehr als
350 Haus- und Fachärzte teilgenommen (wir berichteten am Mittwoch).
Ein Thema der Umfrage war die
Frage, wie die Teilnehmer zu den Regeln des Praxisaufkaufs stehen. Demnach fühlt sich etwa jeder fünfte Teilnehmer von der Regelung betroffen,
jeder vierte sieht sogar „sein Lebenswerk durch die Neuregelung bedroht“.
Ärzte in Großstädten sind besorgt
Die Bedrohung und die Betroffenheit
werden von Hausärzten etwas weniger stark empfunden als von anderen
Teilnehmern. Bei Fachärzten fürchtet
mehr als jeder Dritte um sein Lebenswerk, bei Ärzten aus der Großstadt ist
es sogar fast jeder Zweite (48 Prozent). Sehr sicher fühlen sich dagegen
Ärzte vom Land und aus der Kleinstadt, bei denen nicht einmal jeder
Sechste den Aufkauf als Gefahr empfindet, was angesichts der Versorgungslage auf dem Land auch nicht
überrascht. Ein Versorgungsgrad von
140 Prozent dürfte in ländlichen Gebieten nur selten erreicht werden.
Doch wie wirksam wird die Neuregelung am Ende sein? Ziel des Gesetzgebers ist es ja, Überversorgung in
Städten abzubauen zugunsten einer
besseren Versorgung auf dem Land,
wo sich immer mehr Lücken auftun.
Die Zweifel daran, ob dieser Teil des
26,4 %
Ich erwarte, dass die neue Regelung
in der Praxis generell nicht relevant wird.
19,8 %
Nach meiner Einschätzung könnte
ich vom Praxisaufkauf betroffen sein.
18,1 %
Ich fühle mein Lebenswerk durch
die Neuregelung bedroht.
25,2 %
Für Landärzte sollte es dadurch nicht leichter
werden, einen Nachfolger zu finden.
Ich habe mich mit dem Thema noch
nicht bzw. nur wenig beschäftigt.
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Kooperationen
helfen Praxisabgebern, und sie
sind auch für
Übernehmer
attraktiv.
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Caroline Roos, Leiterin Heilberufeberatung bei der Deutschen Bank.
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© WONGE BERGMANN
BUNDESARBEITSGERICHT
Praxis & Wirtschaft
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41,1 %
2,6 %
VSG seine Wirkung zugunsten einer
optimierten Versorgung entfalten
wird, sind groß, wie die Umfrage zeigt:
Jeder fünfte Teilnehmer erwartet
demnach, dass „die neue Regelung in
der Praxis generell nicht relevant
wird“ – also dass die Zulassungsausschüsse nur selten tatsächlich Praxen
einziehen werden.
Diese Einschätzung mag aus der
Erfahrung im Umgang des Zulassungseinzuges mit der zuvor bestehenden Kann-Regelung resultieren.
Faktisch sind nur sehr wenige Zulassungen eingezogen worden, und
wenn, dann häufig bei Kleinpraxen,
die für die Versorgung weniger eine
Rolle gespielt haben. Ob Zulassungsausschüsse vor dem Hintergrund tatsächlicher langer Wartezeiten für Patienten in überversorgten Gebieten
von der Sollregelung Gebrauch machen werden, bleibt abzuwarten.
Und auch wenn es um die Verbesserung der Versorgung auf dem Land
geht, erwarten viele Ärzte nicht viel
von der Soll-Regelung beim Einzug
von Praxissitzen: 41 Prozent der Umfrageteilnehmer glauben, „für Landärzte sollte es nicht leichter werden,
einen Nachfolger zu finden“. Bei denjenigen, die auf dem Land praktizieren, glauben dies sogar 47 Prozent.
Das sei auch eine Erklärung dafür,
dass für jeden zweiten Arzt die Praxis-
Quelle: Leserumfrage
© fhmedien_de / fotolia.com
Grafik: ÄrzteZeitung
übergabe und Nachfolgeregelung den
Gesundheitsmarkt zukünftig nachhaltig beeinflussen werden, wie die
Umfrage ebenfalls ergeben hat, sagt
Caroline Roos, Leiterin Heilberufe bei
der Deutschen Bank.
Praxisübergabe rechtzeitig planen
Um so wichtiger ist es, die Praxisübergabe rechtzeitig zu planen, betont die
Heilberufeexpertin – und zwar sowohl für Ärzte, die vom Praxiseinzug
betroffen sein könnten, als auch für
Ärzte, die Schwierigkeiten bei der Suche nach einem Nachfolger erwarten.
Nach ihrer Überzeugung hilft eine
Nachfolgestrategie beiden Zielgruppen: die Führung oder Gründung von
Praxiskooperationen. Vom Zulassungseinzug bedrohte Praxen können
sich durch Einbringung in eine BAG
schützen, wenn diese mindestens drei
Jahre vor Abgabe begründet wurde.
Für potenzielle Praxisnachfolger sei
zudem der Kauf einer Praxisbeteiligung attraktiver. Roos: „Mit unserer
anbieterübergreifenden Praxis- und
Kooperationsbörse hat die Deutsche
Bank genau zu diesem Zweck eine
Plattform geschaffen, die es Ärzten erleichtert, eine Praxis, einen Nachfolger
oder auch einen Kooperationspartner
zu finden. Die Daten werden anonymisiert eingestellt.“ (www.deutschebank.de/praxisboerse) (ger)
In Metamorphose: Erst Generikaanbieter, dann Innovator
Die deutsche Tochter des
indischen Generikaanbieters Glenmark startet auf
dem Markt durch. Ziel ist die
Transformation zu einem
innovativen Unternehmen.
VON MATTHIAS WALLENFELS
MUMBAI/GRÖBENZELL. Die Transfor-
mation von einem indischen Generikaanbieter zu einem international
orientierten, innovativen Pharmaunternehmen – nichts anderes ist das
selbst gesteckte Ziel des Anbieters
Glenmark. Das Unternehmen, das seinen Deutschland-Sitz in Gröbenzell
hat, ist Ärzten nicht zuletzt durch etliche Zuschlagsgewinne bei der 14. Rabattausschreibung der AOK in diesem
Frühjahr bekannt geworden. Aber
auch in der Kooperation mit Big Playern ist Glenmark bereits geübt. So hat
das Unternehmen vor Kurzem eine
Lizenzvereinbarung mit Sanofi zur
Entwicklung von Antikörpern für die
Behandlung von Patienten mit Morbus Crohn geschlossen (wir berichteten). Im Juli steht nach Patentablauf
des Originals die Einführung des generischen Rasagilin für Parkinson-Patienten auf dem Plan.
Wie Florian Abbenseth, Geschäftsführer der Glenmark Arzneimittel
GmbH, im Gespräch mit der „Ärzte
Zeitung“ hervorhebt, habe sein von
der indischen Mutter weitgehend unabhängig agierendes Unternehmen
etwa 30 Moleküle in der Vermarktung, davon entfallen rund die Hälfte
auf die Indikation ZNS, die noch weiter ausgebaut werden solle.
Die Unternehmensgeschichte mutet beinahe wie ein Märchen an: 1977
gründet der Inder Gracias Saldanha
ein klassisches Generikaunternehmen und benennt es nach seinen beiden Söhnen Glenn und Mark. Anfang
dieses Jahrtausends übernimmt der
Sprössling Glenn dann die damals
rund 50 Millionen Dollar Umsatz erzielende Firma und baut sie binnen
weniger Jahre zu einem internationalen, aktuell fast eine Milliarde USDollar schweren Pharmaunternehmen auf. 2010 erfolgt die Gründung
der deutschen Tochter.
Zwar sei der Weg zu einem innovativen Anbieter noch weit, er werde
aber mit Siebenmeilenstiefeln begangen. Hoffnungsträger sind für Abbenseth die Indikationen Schmerz, Autoimmun- sowie Atemwegserkrankungen.
Wie Abbenseth, ein Urgestein der
deutschen Generikabranche, weiter
berichtet, seien sieben innovative Moleküle in der Pipeline. Als Rückgrat
für die Transformation zu einem innovativen Pharmaunternehmen sollen die sechs Forschungs- und Entwicklungsstandorte Glenmarks dienen. Neben dem Forschungsstandpunkt Indien sei zum Beispiel in der
Schweiz ein hochmodernes Zentrum
unter deutscher Leitung entstanden,
das die Erforschung von NBE – New
Biological Entities – fokussiert.
Glenmark wolle sehr wohl auch
weiter auf Generika setzen und im Rabattgeschäft mit den Kassen mitspielen, sich davon aber nicht abhängig
machen, wie Abbenseth betont. Daher
sei auch ein Engagement in puncto
Biosimilars eine Option mit eher untergeordneter Priorität.