20 Agenda Mittwoch, 25. November 2015 Nr. 125-228D LESER-UMFRAGE » HONORAR UND INVESTITIONEN Eine Initiative von Springer Medizin und Deutsche Bank Honorar 2016: Ärzte reagieren skeptisch VON HAUKE GERLOF FRANKFURT/MAIN. Der Streit um die Deutungshoheit der Beschlüsse zum vertragsärztlichen Honorar 2016 läuft weiter. Während die Kassenärztliche Bundesvereinigung betont, die vertragsärztlichen Honorare seien längst abgekoppelt von der Bezugsgröße des kalkulatorischen Oberarztgehaltes, haben die Krankenkassen jüngst eine Studie des Prognos-Instituts vorgelegt, in der postuliert wird, dass die Vertragsärzte weniger Stunden geleistet haben und dennoch höhere Reinerträge erwirtschaftet haben. Doch wie ist die Meinung der Ärzte zu diesem Thema? Die Fachverlagsgruppe Springer Medizin und die Deutsche Bank haben in einer gemeinsamen Aktion im Oktober eine Leserumfrage mit dem Ziel der Klärung initiiert. Das Ergebnis zeigt, dass die Honorarbeschlüsse bei Ärzten eher verhalten aufgenommen worden sind. Laut Umfrage sieht rund ein Drittel der Ärzte die Ergebnisse der Honorarverhandlungen als Chance. Aber gut 60 Prozent sehen sie eher als Belastung. Verhaltene Reaktion auf Honorarbeschlüsse, aber jeder Dritte sieht Chancen Sehen Sie in den Honorarbeschlüssen eher eine Chance oder Belastung? 63 Belastung Wie bewerten Sie die jüngsten Honorarbeschlüsse vor dem Hintergrund der steigenden Morbidität? 12 74 7 79 MGV mit einem Plus von insgesamt 2.6% 9 59 4 Extrabudgetäre Honorarsteigerungsmöglichkeiten 5 Orientierungswert mit einem Plus von 1,6% 11 10 27 5 reicht nicht aus reicht aus weiß nicht keine Angabe Neben Steuerberatern: Wenige externe Experten eingebunden Sprechen Sie über Chancen und Risiken für die Entwicklung Ihrer Praxis mit Beratern und MItarbeitern? Steuerberater 62 20 Im Praxisteam 64 18 15 Bankberater Abrechnungsberater Medizinrechtler 12 10 12 ja Unternehmensberater 6 3 situativ 8 10 Jeder Vierte will in den nächsten zwölf Monaten investieren Planen Sie aktuell Investitionen in Ihre Praxis? ja, in den nächsten 6 – 12 Monaten ja, aktuell und kurzfristig 12 ja, in den nächsten 1 – 3 Jahren 14 nein, aktuell nicht Steigerung der MGV um 2,6 Prozent wird angesichts der erlebten Entwicklung der Morbidität von 74 Prozent der Teilnehmer als nicht ausreichend empfunden, obwohl hier die Ergebnisse der Verhandlungen auf regionaler Ebene noch ausstehen. Für extrabudgetäre und damit in der Menge nicht begrenzte Leistungen wird das Ergebnis differenziert bewertet. Hier sind weniger als 60 tientennutzen in Einklang stellt. Man muss sich nicht verbiegen, um als Arzt wirtschaftlich erfolgreich zu sein“, sagt Oliver Bortz, Leiter Firmenkunden Deutschland bei der Deutschen Bank. Positive Patientenerfahrungen führten zu Mundpropaganda und zu neuen Patientenempfehlungen. Chancen und Risiken für Praxen 2016 keine Angabe 7 Investitionsbereitschaft weiter hoch Dennoch scheint die Investitionsbereitschaft positiv zu bleiben – auch wenn die Honorarbeschlüsse kein Motivationsimpuls sind. Mehr als 300 Haus- und Fachärzte haben sich im Oktober an der Umfrage in der „Ärzte Zeitung“ und im Internet beteiligt, was den Ergebnissen eine hohe Aussagekraft verleiht. Die Umfrageergebnisse bestätigen die Grundstimmung aus dem Medizinklimaindex der Stiftung Gesundheit, der im Herbst ein deutlich pessimistischeres Bild bei Ärzten gezeigt hat als zuvor im Frühjahr. Die Umfrage lässt genauere Rückschlüsse zu: So sehen fast 80 Prozent der Umfrageteilnehmer die Steigerung des Orientierungswertes um 1,6 Prozent als unzureichend an. Die Alle Angaben in Prozent 30 Chance Quelle: Eigene Umfrage Grafik: ÄrzteZeitung Die Mehrheit der Ärzte bewertet die Ergebnisse der Beschlüsse für das Honorar kritisch. Das zeigt die gemeinsame Leserumfrage von Springer Medizin und Deutsche Bank. Doch es gibt auch optimistische Stimmen. 15 57 Prozent der Teilnehmer der Ansicht, die Erhöhung reiche nicht aus. Ein Grund hierfür könnte sein, dass die Preise auch bei extrabudgetären Leistungen nur um 1,6 Prozent steigen. Das könnte bei kostenintensiven Leistungen tendenziell belastend werden. Teilweise steigen die Kosten schneller als die Erträge. Bei weniger kostenintensiven Leistungen, wie Impfungen, DMP oder Vorsorge, spielt die Men- genkomponente eine größere Rolle. Hier können Vertragsärzte also durch Mengensteigerungen die Einnahmesituation durchaus aufbessern. „Nach unserer Erfahrung zeigt sich, dass besonders renditestarke Praxen extrabudgetäre Leistungen verstärkt nutzen, um ein Mehr an Praxiserfolg zu erwirtschaften. Langfristig erfolgreich ist, wer aus Überzeugung handelt und Praxis- und Pa- Laut Umfrage beraten sich Ärzte über Chancen und Risiken ihrer Praxisentwicklung – außer mit dem Praxisteam – in erster Linie mit ihrem Steuerberater. Rund 82 Prozent besprechen sich hier regelmäßig bzw. situativ. Andere Berater werden eher selten und stärker situativ hinzugezogen: Rund 27 Prozent suchen Gespräche mit dem Bankberater und 22 Prozent mit Abrechnungsberatern. „Wir erleben das auch in der Praxis, der Steuerberater ist beim Arzt als Berater am engsten eingebunden. Umso wichtiger ist deren Spezialisierung auf die Beratung von Ärzten“, so Bortz. Das gelte auch für die Heilerufeberatung durch Banken: „Der Berater muss Ärzten ein Sparringspartner mit fundiertem Branchen-Know-how sein, der bei Bedarf auch Zugang zu weiteren Experten verschaffen kann.“ Darüber hinaus bedürfe es sinnvoller Zusatzleistungen, die Ärzte unterstützen, mögliche Praxispotenziale zu identifizieren. „Unser PraxisCheck z.B. ermöglicht einen BenchmarkVergleich mit anderen Praxen, der genau darauf abzielt.“ Auch zur Investitionsbereitschaft wurden die Ärzte, wie bei der Vorläufer-Umfrage Ende Juni, befragt. Das Ergebnis: Die Investitionsneigung ist um sieben Prozentpunkte zurückgegangen. Dennoch wollen weiterhin 41 Prozent der teilnehmenden Ärzte in den kommenden drei Jahren in ihre Praxis investieren, immerhin jeder Vierte binnen eines Jahres. Als Investitionshemmnisse erweisen sich Unsicherheit beim Honorar und die Furcht davor, dass sich eine Investition nicht amortisiert. Auch die bevorstehende Praxisabgabe hemmt jeden vierten Teilnehmer, noch Geld in die Praxis zu stecken. Bortz empfiehlt, im Jahresgespräch mit dem Bankberater ganz konkret die Wettbewerbsposition der Praxis, den Investitionsbedarf, die Liquidität und die Amortisation der Investition durchzugehen und dann die Planung für 2016 zu machen. Alle Umfrageergebnisse im Netz: http://tinyurl.com/p9hsu75 Angebote der Bank für Ärzte im Internet: www.deutsche-bank.de/praxisservices Wenn es um Investitionen in die Praxis geht, haben die Fertigkeiten von Arzt und Team erste Priorität. Weniger im Blick haben die Praxisinhaber die Nutzung von Fördermöglichkeiten durch den Staat. Fortbildung für Praxisinhaber und Praxisteam steht unter den verschiedenen Investitionsbereichen bei niedergelassenen Ärzten ganz oben auf der Agenda. Das legen die Ergebnisse der gemeinsamen Leserumfrage von Springer MeFRANKFURT/MAIN. dizin und Deutscher Bank nahe. Demnach wollen rund 40 Prozent der Ärzte, die Investitionen in der näheren Zukunft planen, in Fortbildung investieren. In der Prioritätenliste folgen Investitionen in neue Geräte (29 Prozent), in Gebäude und Inneneinrichtung (25 Prozent) sowie in die Modernisierung der Praxis-IT und der Vernetzung (23 Prozent). Triebfedern für Investitionen sind in erster Linie eine Steigerung der Zufriedenheit der Patienten und der Patientenbindung (42 Prozent) sowie die eigene Arbeitszufriedenheit und die des Teams (41 Prozent). Zudem strebt jeder dritte Umfrageteilnehmer danach, den medizinischen Nutzen zu steigern. „Angesichts der Tatsache, dass qualifizierte Mitarbeiter und eine ● Fördermöglichkeiten werden kaum genutzt ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Sind Sie gut über die verschiedenen staatlichen Fördermöglichkeiten informiert? 51,8% ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● 30,2% ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● JA keine Angabe 18% Quelle: Eigene Umfrage Grafik: ÄrzteZeitung NEIN ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● qualitativ gute Diagnostik wesentliche Unterscheidungsfaktoren im Wettbewerb um Patienten sind, sind Investitionen in Fortbildung und Geräte unternehmerisch gut nachvollziehbar“, kommentiert Oliver Bortz, Leiter Firmenkunden Deutschland bei der Deutschen Bank, die Ergebnisse. „Moderne Verfahren und neue Geräte erweitern das Praxisspektrum und machen die Praxis für neue Patienten attraktiv.“ Und ein gut fortgebildetes Praxisteam sei in der Lage, Ärzten mehr Arbeit abzunehmen und so Spielräume für zusätzliche Angebote und die Bewältigung zunehmender Patientenzahlen zu schaffen. Auffällig bei den Ergebnissen ist der hohe Anteil der Ärzte, die die Investitionen aus Eigenmitteln stem- men wollen (52 Prozent). Fremdmittel wollen nur 16 Prozent in Anspruch nehmen, und sogar nur knapp acht Prozent wollen staatliche Fördermöglichkeiten nutzen. Das könnte auch an Informationsdefiziten liegen, denn fast 52 Prozent fühlen sich gut über Fördermöglichkeiten informiert. Bortz sieht in dieser Frage einen hohen Gesprächsbedarf bei Ärzten. „Kreditfinanzierte Investitionen in die Praxis bringen steuerliche Vorteile, weil die Zinsen als Kosten abgezogen werden können.“ Das gelte um so mehr, wenn die zusätzlichen finanziellen Spielräume dazu genutzt würden, private Verbindlichkeiten abzubauen. Durch Inanspruchnahme staatlicher Förderung lasse sich dieser Effekt noch verstärken. (ger)
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