"Alles brennt. Um ausgebrannt zu sein, muss

Ökumenische Besinnung 2015
Alles brennt
Um ausgebrannt zu sein,
muss man einmal gebrannt haben.
TrauerWelten e.V.
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PATER TOBIAS TITULAER OSB (OHCC)
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Einstimmung
- einleitende Worte
- Klangschale anschlagen -
Zur Besinnung
Sicherlich kennen Sie dieses Gefühl
aus dem eigenen Erleben,
dass man für etwas Feuer und Flamme ist,
für eine Sache, für eine Idee,
für einen Lebensplan und und und ...
Da setzt man sich ein
vielfach weit über die eigenen Kräfte gehend.
Man brennt förmlich innerlich dafür,
Leidenschaft pur. Alles brennt ...
Doch immer wieder kommt es vor,
dass man schneller als es einem lieb ist,
feststellen muss: „Ich kann nicht mehr!
Ich bin völlig ausgebrannt.
Da, wo es einst in mir brannte
und in vollen Zügen loderte,
ist nur noch Asche und Rauch.“
Aufgaben, denen ich gestern noch
mit großer Freude und Leidenschaft nachgegangen bin,
werden plötzlich zur drückenden Last.
Man wird gereizter und hat das Gefühl,
nur noch wie eine Maschine
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irgendwelche Dinge erledigen zu müssen.
Statt „Ich will“ denke ich viel häufiger „Ich muss“.
Lange Zeit will ich mir selbst dies nicht eingestehen:
„Ich krieg das schon hin!“ - und ich kriege es auch hin,
es kostet mich aber sehr viel Kraft - viel zu viel Kraft.
Und vor allen Dingen: Es macht mir keine Freude mehr.
Die Leidenschaft ist auf der Strecke geblieben.
Das Arbeitsziel wird zum alleinigen Lebensinhalt.
Das übersteht man nicht, auch wenn man sich einredet,
Arbeit sei das Leben.
Ein schrecklicher Gedanke, wenn ich mir vorstelle,
dass irgendwann über meiner Todesanzeige
dieser Gedanke als Lebensinhalt stünde?
„Arbeit war sein Leben!“ Ich stände wieder auf!
Ganz schleichend bekommt man
ein schlechtes Gewissen,
wenn man einfach mal nichts tut.
Wenn Sie jetzt sagen: Das kenne ich bei mir gar nicht,
dann zählen Sie nicht zu den Gefährdeten.
Dann ist allerdings wahrscheinlich,
dass Sie ein äußerst langweiliges Leben führen,
oder wie man heute so gern sagt,
ein „chilliges“ Leben.
Burnout hingegen kann nur jemand haben,
der schon einmal richtig Feuer und Flamme
für eine Sache war.
Wer nie gebrannt hat, kann nicht erlöschen.
Bei dem zündet es aber auch nie so richtig.
Insofern weiß ich nicht, ob ich als Burnout-Gefährdeter
jemals mit so einem Glutkiller tauschen möchte.
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„Um ausgebrannt zu sein,
muss man einmal gebrannt haben.“
Burnout ist vielfach die Folge dauerhaften und damit
ungesunden Stresses.
Dabei ist Stress an sich gar nicht so schlecht,
im Gegenteil:
Wer Stress hat, wird fähig, sich besser
mit kritischen Situationen auseinander zu setzen.
Stress verändert den Körper und aktiviert alle Bereiche,
die wir für Kurzzeit-Höchstleistungen brauchen.
Doch diese Energie wird an anderen Stellen abgezogen,
etwa beim Immunsystem.
Aber das funktioniert eben nicht dauerhaft.
Deswegen werden so viele Menschen
in zu langen Stresssituationen krank!
Zu Deutsch:
Stress ist kurzfristig gesund - langfristig macht er krank.
Wer dauerhaft Stress hat,
der kämpft oder er ist auf der Flucht.
Die Frage für einen gestressten Menschen lautet nicht
„Wie bekomme ich meine Kopfschmerzen weg?“
sondern:
„Wogegen kämpfe ich? Wovor laufe ich davon?“
Und da geht es
bei den meisten Menschen ans Eingemachte.
Warum mache ich mir diesen Stress?
Wovor habe ich Angst?
Warum glaube ich, dass ich andauernd kämpfen muss?
Wenn Sie später nach Hause fahren
und sich diesen beiden Fragen ernsthaft stellen:
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„Wogegen kämpfe ich eigentlich?
Wovor laufe ich davon?“,
dann kommen Sie ein ganzes Stück voran.
„Burnout“ jedenfalls heißt nichts anderes
als sich einzugestehen: Ich will den Kampf nicht mehr.
Oder: Ich habe nicht mehr die Kraft, davonzulaufen.
Burnout – scheint eine Krankheit unserer Zeit zu sein.
Wie viele medizinische und psychologische Abhandlungen
sind zu diesem Thema schon verfasst worden.
Der Büchermarkt wird mit Literatur
zu diesem Thema überschwemmt
und man hat den Eindruck,
jeder könne und müsse dazu etwas sagen.
Auch der pharmazeutische und therapeutische Jahrmarkt
hat hier eine Menge zu bieten,
ob immer sinnvoll und hilfreich, sei dahin gestellt.
Nun ist die Ökumenische Besinnung
keine psychotherapeutische Sprechstunde.
Und ich verteile nachher auch nicht
die „Apothekenumschau“
mit den sechs ultimativen Tipps gegen Ausbrennen
mit anschließender Kaufempfehlung
für Tees, Pillen und Pülverchen. – Das greift zu kurz.
Das Burnout-Syndrom ist keine Erfindung unserer Tage,
sondern schon Jahrtausende alt.
Schon in der Bibel werden Menschen beschrieben,
die sich mit voller Leidenschaft für Gott einsetzen,
die alles geben, die sogar ihr eigenes Leben
aufs Spiel setzen und dann irgendwann
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völlig ausgebrannt am Boden liegen.
Deshalb möchte ich heute fragen:
Wie geht Gott mit Menschen um,
die ausgepowert am Boden liegen,
zutiefst müde, am Ende ihrer Kraft, leer?
In der Bibel, im Alten Testament
gibt es mehrere Propheten,
die sich genau in dieser Situation befinden.
Bekannt ist Elija.
Er war ein begeisterter Prophet,
Feuer und Flamme für seinen Gott.
Und was hat er nicht alles bewegt, sich ins Zeug gelegt.
Allein hat er gegen 450 falsche Baalspriester gekämpft.
Mit aller Kraft hat er sich bemüht,
für die gute Sache zu kämpfen und alles auszurotten,
was dem Willen Gottes nicht entspricht.
Er hat sich völlig verausgabt
und spürt dann die Vergeblichkeit seiner Bemühungen.
Er erfährt seine Grenzen
und wird nun mit dem Tod bedroht.
Seine Mission ist gescheitert,
er wird verfolgt, läuft um sein Leben.
Der, den er als den verlässlichen Gott verkündet hat,
lässt ihn allein.
Und so flieht er in die Wüste.
Er lässt alles hinter sich, zuletzt seinen Diener.
Und da liegt er nun flach hingestreckt, erschöpft,
ausgelaugt und enttäuscht von seinem Gott.
Dort will er nur noch allein sein.
Er kann nicht mehr, legt sich unter einen Ginsterstrauch
und sagt zu Gott: „Nun ist es genug.“ ...
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An einer anderen Stelle
wird von Mose ähnliches berichtet.
Im Auftrag Gottes soll Mose das Volk Israel
aus der Gefangenschaft in Ägypten führen
in das Gelobte Land.
Doch immer und immer wieder gibt es Probleme.
Die Menschen bedrängen Mose:
„Du bist schuld, dass wir kein Fleisch kriegen,
wie damals in Ägypten!“
Sie beklagen sich, dass die Wüstenwanderung
so lange dauert und bezweifeln,
dass Gott sie überhaupt auf dem richtigen Weg führt.
Sie murren. Genau das macht Mose zu schaffen:
Das Misstrauen, die Trägheit, die Vergesslichkeit,
das Schwanken seines Volkes.
Natürlich nimmt er diese Dinge persönlich.
In der Bibel wird das nicht so genau beschrieben.
Aber ich kann mir gut vorstellen,
dass Mose mit der Zeit immer kraftloser
und erschöpfter vielleicht sogar gereizt, zynisch,
feindselig und depressiv wurde.
Ich denke, Mose und Elija wären sehr glücklich gewesen,
wenn es damals schon eine Therapiemöglichkeit
gegeben hätte.
Das Feuer in ihnen ist ausgebrannt.
Was bleibt sind Asche und Rauch.
Man muss nicht Mose oder Elija heißen;
man muss auch nichts Übermenschliches geleistet haben.
Die Praxen der Therapeuten
sprechen eine unüberhörbare Sprache.
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Jeder von uns weiß:
Niemand ist verantwortlich für die Menge seiner Kraft.
Und darum ist Schlappmachen auch keine Schande.
Erschöpft und ausgebrannt zu sein,
das kann durch Überforderung
sehr schnell jedem passieren!
Die große Versuchung in solchen Situationen
besteht darin, sich der Verzweiflung zu überlassen,
nichts mehr hören und sehen zu wollen.
Aber gerade damit bekommt die Situation
etwas Auswegloses,
eine Abwärtsspirale beginnt sich zu drehen
und jeder Weg in die Zukunft wird verstellt.
Ähnlich ergeht es Mose und Elija.
Doch sie tun genau das, was richtig ist.
Mose und Elija wenden sich an denjenigen,
der ihnen ihre Aufgabe übertragen hat, an Gott.
Sie bleiben nicht bei sich selbst,
und damit haben sie den ersten Schritt getan,
der helfen kann:
nicht meinen, man sei allein, sondern Hilfe suchen,
besonders bei dem, von dem die Belastung ausgeht
und die Belastung in Worte fassen,
die eigenen Empfindungen benennen.
Vielleicht ist meinem Gegenüber gar nicht bewusst
wie es mir geht undf um mich steht.
So beginnt die Wende zum Besseren,
immer, verlässlich, bis heute.
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Vielleicht wurde ja nur die eigene Belastung
und Überforderung weitergegeben.
Vielleicht, vielleicht …
Wie viel lässt sich im ruhigen Gespräch klären.
Dabei verstellen beide sich nicht,
wählen ihre Worte nicht sorgsam bewusst,
sondern reden, wie ihnen zumute ist.
Wut und Enttäuschung sprechen sie ungefiltert aus.
Ich lese uns diesen Abschnitt aus der Bibel einmal vor:
Mose sagte zum HERRN:
„Warum tust du mir dies alles an?
Womit habe ich es verdient, dass du mir
eine so undankbare Aufgabe übertragen hast?
Dieses Volk liegt auf mir wie eine drückende Last.
Schließlich bin ich doch nicht seine Mutter,
die es geboren hat! Wie kannst du von mir verlangen,
dass ich es auf den Schoß nehme
wie die Amme den Säugling
und es auf meinen Armen in das Land trage,
das du ihren Vätern zugesagt hast? (...)
Ich allein kann dieses ganze Volk nicht tragen,
die Last ist mir zu schwer.
Wenn du sie mir nicht erleichtern willst,
dann hab wenigstens Erbarmen mit mir und töte mich,
damit ich nicht länger diese Qual ausstehen muss.“
Zur Besinnung
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Mose und Elija finden auf unterschiedlichen Wegen
aus ihrem Elend heraus.
Beide Wege zeigen uns wichtige Aspekte auf.
Sie zeigen die Notwendigkeit neuer Wege,
um Not zu wenden.
Elija halten die Enttäuschungen so gefangen,
dass er allein nicht weiterkommen kann.
Gleichzeitig ist spürbar,
dass die Krise hier unter dem Ginsterstrauch
an ihren entscheidenden Punkt gerät;
sie kann nur zur Chance werden,
wenn er nicht im Schatten
des Ginsterstrauches liegen bleibt,
sondern den Aufbruch wagt.
Nicht aus und vorbei, sondern Aufbruch ist gefordert.
Doch bis dahin ist es ein langer Weg.
Zunächst einmal ist wichtig, dass sich Elija zurückzieht,
und dass er sich zurückziehen darf.
Gott greift nicht ein.
Gott sagt nicht:
„Nun stell dich nicht so an, du alte Memme!“,
nein er schweigt, lässt Elija zunächst einmal Ruhe,
lässt ihn unterm Ginsterstrauch schlafen,
auch wenn dieser vielleicht ein aufmunterndes Wort
seines Gottes oder ein Zeichen gebraucht hätte.
Doch Gott schweigt, und vielleicht ist dies sogar sehr gut.
Denn hätte Gott hier ein Zeichen gegeben,
wäre Elija vielleicht sofort wieder aufgesprungen
und alles wäre wieder in Ordnung gewesen - scheinbar.
Doch beim nächsten Gegendruck
wäre er wieder zusammengebrochen.
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Deshalb finde ich es ganz wichtig zu wissen:
Gott lässt Zeit, ganz viel Zeit.
Wie viele Therapeuten heute wollen nur Erfolg sehen,
wollen ein Weiterkommen beim Patienten sehen,
sind unter Druck, weil Krankenkassen
Therapien nur bedingt und befristet genehmigen.
Und wie oft müssen sie erfahren,
dass ihre ganze Mühe nichts nutzt,
weil sie unter Zeitdruck den Menschen behandeln
und sich so nichts bewegen kann,
sondern eher das Gegenteil bewirkt wird.
Gott lässt Zeit, Gott lässt Ruhe,
Gott schenkt den erholenden Schlaf.
Und dann: Eine ganz schöne und gefühlvolle Szene:
Gott schreit nicht irgendwann: „Aufstehn!“,
sondern er rührt ihn mit der Fingerspitze eines Engels an.
Ganz behutsam und einfühlsam: „Steh auf und iss!“
Brot und Wasser - Nahrung gegen Hunger und Durst,
zur Weckung neuer Lebensgeister
werden ihm hingestellt.
Kräftigende und unaufdringliche Hilfe.
Kein Wort des Vorwurfs
oder der theologischen Belehrung.
Gott gibt ihm zu essen und niemand ist da,
der Elija zwingt, Brot und Krug zu nehmen.
Diesen wichtigen Schritt muss er unbedingt
selbst und freiwillig tun.
Er steht auf, isst und trinkt.
Doch die Erschöpfung ist zu groß.
Elija fällt erneut in den tiefen Schlaf.
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Und auch hier: Gott lässt ihn schlafen,
er scheint noch mehr Ruhe und Zeit zu brauchen
und Gott schenkt ihm beides.
So eine unendliche Geduld im Umgang mit der Krise.
Ich wünschte sie uns allen heute,
denn nur so können wir den Weg
aus allem heraus wieder finden,
können wir den erneuten Aufbruch wagen.
Schließlich rührt der Engel ihn erneut an:
„Steh auf und iss! Sonst ist der Weg zu weit für dich!“
Eine Stimme, die zum Aufstehen und Essen ermutigt
und damit zu neuen Lebensmut, zu neuer Hoffnung.
Gott ist da, nahrhaft und stärkend, mit Brot und Wasser.
Unnachgiebig gut ist für Elija hier dieser Gott.
Er ist der Mächtige, doch lenkt er behutsam.
Mit der Fingerspitze eines Engels rührt er Elija an,
kaum spürbar, leise und doch klar und bestimmt.
Die Stimme spricht nicht oft,
doch wenn, dann liegt der Weg offen.
Gott wird Elija den gegebenen Weg zeigen.
Er hetzt uns nicht.
Aber er lässt auch nicht locker.
Er erinnert uns an den Weg und die Aufgaben,
die vor uns liegen. Aber den ersten Schritt auf dem Weg
müssen wir selbst tun.
Und was lag vor Elija,
als er ausgeschlafen und sich gestärkt hatte:
Wüste! Keine gelösten Probleme,
keine weggeräumten Schwierigkeiten.
Nein! Genau da, wo er eingeschlafen ist,
muss er nun weitergehen, 40 Tage und 40 Nächte.
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Elija geht, anders als er kam.
Er wandert noch weiter in die Wüste hinein.
Das Maß der Vereinsamung und seiner Gottsuche ist voll.
Er erreicht schließlich
mitten in der Wüste den Gottesberg.
Da offenbart sich der lebendige Gott
und dann erhält Elija von ihm seinen Auftrag.
Und dieser Auftrag ist haargenau der alte.
„Geh deinen Weg durch die Wüste zurück!“
Also wieder:
40 Tage und 40 Nächte durch Einsamkeit und Wüste,
Kälte und Hitze und dann die Aufgabe,
vor der er weggelaufen war.
Der Auftrag bleibt gleich, aber die Aufgabe,
die Elija überforderte, ist nun
zu einer Aufgabe geworden, die er bewältigen kann.
Er hat geruht, Kraft geschöpft,
sich Ruhe gegönnt und sich so gestärkt.
Gott kümmert sich um uns, liebevoll,
lässt ganz viel Zeit und hat unendliche Geduld.
Aber genau wie dem Elija nimmt er auch uns
die Probleme und Schwierigkeiten nicht ab.
Aber er stärkt uns an Leib und Seele
und schickt uns dann erst zurück an die Stelle,
wo wir die Brocken hingeworfen haben,
ausgewichen sind oder geflohen sind.
Ein schmerzlicher Lernprozess,
den Gott Elija, uns allen und sich selbst zumutet.
Nicht die großartigen Gottesbilder, die wir uns ausmalen,
sind entscheidend und führen auf dem Weg weiter.
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Vielmehr die Entdeckung
dieses unscheinbar nahen Gottes im geheimen,
leisen Zwiegespräch.
Zur Besinnung
Es gilt, eben nicht,dieser Abwärtsspirale zu folgen,
mich selbst zu bemitleiden,
all meine Kraft in mein eigenes Mitleid zu stecken
und dadurch noch mehr auszubrennen.
Das heißt eben nicht, einfach weitermachen, wie bisher,
im Hamsterrad in den Tod laufen.
Nein das heißt: Stopp,
den Kreislauf durchbrechen
und die Dinge beim Namen benennen.
Die Ursachen für dieses Ausgebranntsein erforschen
und dann Korrekturen und Veränderungen vornehmen.
Das Wort „Burnout“ ist eigentlich
die „Bezeichnung für das Durchbrennen
von Brennelementen bei Kernreaktoren
infolge zu hoher Wärmeentwicklung“.
Kurzum: zu viel Hitze, zu wenig Kühlung.
Irgendwann brennt dann
die Brennstoffumhüllung einfach durch.
Burnout! - Übertragen auf unser Erleben und Empfinden:
kaum noch Kühlung, zu viel Erhitzung.
Kaum noch Ruhe, zu viel Druck.
Kaum noch Energiezufuhr, zu viel Energieverbrauch.
Das Leben schreibt rote Zahlen.
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Wenn Menschen den Eindruck haben,
alles hinge an ihnen,
dann ist das Ausbrennen nicht mehr weit.
Und wenn dann Sachen nicht gut klappen
und sich Unzufriedenheit breit macht,
dann brechen Menschen zusammen.
Burnout trifft oft die besten Mitarbeiter.
Die mit hohem persönlichem Engagement
und großem Selbstanspruch.
„Ich will gut sein! Ich will erfolgreich sein!“
Es trifft Menschen mit großem Verantwortungsgefühl
und geringer Abgrenzungsfähigkeit.
Wächst die Belastung,
dann wird einfach noch ein bisschen mehr geackert.
Man kann sich steigern, immer noch ein bisschen mehr
und noch ein bisschen mehr.
Mancher staunt, was so alles geht.
Und dann sind es meist die inneren Antreiber,
die kleinen Diktatoren in unserer Seele,
die uns den Takt vorgeben.
Alles brennt und das Feuer gerät außer Kontrolle.
Ich nehme mich selbst nicht wichtig.
Der Tank wird angezapft, aber nicht mehr nachgefüllt:
keine Erholung, keine Freude, keine Auszeiten.
Es ist wie bei einem Auto, bei dem alle Lichter brennen,
das Radio an ist,
der Scheibenwischer auf Hochtouren läuft,
aber die Batterie nicht nachgeladen wird.
Anders als das Auto haben wir allerdings
keine Warnleuchte.
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Menschen brennen nicht aus, weil sie viel arbeiten.
Man kann hart arbeiten, hundemüde ins Bett fallen
– und glücklich sein.
Das, was kaputt macht, ist Mühe mit Frust verbunden,
Mühe ohne Gelingen.
Wer sich kaputt arbeitet und erfolgreich ist,
kriegt vielleicht mal einen Herzinfarkt.
Ausbrennen aber ist etwas für Leute,
die es bis zum Herzinfarkt nicht schaffen.
In einem Lied von Johannes Oerding,
welches Sie zurzeit jeden Tag im Radio hören,
ist sehr schön beschrieben, worum es eigentlich geht.
Zur Besinnung
Johannes Oerding „Alles brennt“
In diesem Lied gibt es einen ganz wichtigen Satz,
der in solchen Situationen hilft:
Doch zwischen schwarzen Wolken
seh' ich ein kleines bisschen Blau
ich halt die Luft an, lauf über die Glut. (...)
Und wenn es wieder in mir brennt,
dann weiß ich es genau
dass man Feuer mit Feuer bekämpft.
Eine mögliche Ursache für Burnout kann sein,
dass wir den Überblick verlieren,
den festen Stand unter den Füßen verlieren
uns überschätzen und zu viel zumuten.
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Darum ist es so wichtig, klare Strukturen zu haben.
Und zwar nicht nur in der Organisation,
sondern auch im Denken,
den Überblick bewahren.
Ungesunder Stress entsteht auch,
wenn wir uns irgendwo festgebissen haben
und mit dem Kopf durch die Wand wollen.
Vielleicht gibt es aber einfach einen anderen Weg,
das Ziel zu erreichen.
Wohl dem, der Menschen an seiner Seite hat,
die es schaffen,
diesen tödlichen Kreislauf zu durchbrechen.
Wohl dem, der sich Hilfe sucht,
das ist keine Schande.
Im Gegenteil, das ist ein Zeichen von Größe.
Ich glaube, da ist Gottes Geist am Werk,
dem wir ja genau dieses Feuer,
diese Energie zusprechen.
Der Geist Gottes wirkt genau da.
Deshalb werden ihm seit alter Zeit
die Gaben zugesprochen:
Verstand, Weisheit, Rat, Stärke, Wissenschaft,
Frömmigkeit und Gottesfurcht.
Ohne diesen Geist, ohne dieses Feuer Gottes,
sind wir geistlos und vermögen nichts,
laufen blindlings in die Vernichtung.
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Alles brennt, alles geht in Flammen auf,
alles was bleibt, sind Asche und Rauch.
Doch:
Bevor sie auf mich fall'n, reiß ich die Mauern ein.
Komm steh' auf, komm steh' auf, sag ich mei'm Verstand
und gibt es keine Tür, dann geh' ich halt durch die Wand.
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Er nahm einen Teil des Geistes,
den er Mose gegeben hatte,
und gab ihn den siebzig Ältesten.
Als der Geist Gottes über sie kam,
gerieten sie vorübergehend
in ekstatische Begeisterung wie Propheten.
(Num 11,11-12.14-17.24-25)
Schauen wir uns den Weg des Mose an.
In der Bibel heißt es weiter:
Der HERR antwortete Mose:
„Versammle siebzig angesehene Männer
aus dem Kreis der Ältesten Israels,
die sich als Aufseher bewährt haben,
und hole sie zum Heiligen Zelt.
Dort sollen sie sich neben dir aufstellen.
Ich werde herabkommen und mit dir sprechen,
und dann werde ich von dem Geist,
den ich dir gegeben habe,
einen Teil nehmen und ihnen geben.
Dann können sie die Verantwortung
für das Volk mit dir teilen
und du brauchst die Last nicht allein zu tragen. (...)
Mose ging hinaus und teilte dem Volk mit,
was der HERR gesagt hatte.
Er versammelte siebzig Männer
aus dem Kreis der Ältesten Israels
und stellte sie rings um das Heilige Zelt auf.
Da kam der HERR in der Wolke herab
und redete mit Mose.
Statt einer allein - nun siebzig an seiner Seite.
Statt Einzelkämpfertum - von nun an Teamwork.
Statt Überlastung – von nun an Lastenausgleich.
Und Gott sagt:
„Du musst Dich befreien von dem Druck,
nur Du allein könntest die Welt verändern.
Du darfst und kannst den Anderen auch etwas zutrauen,
sonst hast Du selbst sie schlecht angeleitet.
Traue ihnen etwas zu, mach ihnen Mut,
dann können auch sie über sich hinauswachsen,
dann trauen auch sie Dir etwas zu.
Wenn Du alles alleine machst, alles im Griff hast,
dann hast Du es irgendwann eben nicht mehr im Griff,
dann wächst es Dir über den Kopf
und keiner kann helfen,
keiner kann das Ruder übernehmen,
weil Du selbst, niemanden angelernt hast,
das Ruder in die Hand zu nehmen.“
Erst als Mose dies begriffen hat,
dass der Geist Gottes eben nicht nur auf ihm ruht,
sondern dass der Geist Gottes sich auf viele verteilt,
von da an ist für Mose Entlastung und Heilung zu spüren.
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Vielleicht ist in diesem Zusammenhang
Moses „Geist“ ein anderes Wort für
Moses „Motivation“ oder „Verantwortungsgefühl“.
Vielleicht meint Moses „Geist“ so viel wie
Moses „Antrieb“ oder Moses „innere Überzeugung“
oder Moses „Glauben“ oder „Gottvertrauen“
oder Moses „Freude“ oder „Begeisterung“.
Vielleicht meint das Wort „Geist“ eben alles zusammen.
Und nachdem Gott mit diesem Geist des Mose
andere ausgerüstet hat, da ist Mose erleichtert
und entlastet und mit neuer Freude ausgerüstet.
Es braucht auch nicht immer 70 Menschen
wie zu Moses oder zu Jesu Zeiten.
Meistens genügen heutzutage schon ein oder zwei,
die in dem Geist Gottes anderen Menschen
zur Seite stehen,
die im Geist der Liebe und Fürsorge leben
und sich nach Möglichkeit derer annehmen,
die drohen, auszubrennen.
Alles brennt, alles geht in Flammen auf (...)
Und: Zwischen schwarzen Wolken
seh' ich ein kleines bisschen Blau
ich halt die Luft an, lauf über die Glut.
Alles wird gut - Alles wird gut
Ich sende euch meinen Geist, mein Feuer,
in die Details eures Lebens,
ins Kleingedruckte eures Alltags
und – ja – auch ins Kleinkarierte eurer Seele.
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Zur Besinnung
Gebet
Gott, du Verborgener, unendlich nah
und zugleich unendlich weit entfernt!
Was im Himmel und was auf der Erde,
alles ist dein, alles hat in dir seinen Grund.
Du entlässt in deiner unendlichen Güte
die ganze Schöpfung in die ihr eigene Freiheit.
Welch ein Risiko!
Doch du verlässt uns nicht.
Du birgst uns in der Geborgenheit deiner Hände.
Niemals gibst du uns dem Abgrund preis.
Du weißt, was in die Erde eindringt
und was aus ihr hervorgeht.
Du weißt, was vom Himmel herabfällt
und was zu ihm emporsteigt.
Du bist mit uns, in uns und um uns,
wo immer wir auch sein mögen.
Du lässt die Nacht dem Tage, den Tag der Nacht folgen.
In dir sind Leben und Tod, Zeit und Ewigkeit.
Du bist Ursprung und Ziel.
Anfang und Ende stehen in deiner Macht.
Du bist der Sichtbare und doch der Unsichtbare.
Du kennst das Innerste eines jeden Herzens.
Niemals können wir dein Wesen begreifen,
nie dich ganz verstehen.
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23
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Tastend wagen wir, dich immer neu zu erspüren
im Geheimnis der Schöpfung,
in der Zärtlichkeit menschlicher Sehnsucht.
Segne die Welt, segne uns, deine Kinder,
damit wir hören, wo du hörst,
schweigen, wo du schweigst
und leben, weil du lebst mitten in der Welt, mitten in den Herzen der Menschen.
Amen.
Johannes Oerding
„Alles brennt“
Komm gib auf, komm gib auf, sagt mir mein Verstand
und ich schau aus grauen Augen stumm an die Wand.
Und ich suche den Raum ab doch find' keine Tür,
'n Weg nach draußen, noch schnell weg von hier.
Mein Kopf läuft heiß und Rauch steigt auf
Blut kocht, Herz pocht, Atemnot,
Nervenglüh'n und Feuer sprüh'n.
Alles was bleibt, sind Asche und Rauch.
Doch zwischen schwarzen Wolken
seh' ich ein kleines bisschen Blau
ich halt die Luft an, lauf über die Glut.
Alles wird gut.
Zu wenig Platz, zu eng, selbst für einen allein.
Bevor sie auf mich fall'n, reiß ich die Mauern ein.
Komm steh' auf, komm steh' auf, sag ich mei'm Verstand
und gibt es keine Tür, dann geh' ich halt durch die Wand.
Das alles muss weg, das alles muss neu.
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Steine schmelzen, Scherben fliegen,
g'radeaus auf neuen Wegen,
durch den Feuerregen
Alles was bleibt, sind Asche und Rauch.
Doch zwischen schwarzen Wolken
seh' ich ein kleines bisschen Blau
ich halt die Luft an, lauf über die Glut.
Alles wird gut - Alles wird gut
Und wenn es wieder in mir brennt,
dann weiß ich es genau
dass man Feuer mit Feuer bekämpft.
Alles brennt, alles geht in Flammen auf,
alles was bleibt, sind Asche und Rauch.
Alles wird gut