Lesen - Jörg Knör

8 | KulturHEMSBACHER WOCHE · 11. September 2015 · Nr. 37
Interview mit dem Entertainer Jörg Knör
„Wer das Scheitern vermeidet, bereut am Ende bestimmt viel“
(csk). Im Dezember 2013 war
er erstmalig im Max - am 20.
September wird er an gleicher
Stelle mit „Vip, Vip, Hurra“
wieder auf der Bühne stehen.
Wir haben mit Jörg Knör im
Vorfeld gesprochen - über
Versuch und Irrtum, Katastrophen-Routine und das Scheitern auf dem Weg zum Ziel.
mit Loriot und Rudi Carrell, das
sind Dinge, die einen anfeuern
und eine Idee geben, wo es hinführen kann. Aber gehen muss
man den Weg schon selber. Es
gibt keine leichte Umgehungsstraße. Fernsehen hilft natürlich. Auch denen, die die großen
Hallen füllen wie Mario Barth
oder Bülent Ceylan - das wäre
ohne Fernsehen nicht möglich.
Es ist das Schaufenster für das,
was Menschen sehen und dann
live erleben möchten. Dafür ist
Fernsehen unabdingbar. Aber
bezüglich Bekanntheit oder für
hohes Prestige spielt es keine
Rolle.
Hemsbacher Woche (HW):
Herr Knör, Sie stehen seit mehr
als 30 Jahren auf der Bühne. Hatten Sie zu Beginn mit einem solchen Lauf gerechnet?
Jörg Knör (JK): Nein, das kann
man auch nicht planen. Irgendwann weiß man: „Das ist Dein
Ding“. Und dann gibt es die
Hoffnung, dass der Ruhestand
möglichst lange kein Thema ist.
Man muss natürlich überlegen,
ob man sich ewig dem Publikum vorsetzten möchte. Ich
koche gerne, ich zeichne gerne
- da möchte ich auch gar kein
Ranking setzen. Es ist einfach
der Spaß, etwas zu kreieren. Es
geht darum etwas zu tun, das
einen Effekt hat, einen selbst
erfreut oder auch andere. Und
ich mache das auf meine Art.
HW: Sie haben immer viel Mut
für Neues gehabt und sind oft
auf für Sie unbekanntes TerZur Person:
i
Er singt, er zeichnet - „ich
mache, was mir gefällt“, sagt
er über seine Bühnenprogramme. Jörg Knör wird 1959
in Wuppertal geboren. Mit 17
Jahren ist er bereits im Fernsehen als Ansager unterwegs.
1981 dann ein Auftritt in der
Sendung „Talentschuppen“ –
Türöffner für seine Karriere.
Es folgt das erste Bühnenprogramm, mit der „Jörg KnörShow“ die eigene Fernsehsendung und TV-Auftritte
z.B. als festes Ensemble-Mitglied bei „7 Tage, 7 Köpfe“.
Die Show beschert ihm einen
Bambi. Bekannt ist Jörg Knör
vor allem für seine Parodien. Udo Lindenberg, Helmut
Schmidt, die Päpste – niemand ist vor dem Entertainer und seinem Talent sicher.
Foto: Agentur
rain gesprungen. Hat Ihnen das
geholfen auf Ihrem Weg?
JK: Mut muss man immer
haben. Manchmal kommt es
vor, dass ich nachmittags im
Zug einen Liedtext schreibe
und kurz schaue, welche Melodie passt dazu, und abends bringe ich die Nummer ohne zu wissen, wie sie läuft. Das braucht
schon Mut. Aber das ist die
Freiheit, die ich habe im Gegensatz zum Fernsehen: Selber entscheiden ohne Zensur. Außer
der des Publikums. Der bin ich
verpflichtet und vor der muss es
bestehen. Es ist ein Ausprobieren von „Versuch und Irrtum“.
Aber durch die vielen Auftritte
über die Jahre hat man schon ein
Gefühl dafür, ob Dinge funktionieren oder nicht. Es gibt nie
eine Garantie - aber man hat ein
Näschen.
HW: Wobei das Publikum in
Deutschland wahrscheinlich
sehr unterschiedlich reagiert?
JK: Ja. Für meine Art von
Humor ist es zum Beispiel in
Bayern schwieriger. Das ist wie
mit dem Essen: woanders isst
man gerne deftiger. Aber es gibt
ihn, den Humor. Und grundsätzlich denke ich, dass wir
Deutschen, verglichen mit dem
Ausland, einen Humor haben,
der weiter geht. Da darf es auch
mal böse und sarkastisch zugehen. Und der deutsche Humor
ist intellektuell.
HW: Aber politisch korrekt sollte es sein.
JK: Ja, das stimmt. Ich schlag‘ ja
auch manchmal über die Stränge. Aber wenn ich zwei bis drei
Stunden auf der Bühne stehe, dann ist dieser Teil so verschwindend gering, dass man
mir das nicht übel nimmt. Nach
30 Minuten in meinem Programm weiß man ja, wie ich
ticke und dass ich auf der Bühne kein Kabarett mache, das
die literarische Liga vertritt.
Das ist ja manchmal auch ein
wenig frustrierend, weil man
das Programm sieht, lacht und
weiß, dass man die Dinge nicht
ändern kann. Ich bin im Grunde ein großer Kasper. Für mich
ist es toll, wenn die Menschen
zwei Stunden mal leichte Muse
erfahren und sich von ihrem
Alltag entfernen. Ich mache das,
was mir gefällt und hatte bisher
immer Glück, dass es auch dem
Publikum gefallen hat.
HW: Sie hatten den „Talentschuppen“ als Türöffner. Wenn
Sie sich heute in der FernsehCasting-Landschaft umschauen: Glauben Sie, dass ein solcher
Werdegang heute noch möglich
ist: In einer Sendung entdeckt
zu werden und sich dauerhaft
zu etablieren?
JK: Nein. Das Fernsehen und
dass viele Millionen einen sehen,
das ist noch keine Treppe, die
zum Ziel führt. Das ist eher die
erste Tür, die aufgeht. Aber dann
steht man auch erstmal nur im
Flur und wenn man dann nicht
weitergeht, passiert auch nichts.
Fernsehen ist schon sehr wichtig. Und meine Begegnungen
HW: Stichwort Bekanntheit:
Sie sind bekannt für Ihre Parodien. Gab es da auch die Figur,
die Sie gerne gemacht hätten, bei
der Sie aber die Segel streichen
mussten?
JK: Das gibt es immer wieder.
Allerdings: Ein Sopran wagt
sich nie an einen Bariton, weil
es einfach nicht geht. Und ich
kenne meine Stimme sehr gut
und damit auch meine Möglichkeiten. Ich würde mich auch
nie an eine Person wagen, die
mich nicht interessiert. Dazu
kommt, dass ich mittlerweile so viele im Programm habe,
dass ich mich schon beschränken muss. Aber das eigentliche
Problem ist sowieso, dass es gar
nicht viele Vorbild-Stimmen
gibt. Die Person, die man parodiert, muss ja so markant sein,
dass man sie mit geschlossenen
Augen innerhalb von Sekunden erkennt, wenn sie nur das
Telefonbuch vorliest. Da gibt es
schon im Original kaum welche. Und dann bringt es nichts
für eine Parodie.
HW: Wir sprachen über Mut,
über mehr als 30 Jahre Karriere. Wo begegnet Jörg Knör denn
dem Scheitern?
JK: Dauernd. Andauernd.
Immer wieder. Je älter man wird,
umso mehr weiß man ja auch
über die Fehler die man macht.
Man übertreibt in der Jugend,
man überschätzt seine eigene
Leistung. Der erste Applaus - das
ist ja alles neu. Je älter man wird,
das kann ich für mich sagen,
HEMSBACHER WOCHE · 11. September 2015 · Nr. 37
umso ehrlicher ist man auch mit
sich selber. Heute gehe ich auch
mal kritisch ins Bett. Dann hat
mir zwar der Veranstalter auf die
Schulter geklopft, aber ich bin
für mich nicht zufrieden. Und
letztlich, ob beruflich oder privat, das Scheitern, das begleitet
einen das ganze Leben. Ich habe
- auch privat - schon ganz harte Dinge durchgemacht, war von
ganz oben bis insolvent. Ich kenne echt jeden Aggregatzustand.
HW: Wie sehen Sie das Scheitern: Chance oder Jammertal?
JK: Den Erfolgreichen unterscheidet vom Nicht-Erfolgreichen nur eins: die Interpretation des Scheiterns. Der Erfolglose sieht es als Bestätigung, dass
es sich nicht lohnt, den Weg zu
gehen. Der Erfolgreiche und
vielleicht auch Lebenserfahrene
sagt: „Ich will ja was Besonderes erreichen, dann gehört scheitern zur Serienausstattung.“ Du
kannst das große Ziel nicht ohne
Scheitern erreichen. Es ist, denke ich, Bestandteil eines doch
etwas spannenderen und abenteuerlichen Lebens. Wer das
Scheitern vermeidet, bereut am
Ende bestimmt viel.
HW: Sie werden im „Express“
mit den Worten zitiert „Ich habe
über die Jahre eine Art Katast-
Kultur / Vereine | 9
rophen-Routine entwickelt.“
Gehört auch das zum Erreichen
des großen Ziels?
JK: Doch, ja, das ist schon so.
Ich habe privat manchmal sehr
existentielle Momente erlebt, in
denen ich dachte, das geht gar
nicht mehr weiter. Und ich hatte auch nie finanzielle Sicherheit.
Aber ich bin das gewohnt. Man
gewöhnt sich mit der Zeit daran, auf dem dünnen Eis Schlittschuh zu laufen. Das ist vielleicht die Katastrophen-Routine.
Foto: zik-images.de
HW: Im Kontrast dazu steht
Ihre Webseite, auf der als Eingang zu lesen steht „The best is
yet to come“, das Beste kommt
noch. Ist das, was aus Scheitern
und Katastrophe gewachsen ist?
ist schon das Beste, was ich mir
wünschen konnte.
JK: Ich wollte als Einstieg vor
allem etwas Persönliches. Zudem
ist der Satz sowas wie ein Totem,
das man sich auf die Fahne
schreibt. Und es ist auch gut, dass
man so denkt. Denn wenn man
meint, das Beste war schon, dann
fängt man an, die Treppe runterzugehen. „Das Beste kommt
noch“ - das werde ich mit 95
auch noch denken. Denn es darf
noch besser werden. Aber seit
ich die Webseite gestaltet habe,
ist auch schon wieder viel passiert: Ich habe wieder geheiratet,
habe mein Glück gefunden. Das
JK: Ja, absolut. Ich habe immer
ein bisschen geklagt über berufliche Dinge oder war unzufrieden, manchmal auch mit Neid
auf andere, weil sie vielleicht
nicht so viel Werbung machen
müssen für ihre Shows. Aber
seitdem ich hier in Hamburg lebe
und mit meiner Frau zusammen
bin, habe ich sogar ein Privatleben. Vielleicht ein bisschen spät,
aber noch früh genug. Man darf
den Beruf ja schon lieben. Aber
man verpasst auch eine Menge,
wenn das die einzige Brücke ist,
die einen trägt. Es gibt noch viele
HW: Also tragen Sie die Worte nicht nur auf der Fahne sondern in sich?
andere Dinge zu erleben. Ich bin
da noch nicht ganz in der Balance, aber das ist jetzt schon ein
ziemlich guter Zustand.
HW: Das heißt, die Katastrophen-Routine darf sich zurückziehen?
JK: Das ist wie mit dem Verbandskasten im Auto: Man hat
ihn, falls was sein sollte. Aber
man ist froh, wenn man ihn
nicht braucht.
Ticket-Infos:
i
Jörg Knör: „Vip, Vip, Hurra“
am Sonntag, 20. September,
19.30 Uhr Kulturbühne Max.
Karten gibt es im Bürgerbüro der Stadt Hemsbach, Tel.
70793 oder an der Abendkasse.
OGV Sulzbach
Vortrag: „Biologischer Anbau“
Patchwork-Treff Hemsbach
Nächstes Treffen am 16. September
(gsb). Der nächste PatchworkTreff nach den Sommerferien
OWK Hemsbach
Wanderung
muss entfallen
(red). Wie der OWK Hemsbach mitteilt, muss die
ursprünglich für Mittwoch,
16. September, geplante Wanderung entfallen.
findet am Donnerstag, 16. September, um 19 Uhr im Raum für
Textiles Werken in der Friedrich-Schiller-Gemeinschaftsschule, Friedrich-Ebert-Straße 17, statt. Als nächste Arbeit
werden Taschen genäht. Um das
Fest am 25. Oktober vorzubereiten, wird um zahlreiche Teilnahme gebeten. Nähfreudige, auch
Neuanfänger und Schüler, sind
gerne willkommen. Auskünfte
erteilt Gisela Schulz-Bauerhin,
Tel. 75795.
(rs). Am 17. September veranstaltet der Obst- und Gartenbauverein Sulzbach e.V.
einen Vortrag rund um den
Anbau, die Pflege und Düngung von Obst und Gemüse
nach biologischen Vorgaben
und Gesichtspunkten.
Weg von der Chemie und hin
zur Natur. Anstelle von Insektiziden können Nützlinge eingesetzt werden. Diese kann
man von außen zuführen oder
deren natürlichen Bestand,
z.B. durch das Anbringen von
Insektenhotels, fördern. Ohrwürmer, Marienkäfer und die
Larven der Florfliege fressen
Blattläuse. Verschiedene Wespenarten und Wanzen bevorzugen Blattläuse, Raupen und
Spinnmilben. Auch bei der
Düngung kann und sollte auf
Chemie verzichtet werden.
Hornspäne, Kompost oder
vergorener Mist sind nur einige der möglichen Alternativen, die den Pflanzen die notwendigen Nährstoffe zuführen
und vor allem die Mikrobiologie im Boden fördern. Diese
Beispiele und weitere Themen
rund um das biologische Gärtnern werden im Rahmen des
Vortrages aufgeführt werden.
Als Referent konnte Herr
Dipl-Ing. FH Robert Koch
von der staatl. Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau in
Heidelberg gewonnen werden,
der dort das Sachgebiet Ökologie bekleidet.
Der Vortrag findet im katholischen Gemeindezentrum in
der Kleiststraße 23 in Sulzbach statt und beginnt um
19 Uhr.