DiskussionsprotokollNr.11 LampedusaimWinter Mittwoch,04.11.201516.00Uhr Podium JakobBrossmann(Regie) TillBrockmann(Moderation) TillBrockmanneröffnetmitderFrage,obesdennimAnschlussandenFilm–diebeiden hättendasEndenichtimKinoverfolgenkönnen–Applausgegebenhätte.UndJakob BrossmannschiebtschnellnochdieFragenachdemgenauenWannhinterher.Fürdas Protokoll:Ja,nachdenletztenCredits. EinegroßeLastscheintvonBrossmannabzufallen,dochBrockmannhatbereitsdiezweite Frageparat.ObdenndieVerantwortungfürdieMenschen,sowohldiegefilmten,alsauch dierezipierenden,einenDruckfürihnbedeutethätte. Ja,mehrereMale,soBrossmann,hätteersichgedacht,sichmitdiesemProjektetwas „eingebrockt“zuhaben.UrsprünglichhabeereinDrehbuchprojektüberdieAbschiebungen derJuden,SintiundRomainderSchweizzuZeitendesDrittenReichseingereicht.–Dabei schiebterein,dassdieRhetorikder„überfüllten(Rettungs)boote“genauausdieserZeit stamme.–AlsdannLampedusaindenMedienaufgetauchtsei,wollteerunbedingtdorthin, wasnichtgelang.StattdessensuchteeraufsNeuenachFörderern. ObersichdennbewussthabeabsetzenwollenvonalldenanderenProjekten,diesich seinerzeitumdiesenOrtunddiesesThemadrehten,willBrockmannwissen.Er,Brossmann, habedamalsaufgehört,sichandereBeiträgeanzusehen,habedieunzähligenInterviewsund markigenSprüchenichtmehrertragenkönnen.DieständigeWiederholungderAnkunftder FlüchtlingehabealleseinerInvasiongleichkommenlassen.IhmhabeesanLebensrealität, anAlltäglichemindiesenDarstellungengefehlt,beispielsweiseeinFußballspielwieeseben überallstattfände.DeshalbhabeersichvondenFernsehbildenabgrenzen,ursprünglichdas Flüchtlingsthemagarkomplettausblendenwollen. WeshalberdieLokalenundnichtdieFlüchtlingeselbstfrage(Brockmann),seidurchausein Vorwurf,demBrossmannsichwiederholtausgesetztsehe.DieLampedusaniseiendie Stellvertreterfüruns,füralleeuropäischenStaatsbürger,sieseienmittlerweileüber JahrzehntehinwegZeugeneineszunehmendenFlüchtlingsstroms.Letztlichkämendochdie ProblemeEuropasnichtmitdenFlüchtlingen,nichtvonaußen,sondernvoninnen.Für BrossmannmangeltesletztlichangrundlegenderSolidarität,esseienVerfehlungender Regierungen,dienunwirunddieFlüchtlingegemeinsamauszubadenhaben.Ofthabeer gehört,dassfürdieFlüchtlingevielgetanwürde,vielmehralsfür„uns“–dieösterreichische Artwäre,nun„HelftunsstattdenFlüchtlingen!“zufordern.Aberesmüssestattdessen vielmehrlauten„HelftauchunswiedenFlüchtlingen!“,fordertBrossmann. StattInterviewszuführenhabeersichanandereInterviews„rangehängt“,den Radiomoderatorsogar„missbraucht“,befindetBrockmann.UndBrossmannstreitetnicht ab.DieRadiomoderationenseientatsächlichnachgestelltworden,dadieMusikrechtenicht finanzierbargewesenwärenunderzugunsteneiner„abgerundetenErzählung“auf Texttafelnhabeverzichtenwollen.Zielseikein„NischenproduktfürDokunerds“gewesen, wenngleicherdiesenichtverprellenmag. AusdemPublikumwirdgefragt,inwieweitBrossmannfürdiediversenErzählstränge tatsächlichlängereZeitaufLampedusagelebthabe.Woraufhinerdarlegt,imFilmdie EreignissezweierWinterzwarverarbeitet,dochnichtsanihnenverfälschtzuhaben. DiskussionsprotokollNr.11 LampedusaimWinter Mittwoch,04.11.201516.00Uhr FlüchtlingsprotestundFischerstreikhättenbeispielsweiseparallelstattgefundenundseien nichterstimNachhineinmiteinander„verschnitten“worden:WährenddieFlüchtlingemit demFlugzeug„flohen“hättendieLampedusanitatsächlichaufdieFähregewartet.Nach demerstenWinterhabeerversucht,dieEreignisseimSchnittzuverstehen,imFolgejahr danndasfehlendeMaterialnachgedreht,wobeisichGelegenheitenwieeineAutofahrt meistergebenhättenundnichtinszeniertseien. Hinsichtlichder„Identifikationsproblematik“(Publikum)magBrossmannunterscheiden: EinerseitsindenVersuch,einenKontaktaufzubauen.Andererseitsindiereine KategorisierungundAbfertigung.DenDrang,sichdemzuentziehenbenenntBrossmannals Selbstbestimmungsrecht.InHinblickaufdieTatsache,sichnichtwillkommenzufühlenin Italien,steigeredieAblehnungderIdentifizierungdieHoffnungaufeineselbstbestimmte Zukunft. WernerRužičkasiehtzweigelungeneVerschiebungen:DenWinterunddamiteinhergehend dasfehlendeSonnenlicht,wasdieTouristenfernhält.SowiedasMotivderFährealsKontakt zumFestland.Nicht„einverstanden“erklärenkönneersichhingegenmitdem„GoodMorning-Vietnam“,waszueinemspäterenZeitpunktauchnocheinmalausdemPublikum bekräftigtwird.InseinenAugenverleihediesderGeschichteetwasPeriodisches,damit zwangsläufigeineEnde,wasaufihnwireine„herbeigerufeneOrdnung“wirke.Brossmann kontert,fürihnhabesichvielmehrdieFragenachdemHineinindieGeschichtealsnach demHerausgestellt.Sicherlichhabeersichvielherbeigewünscht,darumgebetenhabeer nicht. AufJoachimSchätz’spitzfindigeFrage,obdenderFilmselbstdieFlaschenpostseinwolle, merktBrossmannzynischan,dasserdanndieBotschaftdirektanalysiertundgutverpackt wegstellenkönne.Erfragesichhingegen,inwieweitmandiestrennenkönne.Fürihnseisein Filmbeideszugleich:BeobachtungundBotschaft,jedochkeinesfallsineinemagitativen Sinne. ImPublikumwirdnachdemEinflussgefragt,dendiemedialeAufarbeitungaufBrossmann gehabthabe,oberanseinemursprünglichenPlanhabefesthaltenkönnen.Alserdamals angekommensei,soBrossmann,warLampedusageradezwangsgeräumtworden.Viele meinten,ersei„zuspät“.DochhabeerdieZweiflerignoriert,jedeKatastropheimmer wiederausgesessen.SoseieinFilmüberdasDanach,dasDanebenentstanden. ZumSchluss,auchdasgehörtdazu,wirdesboulevardesk:Manhabegehört,dassdieFischer selbstkeinenFischmehräßen,wegenallderLeichenimWasser.Istdasso?Brossmannstellt klar:DieFischerwärenstolz,Fischerzusein.DerDieselseizuteuer.DasPersonalseizu teuer.Aberdieswürdesichnichtdavonabhalten,ihreneigenenFischsolangezuessen,bis erihnenzumHalsraushängt. ChristianLailach
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