Dürrenmatt in der Johannes-Schule Generalanzeiger Bonn – 11.12.2015 Folgenschwerer Besuch der alten Dame Von Jörg Wild Poppelsdorf. "Das ist schon harter Tobak für unsere Schüler" hatte zuvor Klassenlehrerin Eva von Nessler erklärt. Sowohl für die Darsteller, elf Schülerinnen der Klasse 12, wie auch für das Publikum. Gestern war Premiere von Friedrich Dürrenmatts Stück "Besuch der alten Dame" in der Waldorfschule. Die tragische Komödie aus dem Jahr 1955 handelt von Rache und dem Aufruf zum Mord. Die Geschichte: Klärchen war früher ein "echter Feger" im Städtchen Güllen, und sie hatte ein Techtelmechtel mit Alfred Ill. Als sie von ihm schwanger wurde, wandte der sich aber der wohlhabenden Kaufmannstochter zu. Klärchen musste in Schande flüchten. Jahre später kommt sie schwerreich als Claire Zachanassian zurück und bietet den Bürgern des verarmten Ortes viel Geld - wenn sie Alfred gemeinsam töten. Darstellerin Antonia Radusch hat die alte Dame grandios verinnerlicht, und die Wucht, mit der sie die Bürger aufstachelt, nimmt man ihr ab. Auch den Snobismus, wie sie sich von zwei schwarz gewandeten Dienern in der Sänfte tragen lässt, wirkt wunderbar echt vor der lebendigen Kulisse. Laub bläst über die Bühne, Züge scheinen durch die Aula zu rasen - all das wirkt auf die Kinder mit Lern- und Entwicklungsstörungen sehr lebensnah. Selbst für Fünftklässler ist das Stück packend. Gebannt hören sie zu und lassen sich von dem Konflikt einfangen, in den die Güllener Bürger geraten. Regisseur Martin Vocke hat den Schülern nicht viel Zeit gelassen: In nur sieben Wochen lernten die elf Schauspieler den Text, der immerhin eineinhalb Stunden Theateraufführung füllt. Täglich zwei Unterrichtstunden Probe mussten reichen. "In den 8. und 12. Klassen steht Theater auf dem Lehrplan der Waldorfschule", erklärte er.Zur Aufführung hatten sich 100 Schüler und die Lehrer versammelt, die gebannt zuschauten, wie sich die Situation auf der Bühne zuspitzte. "Ich mag das unheimlich, so im Mittelpunkt zu stehen und zu merken, wie ich in die Rolle hineingehe", hatte Antonia alias Claire vor der Aufführung erzählt.Und als sich am Schluss des Stückes die Güllener Bürger auf Alfred zubewegen, als er mit dem Vorhang fällt, da wissen die Besucher: Jetzt ist der Mord geschehen. Aufatmen und gemischte Gefühle machen sich breit.War das jetzt richtig? Die Schüler der Johannesschule werden wohl noch eine Weile diskutieren. Doch zuvor gab's Blumen für die Darsteller. Zurecht: Die Aufführung ist gelungen!
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