Brief an Freunde und Gäste | 2015 Das mit unserem Weihnachtsbrief ist ja so eine Sache. Man kann nie so genau sagen, wann und wo die richtigen Ideen kommen. Und unter Druck funktioniert es schon gar nicht. Die Rohfassung entstand in diesem Jahr am 13. Dezember. Ich saß früh nach dem Gottesdienst in der Kirche und habe den Kindern beim üben für Krippenspiel zugesehen. Die einen rennen in der Kirche herum. Die anderen lachen und schreien vergnügt. Und mit einer Engelsgeduld wiederholen in dem ganzen Chaos die engagierten Damen unserer Kirchengemeinde wieder und wieder den Text und üben wieder und wieder die gleiche Szene. Geduld ist ja auch so ein Thema. Was ist das eigentlich „Geduld“? Schnell mal das Handy gezückt und gegoogelt. Also: Geduld ist die Fähigkeit oder die Bereitschaft etwas ruhig und beherrscht abzuwarten oder zu ertragen. Sagt Wikipedia. Da fällt mir schon einiges ein zu dem Thema. Unsere Mitarbeiter zum Beispiel, die ganz ungeduldig sind und trotzdem warten müssen, bis im Januar der Betriebsurlaub der Storch beginnt. Oder unsere Kinder, die voller Ungeduld darauf gewartet haben, dass wir im Januar nach Rom fliegen. Und natürlich Susanne, die – kaum ist er zu – ungeduldig darauf wartet, dass ihr Storch wieder aufmacht. Ist der Storch dann wieder offen, warten wir auf Gäste und die Gäste wiederum ab und zu ungeduldig auf ihr Essen. Wobei ich das manchmal nicht verstehen kann. Schön und lecker zu essen hat ja nicht nur etwas mit dem stillen des Hungers, sondern auch in dem gemütlichen zusammensitzen zu tun. Und dabei sollte man eigentlich nicht ungeduldig sein sondern es genießen. Ich stelle gerade fest, dass es sich viel leichter über Ungeduld schreiben lässt, als über Geduld. Vielleicht muss ich es anders herum angehen. Ich muss mich auch in Geduld üben, wenn ich zum Beispiel darauf warte, dass es Ostern zum traditionellen Kurzurlaub an den Gardasee geht. Und im Storch muss man Geduld haben, bis man wieder im schönen Innenhof sitzen kann. Dankbarer Weise ging das dieses Jahr schon recht frühzeitig. Bereits im April war es warm genug um Außen zu sitzen und den Trompetenbaum zu genießen. Dabei wurde es bald so warm, dass es uns zu viel wurde. Sonne und Hitze haben den Sommer 2015 bestimmt. Beim warten auf den Regen half dann auch nur Geduld. Für die Natur war die viele Hitze sicher nicht ideal. Zu viel Sonne und viel zu wenig Regen haben auch in den Weinbergen bleibende Schäden hinterlassen. Da wird Johannes mit viel Geduld in den kommenden Jahren die Weinberge wieder aufpäppeln müssen. Geduld braucht es also bei Dingen die wir nicht wirklich beeinflussen können - wie dem warten auf das gewünschte Wetter etwa. Aber Geduld braucht es auch in zwischenmenschlichen Beziehungen. Und so ein Storchenjahr ist voll davon. Susanne braucht Geduld mit ihren Azubis (und das ist wirklich nicht ihre Stärke). Moritz und Julius brauchen Geduld mit Susanne und mir, wenn wir hundertmal sagen "ja wir gehen gleich" oder "sei mal ruhig". Die junge Generation braucht Geduld mit den Senioris (Wobei das manchmal ganz schön schwierig ist wenn sich die Kutschensammlung über Nacht erneut vergrößert). Und vermutlich brauchen die Senioren auch jede Menge Geduld mit uns, wenn wir wieder einmal Dinge völlig anders machen als es eben früher der Fall war. Wir haben ja sehr viele Stammgäste im Storch. Liebe Menschen die wir über das gesamte Jahr hinweg regelmäßig sehen. Zu denen wir eine Beziehung aufbauen und die häufig mehr Freunde als Gäste sind. Und wenn man Aufmerksamkeit ist, sieht man, wie Menschen sich auch während eines Jahres verändern können. Fröhliche Menschen werden plötzlich sehr nachdenklich und ruhig. Nicht immer läuft im Leben alles so wie man es sich vorstellt oder man es geplant hat. Aber Geduld bedeutet doch auch, Schwierigkeiten oder Leiden mit einer gewissen Gelassenheit und Standhaftigkeit zu ertragen - auch wenn das nicht immer einfach ist. Geduld zu haben bei einer Therapie, bei Krankheit oder bei unerfüllten Wünschen. An dieser Stelle ist Geduld eng mit Hoffnung verbunden - der Hoffnung auf Glück und Zufriedenheit und darauf, dass alles gut wird. Jetzt Sitze ich hier am Ruhetag im Storch und schreibe diesen Brief fertig. Keiner der um mich herum hüpft und ungeduldig fragt wann denn jetzt endlich Weihnachten ist – oder wann weeeeningstens das Essen auf den Tisch kommt. Ich genieße die Stille. Ganz selten, dass man hier einmal alleine ist. Ich schaue durch die Gaststube an den schwarzen Vertäfelungen entlang (was ich noch nie so richtig bewusst gemacht habe) und entdecke, mit wie viel Liebe alles dekoriert ist. Zuckerstangen, kleine Lebkuchen, glitzernde Kugeln, hölzernes Spielzeug und viele Bilder. Mit einer Engelsgeduld haben Susanne, Julius und ihre Mädels die Gaststube verschönert. Geduld. So alltäglich und dennoch denkt man vielleicht viel zu selten darüber nach. Und wenn ich mich selbst an die eigene Nase fasse muss ich mir eingestehen, dass ich viel zu oft viel zu ungeduldig bin. Ich wünsche Ihnen also Geduld an Weihnachten. Die Geduld auf das Christkind zu warten die Geduld anderen zuzuhören die Geduld einfach mal sitzen zu bleiben und die Hoffnung darauf, dass am Ende alles gut wird. Auf einer Geschäftsreise habe ich im Flugzeug einen Film gesehen. Und ein Satz daraus ist mir in Erinnerung geblieben: "Am Ende wird Alles gut. Und wenn es nicht gut ist - dann ist es auch nicht das Ende." In diesem Sinne ein fröhliches Weihnachtsfest und ein gesegnetes neues Jahr! Markus mit Susanne, Moritz, Julius und dem Team des Storch P.S.: Da immer wieder nachfragen kamen: Unsere Briefe der letzten Jahre sind hier gespeichert: http://www.gasthof-storch.de/aktuelles/downloads-zum-nachlesen/
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