in Kooperation mit dem Finanzportal biallo.de Von Rolf Winkel 09/16 Krankenhausentlassung – und was dann? Die neue Übergangspflege der gesetzlichen Krankenkassen „Kostenübernahme Kurzzeitpflege – bitte helfen“. Solche Anfragen häuften sich in den vergangenen Jahren in Internet-Foren. Immer wieder ging es um Patienten, die zwar nicht pflegebedürftig im Sinne der Pflegeversicherung waren, die aber nach einem Krankenhausaufenthalt für einige Wochen Pflege benötigten, jedoch niemanden fanden, der das bezahlte. Das ist nun anders: Dafür sorgen die neuen Regeln zur sogenannten Übergangspflege im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Elsbeth Rütten (67), gelernte Krankenschwester, gehört zu den Menschen, die in der Vergangenheit erfahren mussten, welche Versorgungslücken nach einer Krankenhausentlassung entstehen können. Sie erinnert sich an ihre Erfahrungen mit einer großen Fußoperation im Jahr 2005: „Die OP verlief zwar gut, doch mein Fuß brauchte lange Zeit für die Heilung. Ich durfte damals zwölf Wochen lang nicht auftreten, war aber nur zwei Wochen im Krankenhaus. Dann wurde ich nach Hause entlassen. Mein Fuß war bis zum Knie im Gips. Ich kam also gar nicht mehr aus dem Haus raus. Wie sollte ich so als Alleinstehende klar kommen?“ Frau Rütten war schon allein aufgrund ihrer eigenen beruflichen Erfahrung in der Lage, sich relativ gut auf die Situation nach der Entlassung aus dem Krankenhaus vorzubereiten. So hatte sie sich über ihre Krankenkasse ein Krankenbett besorgt und sich rechtzeitig um Essen auf Rädern gekümmert. „Was ich aber nicht bedacht hatte, waren diese zwölf Wochen, in denen ich mich irgendwie zu Hause versorgen musste. Ich habe dann nach drei, vier Tagen bei meiner Krankenkasse angerufen und erfuhr dann, dass man nichts für mich tun konnte. Man sagte mir: „Falsche Krankheit, falsche Zeit, Pech gehabt!“ So blieb ihr nur übrig, zu Hause zu improvisieren: „Man muss ja irgendwie versuchen, zu Hause an seine Sachen zu kommen. Teilweise gelang mir das mit einer Unterarmgehilfe, teilweise bin ich aber auch auf dem Fußboden gekrochen. Oder ich habe mir einen Toilettenstuhl mit Rollen genommen und das Knie darauf abgelegt, so bin ich dann durch die Wohnung gerollert. Ich habe den Toilettenstuhl also als Roller benutzt, um damit von einem Zimmer ins nächste zu kommen.“ Gebraucht hätte sie damals „schlicht und einfach ein- bis zweimal die Woche jemanden, der für mich einkauft oder die Wäsche in die Waschmaschine im Keller steckt und anschließend wieder hoch holt. Ich brauchte einfach Hilfen im hauswirtschaftlichen Bereich. Ich habe aber immer noch eine glückliche Situation gehabt, weil mir Freundinnen geholfen haben. Doch wer so ein soziales Netzwerk nicht hat, der hängt wirklich völlig in den Seilen.“ Was Elsbeth Rütten erlebte, sollte künftig nicht mehr passieren – wenn die neuen Regeln zur Übergangspflege greifen, die durch das Krankenhausstrukturgesetz zum 1. Januar 2016 in das Fünfte Sozialgesetzbuch aufgenommen wurden. Das SGB V enthält die Regeln für die gesetzliche Krankenversicherung. Seite 2 1. Neue Regelungen zur Übergangspflege Patienten, die nach einem Krankenhausaufenthalt oder einer ambulanten Behandlung vorübergehend weiter versorgt werden müssen, können eine Kurzzeitpflege als neue Leistung der Krankenkassen in Anspruch nehmen. Außerdem werden die Ansprüche auf häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe erweitert. Dieses Leistungspaket wird durch den Begriff „Übergangspflege“ zusammengefasst. Bevor die einzelnen neuen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung vorgestellt werden, geht es im Folgenden zunächst um die generellen – für alle neuen Leistungen gleichermaßen geltenden – Voraussetzungen dieser Leistungen. 1a. Generelle Voraussetzungen für die neuen Leistungsansprüche zur Übergangspflege Voraussetzung für alle neuen Leistungen zur Übergangspflege ist, dass kein Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung besteht. Die Pflegeversicherung leistet dann, wenn jemand voraussichtlich mehr als sechs Monate pflegebedürftig ist. Tipp: Wenn die Gefahr längerer oder dauerhafter Pflegebedürftigkeit besteht, sollte in jedem Fall umgehend bei der zuständigen Pflegekasse ein Antrag auf Anerkennung als Pflegebedürftige(r) gestellt werden. Die Pflegekasse ist der Krankenversicherung des Versicherten angegliedert. Unklarer ist die weitere grundsätzliche Anspruchsvoraussetzung: Die Leistungen werden bei einer „schweren Krankheit“ oder einer akuten „Verschlimmerung einer Krankheit“ gewährt. Der Anspruch gilt „insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung“. Doch auch andere Fallkonstellationen sind durch diese Formulierung nicht ausgeschlossen. In der Gesetzesbegründung wird zum Beispiel ausdrücklich der Fall erwähnt, dass die neuen Leistungen der Übergangspflege auch nach einer ambulant vorgenommenen Chemotherapie in Frage kommen. Überwiegend betrifft die Übergangspflege aber wohl frisch operierte Krankenhauspatienten. Eine Definition des Begriffs „schwere Krankheit“ gibt es weder im Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) noch in der Gesetzesbegründung. Allerdings findet sich in der Gesetzesbegründung zu Paragraf 37 SGB V (Bundestagsdrucksache 18/6586, S. 100) ein Nebensatz, der als Grund des hauswirtschaftlichen oder pflegerischen Bedarfs nennt: „…weil sie sich im Hinblick auf die erheblichen Auswirkungen der Behandlungen zu Hause nicht selbst pflegen oder versorgen können“. Daraus könnte man ableiten, dass es weder beabsichtigt noch sinnvoll ist, einen Katalog von „schweren Krankheiten“ zu definieren. Eine schwere Erkrankung im Sinne des Gesetzes liegt vielmehr dann vor, wenn sie solche Auswirkungen hat, dass die Betroffenen sich nicht selbst pflegen oder versorgen können. In eine ähnliche Richtung weist auch ein Vergleich mit den Regeln beispielsweise privater Reiserücktrittsversicherungen (siehe Kasten auf Seite 3). Die Knappschaft – hierbei handelt es sich um eine in ganz Deutschland offene Krankenkasse – erklärte hierzu auf unsere Anfrage, dass die Gesetzesbegründung „keine Hinweise für eine Rechtsauslegung“ gebe. „Bis zur Verständigung auf weitergehende Umsetzungskriterien wird der Anspruch im Einzelfall geprüft, und dann eingeräumt, wenn aufgrund schwerer krankheitsbedingter Beeinträchtigungen in Folge einer stationären Krankenhausbehandlung, einer ambulanten Operation oder einer ambulanten Krankenhausbehandlung … ein anderweitig nicht abzudeckender Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung besteht.“ Tipp: Näheres werden hierzu künftig Durchführungsbestimmungen regeln. In jedem Fall sollten Versicherte – soweit sie im Krankenhaus liegen – vom behandelnden Arzt eine „Erforderlichkeitsbescheinigung“ verlangen. Der Arzt sollte dabei auf die schweren krankheitsbedingten Beeinträchtigungen hinweisen. Wichtig ist: Auch die Voraussetzung des „Vorliegens einer schweren Krankheit“ ist sozialgerichtlich überprüfbar. Wird eine der neuen Leistungen zur Übergangspflege von der zuständigen Krankenkasse abgelehnt, weil ihrer Ansicht nach keine schwere Krankwww.biallo.de Seite 3 heit vorliegt, können Versicherte hiergegen mit Widerspruch und – falls dies nicht hilft – Klage vorgehen. Gegebenenfalls kommt auch eine einstweilige Anordnung in Frage. Bei Rechtsstreitigkeiten: Verweis auf Regelungen von Privatversicherungen kann hilfreich sein Bei Reiserücktrittsversicherungen und Auslandskrankenversicherungen spielt die Definition einer “unerwarteten schweren Erkrankung” immer wieder eine Rolle. Dabei arbeiten Versicherungen nicht mit einem Katalog von Erkrankungen, die als schwer gelten, vielmehr gibt es immer Definitionen, die auf die Folge der Erkrankung abstellen. So heißt es in Versicherungsbedingungen beispielsweise: Eine Krankheit muss so schwer sein, dass die Reise nicht angetreten werden kann. Nur in diesem Fall kann ein krankheitsbedingter Reiserücktritt unter die Versicherungsbedingungen fallen. Oder es heißt: Eine Krankheit ist „schwer“, wenn sie einen solchen Grad erreicht hat, dass der Antritt der Reise objektiv nicht zumutbar ist. Auch hier wird also von den Auswirkungen der Krankheit ausgegangen. 1b. Anspruch auf eine Haushaltshilfe im Rahmen der Übergangspflege einer ambulanten Krankenhausbehandlung, nicht möglich ist“. Versicherte haben nach den bisher schon geltenden Regelungen einen Anspruch auf die Finanzierung einer Haushaltshilfe, wenn Der Anspruch besteht nur dann, wenn keine andere in der Wohnung des Versicherten lebende Person den Haushalt führen kann. bei ihnen ein Kind unter zwölf Jahren oder ein behindertes Kind lebt, das Hilfe braucht und sie selbst erkrankt sind und den Haushalt nicht führen können und niemand sonst den Haushalt weiterführen kann. Diese Regelung bleibt auch künftig unverändert bestehen. Darüber hinaus „sollten“ – so die bis Ende 2015 geltende Gesetzesformulierung – die Krankenkassen in ihren Satzungen festlegen, dass sie auch in anderen Fällen eine Haushaltshilfe genehmigen. Bis Ende 2015 gab es damit keine gesetzliche Regelung zur Haushaltshilfe etwa nach einem Krankenhausaufenthalt. Nun ist die Haushaltshilfe auch ohne ein im Haushalt lebendes Kind in bestimmten Fällen zu einer Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenversicherung aufgerückt. Paragraf 38 Absatz 1 SGB V bestimmt nun nämlich, dass Versicherte eine Haushaltshilfe erhalten, wenn die „Weiterführung des Haushalts wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach Die Haushaltshilfe muss bei der zuständigen Krankenkasse beantragt werden – und zwar unter Beilage einer ärztlichen Erforderlichkeitsbescheinigung. Darin soll, so erklärt Sandra Piehl von der Knappschaft – der Grund des Bedarfs an Haushaltshilfe, der Umfang des Unterstützungsbedarfs und die voraussichtliche Dauer der erforderlichen Maßnahme enthalten sein. Es ist davon auszugehen, dass andere Krankenkassen ähnlich verfahren. Über den Antrag auf eine Haushaltshilfe entscheidet die zuständige Krankenkasse schriftlich per Bescheid. Haushaltshilfe wird für bis zu vier Wochen gewährt. Wenn im Haushalt ein Kind unter zwölf Jahren oder ein behindertes Kind lebt, gilt der Leistungsanspruch für maximal 26 Wochen. 1c. Anspruch auf häusliche Pflege Versicherte erhalten – unter den in 1.1. genannten Voraussetzungen – „nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung“, dies bestimmt seit dem 1. Januar 2016 Paragraf 37 www.biallo.de Seite 4 Absatz 1a SGB V. Der Anspruch besteht je Krankheitsfall für bis zu vier Wochen, in begründeten Ausnahmefällen nach Zustimmung des Medizinischen Dienstes auch für längere Zeit. Die Leistungen, auf die die Betroffenen Anspruch haben, sind dabei weitgehend identisch mit denen der Pflegeversicherung. Es gibt also beispielsweise Hilfe bei der Körperpflege, bei der Nahrungsaufnahme, beim Aufstehen, Anziehen, Toilettengang und so weiter sowie hauswirtschaftliche Hilfen (etwa Einkaufen und – soweit erforderlich – Haushaltsreinigung). Bisher bestanden diese Ansprüche nur in ganz eingeschränktem Maße, dann nämlich, wenn die Betroffenen auf medizinische „Behandlungspflege“ angewiesen waren, also auf einen Verbandswechsel oder auf Injektionen. Pflege haben gesetzliche Krankenkassen bislang nur im Paket – zusammen mit der Behandlungspflege – finanziert. Das ist nun anders. Hier gilt: Die Leistung kann vom behandelnden Krankenhaus für bis zu sieben Tage verschrieben werden. Nach dem aktuellen Stand (Februar 2016) ist nach dem Ablauf der sieben Tage eine weitere Verschreibung durch den behandelnden (Haus-)Arzt des oder der Versicherten notwendig. 1d. Kurzzeitpflege Wenn die bisher skizzierten Maßnahmen – also Haushaltshilfen und häusliche Pflege – nicht ausreichen, haben die Betroffenen einen Anspruch auf Kurzzeitpflege in einer stationären Einrichtung – etwa in einem Pflegeheim. Kurzzeitpflege ist zwar grundsätzlich eine Leistung der Pflegeversicherung. Doch für den Fall, dass (noch) kein Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung besteht, finanzieren die gesetzlichen Kassen nun ihren Versicherten eine Leistung nach den Regeln der Pflegeversicherung. Der Anspruch gilt für maximal acht Wochen. Übernommen werden dabei Pflegekosten von bis zu 1.612 Euro. Geregelt ist dies im neuen Paragrafen 39c SGB V („Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürftigkeit“). Die Leistung können Pflegeheime oder anerkannte Kurzzeitpflegeeinrichtungen erbringen. Überwiegend wird Kurzzeitpflege von normalen Pflegeheimen angeboten. Versicherte können sich über angebotene Kurzzeitpflege in der Nähe ihres Wohnortes unter bit.ly/1KkNR3a informieren. Im Fenster „benötigte Pflegeart“ kann hier auch „Kurzzeitpflege“ angegeben werden. Die Kurzzeitpflege (Übergangspflege) muss bei der Krankenkasse beantragt und von dieser bewilligt werden. Die Genehmigung erfolgt – so die Auskunft von Fachleuten der Krankenkassen – in aller Regel, soweit das Krankenhaus die Erforderlichkeit der Kurzzeitpflege bescheinigt. Die Kosten für eine Kurzzeitpflege sind von Pflegeeinrichtung zu Pflegeeinrichtung ganz unterschiedlich. Deshalb kann man nicht genau definieren, wie teuer eine Kurzzeitpflege ist. Die gesetzlichen Krankenkassen bezuschussen nur die Kosten für die Pflege – bis zur Höhe von 1.612 Euro. Liegen die Pflegekosten höher, so muss der übersteigende Betrag vom Versicherten getragen werden. Zu den reinen Pflegekosten kommen noch Kosten für Wohnen und Verpflegung hinzu, die in jedem Fall selbst finanziert werden müssen. Bei einer vierwöchigen Kurzzeitpflege kann hierbei durchaus eine Eigenbeteiligung von 1.500 Euro oder mehr anfallen. Die Abrechnung erfolgt nach in Anspruch genommener Kurzzeitpflege. Dabei kann die Pflegeeinrichtung direkt mit der Krankenkasse des Betroffenen abrechnen. Alternativ dazu kann der Betroffene in Vorleistung treten und der Pflegekasse die Rechnung einreichen. 1e. Durchsetzung der neuen Ansprüche in der Praxis Knackpunkt bei allen Neuregelungen ist, gerade wenn es um den Übergang vom Krankenhaus nach Hause geht (bzw. in eine Kurzzeitpflegeeinrichtung), dass jeweils schnelle Lösungen notwendig sind. Das heißt: Die Leistungen müssen schnell verordnet (gilt für die häusliche Pflege) bzw. beantragt (gilt für Haushaltshilfen und Kurzzeitpflege) und www.biallo.de Seite 5 soweit eine Genehmigung erforderlich ist (was für die Kurzzeitpflege und für Haushaltshilfen gilt) von den Krankenkassen schnell bearbeitet und genehmigt werden. sonst ist es eben zu spät, dann sind Sie schon wieder entlassen. Der Sozialdienst ist der Ansprechpartner und viele ältere Menschen wissen noch nicht einmal, dass es den Sozialdienst gibt im Krankenhaus.“ Sonst laufen die neuen Leistungsansprüche ins Leere. In der Praxis kommt deshalb bei der Antragstellung / Verschreibung und Organisation der neuen Leistungen den Sozialdiensten der Krankenhäuser eine zentrale Rolle zu. Wer etwa befürchtet, nach einer Operation auch zu Hause noch weitere Hilfe zu benötigen, sollte sich am besten schon vor der OP an den Sozialdienst wenden. Auch die Pflegeberatungsstellen können hier helfen. Letztlich ist es Aufgabe des Krankenhaussozialdienstes bzw. der Pflegeberatung, die es in vielen Krankenhäusern gibt, darauf zu achten, dass der Übergang aus dem Krankenhaus nach Hause einigermaßen reibungslos verläuft. Elsbeth Rütten, die gelernte Krankenschwester aus Bremen, die vor mehr als zehn Jahren nach ihrer Fußoperation teilweise gezwungen war, sich kriechend in ihrer Wohnung zu bewegen, ist inzwischen selbst aktiv geworden. Sie hilft über ihren Verein „Ambulante Versorgungsbrücken e.V.“ Betroffenen und unterstützt sie dabei, wenn Brücken in die Genesung erforderlich werden. Der Verein hat einen Leitfaden erstellt, der Menschen sowohl auf den Krankenhausaufenthalt als auch auf die Genesungsphase vorbereitet. Er schildert, was Patienten den Arzt vor einer Operation fragen sollten: Frau Rütten rät: „Wer alleinstehend ist und vor einer schweren Operation steht, sollte sobald er oder sie das Krankenhaus betritt, sagen: „Ich lebe alleine zu Hause“. Sagen Sie es auch oben auf der Station und wenn dann in den ersten drei Tagen kein Sozialdienst da war, dann sagen Sie das noch mal. Weil 1f. Was können Versicherte tun, wenn dann doch nach der Entlassung aus der Klinik keine Hilfen genehmigt sind? In jedem Fall sollte man zunächst der Krankenkasse gegenüber die Dringlichkeit der Hilfen klar machen. Wenn die Kasse Anträge auf die neuen Leistungen nicht zeitnah bearbeitet, können Versicherte unter Umständen die entsprechenden Leistungen selbst organisieren und finanziell in Vorleistung treten. Später kann gegebenenfalls eine Kostenerstattung durch die Krankenkasse verlangt werden. Nach Paragraf 13 Absatz 3 SGB V haben Versicherte einen Anspruch auf Kostenerstattung, wenn „die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte“. Dies setzt allerdings in jedem Fall voraus, dass die benötigte Leistung (etwa eine Haushaltshilfe) zunächst überhaupt beantragt wurde (was kein formales Antragsverfahren voraussetzt) und tatsächlich die Voraussetzungen dafür bestanden haben. Es muss also tatsächlich eine „schwere Erkrankung“ vorgelegen haben. 2. Weitere (erweiterte) Leistungen beim Übergang vom Krankenhaus nach Hause Darüber hinaus sind bereits durch das GKVVersorgungsstärkungsgesetz, das am 23. Juli 2015 in Kraft getreten ist, eine Reihe von Regelungen eingeführt worden, durch die der Übergang vom stationären in den ambulanten Bereich reibungsloser gestaltet werden soll. So haben Krankenhausärzte nun das Recht, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für eine Dauer von bis zu sieben Tagen auszustellen. Die Regelungen finden sich in Paragraf 39 Absatz 1a SGB V, in dem es um das „Entlassungsmanagement“ geht. Krankenhäuser können ihren Patientinnen und Patienten bei Entlassung weiterhin für einen Zeitraum von bis zu sieben Tagen häusliche Krankenpflege, Heilmittel, Hilfsmittel und Soziotherapie verordnen. Zudem ist www.biallo.de Seite 6 jetzt eine Verordnung von Arzneimitteln durch die Krankenhausärztin oder den Krankenhausarzt möglich. Die Verordnung von Arzneimitteln, Heilmitteln, Hilfsmitteln oder Soziotherapie und das Ausstellen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen waren bisher niedergelassenen Vertragsärztinnen und Vertragsärzten vorbehalten. Josef Hecken, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses erklärt dazu: „Bisher konnte es für die Patienten nach einer Entlassung aus dem Krankenhaus zu Versorgungslücken kommen. Beispielsweise, wenn die Patienten aufgrund ihrer körperlichen Verfassung nicht in der Lage waren, ihren behandelnden Arzt aufzusuchen oder wenn die Praxis schlicht schon geschlossen war. Diese Versorgungslücken werden nun geschlossen, indem auch Krankenhäuser Leistungen wie Heilmittel, Hilfsmittel, Soziotherapie, häusliche Krankenpflege und Arzneimittel verord- nen oder auch eine Krankschreibung ausstellen dürfen. Dabei kann es sich aber immer nur um eine notwendige Überbrückung bis zu weiteren Veranlassungen durch den behandelnden Arzt handeln“. Wichtig zu wissen: Hilfsmittel, wie Krankenbetten oder ähnliches, bei denen keine individuelle Anfertigung erforderlich ist, können vom Krankenhaus auch dauerhaft verordnet werden. Versicherte müssen damit solche Hilfsmittel nach sieben Tagen nicht nochmals von ihrem behandelnden Arzt verschreiben lassen. Das „Thema der Woche“ ist ein Service der Verbraucher-Redaktion Biallo & Team GmbH, Bahnhofstraße 25, 86938 Schondorf. Sie können uns erreichen unter [email protected] oder per Telefon: 08192/93379-0. Weitere Infos unter www.biallo.de www.biallo.de
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