Land & Leute paradiesisch In den steirischen Sölktälern lebt Familie Zeiler mit Kind und Kegel Zu Hause bei den 7 Geißlein Hinter den Bergen des Naturparks Sölktäler lebt Familie Zeiler mit ihren Ziegen. Und aus deren Milch wird köstlicher Käse 8 Land & Leute Land & Leute KuScHelrunde Ziegenbock Pegasus schmust in Ermangelung weiblicher Gesellschaft mit seinem Geschlechtsgenossen Schafbock Jupp TalenT Karl spielt auf einer original steirischen Harmonika die Volkslieder seiner Heimat „Ich liebte die Stille und die Einsamkeit – so, wie es bei Michael zu Hause war“ Text: Claudia Reshöft Fotos: Peter von Felbert E s ist früh – und schummrig. Denn noch hängt die Sonne hinter dem Berg. Die Großen sind schon auf dem Weg zur Schule, nur Klein Richard (3) schlummert noch in seinem Bettchen, als Michael Zeiler und seine Frau Barbara in den Stall gehen, um ihre Ziegen zu melken. An der Stalltür prangen stolze Sieger-Plaketten, denn das Ehepaar hat sich unter den österreichischen Schaf- und Ziegenzüchtern einen Namen gemacht. Auf ihrem Hof im steirischen Kleinsölk ziehen sie robuste Tiroler Bergschafe und Gämsfarbige Gebirgsziegen, auch Alpine Ziegen genannt. Diese Milchrasse war ursprünglich in der Schweiz beheimatet. Aber auch hier, in der wildromantischen Abgeschiedenheit des Naturparks Sölktäler, finden sie ideale Bedingungen vor. Und Züchter, denen das Wohl ihrer Tiere am Herzen liegt. „Weil diese Tiere ein ruhiges Temperament haben und deshalb mehr Milch geben, sind sie sehr beliebt“, erzählt Michael Zeiler, „wir verkaufen sie sogar ins benachbarte Ausland.“ Der 38-Jährige hat früher eine landwirtschaftliche 10 Land & Leute Schule besucht, jetzt arbeitet er beim Steirischen Schaf- und Ziegenzuchtverband. Die eine Hälfte der Woche reist er als Außendienstler durch die ganze Steiermark, die andere Hälfte arbeitet er von zu Hause aus. Weil er lange Anfahrtswege spart, bleibt so genug Zeit, um seine Frau bei der Arbeit auf dem Hof zu unterstützen. Für Barbara wird es Zeit, ins Haus zurückzukehren, jeden Moment dürfte der kleine Richard aus dem Schlaf erwachen. Das schöne Holzgebäude der Familie hat das Ehepaar Zeiler-Koller nach dem Vorbild eines alten Bauernhauses von Barbaras Vorfahren bauen lassen. Es hat sogar die gleiche Raumaufteilung im Inneren. Das Holz für fast das ganze Haus stammt aus dem eigenen Wald, der Eingang ist mit echtem Sölker Marmor ausgelegt, der im nahen Bruch abgebaut wird. Während Richard mit noch etwas verschlafenen Augen am Frühstückstisch sitzt, streicht Barbara ihm Ziegenfrischkäse auf ein Stück Brot. Den hat die 34-Jährige aus der eigenen Milch selbst gemacht. Er ist das Markenzeichen des Ziegenhofs, der als „Sieben Geißlein“ bekannt geworden ist. Und das kam so: In Kleinsölk, ein paar Kilometer entfernt von dem abgelegenen Hof, war Barbara als Gastwirtstochter groß geworden. „Wir waren blutjung, als wir uns kennenlernten“, erzählt Barbara lächelnd. „Bei uns zu Hause in der Gastwirtschaft war immer viel los. Überall waren Menschen. Ich aber liebte die Stille und die Einsamkeit, so, wie es beim Michael zu Hause war.“ Also zog sie bald darauf zu ihm zum Sagschneider-Hof. Dass dort von Mitte November bis Mitte Januar keine Sonne scheint, weil sie es nicht über die 2284 Meter hohe Kesselspitze schafft, war ihr egal. Für Barbara stand fest: „Ich will eine große Familie haben – und Zeit für sie. Meine Eltern haben sehr viel gearbeitet. Da hieß es immer nur: ‚Kinder, jetzt passt es nicht – verschwind’s.‘“ Viel zu tun gibt es auf dem Zeiler-Hof schon, aber Barbara und Michael ist es gelungen, ihr Familienleben mit der Arbeit zu verbinden. Das Paar hat vier Kinder, das fünfte ist unterwegs. Als die Älteste, die heute Barbara Zeiler-Koller JeTZT geHT’S loS Nach dem Melken verarbeitet Barbara die Milch zu Frischkäse. Klein Richard schaut fasziniert zu HandarBeiT Ein Liter Milch steckt in 100 g Frischkäse. Milchsäurebakterien lassen die Milch gerinnen 14-jährige Freya, geboren wurde, schon bald eine Neurodermitis entwickelte und nichts zu helfen schien, tauschte Barbara die Kuhmilch gegen Ziegenmilch aus. „Man konnte regelrecht zusehen, wie sich die Hautprobleme besserten“, erinnert sie sich. „Und weil unser Ziel war, uns selbst zu versorgen, schafften wir uns zwei Ziegen für den Hausgebrauch an.“ Doch weil sich der Heilerfolg herumsprach, klopften schon bald Nachbarn an. So gesellte sich eine Ziege zur nächsten. Vor sieben Jahren war die Herde so groß, dass das Paar beschloss, neben der Milch auch eigenen Käse herzustellen. Mittlerweile beliefert es einen Bioladen, Hotels und beschickt den Handel. „Das Ausliefern besorge ich, wenn die Großen zur Schule sind“, sagt Barbara. Die Großen, das sind Freya, der 13-jährige Johann und der neunjährige Karl, der gerade aus der Schule heimkehrt und von Hofhund Willi freudig begrüßt wird. Wir gehen über den Hof und die kleine Stichstraße, die zum Haus von Michaels Eltern führt, hinüber zu einer steil abfallenden Wiese. Zwei Ziegen und ein Schaf trotten heran. „Das hier ist unsere Männer-WG. Darf ich vorstellen? Das sind die ZiegenZuchtböcke Rio und Pegasus und Schafbock Jupp“, lacht Michael. Land & Leute 11 Land & Leute Dass es sich um männliche Exemplare handelt, haben wir aber schon längst am durchdringenden Geruch erkannt. Wir rümpfen die Nase. Michael lacht: „Ja, der Gestank ist enorm. Aber ein Ziegenbock ersetzt den Tierarzt, der beißende Eigengeruch und der Uringestank schützen vor allerlei Krankheiten.“ Die drei Böcke kommen näher, stupsen uns an, um dann, in Ermangelung eines Weibes, zärtlich die Köpfe aneinanderzulegen. „So kuschelig sind sie nicht immer, die können auch ganz schön raufen“, sagt Michael. Und auch mit den Ziegendamen sei nicht zu spaßen, wenn sie bockig würden. So nennt man das, wenn die Zeit für Nachwuchs gekommen ist. „Dann geht es hier ganz schön zur Sache“, weiß Michael. „Deshalb haben wir die Ziegen enthornt – der Kinder wegen.“ Illustration: Shutterstock Ziegenmarsch Die Zeilers sind so vertraut mit ihren Geißen, dass die Tiere ihnen auf Schritt und Tritt folgen TraDiTion Das Haus der Familie wurde nach dem Vorbild des großelterlichen Hofes erbaut Der Kinder wegen – das hört man häufig von der Familie Zeiler-Koller. Damit der Nachwuchs eine unbeschwerte Kindheit in herrlichster Natur erleben darf, in der Vater und Mutter ihnen Aufmerksamkeit schenken und Richtung geben, haben Barbara und Michael das alles hier erschaffen. Und wohl auch für sich selbst. Die beiden wirken, trotz der vielen Arbeit, so entspannt und einander zugetan, dass man meinen könnte, sie schwebten im siebten Himmel. n FRisch Zum selbst gemachten Topfen gibt Barbara gern Kräuter aus dem eigenen Garten Ziegenkäse frisch vom Hof „Wenn die Ziegendamen bockig werden, geht es hier ganz schön zur Sache“ Michael Zeiler 12 Land & Leute Die Familie Zeiler-Koller verkauft ihre Produkte auch ab Hof. Der Bergbauernhof liegt im Kleinsölktal auf 1000 Meter Höhe. Alle Produkte werden möglichst naturnah erzeugt, auch wenn sie kein offizielles Bio-Siegel tragen. Dazu gehört, dass die Tiere bei einer Krankheit mit natürlichen Heilmethoden behandelt werden. Mehr über ihr Konzept verrät die Familie bei Betriebsbesichtigungen. Infos: www.7geisslein.at
© Copyright 2024 ExpyDoc