«Die Gäste sollen mit einem Lächeln wieder aussteigen»

18 | VEREINE
Urner Wochenblatt | 139. Jahrgang | Nr. 54 | Mittwoch, 15. Juli 2015
«Die Gäste sollen mit einem Lächeln wieder aussteigen»
Gästival | Im Gespräch mit Remo Gerstmann, Postautochauffeur
Remo Gerstmann fährt
seine Gäste mit dem Postauto über die Zentralalpenpässe. Dabei ist er nicht nur
versierter Fahrer, sondern
auch Reiseleiter – was ihm
sehr viel Freude bereitet.
Flurin Riedi
Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf als
Postautochauffeur?
Remo Gerstmann: «Beim Beruf des
Postautochauffeurs begeistern mich
der Kontakt mit den Fahrgästen und
die Rolle des Reiseleiters. Als Postautochauffeur fährt man nämlich
nicht nur durch eindrückliche Landschaften und bringt den Gast von A
nach B, sondern erklärt ihm auch soweit möglich die Umgebung. Die
Alpenpässe bieten ein eimaliges Erlebnis, und dies versuche ich den
Fahrgästen auch mit Erklärungen und
Informationen
näherzubringen.
Manchmal fühle ich mich wirklich
wie ein Reiseleiter. Dies ist auch das,
was einem sehr viel Freude bereitet!»
Wie sieht Ihr Arbeitstag als Postautochauffeur aus? Neben dem Fahren gibt es wohl noch viele andere
Dinge, die zu erledigen sind?
Remo Gerstmann: «Am Morgen wird
das Fahrzeug vorbereitet, zum Beispiel die Kasse eingerichtet, man
macht allgemeine Kontrollen und liest
die Reservationsliste durch. Teilweise
übernehmen wir auch die Postverteilung in einigen Alpenhotels oder Restaurants. Während des Tages gebe ich
auch Informationen über die Umgebung weiter und fungiere als Kundendienst, zum Beispiel wenn es um Routenvorschläge und Anschlussmöglichkeiten geht. Und bei Arbeitsschluss
erfolgt die Fahrzeugreinigung, damit
die Gäste auch am nächsten Tag ein
sauberes Postauto vorfinden. Dies ist
für mich persönlich das A und O!»
Was muss ein Postautochauffeur für
Fähigkeiten mitbringen? Ein entsprechender Fahrausweis genügt
wohl nicht?
Fahrgast war hell begeistert, freute
sich darüber sehr und hat gleich ein
paar Fotos gemacht. Ebenfalls in
schöner Erinnerung bleibt mir die erste Saison als Postautochauffeur in den
Alpenpässen. Auf einer Fahrt Richtung Nufenenpass stand plötzlich
eine Murmeltierfamilie vor mir auf
der Strasse. Bis auf ein Murmeltier
sind alle rasch von der Strasse gesprungen. Ich stieg dann aus und versuchte das liegen gebliebene Murmeltier von der Strasse zu verscheuchen.
Mit dem Fuss klopfte ich auf die
Strasse, aber nichts nützte. Erst als ich
es fast berühren konnte, ist es ganz
langsam aufgestanden und gemütlich
davongelaufen.»
Remo Gerstmann: «Ein Postautochauffeur muss sehr offen und kundenfreundlich sein, Freude haben am
Kontakt mit Menschen aus der ganzen Welt und einen ruhigen, sicheren
und vorausschauenden Fahrstil haben. Nicht zu unterschätzen ist auch
der Verkehr an einem schönen Wochenende. Da gibt es viele brenzlige
Situationen, wo man die Ruhe und
einen kühlen Kopf bewahren muss.
Als Postautochauffeur darf man sich
zum Beispiel auch bei einer Verspätung nicht stressen lassen, da die Sicherheit der Fahrgäste oberste Priorität hat.»
Wie schätzen Sie die Gastfreundschaft in unserer Region ein? Wo
müssen wir uns noch unbedingt verbessern (in der Freundlichkeit, im
Angebot, im Service)?
Was bedeutet für Sie Gastfreundschaft in Ihrem Beruf als Postautochauffeur?
Remo Gerstmann: «Ich habe bis jetzt
sehr gute Erfahrungen gemacht mit
der Gastfreundschaft in der ganzen
Region. Meiner Meinung nach ist die
Bevölkerung in den Bergen sehr herzlich und offen. Auf alle Fälle nicht
verschlossen, wie es vielfach heisst!
Auch die Zusammenarbeit mit den
Leistungsträgern der Region, wie zum
Beispiel mit den Restaurants auf den
Pässen und insbesondere mit den Mitarbeitenden von Andermatt Tourismus, ist sehr gut.»
Remo Gerstmann: «Sie bedeutet mir
sehr viel. Die Fahrgäste sollen sich
wohl und sicher fühlen und mit einem
Lächeln wieder aussteigen. Mein Ziel
ist es, dass die Gäste ein unvergessliches Erlebnis mit nach Hause nehmen können. Gastfreundschaft bedeutet für mich, wenn ich dem Fahrgast soweit wie möglich seine Wünsche erfüllen kann. Was mich besonders freut ist, wenn die Fahrgäste wiederkommen. Schön ist auch, wenn
mich die Fahrgäste wiedererkennen
und mich darauf ansprechen.»
Was waren Ihre schönsten Erlebnisse bis anhin als Postautochauffeur?
Remo Gerstmann: «In Oberwald stieg
einmal ein Fahrgast ein und sagte, das
Highlight seines Tages wäre es, auf
dem Nufenenpass viele Steinböcke zu
sehen. Ich sagte zu ihm, ich könne
nichts versprechen, aber würde Ausschau halten. Und tatsächlich: Kurz
nach dem Nufenenpass Richtung Tessin sahen wir dann eine ganze Herde
Steinböcke, Geissen und Junge. Der
Remo Gerstmann vor «seinem» Postauto. Die Gastfreundschaft bedeutet ihm
viel, und sein Ziel ist es, dass die Fahrgäste ein unvergessliches Erlebnis mit
nach Hause nehmen können.
FOTO: ZVG
Gastfreundschaftserlebnisse gesucht
Teilen Sie Ihre Gastfreundschaftserlebnisse mit uns! Was ist für Sie echte Gastfreundschaft, und was war Ihr
persönliches Highlight – sei es in Uri
oder in der Ferne? Schicken Sie Ihre
Erlebnisse per E-Mail an info@uri.
info. Die schönsten Geschichten
werden im Herbst im «Urner Wochenblatt» veröffentlicht. Wir freuen
uns auf Ihre Einsendung. (e)
Was wäre Ihr grösster Traum, welchen Sie sich als Postautochauffeur
noch erfüllen möchten?
Remo Gerstmann: «Mit einem alten
Saurer-Postauto über die Pässe zu
fahren, dies wäre mein grösster
Wunsch!»
2015 ist in der Zentralschweiz das Jahr der
Gastfreundschaft. Anlässlich des Jubiläums
«200 Jahre Tourismusgeschichte in der Region» sind unter dem Titel Gästival verschiedene Projekte und Aktivitäten zum Thema «Gastfreundschaft» geplant. Das «Urner Wochenblatt» begleitet dieses Gästival journalistisch in
loser Folge.
Drehorgelspieler treffen sich in Seelisberg
Vorschau | Aus der ganzen Schweiz sind Drehorgeln zu bewundern
Am kommenden Wochenende musizieren die Drehorgelspieler an verschiedenen
Plätzen im Dorf sowie an
der Treib. Am Sonntag
begleiten sie die Messe in
der Kirche.
Beat Stadler, Daniel Baumann, Urs Vetter und Georg Zgraggen (von links) mischten bei den Schützenkönigskonkurrenzen mit.
FOTO: ZVG
Beat Stadler verpasst Finaleinzug knapp
Schiessen | Eidgenössisches Schützenfest in Raron
2 Treffer fehlten dem Urner
in der Kategorie Sport zum
Einzug in den Schützenkönigsfinal. Im Schlussklassement belegte er Rang 12.
Das 57. Eidgenössische Schützenfest
ist vergangenen Sonntag in Raron zu
Ende gegangen. Das OK unter der
Leitung von CVP-Präsident Christophe Darbellay war positiv überrascht, es hatte nicht mit über 44 000
Schützinnen und Schützen gerechnet.
Zum Abschluss wurden am Samstag
die sogenannten Schützenkönigskonkurrenzen der drei Disziplinen Pistole 50 Meter, Gewehr 300 Meter Ordonnanz und Sport ausgetragen. In
der Kategorie Sport verpasste der
Urner Beat Stadler den Final der besten acht um zwei Treffer und klassierte sich in der Schlussrangliste auf dem
ausgezeichneten 12. Platz. Daniel
Baumann aus Spiringen belegte Rang
37. Bei den Ordonnanzschützen
konnten sich Georg Zgraggen mit
dem Sturmgewehr 57 als 58. und Urs
Vetter mit dem Sturmgewehr 90 als
99. knapp für den Ausstich qualifizieren. Für den Final der besten 100 bei
den Ordonnanzschützen konnten
sich 16 mit dem Sturmgewehr 90, elf
mit dem Karabiner und 73 mit dem
Sturmgewehr 57 qualifizieren. Im Final gelang es den beiden Urnern aber
nicht, die gewünschten Resultate zu
schiessen. Sie schieden aus. (gw)
Die Tradition des Drehorgelspiels ist
uralt. Während in verschiedenen Ländern Europas die Drehorgel seit dem
18. Jahrhundert das Instrument der
Strassenmusikanten ist, kam sie vor
allem in Frankreich und England
auch als Kirchen- und Saloninstrument zum Einsatz. Die Plüschäffchen
auf der Drehorgel erinnern an die
Zeit, als viele Spieler von einem Kapuzineräffchen begleitet wurden, welche die Münzen der Umstehenden
einzusammeln hatten. Es gab sogar
Spieler, welche Tänzerinnen oder sogar einen Tanzbären dabei hatten, um
so die Aufmerksamkeit auf sich zu
lenken.
Drehorgelmesse in der Kirche
Die Drehorgeln unterscheiden sich in
Grösse, Form und Ton. Es gibt kaum
zwei Orgeln, welche gleich aussehen.
Am kommenden Wochenende treffen
sich in Seelisberg Spielerinnen und
Spieler in ihren farbenfrohen Kleidern aus der ganzen Schweiz und erfreuen die Besucher mit ihren unterschiedlichen Instrumenten. Am Samstag, 18. Juli, spielen sie an verschiedenen Plätzen im Dorf von Seelisberg
sowie an der Treib von 10.30 bis 17.30
Uhr. Am Sonntag, 19. Juli, begleiten
sie zuerst den Sonntagsgottesdienst
um 10.30 Uhr in der Pfarrkirche so-
Kaum zwei Drehorgeln sehen gleich aus – es gibt viele Formen, Farben und
Grössen. Diese kann man am nächsten Wochenende in Seelisberg bestaunen.
FOTO: ZVG
wie im Anschluss die Autosegnung
auf dem Schulhausplatz. Dann sind
sie wieder bis 15.00 Uhr auf den verschiedenen Plätzen zu hören, bevor
sich um 16.00 Uhr alle zum grossen
Finale auf dem Bahnhofplatz versammeln. Gerne erklären die Spielerinnen und Spieler ihre Instrumente und
deren Besonderheiten dem interessierten Publikum und geben einen
Einblick hinter die Kulisse.
Lochbänder machen Musik
Das Innenleben einer Drehorgel hat
Ähnlichkeiten mit einer Kirchenorgel.
Mithilfe einer Kurbel wird der Schöpf-
balg betätigt, der für die nötige Luft
sorgt, um die Pfeifen zum Klingen zu
bringen. Je nach Orgel werden die bis
zu 45 Töne einer Drehorgel von
einem Lochband oder einer modernen Speicherkarte angesteuert. So
werden die unterschiedlichsten Melodien erzeugt, von Schlagermelodien
über Kirchenlieder bis zur Volksmusik. Durch das richtige Drehen der
Kurbel erklingen die vertrauten Melodien und können gewisse Nuancen
und Interpretationen bei der Wiedergabe erreicht werden. Ein Besuch am
Drehorgeltreffen in Seelisberg lohnt
sich. (nc)